Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht gedacht, dass wir immer noch auf der Ebene sind, Frau Staatsministerin: alles gut, alles toll, alles wunderbar, wir lösen das alles, gar nicht schlimm, wir gehen auf alle Bedarfe ein, alles großartig.
Wenn Sie es nicht irgendwann schaffen, im Schulbereich – ob es Lehrer, Schulpsychologen, Schulsozialarbeit oder was auch immer ist – auch einmal auszusprechen, dass wir Probleme haben und dass Sie Lösungsansätze einzubringen versuchen, dann werden wir die Situation an den sächsischen Schulen nicht verbessern; wenn Sie es nicht einmal zugeben oder zumindest vorsichtig darüber nachdenken. Sie haben gerade wieder erklärt: alles gut, alles toll, alles wunderbar, wir haben alles wunderbar im Griff. Natürlich kann es sein, dass wir die Probleme nicht reduzieren – es kann möglich sein, das weiß ich nicht –; aber wir können mit mehr Schulpsychologen früher helfen, und damit können wir Probleme reduzieren. Damit treiben wir Schülerinnen und Schüler, die Probleme haben, nicht wochen- und monatelang in irgendeine Sackgasse, sondern wir holen sie gleich ab, wenn sie das Problem haben.
Ich bitte Sie, natürlich brauchen wir Unterstützungssysteme, nicht nur die Schulpsychologen, sondern auch andere Bereiche. Aber die anderen Bereiche haben andere Aufgaben. Ein Beratungslehrer – Frau Staatsministerin, das wissen Sie ganz genau – ist kein Schulpsychologe; er hat ganz andere Aufgaben. Natürlich arbeitet er mit dem Schulpsychologen zusammen, sobald er mal einen „erwischt“. Natürlich brauchen wir Schulsozialarbeit, aber Sie wollen doch wohl nicht ernsthaft dem Parlament erklären, dass Schulsozialarbeit und Schulsozialarbeiter Aufgaben von Schulpsychologen übernehmen können. Das ist überhaupt nicht vorstellbar, und ich möchte auch nicht, dass wir das derart vermischen.
Wir haben Handlungsbedarf. Wir haben Bedarf an den Schulen, insbesondere auch bei den Lehrerinnen und
Ich erwarte von Ihnen, von den Fraktionen, die Anträge stellen können, die auch durchkommen, dass im Bereich Schulpsychologen zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt wird. Wir in unserer Fraktion werden es tun, um schrittweise eine bessere Versorgung zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun den Antrag in Drucksache 6/888 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag in Drucksache 6/888 nicht beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Hierzu können die Fraktionen in folgender Reihenfolge Stellung nehmen: AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Laut Bundesinnenministerium zählen wir zum Stichtag 31. Juli 2016 1 475 minderjährige Ausländer mit dem Familienstand verheiratet. Davon stammen 664 aus Syrien, 157 aus Afghanistan und 100 aus dem Irak. 994 der Verheirateten sind zwischen 16 und 18 Jahren alt. 361 verheiratete Kinder sind jünger als 14 Jahre alt, und, wie zu erwarten, gibt es darüber hinaus eine hohe Dunkelziffer.
Über die Fälle in Sachsen haben wir bereits im letzten Plenum diskutiert. Es handelt sich aktuell um 23 registrierte Fälle von verheirateten Minderjährigen, alle weiblich, davon ein Mädchen unter 16 Jahren. Es gibt zehn Verdachtsfälle wegen Zwangsheirat und damit Verstoß gegen § 237 Strafgesetzbuch.
Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen sicherlich nicht großartig erzählen, welche Konsequenzen eine Eheschließung für eine Minderjährige hat, nämlich frühe Schwangerschaften, Schul- oder Ausbildungsabbruch, und das heißt finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann oder vom Staat, also ein erhöhtes Armutsrisiko.
Kinder von minderjährigen Müttern zeigen häufiger Lernbehinderungen und Verhaltensstörungen. Es werden lauter soziale Probleme geschaffen bzw. importiert.
Manche meinen, das seien Menschen aus anderen Kulturen, dafür müsse man ein gewisses Maß an Verständnis aufbringen. Man könne die Paare jetzt nicht einfach auseinanderreißen. Oft sei der ältere Ehepartner der einzige Versorger des jüngeren, und außerdem handele es sich bei der ganzen Sache doch nur um ein Randphänomen. Das sehen wir anders. Zum Ersten sind 1 475 Fälle genau 1 475 Fälle zu viel. Zum Zweiten ist die Verheira
tung eines oder einer Minderjährigen immer auch eine Zwangsheirat. Zum Dritten reden wir nicht über ein Randphänomen, sondern über eine Tendenz. Wir reden nicht über Einzelfälle, sondern über ein Einfallstor.
Kinderehe, Ehe mit Minderjährigen, Verwandtenehe, Polygamie, all das sind integrale Bestandteile jener orientalischen Kulturen, aus denen das Gros der Einwanderer stammt. Das heißt, das Problem wird bei uns wachsen, spätestens mit dem Familiennachzug.
Es sind nicht nur archaische Stammessitten, aus denen die Kinderehe, die Vielehe, die Verwandtenehe und die Zwangsheirat stammen. Sie werden bestätigt durch ihr religiöses Recht, Schariarecht.
vormodernen Welt- und Moralverständnis. Es steht in einem totalen Gegensatz zum modernen Rechtsverständnis, das individuelle Rechte garantiert und die Trennung von Religion und Staat zur Voraussetzung hat. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es völlig inakzeptabel, dass schariarechtliche Regelungen von deutschen Gerichten akzeptiert und damit legalisiert werden, wie es das Oberlandesgericht Bamberg im Juni getan hat, als es die Ehe einer vierzehnjährigen Syrerin mit ihrem volljährigen Cousin für rechtens befand. Auf diese Weise fördert und unterstützt die deutsche Justiz die Festsetzung einer aufklärungsresistenten und antiemanzipatorischen Kultur.
Die Einwanderungskrise verschafft uns juristische Probleme, mit denen niemand gerechnet hatte. Es ist eine Rückkehr in die Vormoderne. Unser juristisches Instrumentarium ist dafür nur bedingt geeignet. Deswegen müssen wir es anpassen.
Unser Grundsatz lautet: In Deutschland gilt deutsches Recht. Bekommt es dieses Recht mit einem Phänomen zu tun, auf das es nicht eingerichtet ist, muss es modifiziert werden. Das ist Aufgabe von Parlamenten. Das ist unsere Aufgabe. Gibt es Schlupflöcher, durch die unser Recht unterlaufen wird, müssen sie gestopft werden.
Ein Deutscher kann im Regelfall keine Minderjährige heiraten. Artikel 3 des Grundgesetzes gebietet die rechtliche Gleichbehandlung aller. Es wäre also eine unstatthafte Privilegierung und zugleich Diskriminierung, wenn Ehen mit Minderjährigen in Deutschland anerkannt würden. Die Gleichheit vor dem Gesetz wäre ausgehebelt.
In traditionellen muslimischen Milieus sind die Strukturen patriarchalisch. Die Frauen haben männliche Vormünder. Der Vormund ist häufig gleichzeitig das Familienoberhaupt. Er handelt vor allem im Hinblick auf das Interesse der gesamten Familie. Er bewahrt deren Sozialstatus und deren Ehre.
Bei offener Rebellion der Tochter gegen eine Heirat gerät nach traditioneller Auffassung die Familienehre in Gefahr. Außerdem ist das Ideal in der muslimischen Gesellschaft die verheiratete Frau und vielfache Mutter. Dagegen wäre nichts zu sagen, wenn die Entscheidung dazu auf Freiwilligkeit beruht. Aber das ist nicht sehr oft der Fall. Wollen wir das etwa tatsächlich als kultursensibel tolerieren?
In welcher Gesellschaft wollen wir künftig leben – in einer Gesellschaft, in der uns gesetzte Herren mit ihren vierzehnjährigen Bräuten auf der Straße entgegenflanieren?
Schauen wir auf die Rechtslage. Die Prüfung der Gültigkeit einer Einwandererehe richtet sich nach dem internationalen Privatrecht, Artikel 11 und 13 des Einführungsgesetzes zum BGB.
Wenn die Ehe in jedem Staat, in dem sie geschlossen wurde, rechtsgültig ist, dann ist sie nach derzeitigem Stand in Deutschland grundsätzlich anzuerkennen. Es stellt sich dann noch die Frage, ob ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, ordre public, Artikel 6 des Einführungsgesetzes zum BGB, gesehen wird. In solchen Fällen kann die Aufhebung der Ehe bei Gericht beantragt werden.
Die Gerichte ziehen bei der Ehemündigkeit die Grenze zwischen 14 und 16 Jahren. Vielfach gilt im ausländischen Recht ein Mindestalter von 15 Jahren. Dies wird in der Regel nicht als Verstoß gegen den ordre public angesehen, von uns aber durchaus.
Nach unserer Ansicht müssen nach ausländischem Recht geschlossene Ehen, die gegen den ordre public verstoßen, für ungültig, für nicht geschlossen erklärt werden. In Deutschland hat ohne Ausnahme die Ehemündigkeit mit 18 Jahren zu gelten.
Der mündige Mensch, meine Damen und Herren, ist das Leitbild der westlichen Zivilisation. Es war ein langer Weg dorthin. Diese Mündigkeit ist dem Menschen nicht per Geburt verliehen. Er muss sie erlangen. Es hat gute Gründe, dass wir eine Mündigkeitsaltersgrenze gezogen haben.
Bei uns muss aus Versorgungsgründen niemand mit 16 Jahren oder jünger verheiratet werden. Bei uns können 16-Jährige eine Beziehung eingehen, für die sie weder Trauschein noch die Genehmigung irgendeiner religiösen
Autorität brauchen. Ohnehin steigt das durchschnittliche Heiratsalter in Deutschland. Es lag im Jahr 2014 bei 31 Jahren bei den Frauen und bei knapp 34 Jahren bei den Männern. Es geht uns darum, dieses Eherecht an die Lebenswirklichkeit in Deutschland anzupassen.
Wir wissen, dass die Verheiratung Minderjähriger kein muslimisches Spezifikum ist. In einigen US-Bundesstaaten dürfen Minderjährige mit Zustimmung ihrer Eltern heiraten. Erstens sind das aber vergleichsweise seltene Fälle und zweitens wandern diese Menschen in der Regel nicht bei uns ein. Wenn sie es täten, dann müsste auch für sie deutsches Recht gelten.
Meine Damen und Herren! Die Wahl des Partners ist eine der schwerwiegendsten Entscheidungen im Leben. Diese trifft man nicht mit 15 Jahren. Ein Unmündiger kann und soll eine solche Entscheidung nicht treffen, und erst recht kein Vormund für ihn. Wer in Deutschland Asyl beantragt und hier leben will, der muss diese Mündigkeitsgrenze akzeptieren. Juristisch heißt das, Ehen sollten in Deutschland nur anerkannt werden, wenn die Ehemündigkeit nach § 1303 des BGB, also nach deutschem Recht, vorgelegen hat. Ehen, welche entgegen diesen Voraussetzungen geschlossen wurden, dürfen in Deutschland in Zukunft nicht mehr anerkannt werden. Erst wenn das der Fall ist, können die Jugendämter den Kinder- und Jugendschutz auf sämtliche minderjährigen Ausländer ausweiten.
Im traditionellen islamischen Recht gelten Mädchen teilweise bereits mit neun Jahren und Jungen mit zwölf Jahren als heiratsfähig. Manche arabischen Staaten, etwa Marokko, haben zur Vermeidung von Kinderehen ein höheres Alter für die Ehemündigkeit festgelegt, aber diese Vorschriften lassen sich unterlaufen. Sogar in der Türkei, wo die Scharia von Kemal Atatürk abgeschafft wurde, werden bis heute vor allem in ländlichen Gebieten sogenannte Imam-Ehen geschlossen. Der türkische Staat amnestiert diese eigentlich ungültigen Ehen regelmäßig. Auf diese Weise wird dort das traditionelle Heirats- und Eheverständnis wiederbelebt.
Wir legen keinen Wert darauf und kein demokratischer Politiker sollte es tun, dass diese Praxis auch bei uns Einzug hält. Seit 2009 sind in Deutschland leider auch religiös geschlossene Ehen möglich, ohne Heirat beim Standesamt. Das Verbot der religiösen Voraustrauung wurde mit Außerkraftsetzung der §§ 67 und 67 a des Personenstandsgesetzes abgeschafft. Man darf durchaus vermuten, dass diese beiden Paragrafen auf Druck religiöser Minderheiten aufgehoben wurden und wir wissen auch, dass die evangelische Kirche sicherlich nicht daran beteiligt war, denn sie hat eine Selbstverpflichtung abgegeben, keine religiösen Trauungen vor standesamtlichen vorzunehmen. Und auch die Zahl der katholisch vorausgeschlossenen Ehen ist vergleichsweise klein. Zwar sind diese Ehen zivil- und steuerrechtlich nicht bindend, solange sie nicht durch das Standesamt anerkannt werden, aber sie bilden ein Einfallstor für Zwangsehen mit Minderjährigen. Wir halten das für einen fatalen Rückzug des Rechtsstaates. Nach unserer Ansicht muss diese Außer
kraftsetzung zurückgenommen werden. Eine kirchliche oder religiöse Trauung in Deutschland sollte erst nach der standesamtlichen zulässig sein.
Frau Dr. Petry sprach jetzt für die einbringende AfD-Fraktion. Jetzt ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Anton das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor vier Wochen haben wir uns bereits im Rahmen einer Aktuellen Debatte mit dem Thema Kinderehen befasst, und ich hatte schon den Eindruck, dass wir in dieser Debatte klar herausgearbeitet haben, dass wir Kinderehen nicht dulden, dass Kinderehen nicht mit unseren Wertvorstellungen vereinbar sind und dass wir in Bezug auf die derzeitige Rechtslage Änderungsbedarf sehen.