Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Die Änderungen hinsichtlich der Finanzierung der Sterilisation sind bereits durch die Gesundheitsreform 2003 erfolgt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Leistungen bei einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation. Eine Änderung ist auf Bundesebene nach meinem Kenntnisstand nicht geplant.

Im Anschluss möchte ich Ihnen noch etwas auf den Weg geben. Eine Schwangerschaft ist etwas Wunderschönes, denn sie zeugt von neuem Leben. Ein Kind ist ein Geschenk Gottes. Eine Beratung sollte zum Erhalt dieses ungeborenen Lebens beitragen und der Mutter helfen, Wege zu finden, sich auf dieses neue Leben zu freuen.

Einen Schwangerschaftsabbruch sehe ich eher als kritisch, aber dazu können wir vielleicht ein anderes Mal diskutieren.

Wir lehnen natürlich den Antrag heute ab.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPDFraktion Frau Pfeil-Zabel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 29.08.2005 wurde mein Sohn Anthony geboren. Damals war ich gerade 18 Jahre alt.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Ich hatte das Abitur abgelegt und ein Studium stand vor mir. Am 09.06.2012 kam meine Tochter Emily zur Welt. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch Studentin, ebenso mein Lebensgefährte. Beide Male war nach der frohen Botschaft tatsächlich einer meiner ersten Wege der in eine Schwangerschaftsberatungsstelle in der AWO Plauen. Fragen wie Erstausstattungszuschuss, Vaterschaftsanerkennung, Sorgerechtsanerkennung, Vorsorgeuntersuchungen, aber natürlich wurden auch Ängste angesprochen, wurden aufgenommen. Ich wurde mit dieser Beratung gestärkt. Ich bin sehr dankbar, dass es dieses Angebot gibt. Ich rate auch jeder schwangeren Frau, dies zu nutzen, egal, ob sie in Konfliktsituationen ist oder fest die Ziele ihrer Familienplanung vor sich hat.

Ich danke an dieser Stelle der Fraktion DIE LINKE für diesen Antrag. Die Frage von wohnortnahen Beratungsangeboten, neuen Herausforderungen wie Sprachmittlerkurse oder die Finanzierung beschäftigen auch mich und meine Fraktion. Bereits im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, die Förderrichtlinien auf den Prüfstand zu stellen.

In Bezug auf die Schwangerschaftsberatung gibt es einige Baustellen, so der Eigenanteil, der zwar offiziell mit 20 % angesetzt wird, aber teilweise bei 21 bis 23 % liegt.

Zuletzt hat sich zum Beispiel das Land MecklenburgVorpommern zu einer Absenkung von 10 % entschieden. Hinzu kommt, dass das Gesetz sehr hohe Qualifikationsanforderungen an das Personal stellt. Der Fachkräftemangel in diesem Bereich macht es in einigen Beratungsstellen schwer, geeignetes Personal zu finden, ohne die Tarife anpassen zu können. Neben der Anpassung der Förderrichtlinie sehen wir auch im kommenden Doppelhaushalt Handlungsbedarf.

Bei der Frage der Unterstützung von Frauen mit Migrationshintergrund möchte ich auf die Planungen des SMWI hinweisen, die sich explizit mit der Frage der Gleichstellung von Frauen mit Migrationshintergrund auseinandersetzen. Auch hier, denke ich, ist es ein wichtiges Ziel, geflüchtete Frauen zu stärken, gleichwertig und selbstverständlich die vorhandenen Beratungsangebote zu nutzen und nutzen zu können. Ja, die Frage der Sprachbarriere spielt eine entscheidende Rolle. Doch die Ängste, die Unsicherheiten, aber auch die Freude und die Planung für das neue Leben sind bei allen Frauen nun einmal gleich.

Die Frage nach einer selbstbestimmten Schwangerschaft hält im Umkehrschluss auch die Frage nach Schwangerschaftsabbrüchen bereit. Sicherlich spielt hier der finanzielle Aspekt eine wichtige Rolle. Vor weniger als zehn Monaten – Sie hatten das erwähnt – sprachen wir auf Antrag der LINKEN über das Thema „Kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln im Fall geringer Einkommen“. Meine Kollegin Dagmar Neukirch sprach bereits damals ein Modellprojekt in Mecklenburg-Vorpommern an, das Manuela Schwesig noch als Sozialministerin vor Ort gestartet hat. Das Modell stellte einkommensschwachen Frauen verschiedene kostenfreie Verhütungsmittel zur Verfügung. Das Ergebnis ist nun da, aber die Wirkung war nicht ganz die gewünschte. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ging zwar leicht zurück, ist aber nach wie vor in Mecklenburg-Vorpommern nach Bremen und Berlin am höchsten. Dabei ist zu bemerken, dass Berlin generell für die Zielgruppe dieses Modells kostenfreie Verhütungsmittel zur Verfügung stellt. Die Quote ist in Berlin jedoch die höchste.

Dass allein Kostenfreiheit von Verhütungsmitteln die individuelle Geburtenplanung stärken würde, sehe ich nicht. Das zeigt vor allem die hohe Zahl von Teenagerschwangerschaften, da hier eine Kostenerstattung erfolgt. Klar ist für mich, dass allein die Frage der Kostenfreiheit keine Antwort auf die Frage bietet, wie wir Verhütung und Sexualität in einer selbstbestimmten Gesellschaft stärken können.

Wie eingangs erwähnt, danke ich der LINKEN für ihren Antrag. Wir sind dabei, die Förderrichtlinien auf den Prüfstand zu stellen. Dabei ist diese nicht die einzige. Eine Zustimmung zum Antrag ist daher nicht notwendig.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die AfD-Fraktion, bitte. Frau Abg. Wilke, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass ich hier zum Thema einer selbstbestimmten Schwangerschaft reden soll, ist keine einfache Sache. Erinnern wir uns an die Inszenierung des Bühnenstücks „Fear“ der Berliner Schaubühne. Dort wurden Menschen, die eine andere Meinung dazu haben – ich nenne es einmal so –, symbolisch gefoltert. Deshalb, aber nicht nur deshalb, hatte ich eigentlich wenig Lust, mich mit diesem Thema zu befassen, nicht als Frau, nicht als Mensch und nicht als Landtagsabgeordnete meiner Partei. Denn die Dinge, über die wir jetzt hier in aller Öffentlichkeit reden, sind das Privateste, das Menschlichste und gleichzeitig das Gesellschaftlichste, was uns in unserem Menschsein widerfahren kann.

Noch unterscheidet sich unser Leben von der Massentierhaltung und der zoologischen Praxis, wenngleich eine entfesselte Reproduktionsmedizin und Gesellschaftspolitik die Unterschiede mitunter recht stark verschwimmen lassen. Das beginnt schon mit der vernebelnden Floskel von einer selbstbestimmten Schwangerschaft. Zu jeder Schwangerschaft gehören immer zwei, von Beginn an. Selbstbestimmung ist keine Einbahnstraße. Das klingt für manche Ohren, nicht nur in diesem Hause, schon recht fremd und ungehörig antifeministisch, ist und bleibt aber wahr, auch im Zeitalter praktisch unzähliger selbstbestimmter Genderdefinitionen.

Mit einem gewissen Mut zur Wahrheit widme ich mich jetzt im Detail dem Antrag der LINKEN.

Welche Form von selbstbestimmter Schwangerschaft verbirgt sich hinter dem angeblich so gestiegenen interkulturellen Beratungsbedarf? Vordergründig handelt es sich wohl nur um ein Jobprogramm für unterbeschäftigte Freunde der Asylindustrie.

(Proteste bei den LINKEN)

Untergründig hantiert man aber mit höchst gefährlichem Sprengstoff. Auf keinem anderen Gebiet der interkulturellen Betreuung gibt es mehr und fundamentalere Gegensätze.

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Sie sind von archaischsten Partnerbeziehungen geprägt. Hier wird die bunte Gesellschaft ernsthaft blutig. Krankenhäuser und Rettungssanitäter können ein erschreckendes Lied über die Intimsphäre der interkulturellen Bereicherung singen. Schon jetzt wird ein spezieller Polizeischutz für solche Einsätze gefordert.

Wo Kinder als Teil des Dschihad verstanden werden, zählt nur die Lebendgeburt, nicht die selbstbestimmte Schwangerschaft. Ich pointiere das, um darauf hinzuweisen, an welchen Klippen unsere Willkommenskultur unausweichlich zu scheitern droht. Daran ändert auch eine Rundumversorgung mit Kondomen und Pillen auf Kosten unserer Solidargemeinschaft nichts. Im Gegenteil, unser freizügiger Umgang mit dem ungeschützten, wehrlosen Leben stärkt nur ein moralisches Überlegenheitsgefühl unserer neuen Mitbürger und verschärft die ohnehin vorhandenen

Vorbehalte, sich unseren Sitten und Gebräuchen anzupassen.

Der Antrag der LINKEN und die Antworten der Staatsregierung entsprechen sich in diesem Sinne. Der eine ruft nach mehr Geld und Planstellen, der andere antwortet mit bürokratischen Hinweisen und Bremsklötzchen. Durchgängige Gemeinsamkeit der Fragenden und Antwortenden ist aber der Glaube oder vielleicht auch die Hoffnung, menschlichen Konfliktsituationen mit Geld, Paragrafen und gut klingenden Worten begegnen zu können. Unser dekadenter Umgang mit existenziellen Fragen macht uns unfähig, diese wirklich zu bewältigen. Das „Wir schaffen das“ ist der unschlagbare Beweis. Die Belastungen der sogenannten Solidargemeinschaft durch Frau Merkels grenzenlose Spendierfreudigkeit führen gerade jetzt wieder zu erhöhten Krankenkassenbeiträgen und Zuschüssen. Darauf bezogen, sind die Verhüterli der LINKEN natürlich nur Peanuts, aber bekanntlich macht ja Kleinvieh auch Mist.

(Zurufe)

Vielleicht funktioniert so etwas aber nur, wenn wir vergessen, was der Sinn des Lebens ist, nämlich das Überleben. Arnulf Baring brachte diese Frage einmal so auf den Punkt: „Das Leben leben und Leben schenken – einen anderen Zweck kennt die Evolution nicht.“

In diesem Sinne lehnen wir den Antrag der LINKEN ab, weil der die Solidargemeinschaft schädigt und überfordert, weil der die Schwangerschaft als Krankheit diskriminiert, weil der die kulturellen Konflikte zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen unnötig verschärft und eine lebendige Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau behindert.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Frau Wilke, ich wollte Ihnen noch gern sagen, dass ich das Wort „Asylindustrie“ für das Haus für nicht angemessen halte, es überhaupt nicht für angemessen halte.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Wir sollten einfach versuchen, unsere Wortwahl etwas besser auszuwählen, denke ich.

Herr Abg. Zschocke, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für diese klaren Worte, die Sie jetzt dazu gefunden haben.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist Schwangerschaft ein großes Glück, wenn alles wunschgemäß und komplikationsarm verläuft. Doch für viele Frauen sieht die Realität eben anders aus: wenn zum Beispiel existenzielle Lebensgrundlagen durch ein weiteres Kind gefährdet sind, wenn Angst vor Überforderung herrscht, wenn Suchterkrankungen zum Beispiel eine Rolle spielen. Auch

eine Schwangerschaft in einem fremden Land, Frau Wilke, getrennt von Familie und mit Sprachbarrieren, ist eine besonders schwierige Situation. Da finde ich es unsäglich, wenn Sie die Debatte hier dann auch noch fremden- und asylfeindlich aufladen.

Meine Damen und Herren! Schwangerschaft ist eine hochsensible Lebenssituation, egal, vor welchem Hintergrund. Frauen und Familien brauchen deshalb professionelle Beratungsangebote, und zwar in einem flächendeckenden Netz und in Form einer vielfältigen Trägerstruktur. Das sicherzustellen ist Aufgabe des Freistaates. Mit der aktuellen Förderpraxis kommt er dieser Pflicht aber nur unzureichend nach. Die Finanzierung der Beratungsangebote ist auf Kante genäht. Die Mitarbeiterinnen in den Beratungsstellen arbeiten an der Belastungsgrenze. Zwar sind die Fallzahlen nicht gestiegen, aber der Aufwand steigt. Die Problemlagen werden vielschichtiger und schwerwiegender.

Ich habe mir in Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen ein Bild über die veränderten Bedingungen gemacht. Dazu sage ich deutlich: Die Fraktion DIE LINKE fordert zu Recht die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Finanzierung, weil bedarfsgerecht heißt, der Komplexität und der erforderlichen Vernetzung im Hilfesystem Rechnung zu tragen. Es geht oft um junge Familien in ganz schwierigen Lebenssituationen. Es geht um Multi-Problem-Familien, die umfassende Unterstützung und auch ein vernetztes Arbeiten im Hilfesystem erfordern. Es geht um die besonderen Bedarfe von Geflüchteten, wo allein schon mit Dolmetschern oft die doppelte Zeit für die Beratung eingeplant werden muss.

Bedarfsgerecht heißt aber auch, die geänderte Situation von Trägern der sozialen Arbeit in den Blick zu nehmen. Auch die Vereine möchten annähernd tarifgerecht bezahlen. Sie müssen auch in Fachkräfte investieren, wenn sie sie halten wollen. Da sind die aktuell in Sachsen geförderten 55 000 Euro pro Stelle eben nicht dem Bedarf entsprechend. Schwangerenberatung ist eines der Gebiete der sozialen Arbeit mit der höchsten Eigenmittelbelastung in Sachsen. Die Staatsregierung reizt hier ihren gesetzlichen Spielraum wirklich voll aus, und das, obwohl sich die Mehrzahl der zu Beratenden wirklich in schwierigen Lebenssituationen befindet und fast die Hälfte grundsichernde Sozialleistungen bezieht, sodass es kaum möglich ist, Einnahmen oder Spenden zu generieren. Wie sollen denn kleine Träger diesen hohen Eigenanteil erwirtschaften, frage ich Sie.

Ich möchte nicht, dass wir zuschauen, wie die Träger dann anfangen, ihre Beratungskapazitäten abzubauen, stadtteilbezogene Prävention weglassen, kultursensible Beratung nicht mehr anbieten können, nicht mehr in den wichtigen kommunalen Netzwerken „Frühe Hilfen“ mitwirken können und auch keine Angebote der Familienbildung oder der Sexualpädagogik mehr machen können.

Meine Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag der LINKEN. Aber wir müssen vor allem im Hinblick auf

die Beratungen zum anstehenden Doppelhaushalt hier noch einmal dringend aktiv werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich frage noch einmal durch. Hat die Fraktion DIE LINKE noch Redebedarf? – Gibt es bei der CDU noch Redebedarf? – Dann Frau Raether-Lordieck für die SPD, bitte.