Was kann ich mir unter einer ÖPNV-Offensive vorstellen? Vereinfachte Tarife und mehr Transparenz für die Bürger, bessere Anbindung vor allem im ländlichen Raum, Auslastungsüberprüfungen mit eventuell erfolgenden Umstrukturierungen, eine bessere Vernetzung der Verkehrsmittel und mehr Angebote in den Ferien und an Wochenenden. Diese Ideen möchte ich aber nicht auf dem Niveau „Wünsch dir was“ besprechen. Eine sofortige Umsetzung einer solchen Offensive ginge auf Kosten der Planungssicherheit der Verkehrsverbünde.
Lassen Sie mich hier und heute der Staatsregierung drei Punkte mit auf den Weg geben. Erstens möge sie sich auf Bundesebene für die Erhöhung der Regionalisierungsmit
Zweitens sollte sie sich auf Bundesebene gegen die extrem hohen Trassenpreise und Stationsentgelte der DB stark machen, da diese 60 % der Regionalisierungsmittel verschlingen.
Drittens sollten die Handlungsempfehlungen, die wir in der Strategiekommission erarbeiten, effektiv umgesetzt werden – auch mit allen erforderlichen Umstrukturierungen.
Mit Frau Grimm sind wir am Ende der zweiten Runde angelangt. Die einbringende Fraktion GRÜNE könnte eine dritte Runde eröffnen, hat aber nur noch 58 Sekunden Redezeit; das sei gleich erwähnt.
In aller gebotenen Kürze. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Richtig ist, dass Herr Morlok den Kieler Schlüssel mitzuverantworten hat. Richtig ist, dass er die FinVO angefasst hat. Richtig ist aber auch, Herr Dulig, dass Sie das nicht rückgängig gemacht haben – das müssen Sie sich heute leider anhören.
Richtig ist auch, dass wir GRÜNE uns nicht erst seit gestern, sondern schon seit fast zehn Jahren mit einem Sachsentakt beschäftigen und etwas Konkretes vorgelegt haben. Genau das hat sich nun vor zwei Jahren auch im Koalitionsvertrag wiedergefunden. Dort steht, dass Sie hier einen integralen Taktfahrplan umsetzen möchten. Deshalb gibt es die Strategiekommission, und deshalb sitze ich dort auch und bringe das ständig immer wieder mit an. Ich bringe mich also ein.
Dafür ist es aber auch notwendig, dass das nötige Geld zur Verfügung steht. – Natürlich nicht, Herr Nowak, aber wir geben den Anstoß. Das ist auch gut so. Aber dafür brauchen wir auch die nötigen Mittel.
Die Redezeit wurde bis auf die letzte Sekunde genutzt. Möchte die CDU-Fraktion noch einmal das Wort ergreifen? Sie hätte sogar noch zwei Runden. – Das ist nicht der Fall. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Das kann ich nicht erkennen. Damit hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Staatsminister Martin Dulig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es jetzt in dieser Debatte? Geht es darum, dass Sie Ihr Fahrrad zu jedem Zeitpunkt transportieren können, oder geht es darum, jetzt Haushaltsverhandlungen zu führen?
Ich ärgere mich ein bisschen darüber, dass wir eine solche Diskussion zu einem Zeitpunkt führen, in dem wir gerade dabei sind, den Schutt der Vorgängerregierung wegzuräumen.
Denn es geht eben nicht nur darum, auf die letzten zwei Jahre zu blicken, darauf, was damals im Kieler Schlüssel beschlossen wurde. Ich erinnere daran, dass der MorlokKnick 2010 beschlossen wurde und 2011 seine Wirkung entfaltet hat.
Ich weise Ihren Vorwurf zurück, Frau Meier. Wir haben fast 30 Millionen Euro zusätzlich hineingesteckt. Wir können den Kieler Schlüssel nicht rückgängig machen. Wir haben mit den Möglichkeiten, die wir damals in der Koalition im Haushalt gefunden haben, den ÖPNV gestärkt.
Wir haben in den letzten zwei Jahren dafür gekämpft, dass uns die Auswirkungen des Kieler Schlüssels nicht auf die Füße fallen. Sie suchen sich immer die Jahresscheibe heraus, die in Ihre Argumentation passt. Es war fast zu erwarten, dass Sie mit dem Morlok-Spruch kommen – dies ist eigentlich unter Ihrem Niveau.
Aber schauen Sie sich bitte einmal an, was wir Ihnen wirklich als Grundlage für die ÖPNV-Finanzierung vorgelegt haben. Dazu müssen Sie sich die gesamte Zeit anschauen: Am Ende sind wir dann bei 90 % Finanzierung bei den Zweckverbänden. Das wollten Sie doch, oder? Gerechnet auf die Jahre bis 2031 werden wir im Durchschnitt 82,6 % an die Zweckverbände weiterreichen. Die einzelne Jahresscheibe zu nehmen und dann Prozente zu rechnen, macht bei der Umstellung des Systems, wie wir es vorhaben, nur wenig Sinn, es sei denn, man will es politisch instrumentalisieren.
Wir haben nicht ohne Grund gesagt: Wir gehen vom Jahr 2015 aus und versuchen, dort mal einen Benchmark zu setzen mit einer jährlichen Dynamisierung von 1,8 %. Dementsprechend haben wir die Regionalisierungsmittel auf die Jahre anders verteilt. Ja, ich bin durchaus stolz darauf, dass es uns gelungen ist, für einen so langen Zeitraum Planungs- und Finanzierungssicherheit zuzusagen, und man eben nicht der Versuchung erlegen war, einen kurzfristigen Erfolg einzuheimsen, indem man Prozente der Regionalisierungsmittel an die Zweckverbände weitergegeben hätte. Dann wären wir übers Wahljahr gekommen und hätten danach einen Einbruch erlitten. Ich denke nicht in Haushaltsjahren, sondern ich wäge ab, wie wir tatsächlich den ÖPNV über die gesamte
Strecke attraktiv machen und sicherstellen können. Das ist meine Verantwortung und darauf bin ich auch stolz.
Das heißt: Was wir Ihnen jetzt als Ergänzungsvorlage geliefert haben, ist erst einmal das Umsteuern dessen, was vorher als Problem geschaffen wurde. Man muss bitte noch einmal den Ausgangswert nehmen. Diejenigen, die gesagt haben, es würde 1 Milliarde Euro fehlen, sind davon ausgegangen, dass der Kieler Schlüssel kommt. Die ursprüngliche Verabredung war aber, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die gesamte Finanzierung des ÖPNV nicht nach Kieler Schlüssel, sondern nach Königsteiner Schlüssel kommt, also nach dem alten Verrechnungsmechanismus in Deutschland.
Dann hätten wir hier über ganz andere Brüche gesprochen. Bei der Entscheidung der damaligen Verkehrsministerkonferenz – das ist eben das Problematische – hat man mit dem Prinzip Hoffnung gearbeitet und eine Verabredung zu Lasten Dritter gemacht. Man wollte, dass der Bund 1 Milliarde Euro obendrauf legt und irgendwie alle zufrieden sind. Das musste schiefgehen und es ist schiefgegangen. Dass wir jetzt durch den Zuschlag von 200 Millionen Euro in die Lage versetzt werden, das Defizit der 1 Milliarde Euro auffangen zu können, ist tatsächlich eine großartige Leistung, zu der viele etwas beigetragen haben. Wir haben auch einen Anteil daran, ich will aber deutlich sagen, dass vor allem Ministerpräsident Tillich in der entscheidenden Runde die Verhandlungen geführt hat – große Hochachtung dafür – und dass es dabei gelungen ist, die 200 Millionen Euro draufzulegen.
Erstens. Frau Grimm, die Forderung nach 8,5 Milliarden Euro bringt gar nichts, weil das ein neues Konjunkturprogramm West wäre. Sie müssen sich die Verteilung der Mittel insgesamt anschauen. Die 200 Millionen Euro, die jetzt zusätzlich verhandelt wurden, liegen nicht innerhalb des Kieler Schlüssels, denn dann hätten wir wieder schlecht ausgesehen; sie sind vielmehr obendrauf gelegt worden für den Osten. Von daher hilft es gar nichts, wenn wir jetzt noch mehr in die Regionalisierungsmittel stecken. Dann würde es ein weiteres Auseinanderdriften zwischen den Regionalisierungsmitteln West und Ost geben – das macht keinen Sinn.
Zweitens ging es um die Trassenpreise. Sie sind im Paket mit verhandelt worden. Es macht ja keinen Sinn, dass wir höhere Mittel für den ÖPNV bekommen und in gleichem Maße die Trassenpreise steigen. Deshalb ist Bestandteil des Pakets, dass die Trassenpreise gedeckelt sind, damit es überhaupt einen Effekt für uns gibt. Diese Forderung ist bereits umgesetzt.
Drittens kommt von Ihnen das Thema Strategiekommission. Es liegt jetzt an uns allen, dass dabei vernünftige Ergebnisse kommen. Lieber Kollege Nowak, ich verstehe
Ihre Ungeduld, aber die habe ich auch. Ich würde immer noch für Inhalt vor Struktur plädieren. Wir müssen die Qualitätsfragen klären und nicht durch Strukturfragen erschlagen lassen,
auch wenn ich sicher mit Ihnen einer Meinung bin, dass wir die Effektivität unserer Strukturen hinterfragen müssen, aber eines nach dem anderen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es darum geht, den ÖPNV in den nächsten Jahren sicherzustellen, dann haben wir mit der Ergänzungsvorlage einen Vorschlag gemacht. Sie können sich aber sicher sein – und dazu braucht die Koalition weder eine Aktuelle Debatte noch Hinweise von Ihnen –, dass die Verantwortung schon längst erkannt wurde, dass wir im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen den ÖPNV weiter stärken werden, weil wir wissen, dass es Hausaufgaben gibt, die nicht nur durch den Haushalt zu erledigen sind. So muss zum Beispiel der Verteilmechanismus angepackt werden, es gibt unterschiedliche Entwicklungen in den Ballungszentren und dem ländlichen Raum. Wir dürfen weder zulassen, dass wir den ÖPNV-Boom der Ballungszentren brechen, noch dürfen wir zulassen, dass ländliche Regionen abgehängt werden. Wir müssen beide Aufgaben erfüllen.
Deshalb werden wir uns auch dafür einsetzen, dass die Mittel übertragbar werden, denn auch das hilft den Zweckverbänden, Planungs- und Finanzierungssicherheit zu bekommen.
Ich komme auf das Thema Schülerverkehr, wo Sie Herrn Baum vorgerechnet haben. Es gab damals eine Diskussion, wie wir es schaffen können, den Länderanteil zu erhöhen. Es gibt zwei Stellschrauben: Die eine betrifft die Investitionsmittel aus Landesmitteln, die andere den Schülerverkehr. Die Summe ist ungefähr die gleiche. Die Entscheidung, ob Schülerverkehr oder Investitionen, stand damals an. Wir haben uns für das Thema Investitionen entschieden, denn man muss auch einmal eine Wahrheit aussprechen. Die Wahrheit ist, Schülerverkehr ist gleich ÖPNV. Ohne den Schülerverkehr wäre der ÖPNV so nicht strukturierbar und finanzierbar.
Umgekehrt ist es so, dass der Schülerverkehr als solches allein nicht vorhanden ist, denn es gehört zur Wahrheit:
Schülerverkehr ist gleich ÖPNV, auch wenn es zwei unterschiedliche Leistungsträger sind, die das umzusetzen haben.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Dulig, ich frage Sie: Ist es richtig, dass sowohl die Infrastrukturmittel als auch der Schülerverkehr jetzt aus Regionalisierungsmitteln gezahlt werden? Oder lese ich irgendetwas im Haushalt falsch?