Herr Staatsminister, ist Ihnen aufgefallen, dass in unserem Änderungsantrag darauf hingewirkt worden ist, dass Gesetze sofort in Kraft treten können? Das hat uns der Plenardienst aufgegeben, und das haben wir geändert.
Dann will ich Ihnen nachgeben, dass Sie an dieser Stelle nachgebessert haben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass trotzdem einige schwierige Passagen darin sind, die verfassungsrechtlich bedenklich sind.
Im Übrigen – auch das ist ein Hinweis aus der Expertenanhörung gewesen – ist im Hinblick auf die Möglichkeit der Massenpetition kein Mehrwert zu der derzeitigen Regelung in Artikel 35 der Sächsischen Verfassung zu erkennen. Aus all diesen Gründen kann aus Sicht der Staatsregierung diesem Gesetzentwurf nicht zugestimmt werden.
Meine Damen und Herren! Wir kommen somit zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, dass wir artikelweise vorgehen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.
Aufgerufen ist der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur Weiterentwicklung der sachunmittelbaren Demokratie im Freistaat Sachsen. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion. Es liegt ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/7208 vor. Wird Einbringung gewünscht, Frau Dr. Muster? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Fraktionen, ob sie zum Änderungsantrag noch sprechen möchten? – Das ist auch nicht der Fall.
Dann beginne ich jetzt mit der Abstimmung über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion. Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Änderungsantrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Ich lasse über die Überschrift abstimmen. Wer möchte zustimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist die Überschrift dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Artikel 1 – Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen. Wer möchte dafür stimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmen dafür und keinen Stimmenthaltungen ist Artikel 1 mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Artikel 2 – Aufhebung des Gesetzes über Volksantrag, Volksbegehren und Volksentscheid. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dennoch Artikel 2 mit Mehrheit abgelehnt worden.
Artikel 3 – Gesetz über Initiativen und Referenden. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier eine Reihe von Stimmenthaltungen und Stimmen dafür; dennoch ist Artikel 3 mit Mehrheit abgelehnt worden.
Artikel 4 – Inkrafttreten. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Stimmergebnis: Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dennoch Artikel 4 mit Mehrheit abgelehnt worden.
Ich weise darauf hin, dass ein verfassungsänderndes Gesetz gemäß Artikel 74 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags bedarf und gemäß § 105 Abs. 2 der Geschäftsordnung über Verfassungsänderun
gen in der Schlussabstimmung namentlich abgestimmt werden muss. Wir kommen daher nun zur namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich bitte meine Schriftführerin um den Namensaufruf.
Entschuldigung! Aufgerufen wurde ich, aber ein dringendes menschliches Bedürfnis hat mich abgehalten, rechtzeitig da zu sein. Es war sehr knapp, aber ich habe es nicht geschafft. Ich würde gern noch mit Nein stimmen.
Es tut mir leid, das ist nicht möglich. Sie müssen sich im Raum befinden, wenn Sie aufgerufen werden. Wenn Sie nicht da sind, haben Sie es verwirkt.
Nein, es tut mir leid. Unsere Geschäftsordnung schreibt es so vor, und da bleibe ich jetzt hart. – Meine Damen und Herren, wir zählen jetzt aus. Ich bitte Sie einen Moment um Geduld.
Meine Damen und Herren! Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung vor: Mit Ja stimmten 14 Abgeordnete, mit Nein 94 Abgeordnete. Der Stimme enthalten haben sich 16 Abgeordnete und 2 Abgeordnete haben nicht teilgenommen. Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt worden, und ich schließe den Tagesordnungspunkt.
Die Fraktionen haben wieder das Recht auf allgemeine Aussprache. Es beginnt die CDU, danach folgen DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Abg. Anton, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Beschluss zum „Gesetz über das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen“ im Jahr 2007 wurde das Sächsische Staatsministerium des Innern durch dieses Hohe Haus
beauftragt, spätestens zum Ablauf des Haushaltsjahres 2016 die Vorschriften zum kommunalen Haushaltsausgleich zu evaluieren.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis dieser zwischenzeitlich erfolgten Evaluierung. Lassen Sie mich auf die wesentlichen Eckpunkte des Gesetzentwurfs eingehen.
Erstens. Die derzeit geltenden Übergangsvorschriften sollen bis zum 31.12.2017 verlängert werden, damit die Kommunen die erforderliche Vorlaufzeit für eine ordnungsgemäße Umsetzung der neuen Regelungen bekommen.
Zweitens. Die grundsätzliche Pflicht zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes wird dahin gehend modifiziert, dass Abschreibungen auf Altinvestitionen – das heißt, alle bis zum 31.12.2017 abgeschlossenen Investitionen – sanktionslos mit dem Basiskapital verrechnet werden können. Die Abschreibungen auf Eigenmittel für alle neuen Investitionen ab dem 01.01.2018 sind hingegen vollumfänglich auszugleichen.
Damit bietet der Gesetzentwurf eine praktikable Lösung für die Herausforderung, den Systemwechsel vom Kassenwirksamkeitsprinzip der Kameralistik hin zum Ressourcenverbrauchskonzept der Doppik mitten in einen laufenden Investitionszyklus einzusteuern. Die Regelung lässt den Kommunen die notwendigen Spielräume, um weiterhin durch sinnvolle Investitionen Daseinsfürsorge auf hohem Niveau zu organisieren, ohne gleichzeitig neue Zukunftslasten aufzubauen. Und es wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die sächsischen Kommunen im Gegensatz zu den Kommunen in den alten Ländern in einem untypisch kurzen Zeitraum enorme Investitionen in eine völlig marode Infrastruktur tätigen mussten.
Zudem hat die Neuregelung zu den Altinvestitionen einen im Sinne der Nachhaltigkeit absolut wünschenswerten Steuerungseffekt. Wer kontinuierlich einen Schwerpunkt auf die Erhaltung seiner Vermögenswerte legt, der kann die Nutzungsdauer entsprechend verlängern, große Neuinvestitionen vermeiden und damit seinen Ergebnishaushalt langfristig leichter ausgleichen. Wichtig ist dabei, dass die doppischen Grundsätze gewahrt bleiben, denn die Abschreibungen auf Altinvestitionen werden im Haushalt abgebildet und faktisch durch das Altvermögen gedeckt. Durch die Einführung eines Überschuldungsverbotes wird außerdem verhindert, dass der Betrag der Schulden den Betrag des Vermögens übersteigt, das heißt, dass keine bilanzielle Überschuldung eintritt.
Drittens. Für den Finanzhaushalt gelten die Mindeststandards, die schon in der Kameralistik zu erfüllen waren. Die Kommunen haben ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit dadurch nachzuweisen, dass ein Zahlungsmittelsaldo aus laufender Verwaltungstätigkeit erwirtschaftet wird, der ausreicht, um die ordentliche Kredittilgung zu finanzieren. Zudem soll eine angemessene Nettoinvestitionsrate erwirtschaftet werden, um die notwendige Liquidität für die Finanzierung künftiger Investitionen sicherzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nichts ist so gut, als dass man es nicht noch ein klein wenig besser machen könnte. Deshalb hat die Koalition zum vorliegenden Gesetzentwurf einen Änderungsantrag erarbeitet, den ich hiermit einbringe. Der Änderungsantrag beinhaltet zum einen die Begrenzung der Verrechnung von Abschreibungen auf Altinvestitionen mit dem Basiskapital auf maximal zwei Drittel des Basiskapitals zum Stichtag 31.12.2017. Damit wollen wir einen eingriffssicheren Grundstock an kommunalen Vermögenswerten festschreiben. Zum anderen soll für den Fall der Beauflagung eines Haushaltsstrukturkonzeptes der Konsolidierungszeitraum von drei auf vier Jahre verlängert werden.
Weiterhin wollen wir die Frist für die Evaluierung der neuen Regelungen zum kommunalen Finanzausgleich vom Jahr 2025 auf das Jahr 2023 vorverlegen. Schließlich ist uns die Klarstellung wichtig, dass noch im Jahr 2017 beschlossene und genehmigte Doppelhaushalte insgesamt nach den derzeit geltenden Übergangsvorschriften zu beurteilen sind, also auch in Bezug auf das Haushaltsjahr 2018.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung und dem Änderungsantrag der Koalition schaffen wir sachgerechte und praktikable Regeln für den kommunalen Haushaltsausgleich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gemeinden sind die Keimzellen der Demokratie. Das betonte das Bundesverfassungsgericht in der sogenannten Rastede-Entscheidung im Jahr 1988.
Ich möchte heute hinzufügen: Diese Keimzellen dürfen nicht vernachlässigt werden, ansonsten kann eine Saat aufgehen, die für unsere Demokratie alles andere als gedeihlich ist. Im Freistaat Sachsen waren in den vergangenen Monaten entsprechende Warnsignale weder zu übersehen noch zu überhören.
Deshalb müssen die Städte und Gemeinden so mit Geld ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben vernünftig erfüllen können. Das ist aber vielfach nicht der Fall. Nicht wenige Kommunen sind kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten in der Lage, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen, geschweige denn im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltung gestalten zu können. Zu oft erschöpft sich die Mitbestimmung von Gemeinde- und Stadträten in der Verwaltung des Mangels und der Entscheidung über die Frage, welcher Jugendklub geschlossen, bei welcher Sozialeinrichtung gekürzt oder welcher städtische Betrieb privatisiert werden soll.