Danke, Herr Kollege Bienst. – Sie haben jetzt darauf verwiesen, dass Sie den Durchschnitt von 2,0 brauchen, um die Oberschule zu stärken. Welche Möglichkeiten haben Sie denn sonst noch, die Oberschule zu stärken?
Ich habe eindeutig gesagt: Wir bereiten gerade ein neues Sächsisches Schulgesetz vor und in diesem Schulgesetz werden wir – das ist ein Schwerpunkt unserer gemeinsamen Diskussion in der Koalition – Punkte vorlegen, wie wir die Oberschule stärken. Ich bitte Sie da einfach noch um ein bisschen Geduld.
Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Für die SPDFraktion, Frau Abg. Friedel. Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Zais! Ich bin überrascht, dass gerade die Zahl 2,0 dermaßen problematisiert wird. Wäre das Gesetz besser, wenn wir bei einem Durchschnitt von 2,1 sind, und wäre es noch besser bei 2,3? Wäre es am allerbesten bei 3,7? Ich glaube, das ist keine Frage der Zahl. Der eigentliche Knackpunkt ist der Zeitpunkt.
Es gibt einen schönen Satz von Adorno, er lautet: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ – So verhält sich das auch mit unserer Bildungsempfehlung: Solange unser System so gestrickt ist, dass nach der 4. Klasse getrennt wird, kann man nur zweitbeste, drittbeste und viertbeste Lösungen finden,
Dass sich das System nicht ändern wird, zumindest nicht in den nächsten Jahren, muss man irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen. Das muss auch ich zur Kenntnis nehmen. Herr Kollege Bienst hat zu Recht gesagt, und das finde ich völlig in Ordnung: Solange die CDU in Sachsen regiert, wird es dieses, eigentlich dreigliedrige Schulsystem weiterhin geben.
(Zurufe von den LINKEN: Das ist doch mal eine Motivation! – Thomas Colditz, CDU: Das wird noch lange so sein, Frau Friedel!)
Das ist doch in Ordnung. Ich würde umgekehrt – wenn ich einmal den Perspektivwechsel versuche – genauso reagieren. Hätten wir in Sachsen ein Schulsystem von der 1. bis zur 10. Klasse und die SPD würde hier seit vielen Jahren als Mehrheitsfraktion regieren
und auf einmal kommt die CDU und sagt, wir möchten aber dreigliedrig werden, dann würde ich doch auch sagen: Liebe Freunde, ich gönne euch eure Meinung, aber solange die SPD hier in Sachsen stärkste Fraktion ist, bleiben wir beim längeren gemeinsamen Lernen.
Das muss man gegenseitig akzeptieren, das akzeptieren wir, und unter diesen Bedingungen halte ich es für gut, dass wir miteinander diese zweitbeste Lösung gefunden haben.
Ich habe über Hürden gesprochen: Ja, es sind Hürden. Ich finde es aber richtig, diese Hürden einzuziehen, weil sie nicht dazu dienen sollen, jemandem etwas zu erschweren. Es wird niemandem etwas erschwert. Die Eltern entscheiden am Ende. Die Hürden dienen aber dazu, sich die Entscheidung gut überlegen zu können, mit der Rückmeldung der Lehrkräfte. So kommen Eltern und Lehrer auch zueinander, was wir bisher nicht haben; denn bisher, mit der Letztentscheidung der Lehrkräfte, haben die Eltern
eine schwächere Position gehabt und aus dieser schwachen Position heraus versucht, das Beste für die Kinder herauszuholen.
Jetzt ist die Position der Eltern gestärkt. Das wird auch das Verhältnis zwischen Lehrern und Eltern stärken und dafür sorgen, dass die Eltern gut überlegen und dem Rat der Lehrkräfte vertrauen. Da bin ich ziemlich sicher.
Es ist der Satz gefallen, dass die Hürden, die wir hier in diesen Paragrafen formulieren, dazu dienen, den Eltern noch einmal die Gelegenheit zu geben, nachzudenken. Ich möchte Frau Friedel und auch Herrn Bienst einfach sagen: Ich komme wirklich jede Woche mit Eltern und mit Lehrern in Kontakt. Die Eltern beschäftigt von der 1. Klasse an die Frage: Wie wird es mit meinem Kind im sächsischen Schulsystem weitergehen? Man braucht dann nicht noch einmal eine bürokratische Überlegungsfrist, um diese Entscheidung zu treffen. Insofern sage ich: Ein hürdenfreier Zugang zu dieser Elternentscheidung wäre nach meiner Auffassung richtig gewesen. Ich vertraue den Eltern, die in guter Zusammenarbeit mit den Lehrern das Bestmögliche für ihre Kinder wollen. Diese Eltern zu dissen, das finde ich bei dieser neuen Regelung ganz schwierig.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Die kann ich nicht erkennen. Jetzt frage ich die Staatsregierung. – Das Wort wird gewünscht. Frau Staatsministerin Kurth, Sie haben jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst noch einmal zum Hintergrund des heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen. Der Hintergrund ist ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Bautzen vom 20. Oktober 2016. Das Gericht hat festgestellt, dass laut Sächsischer Verfassung der Staat grundsätzlich berechtigt ist, den Zugang zu verschiedenen Schularten zu regeln. Ebenso ist aber das in der Verfassung verankerte Wahlrecht der Eltern für den Bildungsweg ihres Kindes zu wahren. Eine entsprechende Regelung muss laut Urteil des OVG durch den Gesetzgeber erfolgen und nicht –
jetzt bin ich beim Kern der Aussage – wie bisher auf dem Weg einer Verordnung des Kultusministeriums.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, wird diese gesetzliche Grundlage geschaffen. Um ein rechtssicheres Verfahren bei der Wahl des Bildungsgangs schon im laufenden Schuljahr zu gewährleisten, bedarf es einer kurzfristigen Neufassung von § 34 des geltenden Sächsischen Schulgesetzes. Infolge dieser Neufassung sind Änderungen in den Schulordnungen für Grundschulen, Gymnasien Abiturprüfung, Mittel- und Abendmittelschulen sowie Förderschulen erforderlich. Diese Änderungen sollen zeitgleich mit den Änderungen des § 34 Schulgesetz im Februar 2017 in Kraft treten.
Meine Damen und Herren! Mein Haus hat deshalb bereits den Entwurf einer Mantelverordnung erarbeitet, die die notwendigen Verordnungsveränderungen umsetzt. Die Schulleitungen und die Schulaufsicht wurden durch einen Schulleiterbrief auf die beabsichtigten Änderungen hingewiesen. Gleiches gilt für die Eltern der Schülerinnen und Schüler der 4. Klassen an Grundschulen und lernzielgleich unterrichtenden Förderschulen. Damit haben wir den Eltern die Informationen an die Hand gegeben, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.
Meine Damen und Herren! Ich möchte ausdrücklich betonen – und das zeigen alle Studien und wissenschaftlichen Untersuchungen –: Das gegliederte Schulsystem hat sich im Freistaat Sachsen bewährt und wird sich auch weiterhin bewähren.
(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Rico Gebhardt, DIE LINKE: … Das Ergebnis haben wir jetzt!)
Herr Gebhardt, die Ergebnisse können Sie nachlesen, und zwar in allen Studien, die ich eben erwähnte.