Protokoll der Sitzung vom 01.02.2017

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein, nein!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Möchte eine weitere Fraktion das Wort ergreifen? – Das kann ich nicht sehen. Damit erteile ich jetzt der Staatsregierung das Wort. – Herr Staatsminister Schmidt, bitte, Sie können jetzt sprechen.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meines Erachtens hat die Debatte – egal, wie man zu dem Thema steht – gezeigt, dass es ein wichtiges Thema ist. Ich hätte ja nie erwartet, dass die Debattenbeiträge wirklich so lang und ausgefeilt sind, wie sie dann doch vorgetragen wurden. So haben wir nach der Diskussion in unserer Fraktion, ob wir es im Ausschuss behandeln oder ob es hier ins Plenum geht, am Ende die richtige Entscheidung getroffen, dies hier im Plenum zu diskutieren. Es ist zwar kontrovers, aber sicherlich ein Thema, das in einer solchen Breite debattiert worden ist, was die Debatte hier mehr als rechtfertigt.

Ja, es ist so, manche betrachten Waschbär, Mink und Marderhund vielleicht auch als possierliche Tierchen. Aber es ist unstrittig, dass durch sie viele Schäden verursacht werden: bei den Obstbäumen, an Gebäuden, bei der heimischen Tierwelt, in der Vogelwelt. Das halte ich für unumstritten; dies hat auch die Debatte gezeigt.

Aus verschiedenen Forschungsberichten kann man bereits heute breites Wissen zur Lebensweise, zur Ausbreitungstendenz und zum Einfluss auf die heimische Natur sowie zu wirtschaftlichen Schäden entnehmen. Mit Blick auf die Weiterentwicklung der Bestände bleiben aber noch immer viele Fragen; im Hinblick auf deren Beantwortung besteht weiterer Forschungsbedarf. Deshalb ist auch der Antrag von CDU und SPD zu begrüßen, übrigens nicht ein Antrag der Staatsregierung. Das war ein Antrag, der aus dem Parlament kommt – auch dies vielleicht einmal zur Erklärung, wie das hier im Parlament funktioniert.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Über die tatsächliche Vorkommensdichte und Verbreitung können wie so oft bei wild lebenden Tieren natürlich keine völlig sicheren Aussagen gemacht werden. Da Waschbär, Mink und Marderhund keine geschützten Arten sind, unterliegen sie nicht dem naturschutzrechtlichen Monitoringsystem. Anhaltspunkte für die Verbreitung liefern Schadensmeldungen sowie Jagdstrecken, denn Mink, Marderhund und Waschbär gehören, wie Sie wissen, zu den jagbaren Tieren. Waschbären stehen in den Streckenlisten nahezu aller Jagdbezirksinhaber in Sachsen. Allein das zeigt, dass er inzwischen flächendeckend vorkommt und verbreitet ist. Im Jagdjahr 2000/2001

waren in den Streckenlisten der sächsischen Jäger gerade einmal 24 Waschbären verzeichnet.

(Zuruf von der CDU: Was?!)

Im Jagdjahr 2015/2016 waren es dann fast 10 000 Tiere. Allein das zeigt die dramatische Entwicklung. In den letzten fünf Jahren hat sich die Anzahl der erlegten Waschbären verdreifacht. Damit erreicht die Waschbärenstrecke bereits jetzt mehr als die Hälfte der Fuchsstrecke im Freistaat Sachsen. Das verdeutlicht, welch zunehmendes Problem wir damit hier bei uns haben.

Waschbären werden besonders in urbanen Bereichen häufig beobachtet. Mit einem weiteren Anwachsen der Population ist zu rechnen, da der Allesfresser, der ursprünglich aus Nordamerika stammt, hier bei uns ideale Lebensbedingungen vorfindet. Nicht umsonst stehen Waschbären für Deutschland in der Unionsliste zu den invasiven gebietsfremden Arten; Herr Günther hat das bereits erwähnt.

Beim Mink ist es eher fraglich, ob die Abschusszahlen den tatsächlichen Bestand widerspiegeln. Hier kamen in den letzten fünf Jahren lediglich 100 bis 200 pro Jahr in ganz Sachsen zur Strecke. Der geringe Streckenanteil könnte auch damit erklärbar sein, dass der Mink hauptsächlich bei der Fallenjagd zur Strecke kommt, diese aber eine eher untergeordnete Form der Jagdausübung in Sachsen ist.

Auch der Marderhund scheint in Sachsen mit Strecken um die 1 000 Stück pro Jahr nicht nennenswert problematisch. Hier könnte die geringe Strecke mit dem tatsächlichen Vorkommen korrelieren, da die Marderhunde in den letzten Jahren durch Staupeerkrankungen in ihrer Ausbreitungstendenz gestoppt wurden. Allerdings ist in den nächsten Jahren wieder mit einem Anstieg zu rechnen; denn der Marderhund ist wie der Waschbär ein Allesfresser, der hervorragend mit dem hiesigen Klima zurechtkommt und ebenfalls eine ideale Ernährungsgrundlage in unseren Breiten findet.

Meine Damen und Herren, aus bisherigen Forschungsprojekten ist bekannt, dass jagdliche Maßnahmen die Ausbreitung der drei Tierarten nicht verhindern werden. Sie können sie allenthalben verlangsamen bzw. kurzzeitig mit hohem Personal- und Sachaufwand lokal regulieren. Waschbären können auf die Entnahme sogar mit einer erhöhten Fortpflanzungsrate reagieren. Auch das wurde bereits erwähnt. Der beste Schutz in urbanen Bereichen ist daher, den Tieren möglichst keine Nahrungs- und Unterschlupfmöglichkeiten zu bieten. Hierfür werden wir die Bevölkerung künftig noch stärker als bisher sensibilisieren.

Wir werden weiterhin mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft nach Möglichkeiten zur effektiven Bekämpfung suchen, um die Reproduktionsrate der Waschbären zu verringern. In diesem Zusammenhang werden wir die Durchführung eines Forschungsprojektes prüfen. Die Meinung darüber, welche Maßnahmen wirklich wirkungsvoll sein können, gehen weit auseinander. Wenn

Maßnahmen als erfolgversprechend eingeschätzt werden, dann werden wir diese in ein solches Projekt integrieren und dieses natürlich auch durchführen. Ob wir damit Erfolg haben werden, ist offen. Aber sich der Thematik auch in dieser Form anzunehmen, ist, glaube ich, äußerst wichtig und ein richtiger Weg.

Ich möchte keine falschen Hoffnungen wecken. Bisher sind zum Einsatz und zur Wirkung von Ovulationshemmern beim Waschbären noch keine Untersuchungen bekannt. Außerdem bedarf es zuvor einer rechtsgutachtlichen Prüfung, ob ein Einsatz derartiger Mittel bei jagdbaren Arten zulässig ist.

Ich danke den Regierungsfraktionen für die Unterstützung unserer Arbeit, auch für die thematische Setzung hier im Parlament. Ich glaube – da wiederhole ich mich –, es war eine wichtige Debatte, auch wenn der eine oder andere Lacher hier im Plenarsaal stattfand. Es hat gezeigt, dass der Antrag richtig ist. Ich habe auch gehört, dass die drei Fraktionen CDU, SPD und GRÜNE ihn unterstützen werden. Die LINKEN sind nicht dagegen, und die AfD wird wahrscheinlich ablehnen. Also wird er eine große Mehrheit finden. Dafür werbe ich.

Meinen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die Staatsregierung war hier vertreten durch Herrn Staatsminister Schmidt. Wir kommen nun zum Schlusswort. Das Schlusswort wird für die einbringende Fraktion von Frau Kollegin Lang gehalten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Als Erstes möchte ich mich bei Herrn Günther für die sachliche Debatte bedanken, aber explizit noch etwas dazu sagen. Egal, was man persönlich oder nicht persönlich davon hält, ob jemand Pelz trägt oder nicht, die Debatte, die dazu geführt wurde, fand ich außerordentlich unterirdisch. Ich finde, dass man generell mit niemandem so umgehen sollte.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das heißt, wir sollten keine moralische Debatte führen, sondern sachlich darüber sprechen, wie wir mit der Situation umgehen wollen. Ganz sicher müssen wir uns in diesem Haus auch zukünftig mit der Frage beschäftigen, wie wir mit gebietsfremden und invasiven Arten umgehen wollen. Geschehen ist dies sicher auch auf der Grundlage der entsprechenden EU-Verordnung.

Der heute vorliegende Antrag geht bewusst nicht nur auf die Problemlage durch die drei Säugetiere Mink, Marder und insbesondere Waschbär ein. Selbst wenn es sich hierbei nur um einen Teilbereich handelt, ist es doch immer im Komplex zu sehen, der viele Menschen beschäftigt, da sie die Auswirkungen unmittelbar in ihrem Umfeld beobachten. Über die Schäden, die diese Arten

anrichten, haben wir heute mehrfach gesprochen. Ich denke, dass wir mit diesem Antrag auf generelle Aspekte von Biodiversität versus invasive Arten aufmerksam machen, gerade weil es für uns alle nachvollziehbar und unmittelbar erlebbar ist. Es wird uns bei Mink, Marder und Waschbär sicher nicht gelingen, die Entwicklung rückgängig zu machen. Dennoch sollten wir unbedingt das Ziel verfolgen, die genannten Populationen kleinzuhalten und unsere heimischen Tierarten zu schützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Ihnen liegt in der Drucksache 6/8302 ein Änderungsantrag der AfD vor. Der wird jetzt eingebracht durch Herrn Kollegen Wild.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt! Sie haben es direkt angesprochen. Es gibt bereits umfassende wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Problem. Sehr geehrter Herr Breitenbuch, Sie haben genau den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie haben die Probleme genau benannt. Ich frage mich jetzt nur: Warum wollen Sie mit Ihrem Antrag dann nur beobachten und ermitteln? Deshalb bedarf es dieses Änderungsantrags, zu dem ich jetzt komme.

Unser Änderungsantrag soll nicht nur beobachten und ermitteln, was die Population nicht aufhält. Unser Änderungsantrag soll regulieren, besser regulieren, als es bis jetzt ist. Mink, Marderhund und Waschbär sind in dieser Region hier Raubtiere ohne natürlichen Gegner. Ja, optisch sind Waschbären niedlich. Aber vieles von dem, was sie fressen, ist auch niedlich.

(Heiterkeit)

Der Mensch hat mit der Ansiedlung dieser invasiven Tierarten in das Gleichgewicht der Natur eingegriffen. Deshalb ist der Mensch nun auch gefordert, diese unterlegenen Tierarten zu schützen und einzugreifen. Weil der Waschbär seine Pfoten wie Hände benutzen kann, öffnet er sogar Hasenställe und plündert Hühnerställe. Selbst vor Rehkitzen macht er keinen Halt. Der ach so niedliche Waschbär raubt einer brütenden Mutter nicht nur die Eier, er raubt die Mutter gleich mit.

(Heiterkeit)

Was das für die Population der unterlegenen Tierart bedeutet, dürfte wohl jedem klar sein. Die heimische Tierwelt leidet stark darunter, dass sich diese invasiven Tierarten explosionsartig vermehren; denn sie bedrohen unsere Artenvielfalt. Fünflinge bei den Nachkommen sind der Durchschnitt. Das ist Normalität. Nach einem Jahr werden sie geschlechtsreif, und dieser Nachwuchs wird wieder Fünflinge gebären. Aus nur einer einzigen Familie haben wir damit in fünf Jahren eine Population von über 3 000. Das heißt, wo heute schon zwei Dutzend Waschbä

ren leben, werden es ohne Regulierung in fünf Jahren bis zu 50 000 sein können.

(Christian Piwarz, CDU: Millionen, Herr Wild, Millionen! – Unruhe im Saal)

Rechnen Sie nach! Auch Ihr Feigenblatt eines Berichtsantrags wird an dieser unkontrollierten Vermehrung nichts, aber auch gar nichts ändern. Es braucht unverzüglich eine Regulierung, sonst gerät die Natur hier aus dem Gleichgewicht.

(Unruhe im Saal)

Für diese Erkenntnisse braucht es keine neuen Studien. Das ist alles seit Jahren bekannt. Wir brauchen nicht länger zu untersuchen. Wir müssen jetzt mit Fang- und Abschussprämien dafür sorgen, dass in der Natur wieder ein Gleichgewicht hergestellt wird.

Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Kollege.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe)

Deshalb bitte ich um die Zustimmung. Einen Nachsatz noch:

Letzter Satz.

Wenn Sie Ihren eigenen Antrag durchbringen, dann hängen sie ihn bitte überall, wo Waschbären sind, aus. Vielleicht lacht er sich tot, wenn er ihn sieht.

(Heiterkeit – Beifall bei der AfD – Zurufe)

Damit ist der Änderungsantrag eingebracht. Herr Kollege von Breitenbuch, Sie wollen dazu Stellung nehmen?

Ja. Zum Änderungsantrag der AfD möchte ich Folgendes erwidern: Erstens. Wir sind ein Parlament, das die Dinge diskutiert, die in den Fraktionen vordiskutiert werden. Das heißt, dass wir hier mit den fertigen Meinungen herausgehen. Das ist nicht unbedingt das Prozedere, sondern es geht auch um die Diskussion. Der Weg ist das Ziel, dass sich viele einbringen können, weil doch noch vielfältige und gute Ideen dazukommen können. Das ist das parlamentarische Verfahren.

Das Gegenteil erleben wir gerade durch die Dekrete von Herrn Trump. Dort läuft das ganz anders. Wir haben hier ein parlamentarisches Verfahren, wo wir die Diskussion bewusst im öffentlichen Rahmen in diesem Parlament führen, die Kollegen mitnehmen, aber auch die Bühne in das Land bieten, zum Beispiel auf Dinge hinzuweisen, die es schon gibt, wie die Fallenjagd, die im Land organisiert läuft usw. Das gibt es alles. Darauf wollen wir hinweisen. Deshalb auch der Antrag hier auf dieser Bühne. Dass die AfD das einfach zerredet, ärgert uns dann schon.