Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

(Zuruf von den LINKEN: Aha! – Zuruf von der SPD)

Ja. – Es gibt in der Europäischen Union sogar Vorschläge, Strafen und Geldbußen für Fälle einzuführen, in denen antieuropäische Propaganda ausgeübt wird – was immer das ist. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Wir kommen nachher ja noch zum Klima. Dort sollte eine Schwarze Liste der Klimawandelleugner angelegt werden. Wenn wissenschaftliche Freiheit so aussieht, meine Damen und Herren, dann haben wir mit der Meinungsfreiheit auch in diesem ansonsten freien Europa in der Tat ein Riesenproblem.

(Beifall bei der AfD – Sabine Friedel, SPD, steht am Mikrofon.)

Meine Damen und Herren, einige von Ihnen, auch in der Presse, diffamieren Bürger mit den Worten: Das sind die, die äußern: Wir wollen das doch nur mal sagen; man wird das doch mal sagen dürfen.

Frau Abg. Petry, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich bin gleich fertig.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir wissen, dass Sie gleich fertig sind! Dialog wollen Sie ja auch gar nicht!)

Wir haben ihn Ihnen angeboten, Herr Gebhardt. Ich glaube, da müssen Sie ganz ruhig sein.

Wer Bürger diffamiert und ihnen die freie Meinungsäußerung abspricht, indem er sie von vornherein zum Rassisten stempelt, wie Sie das immer wieder und gebetsmühlenartig tun, der hat keine Argumente. Vielleicht finden Sie noch welche, ich wünsche es Ihnen. Dann kommen wir endlich zu dem demokratischen Diskurs, den dieses Land und dieser Kontinent so dringend brauchen. Deswegen werden wir ganz getrost weiterhin sagen: Ja, genau die Tatsache, etwas sagen zu dürfen, auch wenn es angeblich oder tatsächlich politisch inkorrekt ist, das ist der Kern der Demokratie. Dafür werden wir streiten.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Gerade hat Frau Dr. Petry für die einbringende Fraktion gesprochen. Jetzt gibt es eine Kurzintervention – so vermute ich, Frau Kollegin.

Sie haben richtig vermutet. Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Dr. Petry, Sie haben nach unserer Geschäftsordnung die Möglichkeit, auf meine Kurzintervention zu reagieren. Insofern können wir meine Frage und Ihre Antwort jetzt nachholen.

Ich habe verstanden, dass Sie sagen, es sei schlimm und sollte nicht so sein, dass bestimmte Äußerungen nicht gemacht werden dürfen oder unter Strafe gestellt werden, es sei schlimm, dass die Europäische Union ein Gesetz verabschieden wolle oder diskutiere, wonach die Meinung A, B oder C nicht gesagt werden dürfe. Sind Sie auch der Auffassung, dass das Leugnen des Holocaust nicht mehr unter Strafe gestellt werden sollte?

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Das ist doch lächerlich! Das ist doch nur noch dumm! – Vereinzelt Lachen bei der AfD – Unruhe)

Das war die Kurzintervention von Frau Kollegin Friedel. Für eine Kurzintervention stehen maximal zwei Minuten zur Verfügung, für die Reaktion darauf ebenso. Eine Reaktion wäre jetzt möglich, Frau Dr. Petry. – Keine Reaktion.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Nein, das ist mir zu blöd!)

Wir kommen in der zweiten Rednerrunde zum Redebeitrag der CDU-Fraktion. Das Wort ergreift Herr Kollege Hartmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich möchte man meinen, dass ernsthafte Themen ernsthafter Debatten bedürfen. Gerade bei dem Verlauf dieser Debatte bin ich mir da nicht ganz sicher. Ich beginne, das Thema aufgreifend, mit der Versammlungsfreiheit.

Es gibt einen wesentlichen Unterschied, der den Vergleich der Versammlungsfreiheit heute mit jener in der DDR verbietet. In der DDR waren es staatliche Repressionen, es war der Staat, der trotz einer Verfassungsregelung das Versammlungs- und Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit beschränkte. In unserer heutigen Gesellschaft ist es ein Diskurs – den wir alle miteinander aushalten müssen – um eine gesellschaftliche Bewertung dessen, worum es geht.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Dabei kommt, das möchte ich an dieser Stelle auch sagen, der Presse eine besondere Verantwortung zu. Sie hat die Verantwortung, fair und objektiv über Positionen zu berichten und Meinungen fair wiederzugeben. Das ist eine besondere Herausforderung, eine besondere Verantwortung. Ich glaube, die Presse bemüht sich darum, dieser gerecht zu werden.

Ich möchte jetzt nicht in die Details gehen, sondern mich an einigen Grundsätzen festhalten. Das Recht des Einzelnen auf Versammlungsfreiheit steht ihm verfassungsrechtlich zu. Ich glaube, so sollte es in unserer Gesellschaft auch sein – als gesellschaftlicher Konsens. Wer seine Meinung also frei äußern möchte, egal, nach welcher Fasson, muss das tun dürfen. Es ist das Recht des anderen, eine andere Meinung zu artikulieren – und dies durchaus auch sichtbar und hörbar.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Es wird mit der Union nicht zu machen sein, wenn Sie mit der Verniedlichung „sitzender Versammlungen“ eigentlich der Meinung sind, dass es um die Einschränkung des Versammlungsrechts anderer geht.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Sie können sich der Verniedlichung bedienen und meinen, dass es ein legitimes Recht sei, mit Sitzblockaden zu handeln und dann festzustellen, dass es eigentlich albern sei, was der Staat da tut.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Staat hat die Verantwortung, das Versammlungsrecht zu schützen.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Wer es einschränkt, muss mit den Konsequenzen leben. Ich meine, im Falle eines hier zitierten Ministerpräsidenten geht es nicht um die Frage des Versammlungsrechts, sondern um die Frage der Zahlung der Gebühren. Das ist ein Unterschied. Ich muss nicht jeden zum Helden hochheben, der sich in formalen Fragen im Widerspruch befindet.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN)

Das muss man dann schon einmal aushalten. Böllerwürfe, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind zu verurteilen. Es ist unerheblich, wer angefangen und wer aufgehört hat. Wenn ich Demonstranten erlebe, die sich gegenseitig bewerfen, sollte man nicht gegenseitig mit den Finger aufeinander zeigen, sondern sich auf die Frage besinnen, wie man das Versammlungsrecht ausübt. An der Stelle muss ich sagen: Wir haben Menschen, die jedes Mal in der Mitte stehen. Diese muss man auch einmal in den Blick nehmen. Das sind die Einsatzkräfte. Das sind die Rettungsdienste und die Feuerwehren. Es sind vor allen Dingen aber auch die Polizisten, die – egal nach welcher Fasson – für den Schutz der Versammlungsfreiheit stehen

(Beifall bei der CDU)

und so manche Häme über sich ergehen lassen müssen, je nachdem, von welcher Seite man gerade meint, dass es richtig oder unfair oder fair oder falsch gewesen ist, die andere Demonstration zu schützen. Das sind die Menschen, die dafür sorgen, dass das, was in unserer Gesellschaft Konsens sein soll, eingehalten wird.

Deshalb wird sich die Union konsequent dafür einsetzen, dass jeder in diesem Land das Recht hat, seine Meinung in jedem Fall offen und fair zu äußern. Das bedingt den Diskurs. Das bedingt den Dialog. Deshalb nein zu Blo

ckaden, nein zu Gewalt, nein zu Aggressionen, sondern ja zu einer freien, gelebten Demonstrations- und Protestkultur in unserer Gesellschaft, auch als Ausdruck dafür, dass wir eine lebendige Demokratie sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die CDU-Fraktion war das Kollege Hartmann. Jetzt hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Köditz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Stunde heute heißt auch „gelebte Meinungsfreiheit“. Das Thema kommt mir etwas merkwürdig vor, wenn ich daran denke, dass Herr Bachmann Tausende Menschen dazu auffordern kann, nicht mit Medienvertretern zu sprechen. Wo ist die gelebte Meinungsfreiheit, wenn Tausenden das Wort verboten wird?

Ich möchte aber noch eine andere Geschichte erzählen, wobei ich Probleme mit dieser Aktuellen Debatte habe, gerade beantragt von der AfD. In Leipzig fand eine öffentliche Veranstaltung zum Thema AfD statt. Ich habe dort einen Vortrag gehalten. Ein Gast dieser Veranstaltung führte Protokoll und übergab dieses Protokoll der AfDVorsitzenden, Frau Petry.

(Zuruf des Abg. Uwe Wurlitzer, AfD)

Frau Petry ging zu Herrn Gebhardt, dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion der LINKEN und Parteivorsitzenden der LINKEN hier in Sachsen, und forderte ihn auf, das mal klarzustellen. So geht’s doch nicht!

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Lesen Sie das Protokoll mal vor! – Patrick Schreiber, CDU: Das ist wie ‘89! Nur sind die dann nach Bautzen gewandert! – Lachen im Saal und Beifall bei der CDU)

Herr Schreiber, Sie nehmen mir eigentlich die Worte aus dem Mund. So etwas habe ich das letzte Mal vor 25 Jahren erlebt.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Richtig, in meiner Partei, damals in der SED. Ich bin froh, dass es in unserer Partei heute so nicht mehr ist.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Frau Petry, Sie sprachen hier mehrfach davon, dass es diffamierend wäre, die Teilnehmer der Pegida-Demonstration als Rassisten zu bezeichnen. Die Bezeichnung „Rassist“ ist für mich eine politische Wertung. Die kann ich teilen oder nicht. Wenn aber Tausende eine sitzende Versammlung, die Menschen, die dort sitzen, als Dreck bezeichnen, ist das für mich keine politische Wertung mehr. Denn da wird den Menschen das Menschsein abgesprochen. Das ist etwas weitaus Gravierenderes, als eine politische Meinungsäußerung von sich zu geben.

(Christian Hartmann, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Hartmann?