Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

(Beifall bei der CDU)

Gerade im Zusammenhang mit den sächsischen Ballungsräumen machen sie die besondere Qualität Sachsens aus. Deshalb stehen wir in der CDU für eine Politik, die gleichwertige Lebensverhältnisse in den Ballungsgebieten wie im ländlichen Raum schafft. Dazu bedarf es einer Förderung des ländlichen Raumes, die in den kommenden Jahren auf der Grundlage des Europäischen Programms Ländlicher Raum, EPLR, 2014 – 2020 erfolgen wird. Es gilt für uns, den ländlichen Raum für zukünftige Generationen attraktiv zu erhalten.

Dafür müssen die Weichen richtig gestellt werden. Dafür sind nachhaltige Lösungen gefragt, damit die Menschen auch in Zukunft gut und gerne auf dem Land leben. Mit diesem Ziel wurde in den letzten Monaten von der Staatsregierung das Entwicklungsprogramm für den Ländlichen Raum, EPLR, erarbeitet und zur Genehmigung in Brüssel eingereicht. Darin werden die spezifischen Vorteile, die das Leben im ländlichen Raum hat, etwa für junge Familien, in den Mittelpunkt gestellt, und der ländliche Raum kann auf sich und seine Leistung bzw. seine Leistungsfähigkeit stolz sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den vielen Herausforderungen im ländlichen Raum des Freistaates Sachsen, die es in den kommenden Jahren in Angriff zu nehmen gilt, gehören unter anderem: der Aus- und Neubau der Infrastruktur, die flächendeckende Breitbandversorgung, die Instandhaltung der Straßen, der Abschluss des Aufbaues einer modernen Wasser- und Abwasserinfrastruktur usw., die Sicherung des Ärzte- und Lehrernachwuchses, der Einsatzbereitschaft der freiwilligen Feuerwehren, die Betreuung und Pflege älterer Menschen im ländlichen Raum – „einen alten Baum verpflanzt man nicht“ –, die Schaffung attraktiver Angebote für Jugendliche, die Schaffung und Erhaltung wohnortnaher Arbeitsplätze in der kleinstrukturierten Wirtschaft des ländlichen Raumes und die Vernetzung und thematische Profilierung der Tourismusangebote, die sehr unterschiedlich sind.

Zur Lösung dieser Probleme sind – neben guten Ideen – vor allem entsprechende finanzielle Mittel notwendig. Die Grundlage dafür ist das EPLR 2014 – 2020, und jeder einzelne Euro, der in unseren Dörfern und Kleinstädten eingesetzt wird, ist gut angelegt: für die ländliche Entwicklung insgesamt 455 Millionen, für flächenbezogene Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen 337 Millionen, für Investitionen in die Landwirtschaft über 200 Millionen, für Naturschutzmaßnahmen 523 Millionen, im Forstbereich 31 Millionen und für Sonstiges inklusive Wis

senstransfer, europäische Innovationspartnerschaften etc. fast 60 Millionen Euro.

Die CDU-Landtagsfraktion legt dabei den Fokus speziell auf die Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort. Mit dem gewählten LEADER-Ansatz werden die guten Erfahrungen der letzten Förderperiode positiv weiterentwickelt. Die Entscheidungen werden in Koordinierungskreisen dort getroffen, wo die Probleme und Aufgaben tatsächlich bekannt sind und wo man am besten weiß, wie damit umzugehen ist. Das bedeutet aber auch ein deutliches Mehr an inhaltlicher und finanzieller Verantwortung in den einzelnen LEADER-Gebieten.

Für mich persönlich ist die Abschaffung zentraler Vorgaben über die konkreten Fördergegenstände und die Förderhöhen am spannendsten. Ich bin sehr gespannt, wie diese Aufgaben in den Regionen gemeistert werden, vor allem aber, welche neuen und innovativen Ideen und Lösungsmöglichkeiten dort sicherlich gefunden werden können.

Unser Antrag ersucht die Staatsregierung, die Förderrichtlinien zügig und unbürokratisch umzusetzen. Diesen Anspruch wollen wir als Gesetzgeber von Beginn an deutlich formulieren. Die richtigen Ansätze – ich sagte es gerade – sind erarbeitet. Nun gilt es für uns, auf die Umsetzung zu achten. Dazu fragen wir in unserem Antrag, welche Unterstützung die Regionen für die Vorbereitung der neuen Förderperiode erhalten haben, wie sie ihre Kriterien der Mittelverwendung gefunden haben und welche Vereinfachungen umgesetzt werden.

Des Weiteren bitten wir um Informationen, wie die Regionen während der Förderperiode unterstützt und beraten werden sollen. Hierzu soll bis zum 31. Oktober 2016 umfassend berichtet werden, insbesondere zur Zusammenarbeit und zum Engagement der Menschen vor Ort, zur Wirksamkeit der vorgesehenen Vereinfachungen sowie zum strategischen Ausblick der Weiterentwicklung nach 2020.

Zum Schluss noch einige wenige Sätze zu unserer Forderung im Punkt 3. So wie wir alle wollen, dass im urbanen ländlichen Raum gleichwertige Lebensverhältnisse

vorherrschen, so wollen wir auch, dass im ländlichen Raum sonstige Fachförderprogramme genutzt werden können. Jede Region muss die gleichen Chancen haben, ihre geplanten Maßnahmen umzusetzen. In der Vergangenheit hat es dabei immer wieder Defizite gegeben, zumal bestimmte Fördergegenstände mit dem ELER nicht zu finanzieren waren. Auch darüber haben wir im Koalitionsvertrag eine gute Einigung erreicht.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen nachhaltige finanzielle Lösungen für den ländlichen Raum. Wir wollen, dass die Menschen weiterhin gut und gern auf dem Land leben. Wir wollen im wahrsten Sinne des Wortes, dass die Kirchen im Dorf bleiben – unsere schönen Kirchen in unseren schönen Dörfern. Dazu haben wir in der Landespolitik mit dem EPLR ein wichtiges Werkzeug in der Hand, welches es zu pflegen und weiterzu

entwickeln gilt. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Thomas Schmidt)

Nun die SPD-Fraktion; Herr Abg. Winkler, bitte; Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ländliche Raum ist ein unverzichtbarer Teil der sächsischen Identität. Er hat unersetzliche Funktionen als Lebens-, Arbeits- und Erholungsraum für alle Sachsen und natürlich auch für seine Gäste. Um ebendiese – für uns alle unersetzlichen – Funktionen zu erhalten, ist jede Möglichkeit der Entwicklung zu nutzen und ebenso zu unterstützen.

Die Integrierte Ländliche Entwicklung der letzten Jahre hat sich bewährt und zu unübersehbaren Erfolgen geführt. Als ehemaliger Bürgermeister einer Kleinstadt im ländlichen und strukturschwachen Raum sowie als Mitglied des regionalen Entscheidungsgremiums meiner Region weiß ich, wovon ich spreche. Den Regionen mit dem EPLR mehr Eigenverantwortung zu geben ist gut und wird durch die Umsetzung des vollständigen LEADER-Ansatzes in den nächsten Jahren noch weiterentwickelt. Die Bürger, die Verantwortlichen in den Kommunen und die Wirtschaft wissen am besten, welche regionalen Probleme und konkreten Projekte damit zu lösen sind.

Was „vollständiger LEADER-Ansatz“ heißt, hat der Kollege von Breitenbuch bereits dargelegt. Es gibt somit in Zukunft noch weniger zentrale Vorgaben. Die inhaltliche und finanzielle Verantwortung liegt nun fast vollständig in den LEADER-Gebieten.

Mehr Eigenverantwortung, mehr Entscheidungskompetenz und -freiheit bringen jedoch in der Umstellung auch offene Fragen und Anfangsprobleme mit sich, sogenannte Kinderkrankheiten. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist uns die Kommunikation der am Prozess Beteiligten sehr wichtig. Das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft sowie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie haben in den vergangenen Wochen und Monaten viel Aufklärungsarbeit geleistet. Diese Form der Unterstützung muss intensiv fortgesetzt werden. Das betrifft nicht nur die Frage einer einfachen bürokratischen Anwendung – einzelne Probleme wurden durch den Kollegen von Breitenbuch bereits genannt –, sondern auch die Kommunikation der auftretenden Probleme, die sich natürlich erst in der praktischen Umsetzung vor Ort zeigen.

So zeigen sich zum Beispiel einige offene Fragen bei der Zusammensetzung der Entscheidungsgremien, insbesondere in der Auslegung der Begriffe „öffentlicher Sektor“, „Behörde“ und „privater Sektor“, die in Zukunft je zur Hälfte entscheiden sollen. Hierbei gibt es immer noch Unklarheiten. Ich denke, eine davon ist gelöst: Gemeinderäte, die gleichzeitig Unternehmer, Landwirte oder Ge

schäftsleute sind, dürfen den privaten Sektor nicht bedienen. Hier gibt es Interessenüberschneidungen, und das ist entsprechend den Vorgaben der EU-Richtlinie nicht möglich.

Anders stellt sich die Situation bei Mitarbeitern von Institutionen mit öffentlicher Beteiligung dar. Hier muss seitens des Staatsministeriums und der Regionen noch einmal intensiv kommuniziert werden.

Es ist wichtig, dass in den LEADER-Arbeitsgruppen für die Regionen engagierte und fachlich kompetente Partner sitzen. Einige Regionen machen sich Sorgen um den rechtzeitigen Beginn der neuen Förderperiode. Obwohl der Freistaat das erste Bundesland in Deutschland ist, das die Genehmigung zur Durchführung erhalten hat, und die Durchführungsrichtlinie zeitnah erlassen wird, ergeben sich in einigen Regionen zeitliche Verzögerungen durch zu erwartende lange Ausschreibungsverfahren der sogenannten Dienstleistungen des Regionalmanagements, die über den Zeitpunkt der Beendigung der Arbeit des alten Managements hinausgehen. Die LEADER-Aktions

gruppen sind ab diesem Zeitpunkt quasi handlungsunfähig. Hier sollten wir eine Zwischenfinanzierung einrichten, um die Regionen arbeitsfähig zu halten.

Ebenso bestehen in den Regionen Missverständnisse über die Aufteilung des Budgets auf kommunale und nicht kommunale Vorhaben. Natürlich sollen und müssen die Regionen selbst entscheiden. Das ist der Anspruch dieses Verfahrens. Es wird keinerlei Steuerung oder Vorgaben durch den Freistaat geben, auch nicht über die Kofinanzierungsmittel des Freistaates, die lediglich die Wahlfreiheit der Kommunen sicherstellen sollen. Hier ist unbedingt Aufklärung notwendig, und ich denke, dass das Staatsministerium dies auch tun wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Politik für den ländlichen Raum ist mehr als LEADER. Die tiefgreifenden Veränderungen durch den demografischen Wandel und die zunehmende Schrumpfung durch Abwanderung aus den ländlichen Gebieten versetzen uns in eine ganz besondere Verantwortung, diesen Prozess strategisch zu begleiten. Deshalb ist es wichtig, dass sich alle Politikfelder dieser Aufgabe stellen und alle Instrumente, die ihnen zur Verfügung stehen, anwenden und ineinandergreifen lassen. Es kann und darf in Zukunft nicht sein, dass Förderprogramme für Städte und Gemeinden in den LEADER-Gebieten ausgeschlossen sind. Im Koalitionsvertrag haben wir daher festgeschrieben, dass zukünftig alle Fachförderprogramme auch für LEADER-Regionen zur Verfügung stehen.

Die Regionen sind jetzt in der ersten und entscheidenden Planungsphase. Sie brauchen dabei nicht nur unsere politische und fachliche Begleitung, sondern auch ein klares Signal, wie es mit den Förderprogrammen in Zukunft weitergeht. Deshalb wurde dieser Punkt in den Antrag aufgenommen. Die Programme selbst sind jedoch im kommenden Haushalt so auszugestalten, dass die Städte außerhalb der LEADER-Gebiete weiter im gewohnten Umfang gefördert werden. Ländlicher Raum und

Ober- sowie Mittelzentren sind gleichermaßen zu stärken und zu entwickeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die LEADERRegionen stehen jetzt vor großen organisatorischen und zeitlichen Herausforderungen. Wir sollten sie dabei unterstützen, damit die Förderung im Mai 2015 beginnen kann. Der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist der richtige. Wir wollen die Regionen begleiten und Probleme dort lösen, wo sie auftreten. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Nun die Fraktion DIE LINKE; Frau Abg. Meiwald, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So wie die letzte Legislaturperiode aufgehört hat, fängt die neue an: Wir diskutieren über die EU-Förderperiode, und, meine Damen und Herren, das ist, wie schon in der Vergangenheit, gut und richtig so.

Heute haben wir es nun mit einem Antrag der Koalition zu tun, der die Staatsregierung auffordert, dem Landtag umfangreich zu berichten, wie der – wie wir wissen, inzwischen genehmigte – Entwicklungsplan für den Ländlichen Raum 2014 – 2020 umgesetzt wird. Ich hatte schon gedacht, Herr von Breitenbuch, Sie kommen überhaupt nicht mehr zu dem Antrag. Dankenswerterweise hat es dann Herr Winkler übernommen, etwas mehr Inhalt in die Debatte zu bringen.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU:... und die Koalition! – Christian Piwarz, CDU: Wir haben Zeit, Frau Kollegin!)

Auch wenn ich es nicht immer gern tue, Herr Kollege Piwarz, muss ich Ihnen für diesen Antrag ein wenig danken.

(Christian Piwarz, CDU: Ach?!)

Doch, denn die Antworten interessieren nicht nur mich, sondern vor allem diejenigen, die vor Ort darauf warten, dass die Förderperiode im Jahr 2015 endlich beginnen kann.

(Christian Piwarz, CDU: Einfach zustimmen, das reicht!)

Wart’s ab. – Daher hatte ich Ende November, 14 Tage vor Ihrem Antrag, eine Kleine Anfrage zu genau dieser Problematik gestellt.

Meine Damen und Herren der Koalition! Sie sind doch im Gegensatz zu uns als Opposition in der komfortablen Lage, nicht nur zu fragen, prüfen zu lassen und Berichte einzufordern, sondern Sie könnten konkret gestalten und handeln.

(Christian Piwarz, CDU: Das tun wir!)

Das vermisse ich ein wenig in Ihrem Antrag.

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines bleibt festzustellen: Die Informationen der letzten Wochen bezüglich des EPLR waren und sind etwas verwirrend, und dies nicht nur für mich, sondern besonders für die betroffenen Akteure in den Regionen.

Einigen von Ihnen dürfte das Schreiben der Region Westlausitz an das Umweltministerium vom Oktober, das uns über Umwege erreicht hat, bekannt sein. Das war ein deutlicher Hilferuf. In dem Schreiben wurden zwei konkrete Probleme angesprochen: die Besetzung der LAGs mit nicht öffentlichen Partnern und die LEADERBudgetverteilung in Sachsen. Auf dieses Schreiben folgte lange Zeit keine Reaktion, sodass sich die Akteure vor Ort gezwungen sahen, sich an uns als Abgeordnete zu wenden.

So sehr ich es begrüße, dass die Staatsregierung den – wie in der Begründung des Antrags zu lesen ist – bundesweit einmaligen Weg beschreitet, der den Regionen vor Ort noch mehr eigenverantwortliches Handeln und Gestalten ermöglicht, umso unverständlicher ist es, dass die Damen und Herren in den Regionalmanagements immer wieder im Regen stehen gelassen werden.

Ich zitiere einmal aus dem Schreiben aus der Westlausitz: „Hinzu kommt, dass konkrete Fragen nur unzulänglich von den zuständigen Behörden, zum Beispiel dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, beantwortet werden. Dies und der enorme Zeitdruck (Abgabe der Strategie am 16.01.2015) verursacht in den Regionen bei der Erarbeitung der LEADER-Entwicklungsstrategie große Probleme.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich so die Unterstützung bei der Planung und Vorbereitung vor? – Ich bin gespannt, wie kritisch der Bericht zu Punkt 1a Ihres Antrags ausfallen wird. Es ist ein falscher Ansatz, die LEADER-Regionen erst dann richtig zu betreuen, wenn wir im konkreten Förderverfahren sind. Wir müssen frühzeitig beginnen, und die Akteure vor Ort müssen zeitnah über alle relevanten Planungsschritte informiert sein.