Protokoll der Sitzung vom 15.03.2017

Was interessieren mich also meine Regeln, die ich vor Jahren erlassen habe? Das scheint Konsens in der Eurozone zu sein. Ich wage daher zu vermuten: Im Krisenfall gilt dies auch in Deutschland.

Eine Möglichkeit ist im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz bereits eingebaut. Dort wird der Abwicklungsbehörde die Möglichkeit eröffnet, im Einzelfall Ausnahmen zuzulassen. Aber kein Bankkunde kann sich darauf verlassen, und er weiß auch nicht, wie lange eine behördliche Entscheidung dauern würde. Zwei Wochen Bankenschließung, wie sie in Zypern geschehen sind, können wir uns in Deutschland jedenfalls nicht leisten. Wir befürworten daher eine klare und eindeutige Ausnahmevorschrift.

Diese trübe Suppe haben uns ihre Parteifreunde in Berlin eingebrockt, liebe Kollegen von der Regierungskoalition.

(Beifall bei der AfD)

Wir wollen aber nicht einmal, dass Sie hier diese Suppe auslöffeln müssen. Wir wollen, dass sie weggeschüttet wird.

Für einen umfassenden Schutz der Guthaben auf Girokonten sollten wir daher jetzt vom Bund ein klares Bekenntnis fordern. Nur so weiß jeder Bankkunde eindeutig, woran er ist. Er braucht dann kein Girokonto in der Schweiz, kein Girokonto in Lichtenstein mehr zu eröffnen, um im Notfall die Gelder in Sicherheit zu bringen.

Und, meine Damen und Herren, in der Gründungszeit unserer Partei wurden wir ja gern als Anti-Euro-Partei

bezeichnet. In der Tat wollen wir, dass dieser Euro in der jetzigen Form abgeschafft wird. Wissen Sie, das scheint uns in gewisser Art und Weise ja auch zu verbinden. Sie wollen ja schließlich auch, dass die Euros von den Konten der Sparer verschwinden. Das war klar zu hören.

Stimmen Sie daher heute hier unserem Antrag zu. Die Staatsregierung wird beauftragt, sich gegenüber der Bundesregierung für den vollständigen Schutz unserer sächsischen Girokonten einzusetzen, wenn auch dort vielleicht mittelfristig wieder D-Mark Währung sein wird. Vertreten wir also gemeinsam die Interessen der sächsischen Sparer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über die Drucksache abstimmen. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Wer enthält sich? – Bei keinen Enthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Auszeichnungen und Ehrungen von Frauen

Drucksache 6/4955, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Auch hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion; Frau Abg. Meier. Danach folgen die CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. – Frau Meier, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine 76-jährige Sorbin kämpft seit vielen Jahren für den Erhalt ihrer Heimat in der Lausitz. In traditioneller sorbischer Tracht demonstriert sie gegen den Braunkohleabbau und den Klimawandel. Sie ist mittlerweile nicht nur dafür, sondern auch für ihre Weltoffenheit bekannt.

Die frühere Ausländerbeauftragte der Stadt Dresden wirkt in ihrer 20-jährigen Amtszeit daran mit, dass hier bundesweit zum ersten Mal ein öffentlicher Platz nach einem Opfer rechter Gewalt benannt wurde. Nach Beendigung dieser Tätigkeit war sie Vorsitzende des Vereins Stolpersteine in Dresden und kämpft hier weiter gegen Antisemitismus, Rassismus und für eine weltoffene Landeshauptstadt.

In Leipzig hat eine Ärztin für innere Medizin Anfang der Neunzigerjahre den ersten sächsischen Hospizverein gegründet und war damit Wegbereiterin der Hospizbewegung in Sachsen. Sie baute ehrenamtlich den ambulanten

Hospizdienst zusammen mit anderen auf. Dafür wurde sie im Jahr 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind nur drei Beispiele für Frauen, die sich seit Jahren voller Energie hartnäckig für die verschiedenen gesellschaftlichen Belange einsetzen und damit dem Wohl der Allgemeinheit und nicht zuletzt dem Wohlergehen und dem Ansehen des Freistaates Sachsen dienen.

Seit 1997 verleiht der Ministerpräsident für solche außergewöhnlichen Lebensleistungen in den verschiedenen Bereich den Verdienstorden des Freistaates Sachsen. Der Orden wurde mittlerweile 285-mal verliehen, aber lediglich 46-mal an Frauen. 84 % der in den letzten 20 Jahren verliehenen Verdienstorden wurden an Männer vergeben. Ich will deren Leistungen überhaupt nicht in Abrede stellen, im Gegenteil. Sie haben Außergewöhnliches zum Wohle der Allgemeinheit und des Freistaates Sachsen beigetragen. Nur drei Namen seien stellvertretend genannt: Kurt Masur, Theodor Kießling aus dem Vogtland und Christoph Wonneberger.

Allerdings sollen bei der Verleihung der Verdienstorden laut des Stiftungserlasses Persönlichkeiten aus allen Teilen der Bevölkerung möglichst gleichmäßig berück

sichtigt und geehrt werden. Ich verstehe darunter, dass sowohl junge als auch ältere Bürgerinnen und Bürger, Arme und Reiche und natürlich auch Frauen und Männer zu gleichen Teilen geehrt werden sollen. Das passt ja auch, denn die besonders verdienstvollen Persönlichkeiten in Sachsen sind Junge, Ältere, Arme, Reiche und sie sind Männer und Frauen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Sieht man aber in die Vergabepraxis der Staatsregierung, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die sächsische Bevölkerung zu nur 16 % aus Frauen besteht. Anderenfalls muss ich zu dem Ergebnis kommen, dass die Staatskanzlei und der Ministerpräsident die Vorgaben des Stiftungserlasses seit Jahrzehnten hartnäckig ignorieren.

Bereits im Jahr 2015 hat meine Vorgängerin, Eva Jähnigen, diese offensichtliche Diskrepanz in einer Kleinen Anfrage offengelegt, in dem sie abgefragt hat, wie viele Frauen tatsächlich geehrt worden sind. Sie hat die Zahlen offengelegt. Die Staatskanzlei stahl sich damals in der Beantwortung der Kleinen Anfrage mit den Worten heraus, „die Formulierung ‚aus allen Teilen der Bevölkerung‘ würde nicht zwingend eine gleiche Berücksichtigung der Geschlechter inkludieren“.

Im Mai hatten wir dann unseren Antrag vorgelegt und eine Stellungnahme der Staatsregierung veranlasst. Dort heißt es, dass der Verdienstorden nicht für eine geschlechterparitätische Verteilung gestiftet worden sei und – jetzt wird es wirklich entlarvend – „durch eine Änderung der Verleihpraxis möglicherweise verdienstvollen männlichen Personen ein Unrecht im Sinne der Gleichstellung zugemutet werden müsse“.

Diese Argumentation erwarte ich von anderen hier in diesem Land, aber nicht von einer Sächsischen Staatsregierung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Männer und Frauen gleichberechtigt zu behandeln. Vielmehr ist diese Argumentation realitätsfern. Sie ist rückständig. Sie ist sogar reaktionär und einer Staatsregierung unwürdig.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Oh-Rufe von der CDU)

Genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir GRÜNEN hier nicht gelten lassen. Sehenden Auges verstößt die Staatsregierung seit 20 Jahren bei der Verleihung des Verdienstordens immer und immer wieder gegen Artikel 8 der Sächsischen Verfassung und Ihrer Pflicht zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann. Es ist garantiert nicht so, dass es in Sachsen weniger gesellschaftlich aktive und hartnäckige Frauen als Männer gibt, die eine Ehrung und Auszeichnung durch den Ministerpräsidenten verdient hätten.

Schon im Jahr 2007 hat die Linksfraktion einen ähnlich lautenden Antrag vorgelegt. Damals hat der Staatskanzleichef in der Stellungnahme geantwortet, dass „Frauen bei der Ordensverleihung mittel- bis langfristig zu gleichen Teilen berücksichtigt“ werden würden. So hat er damals

geantwortet. Angesichts dessen frage ich: In welchen Zeitdimensionen leben Sie denn? Zehn Jahre nach diesem Antrag hat sich nichts, aber auch gar nichts geändert, im Gegenteil.

(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Lauter, noch lauter!)

2007, wie zuletzt 2016, kamen vonseiten der Staatskanzlei nur leere Worthülsen, aber keine Taten. Genau deshalb haben wir zehn Jahre später, nachdem die Linksfraktion den Antrag vorgelegt hat, wieder einen Antrag vorgelegt, damit diese Praxis der Verleihung des Verdienstordens endlich geändert wird.

Damit auf lange Sicht erkennbar wird, dass in Sachsen Frauen für außergewöhnliche Leistungen zum Wohle der Allgemeinheit genauso wertgeschätzt und geehrt werden wie Männer, müssen in den nächsten zehn Jahren – das sieht unser Antrag vor – mehr Frauen als Männer bei der Verleihung berücksichtigt werden.

(Lothar Bienst, CDU, steht am Mikrofon.)

Danach sollte es für die Staatsregierung selbstverständlich sein, dass der Orden gleichermaßen an Frauen und Männer verteilt wird, wie es in den letzten 20 Jahren schon selbstverständlich hätte sein müssen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Damit Sie das nicht vergessen, sollte auch der Wortlaut des Stiftungserlasses in dieser Hinsicht geändert werden. Der Erlass ist in seiner jetzigen Form aus dem letzten Jahrtausend. Meine sehr verehrten Damen und Herren, willkommen im 21. Jahrhundert, in dem Frauen und Männer in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichermaßen aktiv und sichtbar sind!

Deshalb bitte ich Sie um Unterstützung zu unserem Antrag.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Für die CDUFraktion Frau Abg. Kuge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Der hier vorliegende Antrag der GRÜNEN macht mich in Teilen wirklich fassungslos. Nicht etwa, weil er von besonders guter Qualität wäre, sondern weil hier die Gleichstellung von Mann und Frau ad absurdum geführt werden soll. Der Subtext, den Ihr Antrag hier transportiert, lautet: Frauen schaffen es ohne Quote nicht, einen Verdienstorden des Freistaates zu erhalten. Was für ein Frauenbild!

Ich möchte Ihrem Antrag nicht mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen, als ihm zusteht; denn er hinterlässt ein fatales Frauenbild als Menschen zweiter Klasse und entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Des Weiteren vermisse ich noch die Einbeziehung der transgender, transsexuellen, intergeschlechtlichen und queeren Menschen in Ihrem Antrag.

Zwei Punkte möchte ich noch kurz ansprechen: Der Dank für das bürgerliche Ehrenamt wird auf unterschiedlichen Wegen ausgesprochen. Als Beispiel möchte ich hier die Annen-Medaille nennen. Ihren Wunsch, gezielte Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Männer und Frauen im gleichen Maße vorzuschlagen, finde ich besonders in Bezug auf kommunale Gleichstellungsbeauftragte gut. Diese arbeiten eher frauenfördernd und sollten daher auch Männern mal eine Chance lassen.

Wir werden Ihren Antrag ablehnen, da er keine Notwendigkeit besitzt, wie Sie der Stellungnahme der Staatsregierung entnehmen konnten.