Protokoll der Sitzung vom 15.03.2017

Drittens wünsche ich mir im Bericht einen Verweis auf das Waldgesetz, auf dessen Grundlage dieser Bericht durch die Staatsregierung für den Landtag und damit für die Öffentlichkeit zu erstellen und zu thematisieren ist.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Nun die Fraktion DIE LINKE, Frau Abg. Dr. Pinka. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf ausdrücklichen Wunsch der Koalition sprechen wir heute zu später Stunde noch zum Waldzustandsbericht 2016. In diesem Bericht gibt es eine wichtige Neuerung zu vermerken –

Herr von Breitenbuch sprach es gerade an –, die sich schon im Vorgängerbericht 2015 andeutete. Neben der Freude über die Zunahme der Biomasse Holz sind im komplexen Ökosystem auch hiermit verbundene negative Folgen zu verzeichnen. Deshalb werde ich mich in meinem Redebeitrag auf das Kapitel zwischen Versauerung und Klimawandel, zeitliche Veränderung der Wasserchemie von Waldquellen konzentrieren.

Hier wird der ökosystemare Zusammenhang weiter ausgeführt, der im Waldzustandsbericht 2009 schon einmal angeklungen war. An vier der acht sächsischen Dauerbeobachtungsflächen werden der Boden, die Bodenlösung und Quellwässer von Waldeinzugsgebieten monitoriert, unter anderem auf den pH-Wert, auf verschiedene Anionen wie Sulfat und Nitrat oder Kationen wie Kalzium, Magnesium, Aluminium oder Natrium sowie auf organischen Kohlenstoff.

Der Bericht hält fest, dass 1997 noch durch Schwefel- und Salpetersäure – beides stark oxidierende Säuren, die infolge von Einträgen aus Schwefel- und Stickstoffverbindungen aus der Atmosphäre in der Bodenlösung entstehen – ein- bzw. zweiwertige Kationen freigesetzt wurden, die dann in der Bodenlösung oder der Waldquelle nachgewiesen wurden. An der gleichen Beobachtungsstelle in Klingenthal wird 16 Jahre später festgestellt, dass die Sulfateinträge in die Böden abnehmen, aber der Anstieg des Boden-pH-Wertes mit einem Anstieg der gelösten organischen Kohlenstoffgehalte einhergeht. Dabei wird ein anhaltend hoher Stickstoffeintrag über den Critical Loads beschrieben, der aber bisher nicht zur Erhöhung der Nitratkonzentration in den Waldquellen führte. Die Waldwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen leiteten daraus ab, dass tiefere Bodenschichten die chemische Zusammensetzung der Waldquellen bestimmen oder aber dass die Systeme stark zeitverzögert reagieren.

Bei 40 % der untersuchten Fichten, Kiefern und Eichen liegt aktuell eine Überversorgung mit Stickstoff vor. Folge dieser Imbalance ist, dass Forstschadorganismen leichteres Spiel haben. Die Förster freuen sich zwar, dass der Wald stark wächst und das Stickstoffangebot scheinbar gut in Wachstum umsetzen kann, doch die Bäume können nicht in den Himmel wachsen. Die Aufnahmekapazität ist offenbar endlich.

Die Berichtsergebnisse zeigen auch, dass die Mineralisation von organischer Masse durch Mikroorganismen nicht effizient abläuft und sich neben den pH-Werten auch die Redoxverhältnisse im Boden ändern. Dieses Problem wird im Übrigen von Prof. Kalbitz von der TU Dresden auf einer Fachveranstaltung der Landestalsperrenverwaltung aufgegriffen und ein möglicher Zusammenhang zwischen dem hohen Austrag von organischem gelösten Kohlenwasserstoff aus der Humusauflage der Waldböden und dem Anstieg dieser sogenannten DOC-Gehalte in Gewässern diskutiert.

Der Zweckverband Fernwasser Südsachsen bezeichnet in einem Schreiben an die Mitglieder des Umweltausschusses die Situation an drei sächsischen Talsperren als

besorgniserregend bzw. dramatisch, weil zuviel Huminsäure in das Trinkwasser eingetragen wird. Kalkung von Wäldern war sicherlich viele Jahre ein angemessenes Mittel, um die im Boden befindlichen Konzentrationen an Sulfat abzubauen. Im Moment scheint es ein Umkippen der Böden zu geben, und offenbar verändert Kalkung den Bodenchemismus mit Folgen wie Verlust von Kohlenstoff durch Humusabtrag. Interessant wäre sicherlich in diesem Zusammenhang, inwieweit damit eine Artenverschiebung der Waldgesellschaft verbunden ist, beginnend bei der Mikroorganismenzusammensetzung bis zur Biodiversität der niederen Tiere und Pflanzen.

Auch der Humus, der derzeit noch als Stickstoffsenker funktioniert, kann nicht unendlich Stickstoff aufnehmen. Irgendwann kommt es zu einem abrupten Zusammenbruch des Speichersystems und einem schwallartigen Austrag von Stickstoff – auch wieder in die Gewässer. Hinzu kommt, dass Wärme die Immobilisierung von Stickstoff in Böden hemmt. Im Zuge des Klimawandels kommt es also andersherum zu einer verstärkten Mobilisierung von Stickstoff aus dem Humusspeicher. Insofern ist die Stickstofffestlegung im Humus höchst trügerisch, und es sollte dringend daran gearbeitet werden, die Emissionen zu verringern. Leider enthält das Kapitel hierzu keinerlei Hinweise oder Empfehlungen zu weiteren Entscheidungen, beispielsweise bei der Kalkung oder der Reduzierung von Stickstoffeinträgen.

Bleiben Sie also dran, Herr Minister, nicht nur bei der Erhöhung der Holzernten, sondern auch in der Betrachtung dieser eben angesprochenen Zusammenhänge. Denn nicht umsonst hat ein 28-köpfiges Wissenschaftlerteam unter Leitung von Johan Rockström im Jahr 2009 ein Konzept über die ökologischen Grenzen der Erde in der Zeitschrift „Nature“ publiziert. Darin schreiben die Kolleginnen und Kollegen, dass weltweite katastrophale Umweltveränderungen zu vermeiden sind. Ökologische Belastungsgrenzen sollten beachtet werden. Sie definieren für diese globale Grenzwerte. Wird eine Grenze überschritten, besteht die Gefahr irreversibler und plötzlicher Umweltveränderungen, die die Bewohnbarkeit der Erde für die Menschheit einschränken. Der aus dem Rahmen geratene Stickstoffkreislauf rangiert nach dem Artensterben an zweiter Stelle.

Bei unserem Beispiel mit den Waldquellen und der Stickstoffsenke Wald ist es nur eine Frage der Zeit, wann die Aufnahmekapazität erschöpft ist und wir ein neues, gravierendes Umweltproblem bekommen. Dann kann die CDU nicht mehr die DDR-Wirtschaft geißeln, sondern muss sich selbst verantworten.

Sie würden also gut daran tun, wie in der Publikation „Stickstoffmonitoring in Sachsen“ von 2016 gefordert, repräsentative Studien zur Stickstoffspeicherung in Waldbeständen zu veranlassen. Gleichzeitig sind selbstverständlich die Stickstoffemissionen aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr erheblich zu drosseln. Bleiben Sie also dran an der Betrachtung ökologischer Zusammenhänge. Die fachliche Kompetenz ist in Ihrem Ministerium

und den nachgeordneten Behörden vereint. Da stimme ich ausnahmsweise einmal Herrn von Breitenbuch vollumfänglich zu.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist bereits per Redebeitrag mit der Koalition von Herrn von Breitenbuch erledigt. Ich frage die AfD-Fraktion. – Herr Abg. Urban, bitte sehr. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nahezu jährlich wird auf der Grundlage des Waldzustandsberichtes hier im Plenum über den Zustand unserer sächsischen Wälder und über den Umgang mit ihnen diskutiert. Der Bericht selbst stellt dabei jedes Jahr sehr nüchtern die Entwicklung von Nadel- und Blattverlusten, von Kronenzuständen und ausgewählten Schadfaktoren dar. Er soll allgemein verständlich die Ergebnisse der Beobachtungen und Untersuchungen darstellen. Wie Frau Kagelmann schon im Ausschuss sagte, wird die Allgemeinheit mit diesem Bericht wohl eher wenig anfangen können. Aber er bildet zumindest für alle forstlich Interessierten eine gute Diskussionsgrundlage.

Entgegen seinem Titel stellt der Bericht den Zustand des Waldes jedoch nicht wirklich umfassend dar. Viele Faktoren und Zusammenhänge sind in diesem Bericht schlichtweg nicht enthalten. Ich würde mir in diesem Bericht auch eine kurze Auswertung zum Waldumbau wünschen. Wo sind die aktuellen Schwerpunktregionen? Wie haben sich die Anteile der Mischwälder entwickelt und welche Fortschritte gibt es bei der Naturverjüngung? Interessieren würde aber auch, wie sich die Altersstruktur und damit verbunden auch die Stabilität der Wälder entwickelt.

Diese Themen werden aktuell nur am Rande erwähnt, obwohl sie gerade in der öffentlichen Diskussion eine entscheidende Rolle spielen. Gerade im Bereich Naturverjüngung und Waldumbau ergeben sich auf regionaler Ebene auch Konflikte – Konflikte, die uns nun bereits seit einiger Zeit hier im Landtag beschäftigen und die uns allem Anschein nach auch noch weiterhin beschäftigen werden. Für eine weitere Petition der Interessengemeinschaft „Südsächsische Hegegemeinschaften“ werden bereits Unterschriften gesammelt. Diese Petition hat bereits die Unterstützung des Sächsischen Landesjagdverbandes gefunden.

Wir haben es bereits in den letzten Jahren mehrfach gehört: Zu hohe Schalenwilddichten gefährden das Ziel der Naturverjüngung und den erfolgreichen Waldumbau. Aber leider wird nicht gesehen, dass falsche Jagdmethoden dem Waldumbau genauso schaden.

Es gibt zahlreiche Publikationen, aus der Forstlichen Hochschule Tharandt oder von der Universität für Bodenkultur in Wien, die sogar nachgewiesen haben, dass die Methoden, die viele ältere Jäger seit jeher praktizieren –

nämlich keine Jagden im Januar, um nicht unnötige Fraßschäden zu provozieren – richtig sind. Aber ausgerechnet in den Gebieten, in denen der Waldumbau besonders vorangetrieben werden soll, werden in Sachsen sogar noch Drückjagden im Januar veranstaltet. Das ist und bleibt vollkommen unverständlich, und es ist schade für den Wald und für die vielen Anstrengungen, ihn in einem guten Zustand zu erhalten.

Ich würde mir wünschen, dass wir diesen Schwierigkeiten wieder mit Vernunft begegnen, dass sich alle Beteiligten wieder an einen Tisch setzen und dass man miteinander wieder sachlich und faktenbasiert reden kann. Umso wichtiger wäre es mir auch gewesen, dass gerade die wieder angesiedelten Bestände der Weißtanne im Waldzustandsbericht eine intensivere Betrachtung erfahren hätten.

Im Bericht explizit betrachtet wurden jedoch nur die Baumarten Fichte und Kiefer. Sachsenforst unternimmt große Anstrengungen, mithilfe der Weißtanne besonders die Wälder in den Kammlagen artenreicher und angepasster zu gestalten. Es ist vollkommen klar, dass derartige Wiederansiedlungen verschiedener Baumarten sich nicht von Anfang an wirtschaftlich selbst tragen. Es muss aber auch klar sein, dass das Anpflanzen einzelner neuer Baumarten in ansonsten artenarmen Wäldern für Schalenwild wie das Bereitstellen von Leckerbissen ist. Diese Tierarten wünschen sich natürlich auch mehr Abwechslung auf ihrem Speiseplan. Der Verbiss an eben diesen neuen Bäumen ist deshalb anfangs auch höher. Das kann aber keine Begründung für den möglichst kompletten Abschuss des Schalenwilds sein.

Die Wälder des Sachsenforstes dienen nicht allein wirtschaftlichen Interessen. Es ist auch unser politischer Wille, die Waldflächen natürlicher und artenreicher zu gestalten, unabhängig von wirtschaftlichen Aspekten. Die Entwicklungen und Fortschritte in diesen Funktionen der sächsischen Wälder sind daher für Politik und Bürger von Interesse. Ich würde mich freuen, wenn diese verschiedenen Punkte „Fortschritt im Waldumbau“, „Altersstruktur und Stabilität der Wälder“ sowie „Artenreichtum“ einen größeren Stellenwert im nächsten Waldzustandsbericht erhalten würden.

Die AfD-Fraktion wird sich bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Es spricht nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Herr Abg. Günther.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal muss man feststellen: Die Zeiten des Waldsterbens, die wir seit den 1970er-Jahren bis Anfang der 1990er-Jahre hatten, sind Gott sei Dank vorbei. Daran muss man immer wieder erinnern, wenn man über den Zustand unseres Waldes

spricht. Dazu gehört eben auch der Waldzustand, aus dem wir kommen, und wie geschädigt der Wald war mit kahlen Kammlagen im Erzgebirge und mit wirklichen Schreckensbildern. Von daher ist der sächsische Wald heute in einem wirklich ganz anderen Zustand.

Allerdings: Wenn man sich im Waldzustandsbericht den Vergleich von 1991 zu heute anschaut, dann muss man konstatieren, dass sich über die Jahre der Anteil der Bäume, die wirklich gesund sind, nicht wesentlich verändert hat. Er schwankt jeweils um die 40 % mit einer gewissen Toleranz. Was wirklich zurückgegangen ist, ist der Anteil der deutlich geschädigten hin zu schwach geschädigten Bäumen. Das heißt: Hier ist eine Entwarnung also noch lange nicht gegeben. Weniger als die Hälfte der sächsischen Bäume ist gesund – das kann einen nicht zufriedenstellen. Wenn wir schauen, wo wir hinwollen, nämlich zu natürlicheren Wäldern und mehr standortgerechten Bäumen – also mehr Laubbäumen –, dann müssen wir auch zu unserem Hauptbaum kommen, der hier natürlicherweise vorkommen würde, nämlich die Rotbuche.

Bei der Buche muss man sagen, dass hier nur noch jeder vierte Baum gesund ist. Hier haben wir im aktuellen Waldzustandsbericht den Vergleich zum Vorjahr. Wir haben auch schon gehört, dass die Kronendichte 2016 nicht sehr hoch gewesen ist. Das wurde damit begründet, dass 2016 ein Mastjahr mit vielen Bucheckern gewesen ist. Dabei wird die Kraft mehr in diese Bucheckern gelegt und nicht so sehr in die Blätter. Das klingt auf den ersten Blick zunächst plausibel. Wenn man sich dann aber den Zustand der Buche anschaut, stellt man fest, dass 1991 nur ein einstelliger Prozentsatz der Buche geschädigt war, während wir jetzt bei weit über 40 % – nämlich bei 47 % – liegen. Es ist also ein wirklich dramatischer Anstieg zu sehen. Während es damals noch knapp 60 % waren, die ungeschädigt waren, betrifft das heute nur noch ein Viertel der Bäume. Hier sieht man: Das ist eine riesige Aufgabe – gerade weil das der Baum ist, um den wir uns mit am meisten kümmern müssen.

Wenn man sich den Bericht anschaut, dann muss man feststellen, dass wir beispielsweise das Problem des Waldsterbens mit den hohen Schwefeldioxidkonzentrationen seit den 1970er-Jahren jetzt wirklich in den Griff bekommen haben. Das war eine riesige Baustelle. Eine andere Baustelle, wie etwa Ozon, ist aber noch nicht beseitigt. Noch 2011 gab es im Waldzustandsbericht Aussagen darüber, die jetzt leider fehlen.

Ich zitiere daher noch einmal kurz aus dem Waldzustandsbericht 2011, um zu zeigen, warum das für uns ein Thema ist: „Ozon ist ein farbloses Gas, welches sich bei Sonneneinstrahlung aus Stickoxiden, vor allem aus dem Kraftverkehr und der Industrie, bildet, wodurch dreiatomiger Sauerstoff entsteht. Erhöhte Ozonkonzentrationen können bei Pflanzen Erscheinungen bis hin zum Zelltod hervorrufen. Das Ozon dringt durch die Spaltöffnungen in die Blätter ein und schädigt die Stomata, die Zellwände und andere Zellbestandteile, verlangsamt die Fotosynthe

seaktivität, verändert den Stoffwechsel und macht die Pflanzen anfälliger für Insekten, Pilze usw.“

Woher kommen diese Stickoxide? Sie kommen vor allem aus Abgasen. Hier sieht man, dass Waldpolitik eben nicht eine Nische in Bezug auf Wald ist, sondern Waldpolitik ist ein Querschnittsthema, bei dem es um Klimaschutz- und Verkehrspolitik, aber auch um Wirtschaftspolitik geht. Denn diese Schäden bei der Buche kommen ja nicht von irgendwoher. Da frage ich mich schon, warum ausgerechnet zum Ozon, das einen dieser Wirkpfade beschreibt, keine Aussagen mehr im Waldzustandsbericht enthalten sind.

Das Ozon schädigt natürlich auch andere Laubbäume. Wenn man beispielsweise die Steinrückenlandschaften im Erzgebirge bewandert, stellt man fest, dass schon im August die Ebereschen beginnen, ihr Laub abzuwerfen – also viel zu früh. Auch dort zeigt sich also ein deutliches Problem. Im Übrigen liegen auch Messwerte vor, was das Ozon betrifft. Das LfULG untersucht das ja. Es hat vier Standorte am Erzgebirgskamm, und überall liegen die Ozonwerte deutlich über den Zielwerten.

Nun noch zu dem Punkt „Vorbild Staatsforst“: Das ist das Thema Waldumbau, den wir erreichen wollen, zu klimaangepassten Wäldern und zu höheren Laubwaldbeständen. Hier muss man einfach feststellen, dass auf der Hälfte der rund 200 000 Hektar des Staatswaldes immer noch Fichten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes wachsen. Das ist vielfach ein Erbe aus Vorzeiten, das man dem heutigen Sachsenforst nicht mehr vorwerfen kann, aber die Bestände sind vorhanden. Hier muss man vielfach von artenarmen Monokulturen sprechen. Diese sind besonders anfällig für Trockenheit, Klimaextreme, aber auch für Schädlingsbefall. Wir haben vorhin schon gehört – Herr von Breitenbuch hatte es erwähnt –, dass hierzu die Buchdrucker und Kupferstecher gehören. Für den nordsächsischen Bereich ist es die Kiefernbuschhornblattwespe, die auf dem Vormarsch ist.

Die Probleme bestehen nicht darin, dass es diese Tiere gibt; die gab es schon immer. Die Probleme entstehen erst dann, wenn diese in einer Riesenmonokultur einen gedeckten Tisch vorfinden. Wenn sie dort hineingehen, hat man gleich in der gesamten Fläche ein Problem.

Das bedeutet, wir müssen dort mit unserem Waldumbau deutlich vorankommen. Bisher haben wir auf weniger als einem Drittel der Waldfläche des Freistaates Laubbäume – das ist viel zu wenig. Gerade die Hauptbaumarten Eiche und Buche machen zusammen weniger als 15 % aus. Hier haben wir eine riesige Aufgabe. Wenn man sich jetzt anschaut, in welcher Geschwindigkeit der Waldumbau vorangeht – im letzten Jahren immer zwischen 1 300 und 1 500 Hektar im Jahr –

(Frank Kupfer, CDU: Das ist eine gewaltige Leistung!)

und man das hochrechnet, brauchen wir noch über 100 Jahre, ehe wir das geschafft haben. Das soll die Leistung, die wir schon erbracht haben, nicht schmälern,

aber wir müssen noch mehr tun, auch weil der Klimawandel nicht auf sich warten lässt. Das gilt ebenso für die Wetterextreme, die wir zu verzeichnen haben. Wenn wir wirklich zu einem Wald kommen wollen, der sich standortgemäß selbst verjüngt, und das auch ohne Zäune, dann sind wir wieder bei der Problematik Wild und Wald.

Ein Baustein dazu ist etwa auch der Erhalt der Biodiversität aus sich selbst verjüngenden Wäldern. Das betrifft die Regenerationsfähigkeit – unsere Forderung, die auch aus dem Beschluss der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt herrührt, einmal 10 % der staatlichen Forstflächen zu Prozessschutzflächen zu machen, in denen der Wald wirklich seinen natürlichen Prozessen überlassen und nicht forstwirtschaftlich genutzt wird. Damit sind wir im Freistaat gerade einmal bei 2,5 %. Hier haben wir also noch eine große Aufgabe. Wenn wir solche Flächen haben, nutzen sie nicht nur der Artenvielfalt, dem Artenschutz, sondern dort kann man auch ganz viel lernen, wenn man dies wissenschaftlich begleitet und untersucht, wie sich natürlicher Wald dem Klimawandel, den wir jetzt haben, anpasst. Das kann uns also wirklich helfen.

Ein weiterer Punkt, den man deutlich unterscheiden muss, ist: Wir reden vom Waldzustand, also von Wäldern, und es ist kein Forstzustandsbericht. Wald und Forst, das ist nicht identisch, sondern man kann Förster und auch ein Leitbild Wald haben. Forst, das ist vor allem wirtschaftlich genutzte Fläche. Da geht es um Festmeter, die man herausholt.

Für die Waldwirtschaft gibt es das gute internationale Zertifikat, das FSC-Siegel, von dem wir als GRÜNE immer fordern, auch in Sachsen dazu zu kommen. In Sachsen ist gerade einmal 1 % der Waldfläche zertifiziert.