Oder wird davon ausgegangen, dass die angeblich endgelagerten Behälter alle 500 Jahre umgepackt werden, damit man wieder für 500 Jahre Ruhe hat? Die Wahrheit ist: Niemand kann die Sicherheit der Behälter für einen derartig riesigen Zeitraum garantieren.
Die Technik entwickelt sich glücklicherweise immer weiter, auch in Bezug auf die Kernenergie. Ich frage Sie: Ist es nachhaltig, Endlager für hoch radioaktive Brennelemente zu suchen, wenn heute schon technische Möglichkeiten existieren, eben diese Brennelemente weiterzuverwenden und weiter Strom aus ihnen zu produzieren? Und ist eine Endlagerung zu verantworten, wenn man durch neue Technologien die Halbwertszeiten der radioaktiven Reststoffe auf wenige hundert Jahre verkürzen kann, keine Million Jahre, also eine Zeitspanne, in der eine Lagerung technisch und finanziell wirklich planbar ist?
Das war Herr Kollege Urban für die AfD. Jetzt kommt Kollege Zschocke. Er ergreift das Wort für seine Fraktion GRÜNE.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, dass gerade diejenigen, die mit aller Kraft gegen den Atomausstieg gearbeitet haben,
dass gerade die Fraktion, die mehrfach über neue AKWs hier in Sachsen auch fabuliert hat, dass die, die sich für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke stark gemacht und sich damit für noch mehr Atommüll eingesetzt haben, jetzt gegen eine Einigung bei der Endlagersuche für genau diesen Müll arbeiten.
(Beifall bei den GRÜNEN – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das stimmt so nicht! Das ist doch Quatsch!)
Es ist schon erstaunlich, wie CDU und SPD mit dem jetzt vorgelegten Endlagersuchgesetz endlich einen möglichen Weg zur Einigung aufzeigen und dieselben Parteien jetzt von Sachsen aus diese Einigung wieder infrage stellen.
Um bei der Suche nach einem Endlager überhaupt zu einer Einigung zu kommen, ist die „weiße Landkarte“ Grundvoraussetzung. Das haben Sie ja alle gesagt. Jeder, der die jahrelangen Konflikte verfolgt hat, weiß das doch. Es ist die gemeinsame Verantwortung aller Bundesländer, die bestmögliche Lösung zu finden. Wir wissen heute doch noch gar nicht, zu welchen konkreten Ergebnissen die Experten bei den Erkundungen kommen werden. Erst dann wird es möglich sein, nach transparenten und wissenschaftlichen Kriterien den sichersten Standort zu finden. Es ist doch klar, dass wir alle – alle Bundesländer und auch alle Parteien – das Atommüllproblem gemeinsam haben: die, die die Atomenergienutzung auch jahrelang befürwortet haben, die, die jahrelang dagegen gekämpft haben, und vor allem besonders die, die heute noch gar nicht geboren sind. Das muss doch klar sein.
Die Empfehlung der Endlagerkommission war deshalb auch, alle Formationen nach transparenten, wissenschaftlichen Kriterien zu erkunden, um den sichersten Standort zu finden. Nur allein auf den politischen Druck hin wurde Granit wieder herausgenommen. Im Gesetz ist Granit jetzt wieder drin, weil es für den Erfolg der Endlagersuche notwendig ist, in ganz Deutschland ohne Vorfestlegung und ergebnisoffen zu erkunden, weil die Auswahl nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erfolgen muss.
Unter rot-grüner Bundesregierung gab es einen Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte. Sind Ihnen die Ergebnisse dieses AkEnd, wie er kurz genannt wird, bekannt?
Es gab eine ganze Reihe von Arbeitsergebnissen. Es gab auch in der Kommission eine ganze Reihe von Arbeitsständen, die allesamt nicht zu einer Einigung geführt haben. Jetzt haben wir einen Stand erreicht, der zumindest einen mehrheitsfähigen Konsens erreicht hat. Ich kann nicht verstehen, warum wir das jetzt von Sachsen aus wieder infrage stellen.
Die Ergebnisse des AkEnd haben besagt, dass kristalline Gesteine nicht geeignet sind, um Atommüll zu lagern. Sie haben gerade behauptet, dass auf politischen Druck die kristallinen Gesteine wieder herausgekommen sind. Würden Sie mir recht geben, dass Sie an dieser Stelle unrecht hatten?
Ich habe das Gegenteil behauptet, Herr Kupfer. Ich habe gesagt: Wir hatten in der Empfehlung der Kommission das Ergebnis, dass alle Formationen nach transparenten, wissenschaftlichen
Kriterien erkundet werden sollen, um den sichersten Standort zu finden. Granit wurde zwischenzeitlich wieder herausgenommen. Jetzt steht es aber im Gesetz wieder drin.
(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das ist falsch! – Staatsminister Thomas Schmidt: Das ist völlig falsch!)
Im Gesetz steht auch drin, dass genau deshalb die Möglichkeit zum Nachsteuern nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen jederzeit möglich sein muss. Das gesamte System der Endlagersuche ist als selbsthinterfragendes System ausgestaltet. Korrekturen bleiben doch die ganze Zeit möglich, auch die Frage der Barrieren.
Deshalb ist es nicht zielführend, im Vorfeld Debatten über die Ungeeignetheit von Granit zu führen. Ausschlusskriterien können am Ende für alle Formationen gefunden werden. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Die Gefahren, die aus dem Atommüll erwachsen, übersteigen unsere gesamten und unsere menschlichen Vorstellungen, die wir heute haben. Wir haben es eben nicht im Griff. Atomenergie ist nicht beherrschbar.
Herr Kollege Zschocke, noch einmal für mich zum Verständnis: Sie sind also der Meinung, dass Granit dabeisein sollte und dass man sagt, in Sachsen soll Atommüll gelagert werden?
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein! Er hat gesagt, es soll geprüft werden! Sie müssen richtig zuhören!)
Ich habe ganz klar gesagt, dass es für eine Einigung notwendig ist, dass jetzt die Erkundungen ergebnisoffen und ohne Vorfestlegungen gemacht werden. Ich habe gesagt, dass das nach transparenten wissenschaftlichen Kriterien erfolgen und dass man diese im Ergebnis der Erkundung entscheiden muss.
(Staatsminister Thomas Schmidt: Genau das passiert nicht! – Frank Kupfer, CDU: Genau das passiert nicht! – Zurufe von der CDU)
Wie gesagt: Wir haben jetzt im Ergebnis festgestellt, dass Atomenergie nicht beherrschbar ist. Der Müll ist aber da, und er wird noch weiter anwachsen, meine Damen und Herren. Herr Krauß, wir verweigern uns nicht, den Weg zu dem denkbar sichersten Endlager mitzugehen, aber eben ohne Vorbedingungen. Natürlich muss es im gesamten Verfahren die größtmögliche Transparenz geben, auch gegenüber der Öffentlichkeit. Es muss Fahrpläne zur Bürgerbeteiligung geben. Neue technische Entwicklungen, auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Fragen der Barrieren müssen jederzeit überprüfbar sein und dokumentiert werden. Wir kommen doch nur gemeinsam zu einer Lösung, meine Damen und Herren.
Ich möchte noch etwas zum zweiten Teil Ihrer Debatte sagen. Atommüll darf gemäß Standortauswahlgesetz nicht im Ausland entsorgt werden. Es ist schon sehr erstaunlich, mit welcher Energie hier versucht wird, dies als eine Bestrafung Sachsens darzustellen. Die Sächsische Staatsregierung wusste doch von Anfang an und ist auch davon ausgegangen, dass der sächsische Müll in ein deutsches Endlager kommt – mit all den damit verbundenen Kosten.
Diese billige sächsische Sonderlösung, wie sie in der Vergangenheit diskutiert wurde, wäre nur auf Kosten der Gesundheit der Menschen in der Region Tscheljabinsk erkauft worden.
Das hat Bundesminister Röttgen zum Glück verhindert, und nun wird dieser verantwortungslosen Billigentsorgung der Rossendorf-Brennstäbe endgültig der Riegel vorgeschoben. Da ist es in Ordnung, wenn der Umweltminister beim Bund um Kostenbeteiligung bittet. Aber mit dieser Bestrafungsrhetorik, die Sie hier hereinbringen, werden Sie höchstens Abwehrreflexe, aber keine Unterstützungsbereitschaft erreichen, meine Damen und Herren!
Kollege Zschocke sprach für die Fraktion GRÜNE. Wir sind am Ende der ersten Rederunde, aber ich bin ganz sicher, wir eröffnen gleich eine zweite. Das Wort ergreift jetzt Frau Kollegin Springer für die einbringende CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Kollegen! Die Debatte, die wir heute führen, ist geprägt von Emotionen. Das wissen wir alle. Wenn wir aber einmal versuchen, das sachlich und nüchtern zu betrachten, ist gerade in den letzten Minuten etwas geschehen, was uns zum Nachdenken bringen sollte. Über Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte, gab es bereits eine auf wissenschaftlichen Grundlagen basierende Endlagersuche.
Die Ergebnisse der Suche dieser Kommissionen finden schlicht und ergreifend keinen Einfluss in das jetzige Gesetz; denn sonst wäre Granit nicht dabei.
Frau Dr. Pinka, wenn ich von Ihnen höre, niemand will ein Endlager, dann finde ich es schon ein wenig spektakulär, dass gerade aus Skandinavien die Hinweise kommen, dass sich dort die Kommunen um Endlager bewerben.