Protokoll der Sitzung vom 16.03.2017

Deutschland spart kein CO2 ein. Nein, wir müssen zu den ganzen Wind- und Solarparks noch einen zweiten konventionellen Kraftwerkspark vorhalten – Stichwort Dunkelflaute. Eine vollständige dezentrale Energieerzeugung ist für ein Industrieland schlichtweg nicht möglich, außer man nimmt den Verlust Tausender Arbeitskräfte in Kauf.

Sigmar Gabriel wurde bei der oben genannten Rede von der Lokalpresse weiter zitiert. Er kam bereits 2014 zu der Erkenntnis: „Für die meisten anderen Länder in Europa sind wir sowieso Bekloppte.“

(Beifall bei der AfD)

Die Energiewende hat er allerdings nicht beendet. In Erwartung der Einsparmöglichkeiten für jeden Privathaushalt im Wert von zwei Broten – also 5,52 Euro – sowie in Erwartung des Berichtes über die Netzeingriffe wird sich die AfD-Fraktion zugunsten Ihres Antrages enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Eine Kurzintervention; Herr Vieweg, bitte.

Kollege Urban, Sie haben versucht, uns wieder einmal Salz in die Augen zu schauen – –

(André Barth, AfD: … zu streuen!)

Zu streuen; vielen Dank für die Korrektur. Sie haben behauptet, die bundeseinheitlichen Netzentgelte hätten kaum Auswirkungen auf die Strompreise im Freistaat.

Wir haben es einmal ausgerechnet. Ein kleiner mittelständischer Handwerksbetrieb, eine kleine Bäckerei oder ein Kfz-Betrieb, mit 80 000 Kilowattstunden zahlt momentan in Sachsen 8 000 Euro und im Saarland, in RheinlandPfalz und Baden-Württemberg circa 3 000 Euro. Würden Sie diesen Kostenunterschied von 5 000 Euro als minimal bezeichnen?

(Gunter Wild, AfD: Das liegt an Ihrer Energiepolitik! – Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Herr Urban, bitte.

Das Vorrechnen von Einzelbeispielen ist wie: Mach dir dein Gutachten selbst, dann stimmt es schon. Die einzelnen Handwerksbetriebe haben Einzelverträge mit den Stromlieferanten. Das hängt von der Strommenge, aber auch vom Gebiet, wo ausgeliefert wird, ab. Man kann wahrscheinlich immer irgendwo im ganzen Land einen Handwerksbetrieb herausnehmen, bei dem es wirklich eine gewisse Rolle spielt. Im Großen und Ganzen reden wir von 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Das ist für einen Handwerksbetrieb, der das Dreifache eines Privathaushaltes hat, kein Unterschied von 5 000 Euro.

Die GRÜNEN sind an der Reihe. Herr Lippold, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Rohwer, vielen Dank für den Werbeblock für grüne Positionen in verschiedenen Ländern.

Ich setze es noch fort: In Brandenburg haben wir circa 80 %, in Sachsen-Anhalt circa 70 % erneuerbare Energien im Netz. Es ist ganz offensichtlich, dass man zu unterschiedlichen landespolitischen Schlussfolgerungen

kommt, was die Energiepolitik angeht, bei 22 % in Sachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich gebe Ihnen recht, dass im Januar das Licht ausgegangen wäre, wenn wir nur auf Sonne und Wind gesetzt hätten. Deshalb macht das niemand in der Energiewende von Anfang an, sondern die Energiewende bedeutet, dass wir grundsätzlich genügend flexible Reservekraftwerke haben müssen. Sie sind aber alle wesentlich sauberer als die Braunkohle. Das ist auch jetzt schon der Fall.

(Zuruf des Abg. Lars Rohwer, CDU)

Ich habe es in der Aktuellen Debatte zum gleichen Thema vor einigen Wochen schon gesagt und wiederhole es jetzt: Selbstverständlich sind auch wir dafür, volkswirtschaftlich sinnvolles Handeln zum Vorwärtstreiben der Energiewende als große Gemeinschaftsaufgabe in der Bundesrepublik auf alle Schultern fair zu verteilen. Wer bei den erneuerbaren Energien im gesamtgesellschaftlichen

Interesse vorangeht, soll keine Nachteile haben. Nicht nur im Übertragungsnetz, sondern auch in Verteilnetzen wäre das wichtig.

Deshalb Ja zur Vereinheitlichung der dadurch bedingten Netzausbaukosten und auch wenn es um regionale demografische Effekte geht. Deshalb auch unser Ja zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren, denn wir teilen mehr oder weniger sowohl Ihre Feststellungen als auch Ihre Forderungen und Ihr Ersuchen.

So teilen wir die erste Feststellung ganz besonders, dass die Energiewende eine wichtige Aufgabe von bundesweiter Bedeutung ist, deren Umsetzung im gesamtstaatlichen Interesse liegt – eine aus Ihren Reihen bemerkenswerte Feststellung, meine Damen und Herren von der Koalition, der nur noch hinzuzufügen ist: Es ist eine wichtige Aufgabe von globaler Bedeutung.

Hier hat Deutschland schon Enormes geleistet, denn von hier aus wurde saubere Energie einsetzbar und damit kostengünstig. Man schaut in der ganzen Welt sehr genau darauf, ob wir als viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt es hinbekommen, ein klimaschonendes, modernes, nachhaltiges und wettbewerbsfähiges Energiesystem aufzubauen.

Dass es bei dieser Aufgabe ständiger Nachsteuerung bedarf, ist selbstverständlich. Der politische Wille, die dafür notwendigen Daten und Informationen zu sammeln und die nötigen Entscheidungen zu treffen, ist gut und richtig. Aber glauben Sie mir, man schaut auch auf nationaler Ebene genau auf Sachsen, auf ein Sachsen, das sich bei dieser großen nationalen Aufgabe verweigert.

So ist es zwar zu begrüßen, dass der Freistaat sich bei seiner Forderung nach Vereinheitlichung von Übertragungsnetzentgelten gegenüber dem Bund solidarisch an die Seite der Länder stellt, die tatsächlich vorwärts gehen, doch ganz ehrlich ist es nicht, wenn wir aus Sachsen unser Kuckucksei – vielmehr unser Braunkohlenbrikett – in dasselbe Nest legen, um von den mit Gerechtigkeit in der Energiewende begründeten Kosteneffekten in der gemeinsamen Netzzone mit zu profitieren, obwohl man hier teuren Übertragungsnetzausbau vor allem für den Export von Braunkohlenstrom betrieben hat.

Zu den einzelnen Punkten. Ihr Antrag fordert, sich für die Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte einzusetzen. Im Weiteren geht es aber in der Diskussion über Netzentgelte und Übertragungsnetzentgelte wild durcheinander. Das sind je nach Spannungsebene – Hoch-, Mittel- oder Niederspannung – ganz unterschiedliche Themen, unterschiedliche Eigentumsstrukturen, und es werden jeweils ganz unterschiedliche Instrumente gebraucht, um in der Energiewende kostensparend, effizient

und verteilungsgerecht zu steuern. Eine präzise Diskussion wäre hier wirklich wichtig, um keine falschen Erwartungen zu wecken.

Wenn Sie in Ihrer Begründung die durchschnittlichen 5 bis 7 Cent nennen, um die die Netzentgelte für Millionen Haushaltskunden im Niederspannungsnetz differieren, dann erwecken Sie den Eindruck, man könne durchaus viel Geld sparen, vielleicht über 100 Euro im Jahr. Doch es geht zunächst bei diesem Antrag und auch im Bundesrat nur um das Hochspannungsübertragungsnetz. Die Effekte, die von dort bis zu den Haushaltskunden durchschlagen, sind sehr viel kleiner. Studien sprechen von 60 Cent bis 1,20 Euro im Monat. Da sind Enttäuschungen und Politikverdruss vorprogrammiert, wenn nach erfolgreicher Vereinheitlichung die erste Stromrechnung

kommt.

Ich fasse zusammen: Wir stimmen dem Antrag zu, weil wir es für sinnvoll halten, dass sich Sachsen im Bund an die Seite anderer Länder im Osten und Norden stellt, die in der Energiewende deutlich weiter sind als wir. Wir kritisieren dennoch, dass Sachsen keine nennenswerten Beiträge zur gesamtstaatlichen Aufgabe Energiewende leistet und keine Anstrengungen unternimmt, Selbstkosten im Übertragungsnetz durch Abkehr von überdimensioniertem klimaschädlichen Kohlestromexport zu senken, bevor man sich bei wirklichen Vorreitern einhakt und gemeinsam Dritte zur Solidarität auffordert.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfang Februar habe ich an dieser Stelle unterstrichen: Die Energiewende ist eine gesamtdeutsche Aufgabe. Sie darf nicht zulasten von Stromendkunden gehen, die in Netzregionen mit hohem Zubau erneuerbarer Energien und hohem Netzregelbedarf liegen.

Ich freue mich daher, dass der Ministerpräsident und ich am Freitag im Bundesrat einen deutlichen Erfolg verbuchen konnten. Auf Initiative von Sachsen und SachsenAnhalt empfiehlt der Bundesrat, abweichend vom Gesetzentwurf der Bundesregierung, die Höhe der Entgelte für den Zugang zu den Übertragungsnetzentgelten bundeseinheitlich festzulegen. Das war ein richtiger Etappenerfolg. Jetzt müssen wir aber auch dranbleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Erfolg war auch deshalb möglich, weil wir es bei den Übertragungsnetzentgelten gerade nicht mit einer reinen Ost-West-Debatte zu tun haben. Es geht keineswegs nur um die Belastungen, die sich auf den Osten

Deutschlands beschränken. Bei der Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte würden Netznutzer in zwölf Bundesländern profitieren, in nur vier Ländern – Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Saarland und

Rheinland-Pfalz – würden die Netzentgelte gegenüber dem Status quo steigen. Die Vorredner sind bereits darauf eingegangen.

Mittlerweile werden Ausbau und Betrieb des Übertragungsnetzes wesentlich von gesamtdeutschen Zusammenhängen bestimmt. So hat auch das Bundeswirtschaftsministerium noch im Vorfeld der Diskussion zum Gesetz zutreffend darauf hingewiesen: Die Netzentgelte in den vier Übertragungsnetzbetrieben werden immer mehr durch Umstände bestimmt, die der einzelne Netzbetreiber nicht beeinflussen kann. Preisunterschiede beruhen wesentlich auf den Kosten für das Einspeisemanagement und die Netzengpassentlastung.

Die sogenannten Redispatch-Maßnahmen, also die kurzfristigen Veränderungen der Lastaufteilung und Kraftwerkseinsatzplanung zwischen Kraftwerken, dienen der überregionalen Sicherung des Systems. Sie werden zudem oftmals nicht durch den Netzbetreiber ausgelöst, der sie anfordert und bezahlen muss. Diese Maßnahmen dienen der gesamtdeutschen Netzsituation. Dass sie noch nicht umgelegt werden, ist sachlich nicht zu rechtfertigen.

Bei anderen energiewendebedingten Kosten, zum Beispiel für Offshore-Netzanbindungen sowie die Mehrkosten für Erdverkabelung, ist dies bereits heute Praxis. Diese Wälzung würde eine heute bestehende Unwucht beseitigen. In einer gesamtdeutsch zu organisierenden Energiewende ist das keine unverhältnismäßige Forderung, sondern ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit.

Wir haben daher einen entsprechenden Antrag in das Bundesratsverfahren eingebracht, der eine Mehrheit gefunden hat. Das war am Vorabend der Bundesratssitzung noch nicht erkennbar. Deshalb sind wir heute froh, dass es doch gelungen ist. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass noch in dieser Legislaturperiode gehandelt wird,

(Beifall des Abg. Lars Rohwer, CDU)

um Voraussetzungen für bundeseinheitliche Übertragungsnetzentgelte mit Wirkung ab Januar 2018 zu schaffen.

Natürlich muss auch das Thema der vermiedenen Netzentgelte angegangen werden. Sachsen hat gefordert: a) die Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte für volatile Einspeisung, also Fotovoltaik und Windkraft, ab dem 1. Januar 2018 für Bestands- und Neuanlagen, hingegen b) die Beibehaltung der vermiedenen Netzentgelte für steuerbare Anlagen, insbesondere der Kraft-WärmeKopplung.

Das heißt, wir haben uns dezidiert gegen die im aktuellen Entwurf des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes vorgesehene unsachgemäße Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte für volatile und steuerbare Einspeisung gewendet. Die Abschaffung für steuerbare Einspeisung aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wird der netzdienli