Meine Damen und Herren, gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Die kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsministerin? – Das Wort wird gewünscht. Frau Staatsministerin Klepsch, ich erteile Ihnen das Wort; bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In dem Antrag „Tierleiden verringern …“ ist sachlich richtig, dass in Punkt I die Nrn. 1 bis 6 bereits im Tierschutzgesetz und in der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt sind. Die Genehmigungsbehörde für Tierversuche in Sachsen ist die Landesdirektion Sachsen. Diese prüft bei jedem einzelnen eingereichten Tierversuch.
Tierversuche werden in Sachsen natürlich nicht erlaubt, wenn für die betroffenen Tiere ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden verursacht werden. Es
wird immer geprüft, ob die Tierversuche zu vermeiden sind. Am Standort Dresden und am Standort Leipzig gibt es je eine Tierversuchskommission, die die Tierversuche unter ethischen Gesichtspunkten ebenfalls mit bewertet. Die Mitglieder der Kommission sind Wissenschaftler. Sechs von den 25 Kommissionsmitgliedern sind von Tierschutzorganisationen auf Vorschlag mit ausgesucht worden. Sie bewerten bei jedem einzelnen Tierversuch, ob er für die Erforschung der in § 7 a Abs. 1 Tierschutzgesetz vorgeschriebenen Zwecke unerlässlich ist und nicht durch mildere Mittel ersetzt werden kann.
Um die Erforschung alternativer Möglichkeiten zu Tierversuchen voranzutreiben, werden in Sachsen durch das Wissenschaftsministerium mehrere Projekte finanziert. Einzelne Förderhöhen sind bereits genannt worden. In der Antwort auf die Kleine Anfrage von 2015/2016 haben wir bereits darauf Bezug genommen. Beispielhaft möchte ich die Entwicklung einer In-vitro-Ersatzmethode am Institut für Parasitologie der Universität Leipzig und die Entwicklung eines zellbasierten artifiziellen Nierensystems an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden erwähnen.
Außerdem ist bereits in der Richtlinie der EU und somit auch im deutschen Recht geregelt, dass Tierversuche auf das wirklich unerlässliche Maß zu beschränken sind.
Ganz zum Schluss möchte ich auf den nächsten Tierschutzbericht verweisen. Wie der Tierschutzbericht 2012 wird auch der nächste Tierschutzbericht zu dem Gebiet der Tierversuche berichten. Daraus werden alle Ergebnisse aus Sachsen zu entnehmen sein.
beiträge, die zeigen, dass wir uns im Grunde einig sind. Mal schauen, wie viele Abgeordnete diesmal den Saal verlassen, um nicht mitstimmen zu müssen, wie sie es im Grunde wollen.
Ich fasse trotzdem unseren Antrag zusammen. Es gibt beim Tierversuch stets die Abwägung „menschliches Leid gegen tierisches Leid“. Wo immer es geht – auch darin scheinen wir uns einig zu sein –, muss der Tierversuch vermieden werden. Wir möchten, dass die Alternativen zu Tierversuchen weiter Einzug in die Wissenschaft halten, und zwar viel stärker als bisher; denn der Status quo reicht uns nicht aus.
Hierzu gilt es einerseits die Entwicklung der sogenannten 3R-Methoden voranzutreiben und andererseits diese auch praktisch umzusetzen. Dafür bedarf es – auch das ist bisher nicht ausreichend geschehen – eines gemeinsamen Vorgehens aller Beteiligten, des Bundes, der Länder und auch der Europäischen Union.
Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, Frau Staatsministerin Klepsch, als Gastgeber der Verbraucherschutzministerkonferenz und bringen Sie bitte dieses Thema auf die Agenda!
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun den Antrag in der Drucksache 6/9177 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen und einige Stimmen dafür. Der Antrag ist nicht beschlossen worden.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: zunächst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach die CDU, die Fraktion DIE LINKE, die SPD, die AfD und die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird.
Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abg. Günther. Ein schwieriges Thema – Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben hier in letzter Zeit häufiger über Landwirtschaftsthemen gesprochen; gerade über den Tierschutz. Bei dem Thema, um das es jetzt geht, kommt beides zusammen: Es geht um die Haltungsbedingungen von Schweinen.
Sachsen ist Standort mehrerer großer Schweinezuchtanlagen. Wir reden in diesem Zusammenhang einerseits
immer von den wirtschaftlichen Zwängen der Landwirte. Andererseits reden wir davon, welch hohen Ansprüche wir Menschen haben, wenn wir Nutztiere halten, das heißt, wie wir mit ihnen umgehen. Mit den Zielkonflikten müssen wir zurechtkommen. Wir legen heute einen Antrag vor, mit dem wir erreichen wollen, dass wenigstens bestimmte Mindeststandards eingehalten werden.
Worum geht es konkret? Es geht um Kastenstände für Sauen. Diese werden in Käfigen gehalten, die so klein sind, dass die Tiere sich nicht bewegen können, weder nach vorn noch zurück. Sie können sich auch nicht umdrehen. Es kann bis zu zehn Wochen dauern, dass sie in diesen Kästen stehen. Wir wissen, dass Schweine, verglichen mit anderen Tieren, hochintelligent sind und ein hohes Maß an Sozialkompetenz und Sozialverhalten zeigen. Dennoch werden sie so eingesperrt. Das ist übrigens immer noch rechtlich zulässig. Deswegen fordern wir GRÜNEN seit Langem, dass diese Kastenstandshaltung insgesamt abgeschafft wird. Dass dies möglich ist, sieht man an den vielen Schweinehaltern, die es nicht so machen; diese gibt es in Deutschland, auch hier in Sachsen. In Ländern wie Schweden ist diese Art der Haltung seit einer Weile verboten. Dort werden Sauen so gehalten, dass sie Platz und weiche Einstreu haben sowie ihr Sozialleben leben können, das heißt, sie haben auch mit ihren Ferkeln Kontakt.
Als Grund dafür, dass die Sauen sich nicht bewegen dürfen, wird nämlich immer genannt, es solle vermieden werden, dass sie sich auf ihre Ferkel legen. Wenn man die Sauenhaltung quasi industriell und eng getaktet organisiert, dann gibt es diese Probleme. Es gibt, wie gesagt, genügend Beispiele dafür, dass man Sauen auch anders halten kann. Als Gegenargument hört man immer wieder, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitserfordernisse setzten Grenzen. Aber wie weit darf man gegenüber Tieren gehen, noch dazu gegenüber solch empfindsamen Tieren wie Schweinen?
Wir beantragen heute gar nicht, obwohl es eine grüne Forderung ist, die Abschaffung der Kastenstände, sondern beschränken uns auf die Forderung, dass geltendes Recht eingehalten wird. Schweinehalter haben sich lange vor Gerichten über die Frage gestritten, wie Schweine gehalten werden dürfen. Soll es wirklich zulässig sein, dass sie sich nicht einmal ordentlich hinlegen, ihre Beine ausstrecken und ihre Schnauze nach vorn strecken können? Lesen Sie sich die Urteile durch – in einem Fall ging es vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt bis hin zum Bundesverwaltungsgericht –, wie dort argumentiert worden ist, warum das angeblich alles toll ist!
Wir Menschen tragen Verantwortung dafür, was wir Tieren zumuten. Was manche für zumutbar halten, ist wirklich ungeheuerlich. Aber die Richter haben bestätigt, dass schon im geltenden Recht, in der TierschutzNutztierhaltungsverordnung, geregelt ist, dass die Tiere, wenn sie schon in so einer Box liegen müssen, wenigstens so viel Platz haben müssen, dass sie sich ausstrecken können, ohne sich zu verletzen. Das ist häufig ein Prob
lem. Wenn die Gitterstäbe so nahe an dem Tier sind, dann ratzen sie sich auf und erleiden Verletzungen, die sich entzünden. Von irgendwelchem Sozialverhalten kann unter solchen Haltungsbedingungen schon gar keine Rede sein. Wie ich der Stellungnahme der Staatsregierung entnehmen kann, haben wir in Sachsen tatsächlich eine große Zahl an Betrieben, in denen die Haltungsbedingungen nicht einmal dem geltenden Recht entsprechen. Deswegen stellen wir den Antrag, hier schnellstmöglich zu handeln.
Worüber ich ein bisschen erschrocken bin, das ist die Aussage, man müsse auch in dieser Frage den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, das heißt, die Belange des Tierschutzes und die Grundrechte der Tierhalter in einen verträglichen Ausgleich bringen. Das mag ja für das Thema Tierhaltung insgesamt stimmen, aber bitte schön nicht in einer Situation, in der Schweine rechtswidrig und unter – diese Einschätzung wird höchstrichterlich bestätigt – tierquälerischen Bedingungen gehalten werden. Es kann gar nicht schnell genug gehen, dass man diese Zustände endlich beendet.
An dieser Stelle möchte ich eine deutliche Unterscheidung vornehmen: Wir bringen hier regelmäßig Anträge ein, in denen es darum geht, in der Tierhaltung und in anderen Bereichen voranzukommen, das heißt, tierfreundlichere, ökologischere Handlungsweisen in der Landwirtschaft zu erreichen. Immer wieder plädieren wir dafür, die Landwirte bei solchen Bemühungen zu unterstützen, auch finanziell. Wenn die Zustände in den Betrieben eine gesetzliche Grundlage haben und entsprechende Investitionen erfolgt sind, dann genießen die Inhaber dieser landwirtschaftlichen Betriebe einen gewissen Bestands- bzw. Vertrauensschutz. Wenn wir diese Regeln ändern wollen, dann ist das nur mit Unterstützung möglich.
Wenn es aber um solche gravierenden, rechtswidrigen Zustände geht, dann hört das Verständnis einfach auf. Das ist schon bisher eine falsche Auslegung des Rechts gewesen. Ich kann nur jeden einladen, sich einmal diese Gerichtsurteile durchzulesen. Was vor Gericht vorgetragen worden ist, das ist zum Teil wirklich haarsträubend und hat mit der Verantwortung der Menschen gegenüber den Tieren nichts zu tun.
Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. von Breitenbuch. Bitte sehr, Herr von Breitenbuch, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur „Breite und
Beschaffenheit von Kastenständen für Sauen in der Schweinezucht – geltendes Recht durchsetzen – Kastenstanderlass für Sachsen beschließen“ lässt sich viel sagen, auch in der letzten Debatte vor dem Karfreitag und dem Osterfest. Jedoch geht es mir darum, erst einmal Grundwissen zu vermitteln, um die Gesamtzusammenhänge deutlich zu machen, um dann den Antrag der GRÜNEN einordnen zu können.
In Sachsen gab es im Jahr 2016 ca. 650 000 Schweine. Es gibt 11 % weniger Betriebe als im Jahr davor und 2,6 % weniger Schweine als davor. Das lag an der Preissituation, das heißt die Betriebe sind unter Druck und vor allem die kleinen hören auf.
Jetzt gehe ich der Frage nach: Wie verläuft eigentlich das Leben von Schweinen? Dazu möchte ich Folgendes ausführen, damit wir alle auf demselben Sachstand sind, worüber wir eigentlich reden. Erstens. Zeugung und Trächtigkeit. Zuchtsauen werden mindestens zwei Mal im Jahr besamt, fast immer künstlich. Das geschieht in einem Deckzentrum. Für die Besamung und maximal für vier Wochen, 28 Tage, und damit nicht zehn Wochen – das ist falsch, Herr Günther, das entspricht nicht der Gesetzeslage, was Sie hier sagen – werden die Sauen in sogenannten Kastenständen gehalten, um den Gruppenstress und damit die erschwerte Fruchtbarkeit zu vermeiden. Danach leben die Zuchtsauen in der Gruppenhaltung. Sie leben nicht die ganze Zeit im Kasten. Die Trächtigkeit dauert seit alters her drei Monate, drei Wochen und drei Tage, das kann man sich gut merken. 115 Tage insgesamt. Wie lange trägt die Kuh? Neun Monate und neun Tage – kann man sich auch gut merken.
Zweitens. Geburt und Kinderstube von Schweinen. Etwa eine Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin wird die Muttersau in die Abferkelbucht gebracht. Ein Wurf umfasst im Schnitt zwölf Ferkel. Ferkelschutzkörbe sollen verhindern, dass die Muttersau ihre Nachkommen versehentlich unter sich erdrückt. Drei bis vier Wochen säugt die Sau ihre Ferkel, danach kehrt sie ins Deckzentrum zurück.