Noch einmal zu Ihnen, Herr Lippmann: Man darf sich doch von Ihrer Seite aus nicht beklagen, wenn man Biotope schafft, um dann über Wildwuchs und invasive Arten zu jammern. Das implizieren nämlich Ihre Wortbeiträge.
Sie verantworten doch in Leipzig die Kriminalitätsentwicklung mit. Mehr möchte ich dazu nicht sagen; Sie können gern antworten.
Auch wenn es als Zwischenfrage geplant war, Herr Stange, könnten Sie jetzt eine Kurzintervention daraus machen.
Sehr geehrter Herr Pohle, das Problem besteht dann, wenn man Ausländerrecht und Strafrecht miteinander vermischt – ein großes Problem. Dann kommen solche irrwitzigen Ideen zustande wie „Internierungslager“ oder „kriminelle Ausländer abschieben“ oder wie auch immer. Für mich steht nach wie vor der Satz des sächsischen Justizministers, der einmal – das Datum weiß ich nicht mehr genau – gesagt hat, dass das Strafverfolgungsinteresse des Staates viel höher wiegt und durchzusetzen ist.
Wir können es doch nicht zulassen, dass wir ein Ersatzstrafrecht schaffen. Das geht nicht, und dagegen verwahren wir uns in aller Deutlichkeit.
Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Stange, und auf diese kann und wird jetzt Herr Kollege Pohle reagieren oder nicht. – Nein.
Verehrter Herr Präsident! Die Kurzintervention scheint mir nötig zu sein. Herr Pohle hat mich auch direkt angesprochen. Ich setze aber, bevor ich mich damit auseinandersetze, etwas davor.
Herr Pohle, ich finde es schon ein Frechheit, wie Sie sich hier vorn hinstellen und Menschen, die vor Terror, vor Krieg fliehen, mit „invasiven Arten“ vergleichen.
Das ist eine Entmenschlichung sondergleichen, die ich mir wirklich in diesem Hause verbitte. Sie wollen diese dann auch noch internieren, also in Lagern unterbringen – ich glaube, die CDU sollte mal im eigenen Laden kehren.
Jetzt haben Sie uns GRÜNEN vorgeworfen, wir seien an der Kriminalitätsentwicklung in Leipzig schuld. Sie haben kein einziges Beispiel dafür geliefert. Das ist ja schön, man kann sich hier hinstellen und etwas erzählen, faktenfrei und mit Spaß dabei argumentieren. Dann liefern Sie in der Antwort jetzt bitte die Begründung, warum das so sein soll. Ich weiß es nicht.
Vielleicht noch zu Ihrer Erhellung: Die GRÜNEN haben in diesem Haus schon eine Verstärkung der Polizei und eine Anhebung der Polizeistärke gefordert, als wir noch gar keine Migrationsströme nach Deutschland hatten. Es war schon im Jahre 2010. Als Ihre CDU hier noch massiv die Stellen abgebaut hat, haben wir gesagt: Es geht so nicht weiter, wir brauchen einen Stopp des Stellenabbaus. Daher bin ich überrascht, dass Sie darüber überrascht sind. Das war schon von jeher unsere klare Linie: Wir brauchen eine personell gut ausgestattete Polizei in diesem Land.
Recht vielen Dank, Herr Präsident. Auf diesen Wortbeitrag muss ich natürlich antworten. Ich muss es gerade stellen. Herr Lippmann, es geht bei diesem Tagesordnungspunkt „Aktuelle Debatte“ um die Kriminalitätsentwicklung in Sachsen. Ich habe nicht gesagt, dass Sie allein verantwortlich sind, sondern ich habe von Ihrer Mitverantwortung gesprochen. Wir haben in Leipzig eine Situation, bei der Sie die Möglichkeit haben, gegenzusteuern. Das tun Sie nicht.
Ich möchte es Ihnen nur an einem Beispiel zeigen. Die Stadt Leipzig beispielsweise geht nicht dagegen vor, dass in Connewitz an einem Basketballplatz ein Schriftzug „No cops area“ zu lesen ist. Ich weiß nicht, ob Sie das lustig finden. Ich finde es nicht lustig, weil dies signalisiert, dass wir rechtsfreie Räume in Leipzig dulden.
Ich habe das nur auf Ihre politische Intention bezogen, ich habe es nicht in Verbindung gebracht mit flüchtenden Menschen, sondern auf Kriminelle oder Schwerkriminelle bezogen. Damit gebe ich Herrn Stange recht, dass es gerade bei der organisierten Kriminalität einen Aufwuchs gibt, der unsere Gesellschaft sehr stark belastet, und dagegen müssen wir vorgehen. Wen wir nicht abschieben können, den werden wir hier nicht dulden. Das ist ein Ansatz unserer Fraktion.
Wir könnten jetzt in der dritten Runde fortsetzen. Gibt es weiteren Redebedarf aus den anderen Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Möchte die CDU eine vierte Rederunde eröffnen? – Ja, Kollege Hartmann, die Redezeit ist ja reichlich vorhanden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Stange, es geht schließlich auch um eine Kernkompetenz der Union. Insoweit werden wir darüber reden müssen und dürfen.
Herr Fraktionsvorsitzender, Sie sollten sich zu Grundsätzlichem äußern und nicht zu Dingen, zu denen Sie nur beschränktes Wissen vorzutragen haben.
Zum Thema: Ja, Herr Stange, Sie haben recht: Es geht genau um die Beurteilung von zwei Seiten der Medaille und auch um eine notwendige Ursachenanalyse über Kriminalitätsschwerpunkte, Kriminalitätsursachen und -hintergründe. Das ist zweifelsohne so. Nur wurde in diesem Land – das muss man auch objektiv sagen – noch nie so viel geforscht, wissenschaftlich begleitet, auch zu diesem Thema, wie gerade jetzt. Natürlich müssen wir diese Ergebnisse auch weiter aufgreifen. Zweifelsohne
kann man aus bestimmten Analysen und bestimmten Beurteilungen bestimmte Handlungsschwerpunkte und Problemlösungen außerhalb von Polizei ableiten. Das ist zum Beispiel noch ein Thema von gesellschaftlicher Steuerung und Verantwortung. Es wird aber etwas übrig bleiben.
Selbst die Erfahrung von einigen älteren Mitgliedern Ihrer Fraktion im real existierenden Sozialismus hat zu der Erkenntnis führen müssen, dass nicht jeder Mensch edel, hilfreich und gut ist und dass es auch dort Kriminalität gab. Selbst Kuba, das sich rühmen darf, eines der sichersten, wenn auch nicht eines der demokratischsten Länder zu sein, wird mit Randbereichen von Kriminalität bei einer totalen Überwachung konfrontiert.
Kurzum, es wird zweifelsohne in jeder Gesellschaft zum Schluss eine Teilmenge von Kriminalität übrig bleiben, und es wird Erkenntnisse geben, warum bestimmte Kriminalitätsbereiche auftreten: beispielsweise, weil bei uns der Wohlstand höher ist als anderswo, weswegen es möglicherweise auch lukrativer ist, sich hier etwas zu „beschaffen“. Die Lösung kann nicht darin bestehen, dass wir uns in die Bescheidenheit zurückziehen und sagen: Wenn wir nichts in der Bude stehen haben, kann man uns Gott sei Dank auch nichts nehmen.
Das wäre eine Analyse, der ich so nicht beitreten würde. Es gibt auch bestimmte Bereiche, die nicht mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu tun haben, sie haben aber beispielsweise etwas mit international agierender Kriminalität zu tun.
Die Zwischenfrage, die Sie annehmen, wie ich schon verstanden habe, kommt jetzt von Herrn Kollegen Stange.
Vielen Dank, Kollege Hartmann. Würden Sie mir hinsichtlich Ihrer eben getätigten Äußerung, weil es bei uns mehr Wohlstand gebe, sei es attraktiver, hier etwas zu stehlen, dahin gehend recht geben, dass das Phänomen des Diebstahls nicht auf reiche Gesellschaften beschränkt ist?
Ich gebe Ihnen als Erstes recht, dass ich auch mit vereinfachten Bildern arbeite, was Ihnen ja nicht fremd ist, weil Sie das auch tun. Das ist den 5 Minuten Redezeit immanent.
Aber natürlich hat abschließend der Diebstahl – darin gebe ich Ihnen recht – nicht ausschließlich etwas mit gesellschaftlichen Unterschieden zu tun, aber es ist auch ein Teil organisierter Kriminalität, dorthin zu gehen und nicht den Armen zu beklauen, sondern den, bei dem es mehr zu holen gibt. Das hat organisierte Kriminalität so an sich. Natürlich gilt auch der Grundsatz – das ist Ihnen ja nicht fremd –, dass der Arme des Ärmsten größter Feind ist. Insoweit ist das ein gesellschaftlich breiteres Phänomen.
Aber mit Rücksicht auf die Redezeit und dem Verständnis, dass Sie ja auch ein Redner sind, der gerne zuspitzt, hoffe ich, die Frage damit beantwortet zu haben.