Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das war das Schlusswort für die einbringenden Fraktionen, das von Herrn Kollegen Sebastian Fischer gehalten wurde.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/9488 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist die Drucksache 6/9488 damit beschlossen. Ich beende den Tagesordnungspunkt 6.

Meine Damen und Herren! Ich eröffne jetzt

Tagesordnungspunkt 7

Sport für Menschen mit Behinderungen (Behindertensport)

Drucksache 6/9219, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Wie Sie schon wahrgenommen haben, unterstützt uns bei diesem Thema ein Gebärdendolmetscher, den ich ebenfalls ganz herzlich bei uns begrüße.

(Beifall des ganzen Hauses)

Die Reihenfolge der Fraktionen ist DIE LINKE, CDU, SPD, AfD und GRÜNE. Zunächst beginnt Frau Kollegin Meiwald für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das heute ist auch für mich hier eine Premiere, eine Rede mit einem Gebärdensprachdolmetscher zu halten. Glauben Sie mir: Gerade für mich ist das eine große Herausforderung.

(Zurufe von den LINKEN: Sie schaffen das!)

Warum haben wir diesen Antrag gestellt? In Deutschland leben rund 8,9 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung. Die UN-Behindertenrechtskonvention, am 13. Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet, am 3. Mai 2008 in Kraft getreten und seit März 2009 verbindliches Recht in Deutschland, hat in Artikel 30 das Ziel, Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe an Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten zu ermöglichen. Dazu gehört auch, Menschen mit Behinderungen zu ermutigen, an breitensportlichen Aktivitäten auf allen Ebenen teilzunehmen und ihre Teilnahme zu fördern sowie sicherzustellen, dass sie die Möglichkeit haben, behinderungsspezifische Sportaktivitäten zu organisieren und zu entwickeln, zu diesem Zweck die Bereitstellung eines Angebots an Anleitung, Training und Ressourcen zu fördern sowie ihnen den Zugang zu Sportstätten zu ermöglichen.

Die Bedeutung des Behindertensports ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Die statistischen Daten sind zum Teil der Antwort der Staatsregierung zu entnehmen oder auf den Seiten des Landessportbundes und des Sächsischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes nachzulesen. Wir müssen aber feststellen, dass auch im Freistaat Sachsen die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung eben nicht gewährleistet ist. Daher haben wir diesen Antrag gestellt. Der Landessportbund weiß um die Bedeutung des Sports für Menschen mit Behinderungen und stellt sich den Herausforderungen. Anfang Mai erschien beispielsweise ein Leitfaden zur Inklusion im Sport, und am vergangenen Wochenende fand in Leipzig der Talentetag für Talente im Sport für Menschen mit Handicap statt.

Sport ist für Menschen mit Behinderung häufig mit hohen Hürden verbunden, die Menschen ohne Behinderung nicht treffen. Im zweiten Teilhabebericht der Bundesregierung liest man: „Erwachsene Menschen mit anerkannter Behinderung sind seltener sportlich aktiv als Gleichaltrige ohne anerkannte Behinderung. Bei den unter Dreißigjährigen sind es weniger als die Hälfte.“

Das hat Gründe, meine Damen und Herren: So finden sich nach wie vor bauliche Barrieren bei vielen Sportstätten. Sport mit Behinderungen erfordert mehr und oft spezielle Hilfsmittel; auch der Transport dieser stellt oft große Hürden dar. Zusätzlich fehlen Übungsleiterinnen und Übungsleiter sowie Trainerinnen und Trainer, welche für den Umgang mit Menschen mit bestimmten Handicaps besondere Kenntnisse benötigen. Spezielle Lehrgänge dafür gibt es aber sehr wohl.

Behindertengerechte Mehraufwendungen wie beispielsweise Gebärdensprachdolmetscher sind allerdings nicht einmal im Bundesteilhabegesetz vorgesehen. Für diese gesonderten Bedarfe benötigen wir einen speziellen Topf, aus dem diese Belange finanziert werden könnten. Das kostet nicht viel, hilft aber. Auch die Strukturen müssen wir stärken. So wäre es zum Beispiel möglich, Zuwendungen an den Sächsischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband oder die Special Olympics über einen Sonderpassus im Zuwendungsvertrag mit einer Förderung gesondert auszuweisen.

Wenn wir den Anspruch an eine inklusive Gesellschaft haben, müssen wir für Menschen mit Behinderung mehr Geld in die Hand nehmen – nicht um diese zu bevorteilen, sondern damit sie die gleichen Chancen haben, Sport zu treiben. Dazu gehört auch, dass entstehende Mehrkosten, die beispielsweise durch barrierefreie Übernachtungen auf Wettkämpfen notwendig werden, weil besondere Sportgeräte und Umbauten erforderlich sind oder weil es besonderer Wettkampfstätten bedarf, diese zu fördern. Diese Mehrkosten müssen ausgeglichen werden, und das darf nicht von der Haushaltslage abhängen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, der organisierte Sport, aber auch der Reha-Sport sind vor die gesamtgesellschaftliche Aufgabe gestellt, umfassende Teilhabe zu ermöglichen, für das Thema zu sensibilisieren und inklusive Prozesse in Gang zu setzen. Genau hier tauchen aber die Probleme auf, auf die wir mit unserem Antrag aufmerksam machen wollen.

Zum Thema Fahrtkosten: In einem sehr begrenzten Rahmen werden durch den SBV; also den Sächsischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband, Fahrtkosten zu Wettkämpfen und Trainingslagern sowie Übernachtungskosten bezuschusst. Ein Großteil des Breitensports fällt nicht unter diese Förderung, denn gefördert werden nur paralympische Disziplinen sowie Sportlerinnen und Sportler unter 27 Jahren, jedoch keine Ligaspiele wie beispielsweise Rollstuhlbasketball. Eigeninitiative und Eigenanteile der Vereine sowie der Sportlerinnen und Sportler sind hier immens hoch.

Thema Sportgeräte: Sportgeräte sind elementare Hilfsmittel, da sie unerlässlich für Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung und meist Spezialanfertigungen sind. Die verwaltungstechnischen Herausforderungen und die

Eigenanteilsregeln sorgen dafür, dass es bei der vereinzelt existierenden Förderung teilweise dazu kommt, dass Sportgeräte, wie zum Beispiel Sportrollstühle, SledgeHockeyschlitten oder Tore und Banden im Goalball oder Blindenfußball, eben nicht anschaffbar sind.

Thema bauliche Maßnahmen: Die baulichen Anforderungen an Sportstätten für Menschen mit Behinderung sind wohl der kostenintensivste Punkt. Auch hier verfehlen die bestehenden Förderinstrumente leider oft ihr Ziel. Sportstätten sind nicht Eigentum der Kommune oder des Vereins, sondern nur gemietet. Möchte beispielsweise ein

Tanzsportverein, dessen Räume nicht ebenerdig sind, Barrierefreiheit durch den Einbau eines Aufzugs herstellen, ist für die Fördermittelgeber ein Eigentumsnachweis bzw. eine lange Mietgarantie vom Vermieter erforderlich.

Meine Damen und Herren! Auch der Spitzensport der Menschen mit Behinderung hat eine Vorbildfunktion, weil auch er dazu anregt, sich sportlich zu betätigen. Es gibt inzwischen eine Vielzahl auch internationaler Wettbewerbe. Ich verweise nur auf die Paralympics, die Special Olympics für Menschen mit geistiger Behinderung oder die Deaflympics für gehörlose Menschen.

Gerade für Leistungssportlerinnen und -sportler mit Behinderung erweisen sich die Nachteile als besonders groß. Diese profitieren nicht in gleichem Maße von Vergünstigungen. So hat der Behindertensport nach wie vor nicht die gleiche mediale Aufmerksamkeit, und dies wirkt sich natürlich auch auf die Mittel aus. Zudem ist kaum ein behinderter Sportler Profi. Er trägt die Doppelbelastung von Beruf und Sport, selbst in der heißen Phase vor Wettkämpfen. Wollen die Behindertensportler ihre Arbeitszeit zugunsten des Sports reduzieren, ist dies im Normalfall mit Gehaltseinbußen verbunden. Auch das Programm „Topteam“ des Deutschen Behindertensportverbands ändert nichts daran. Für Pyeongchang 2018 werden gerade einmal sieben Sportlerinnen und Sportler auf diese Weise gefördert.

Gleiche Prämien sind ein gutes Symbol. Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportsverbands, sagt: „Die Angleichung der Prämien im olympischen und paralympischen Bereich ist eine immense Wertschätzung der sportlichen Leistungen aller Menschen mit Behinderung. Sie ist eine wichtige Weichenstellung zur Gleichbehandlung und Gleichstellung weit über den Sport hinaus.“ Eine Angleichung der Prämien für erfolgreiche Trainerinnen und Trainer wäre ein nächster wichtiger Schritt. Hier ist der Bund in der Pflicht; aber es unterstreicht die Komplexität der Problematik.

Meine Damen und Herren! Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung ist auch im Sport eine Mammutaufgabe, der wir uns stellen müssen. Dieses Ziel ist aber noch – auch im Sport – in einiger Entfernung. Lassen Sie uns nun endlich einmal zum Endspurt ansetzen und die letzten Hürden nehmen, statt vor ihnen zu kapitulieren. Wir brauchen eine stärkere Sensibilisierung für die Vielschichtigkeit der Probleme im Sport für Menschen mit Behinderung und ganz sicher auch spezielle Förderinstrumentarien.

Mein Kollege Horst Wehner wird Ihnen gegebenenfalls in der zweiten Runde weitere Argumente liefern. Ich bitte Sie an dieser Stelle schon einmal herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Frau Kollegin Meiwald für die einbringende Fraktion DIE LINKE. Jetzt spricht Kollege Rost für die CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im hier vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE wird ein Thema angesprochen, das ohne Zweifel ein wichtiger Bestandteil des Breiten- und Leistungssports ist, der Behindertensport. Aktuell verweisen die Zahlen vom Landessportbund Sachsen und vom Sächsischen Behindertensportverband auf 41 000 Sporttreibende, wobei 6 100 Meldungen im Behindertensport und circa 34 800 im Rehasport zu verzeichnen sind. Hinzu kommen 600 gehörlose Sporttreibende. Sie teilen sich auf in 16 paralympische und 5 nichtparalympische Sportarten, wovon Schwimmen,

Rollstuhlbasketball und Blindenfußball nur drei Beispiele der Sportarten sind, denen Menschen mit Behinderung und sportlichem Ehrgeiz im Freistaat nachgehen.

Das sind einige Fakten, meine Damen und Herren, aus unserem Sportleben, aus unseren Sportvereinen und Sportverbänden. Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, diese Arbeit der Sportvereine und Sportverbände zur Förderung und Unterstützung des Behindertensports im Freistaat Sachsen hier besonders hervorzuheben und den Übungsleitern, den Verantwortlichen in den Sportvereinen und Sportverbänden an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Arbeit zu danken.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Der vorliegende Antrag lässt vermuten, dass dieser wichtige Bestandteil des sächsischen Sports zu wenig Förderung durch den Freistaat erfahren würde. Diese Darstellung oder dieser Eindruck ist falsch. In unserem aktuellen Doppelhaushalt spiegelt sich wider, wie der Freistaat den Sport in unserem Land fördert und unterstützt. Dazu zählt auch der Behindertensport. Daher ist noch einmal zu erwähnen, dass der aktuelle Haushalt mit 93,5 Millionen Euro den zweithöchsten Sporthaushalt in der Geschichte des Freistaates Sachsen darstellt – ein großer Erfolg.

Der Antrag fordert nun aber Zuschüsse zu Fahrtkosten bei Wettkämpfen, Zuschüsse für besondere Behindertensportgeräte sowie Zuschüsse für bauliche Anpassungen von Sportstätten. Dabei scheint der Antragsteller zu vergessen, dass die Förderung des Behindertensports bereits fester Bestandteil der sächsischen Sportförderung ist. Es muss offensichtlich noch einmal erwähnt werden, dass die bestehenden Fördermöglichkeiten für alle Sportler, egal ob mit oder ohne Behinderung, gleich sind und die genannten Punkte allesamt bereits bezuschusst werden. Und das ist nicht alles. Hinzu kommen weitere Angebote, die Menschen mit Behinderung in Sachsen dabei unterstützen, einen möglichst breiten Zugang zum Sport zu finden.

(Horst Wehner, DIE LINKE: Herr Präsident, gestatten Sie, dass ich eine Zwischenfrage stelle?)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Wehner? Eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Wehner, das war mir ungewohnt.

Ja, die Position ist ungewohnt, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Rost. Würden Sie bitte einmal darlegen, auf welche Art und Weise die Förderung des Behindertensports durch den Freistaat Sachsen gestaltet wird?

Ich werde in meinen Ausführungen noch einige Beispiele dazu bringen. Vielleicht könnten Sie darauf noch mit einer nachfolgenden Frage reagieren.

Wenn dann noch etwas offen ist, gerne.

Ein Beispiel: Gemäß dem Sozialgesetzbuch ist es Menschen mit bestimmten Behinderungen möglich, unentgeltlich die öffentlichen Verkehrsmittel im Nah- und Fernverkehr zu nutzen. Das gilt darüber hinaus sogar für Begleitpersonen von Menschen mit schweren Behinderungen oder auch für einen Hund, den der Betroffene mit sich führt. Auch dieser wird kostenlos im Nahverkehr befördert. Genau diese Regelung umfasst im Übrigen auch die Fahrten schwerbehinderter Sportlerinnen und Sportler zu Wettkämpfen oder Trainingslagern. Dort haben wir den großen Rahmen, der von Sportlern mit genutzt werden kann. Die Ausfälle, die den Verkehrsbetrieben durch die kostenlose Beförderung schwerbehinderter Menschen entstehen, zahlen das Land und der Bund.

Zusätzlich möchte ich hier noch die zahlreichen Projekte zur selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderung erwähnen, welche über den sozialen Bereich gefördert werden, wozu auch Sportveranstaltungen zählen. Sie sehen also: Menschen mit Behinderung erfahren bereits durch die allgemeinen Kriterien genau die gleiche Förderung im Sport wie Menschen ohne Behinderung und teilweise sogar eine vollkommene Kostenerstattung bzw. vollkommenen Kostenerlass.

Im letzten Punkt des Antrages der Fraktion DIE LINKE wird nun auch gefordert, die Sportförderrichtlinie zu überarbeiten und die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention zu erfüllen. Meine Damen und Herren, unsere Sportförderrichtlinie erfüllt die UN-Behindertenrechtskonvention, und es ist schlichtweg falsch, etwas anderes zu behaupten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)