Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

So viel aus Sicht der SPD-Fraktion. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Dr. Gerd Lippold, GRÜNE, und Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, stehen am Mikrofon.)

Das war Kollege Homann, SPD-Fraktion. Es gibt zwei Kurzinterventionen. Ich weiß nicht, wer zuerst am Mikrofon stand? – Herr Dr. Lippold fängt an; bitte.

Danke, Herr Präsident! – Herr Kollege Homann, wenn es um große Arbeitgeber geht, dann geht es immer auch um viele Jobs. Das ist völlig klar. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es bei diesem Thema um eine ganz große industriepolitische

Komponente geht und es in der Regel immer kurzsichtig ist, zur kurzfristigen bzw. mittelfristigen Rettung von Jobs schwere industriepolitische Fehler zu machen – das demonstriert Ihre Fraktion, auch diese Koalition, beispielsweise gerade im Bereich der Braunkohle – und dass man zur Jobrettung mittelfristig schwere industriepolitische Fehler in Kauf nimmt. So etwas darf in dieser Industrie nicht passieren. Deshalb müssen wir uns beide Seiten anschauen. Wir müssen die Jobs retten und das Ganze industriepolitisch richtig machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Homann kann jetzt auf diese Kurzintervention reagieren.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich höre Ihnen sehr aufmerksam zu, wenn Sie Ihre Reden halten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Bei vielen Sachen kann ich Sie wirklich guten Herzens unterstützen, zum Beispiel bei dem Punkt, dass wir schauen müssen, wie SolarWorld in veränderter Form – wahrscheinlich nur unter veränderter Form – weiter existieren kann. Damit bin ich sehr nah bei Ihnen.

Ich habe aber ein Problem damit, dass Sie sich, während in Freiberg 1 300 Menschen um ihre Arbeitsplätze kämpfen, hauptsächlich mit der Frage, wer schuld ist, beschäftigen. Das finde ich der Situation nicht angemessen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Pinka hat als Nächste die Möglichkeit einer Kurzintervention. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich höre die wahren Worte auch. Ich kann mich aber auch an die gestrige Debatte erinnern, als wir einen Dringlichen Antrag auf die Tagesordnung setzen wollten. Sie hätten gestern mit Zustimmung zu unserem Antrag zeigen können, wie Sie zu den Menschen und zum Erhalt der Arbeitsplätze in Freiberg stehen. Sie haben das gestern abgelehnt. Sie haben gesagt, dass es nicht dringlich ist und dass wir das irgendwann später machen können. Heute stellen Sie sich angesichts der Öffentlichkeit hierher und sagen: Wir haben doch Empathie für diese Arbeiter.

Ich war beim Betriebsrat und habe gefragt: Wie viele Menschen aus dem Landtag waren denn schon bei Ihnen und haben gefragt, wie es euch geht? Außer Herrn Dulig und mir war dort noch niemand. Das will ich jetzt einmal klarstellen.

Zweitens. Ich habe von Ihnen überhaupt noch keine Vorschläge gehört, aber vielleicht kommt das später noch von Ihnen: Was kann denn der Freistaat jetzt schon tun? Wir haben zum Beispiel Fördergelder ausgereicht. Wir können darüber nachdenken, was wir mit den Fördergeldern machen.

(Zuruf des Abg. Steve Ittershagen, CDU)

Bei anderen Unternehmen – ich erinnere an das Press- und Schmiedewerk in Brand-Erbisdorf – haben wir die Fördergelder dann auch ausgeschlagen. Bei Globalfoundries haben wir vor Kurzem relativ viel Geld ausgereicht, um Investitionen zu unterstützen. Darüber können wir mal nachdenken. Gibt es vielleicht Möglichkeiten, in modernere Anlagen der Zellenproduktion oder Ähnliches zu investieren? Wir haben eine sächsische Rohstoffstrategie. Da steht zum Beispiel drin, dass wir den Anteil sekundärer Aufbereitung im Rohstoffbereich verbessern wollen.

Nun wissen wir, dass es in Deutschland ein relativ schlechtes Recycling von PV-Anlagen gibt. Das ist ja nicht nur bei den Siliziumwafern so, sondern auch bei den Dünnschichtanlagen. Darüber können wir doch einmal diskutieren. Wollen wir eine Anreizfinanzierung geben, dass es im Bereich des Recyclings von Modulen vielleicht weitergeht?

Über all diese Dinge, über alles, was wir als Freistaat in der Hand haben, können wir doch hier diskutieren. Ich habe zum Beispiel der Presse gesagt, dass es die Solar Innovations mit 140 Mitarbeitern mit einem relativ solid ausgebauten Forschungsbereich gibt.

Die Zeit für die Kurzintervention ist abgelaufen.

Die Entwicklung der Solarforschung könnte man an ein Institut der Bergakademie anschließen. Über all das können wir hier diskutieren.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war die Kurzintervention von Frau Dr. Pinka. Jetzt spricht wieder Herr Homann. Das bezieht sich hier alles auf Ihren Redebeitrag. Bitte, Sie können reagieren.

Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank. Ich antworte gern auf die Anmerkung von Frau Dr. Pinka. Wie Sie vielleicht gemerkt haben, nehme ich die Situation – und ich finde, das sollte man uns und mir nicht absprechen – in Freiberg sehr ernst. Ich bin dazu in sehr engem Kontakt mit dem Wirtschaftsminister und mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; und ich halte auch nichts davon, dort eine Form von Katastrophentourismus zu betreiben. Das will ich mir an dieser Stelle auch nicht vorhalten lassen. Wir sollten uns nicht gegenseitig absprechen, dass wir die Situation sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Martin Dulig)

Ich muss auch ganz ehrlich sagen: Frau Dr. Pinka, wenn Sie hier suggerieren, wir hätten gestern, weil Sie es nicht schaffen, einen Antrag zu schreiben, der die Bedingungen für Dringlichkeit erfüllt, würden wir unseren – –

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Alles Quatsch! – Weitere Zurufe von den LINKEN)

Darf ich bitte ausreden; Sie können gern nach vorn gehen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Sie können das gern noch mal schriftlich haben!)

Das finde ich nicht redlich. Ich finde, wir sollten nicht suggerieren – das hat auch etwas mit Fairness zu tun –, dass die sächsische Landespolitik, wahrscheinlich der Minister persönlich, unter seinem Tisch einen roten Buzzer hat, auf dem „Lösung aller Probleme in Freiberg“ steht, und wir würden uns nur weigern, darauf zu drücken. Wer so etwas suggeriert – –

(Zurufe von den LINKEN)

Ja, ja, ich hatte so in etwa den Eindruck.

(Zuruf des Abg. Nico Brünler, DIE LINKE)

Wer das suggeriert, der argumentiert unfair und instrumentalisiert die schwierige Situation, in der sich diese Menschen befinden. Bitte, im Sinne der politischen Kultur und im Sinne des Schicksals dieser Menschen lassen Sie uns in diesem Falle darauf verzichten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt geht es weiter in dieser Rederunde. Es spricht Herr Kollege Urban für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auf Antrag der GRÜNEN-Fraktion führen wir heute eine Debatte zum Thema „Solarindustrie: weltweit im Steigflug, in Freiberg vor dem Absturz? Jetzt Kompetenzen für Sachsens Zukunft sichern!“

Beginnen wir aus gegebenem Anlass mit dem Absturz. Firmeninsolvenzen: In Deutschland gab es im Jahr 2016 21 800 Firmeninsolvenzen. In Sachsen wurden im Jahr 2016 5 900 Insolvenzverfahren beantragt, ohne dass der Landtag dazu debattiert hätte und ohne dass Herr Homann solidarische Grüße ausgesandt hätte. Das Scheitern von nicht erfolgreichen Unternehmen ist fester Bestandteil selbstständigen wirtschaftlichen Handelns. Das ist übrigens die Grundlage für unseren Wohlstand.

(Zurufe des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Sie dürfen gern eine Zwischenfrage stellen. – Nicht wenige Firmen gehen aus einer Insolvenz gestärkt hervor, ganz ohne das Eingreifen der Politik.

Nun also SolarWorld, das hoch gelobte Vorzeigeunternehmen der Fotovoltaikbranche in Deutschland. Am 11.05. musste SolarWorld den Insolvenzantrag stellen. Der Insolvenzverwalter hat gerade erst die Arbeit aufgenommen und schon diskutiert der Sächsische Landtag über die Folgen des Insolvenzverfahrens. Warum sollte

die Politik hier nicht abwarten, welche Schritte das Unternehmen, ein neuer Investor und die Mitarbeiter überhaupt unternehmen wollen?

(Einzelbeifall bei der AfD – Albrecht Pallas, SPD, steht am Mikrofon.)

Weil SolarWorld ein durch und durch politisiertes Unternehmen ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Bitte.

Danke, Herr Präsident. Danke, Herr Urban, für den Hinweis auf das Instrument der Zwischenfrage. Jetzt noch einmal ganz offiziell: Halten Sie es für falsch, dass sich der Sächsische Landtag mit der schwierigen Situation in Freiberg solidarisch verhält und sich dafür ausspricht?

Ich halte es prinzipiell für falsch, wenn wir versuchen, den Landtag dafür zu instrumentalisieren, dass hier jeder sagt: Ich habe Mitgefühl mit euch. Die Leute brauchen Lösungen, und diese Lösungen werden in allererster Linie von ihnen selbst kommen, von einem neuen Investor, aber nicht von politischen Solidaritätsbekundungen aus dem Sächsischen Landtag.

Warum nun also SolarWorld? Weil SolarWorld ein durch und durch politisiertes Unternehmen ist, geführt von einem ehemaligen GRÜNEN-Politiker. SolarWorld steht natürlich beispielhaft für die gesamte Branche, die sich nur durch politische Unterstützung überhaupt erst entwickeln, entfalten und bis heute halten konnte.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)