Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Wer dem Punkt 2 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Wer enthält sich der Stimme? – Vielen Dank. Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist auch Punkt 2 nicht entsprochen worden. Damit erübrigt sich eine Schlussabstimmung über diesen Änderungsantrag.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über die Drucksache 6/8567. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Vielen Dank. Bei Stimmen dagegen und zahlreichen Stimmenthaltungen ist die Drucksache 6/8567 beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 4

Erste Beratung des Entwurfs Gesetz zur Reform

der Lehrerausbildung im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/9508, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es liegt keine Empfehlung vonseiten des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Von daher spricht nur die Einreicherin, die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Dr. Maicher. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Legislaturperiode ist zur Hälfte um und eine Feststellung können wir getrost jetzt schon treffen: Bei den Themen, die dieses Haus beschäftigt halten, steht die Lehrkräftesicherung in unseren Schulen ganz oben auf der Liste, und das aus gutem Grund.

Der Lehrermangel berührt die Lebensrealität von fast allen Menschen im Freistaat. Es ist aber bemerkenswert, dass für die Lösung dieser Herausforderung meist nur über Bedarfszahlen und Mindesteinstellungen, also quantitative Gesichtspunkte, gestritten wird. Die Studienplätze werden kontinuierlich aufgestockt. Aber wie verhält es sich mit der Qualität der Ausbildung, die diese Studierenden erhalten? Wie werden sie auf die Berufsrealität als Lehrerin oder Lehrer in Sachsen vorbereitet? Wie viele gehen uns eigentlich während der Ausbildung verloren und verstärken somit den Lehrermangel? Wir wissen es nicht.

Die im Koalitionsvertrag versprochene Evaluation der Lehramtsausbildung liegt bis heute nicht vor. Die Sächsische Absolventenstudie gibt allerdings berechtigten Grund zur Sorge. Ausgerechnet bei den Lehramtsstudierenden war die Unzufriedenheit mit dem Studium besonders hoch. Das sagen schon diejenigen, die ihr Studium erfolgreich beendet haben. Ganz offensichtlich besteht bei der Lehramtsausbildung in Sachsen noch Luft nach oben, aber wegen der mangelnden Bereitschaft der Ministerien, die Qualitätssicherung offensiv zu betreiben, bleibt die Blackbox Lehramtsausbildung bisher geschlossen.

Jetzt würde ein verständiger Mensch sagen: Nun ja, es ist Aufgabe des Gesetzgebers, diese Missstände bei der Lehramtsausbildung zu beheben. Das Problem dabei ist: Dieses Haus hier kann das gar nicht, denn ausgerechnet bei der Lehramtsausbildung hat das Parlament keine Mitsprache.

Die Ausbildung unserer Lehrerinnen und Lehrer ist eine reine Verordnungsangelegenheit. Sie wird also am Kabinettstisch entschieden, fernab von öffentlicher Kontrolle und Mitwirkung. Das ist auch der Grund, wieso es möglich war, dass die Lehramtsausbildung innerhalb von fünf Jahren zweimal grundlegend geändert wurde, ohne dass ein einziger Abgeordneter dafür jemals die Hand im Plenum gehoben hätte.

Die seit Jahren anhaltenden Diskussionen um die Lehramtsausbildung und den Lehrermangel zeigen, dass die Staatsregierung mit diesem Auftrag eben nicht verantwortungsvoll umgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das wollen wir ändern. Mit dem heute von uns eingebrachten Gesetzesentwurf zur Lehramtsausbildung präsentieren wir einen Vorschlag, der dem Parlament die Zügel in die Hand gibt, der Studienabbrüche minimiert, der angehende Lehrerinnen und Lehrer besser auf das Berufsleben vorbereitet, neue Lehrerinnen und Lehrer bei Interkulturalität, Inklusion und Integration an unseren Schulen unterstützt und breitere Einsatzmöglichkeiten schafft; denn wir wollen eine Ausbildung nach Schulstufen – Grundstufe und Sekundarstufe – anstatt nach Schularten.

Lehrer werden nicht mehr getrennt, für die Oberschule oder das Gymnasium, ausgebildet, sondern erhalten eine Ausbildung, die die Lehrbefähigung für mehrere Schularten ermöglicht. Sie hören gerade richtig: Es geht uns nicht um die Abschaffung bestimmter Schularten, sondern es geht uns um die Ausbildung. Ein solches Modell bringt ein besseres Verständnis für die angrenzenden Schularten mit sich und flexibilisiert die Einsatzmöglichkeiten der so ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer.

Die langgelebte Widersinnigkeit des sächsischen Bildungssystems, ungleiche Ausbildungslängen der verschiedenen Lehrämter, wollen wir beenden, denn jedes Alter und jede Schulsituation braucht gleich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist nicht gerechtfertigt, dass einige Lehrämter mehr Vorbereitung erhalten sollen als andere und dass am Ende auch noch unterschiedliche Vergütungen damit begründet werden.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Unsere Schulen sind Orte der Vielfalt. In den Klassenzimmern kommen verschiedene soziale und kulturelle Hintergründe, unterschiedliche Stärken und Schwächen und variierende Bedürfnisse zusammen. Lehrerinnen und Lehrer müssen lernen, mit dieser Vielfalt umzugehen, und zwar so, dass alle profitieren und sie nicht krank werden. Das ist eine große Aufgabe und dafür haben unsere Lehrerinnen und Lehrer jede Unterstützung verdient.

Wir sehen für alle Lehrämter die verpflichtende Integration von inklusiver Pädagogik, und deshalb gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir wollen das Lehramt für Sonderpädagogik mit einem Lehramt für Inklusionspädagogik deutlich aufwerten und Einsatzmöglichkeiten auch an Regelschulen bzw. als Integrationslehrkraft schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Blick ins Buch ist ohne Zweifel wichtig, der ins Leben aber auch. Entsprechend diesem Credo haben wir diese Praxiselemente in unserem Lehrerbildungsgesetz deutlich ausgeweitet. Gleich am Anfang des Studiums stehen zwei Praktika, die frühzeitig helfen sollen, Einblicke in das Leben des klassischen Lehrerberufs zu geben. Darüber hinaus sehen wir vor, dass ein ganzes Semester in der Masterphase praktischen Erfahrungen vorbehalten wird.

Damit kommt der von vielen Lehramtsstudierenden kritisierte Praxisschock eben nicht im Referendariat, wie es heute der Fall ist, sondern die Studierenden können die gemachten praktischen Erfahrungen im weiteren Studienverlauf mit der Theorie der Ausbildung abgleichen und in Ruhe reflektieren.

Stichwort Qualität der Ausbildung: Diese zu sichern und zu stärken ist eines der zentralen Anliegen des Gesetzentwurfes. Wir sehen vor, dass die Lehramtsausbildung regelmäßig evaluiert wird. Die von uns neu eingeführten Bachelor- und Masterstudiengänge müssen allesamt akkreditiert werden. Wir wollen unnötiges Verantwortungswirrwarr bei der Ausbildung abbauen; denn Lehramtsstudierende besuchen ja Lehrveranstaltungen verschiedener Fachbereiche, verschiedener Fakultäten.

Für uns sind die Zentren für Lehrerbildung der zentrale Ansatzpunkt. Wir werden sie zu echten Koordinationsstellen weiterentwickeln und mit einer eigenen Ressourcenkompetenz ausstatten. Das wird sie in die Lage versetzen, als zentrale Informations-, Beratungs- und Entscheidungsstelle in der Lehramtsausbildung zu fungieren. Sie werden unter anderem für die Koordinierung des Lehrangebotes zuständig sein und müssen verpflichtend bei der Erstellung von Studiendokumenten oder in Berufungsverfahren im Lehramtsbereich beteiligt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Lehramtsausbildung in Sachsen erfährt mit unserem Entwurf endlich die

Würdigung und die Qualität, die sie verdient. Allerdings kann auch eine gute grundständige Ausbildung allein den grassierenden Lehrermangel nicht von heute auf morgen beseitigen. Wir werden auch weiterhin auf Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger an unseren Schulen nicht verzichten können. Aber auch sie müssen vernünftig ausgebildet werden. Deshalb haben wir zwei Masteraufbauprogramme in unserem Gesetzentwurf verankert. Somit wird eine nachhaltige, verlässliche Ausbildung für den Seiteneinstieg gewährleistet, und zwar sowohl als Vollzeitstudium oder eben auch berufsbegleitend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe anfangs skizziert, vor welchen Herausforderungen wir bei der Lehramtsausbildung stehen. Mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf entwickeln wir eine umfassende Lösungsstrategie. Die Hochschulen und die Studierenden erhalten Planungssicherheit. Die Qualität der Ausbildung wird auf eine feste Grundlage gestellt, längst überkommene Ungleichbehandlungen von Lehrämtern werden abgeschafft, das Problem zu vieler Gymnasial- und zu wenig Ober

schullehrerinnen und -lehrer löst sich auf. Davon profitieren letztlich nicht nur die Studierenden oder die Lehrerinnen und Lehrer, davon profitieren auch die Schülerinnen und Schüler, die Eltern, die Schulen und letztlich somit auch der Freistaat als Ganzes.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Reform der Lehrerausbildung im Freistaat Sachsen an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien – federführend – und an den Ausschuss für Schule und Sport zu überweisen. Wer diesem Vorschlag der Überweisung an die genannten Ausschüsse zustimmen möchte, der hebt jetzt bitte die Hand. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 5

Erste Beratung des Entwurfs Gesetz zur Einführung der

Selbstverwaltung der Hochschulen im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/9585, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Auch hier liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen; von daher spricht nur die Einreicherin, die Fraktion DIE LINKE. Herr Neubert, Sie haben schon in voller Größe vor mir Aufstellung genommen – bitte bringen Sie den Gesetzentwurf ein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahr 2012 hat die Koalition von CDU und FDP das Hochschulgesetz novelliert. Herausgekommen ist das sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz. Schon vor der Beschlussfassung protestierten die Studierenden gegen die Einführung einer Austrittsmöglichkeit aus der verfassten Studierendenschaft. Diese schwäche die Solidarität unter den Studierenden und gefährde den Erhalt des Semestertickets.

Die Austrittsmöglichkeit aus der verfassten Studierendenschaft hatte damals bundesweit zu Aufmerksamkeit und zu Kopfschütteln geführt. Der Hochschulrat erhielt mehr Kompetenzen und damit mehr Eingriffsmöglichkeiten auf interne Abläufe der einzelnen Hochschulen. Die Wirkung konnten wir beispielsweise bei der Rektorinnenwahl an der Universität Leipzig begutachten, wo sich die Besetzung der Stelle über zwei Jahre hinzog. Der Senat als demokratisches Gremium, in dem alle Mitgliedsgruppen der Hochschule repräsentiert sind, wurde geschwächt. Viele seiner Kompetenzen gingen an das Rektorat, es

wurden Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EULändern eingeführt.

Außerdem gab es eine Veränderung des Verfahrens bei der Erstellung des Hochschulentwicklungsplans. Dieses machte die Erpressung der aktuellen Koalition möglich, den Stopp des Stellenabbaus einzutauschen gegen eine völlig abenteuerliche Zielmarke bei der Absenkung der Studierendenzahlen insbesondere an den Universitäten.

Das Hochschulfreiheitsgesetz von CDU und FDP hat zum Abbau demokratischer Strukturen geführt, zu einer Entsolidarisierung, und es hat die Autonomie der sächsischen Hochschulen infrage gestellt. Das Ziel der unternehmerischen Hochschule wurde mit diesem Gesetz weiter forciert; Hochschulen sind jedoch keine Unternehmen.

Bei der Landtagswahl 2014 sind SPD, GRÜNE und auch wir als LINKE mit dem Versprechen angetreten, diese Verfehlungen der schwarz-gelben Koalition rückgängig zu machen. Passiert ist jedoch nichts. Im Februar 2016 erklärte Frau Staatsministerin Dr. Stange im Radiointerview – Zitat: „Wir haben ohnehin vor, das Hochschulgesetz zu novellieren.“

Vor ziemlich genau einem Jahr haben wir unseren Gesetzentwurf zum Hochschulgesetz hier im Landtag diskutiert. Es ging um genau einen Punkt, zur Änderung des Verfahrens bei der Rektorinnenwahl. Die Rednerinnen insbeson

dere der Koalitionsfraktionen CDU und SPD erklärten, dass es nicht nur einen Punkt zu diskutieren gilt, sondern das Gesetz als Ganzes betrachtet werden muss. Allerdings: Betrachtung allein hilft nicht; Sie müssten dann auch einmal einen umfassenden Gesetzentwurf vorlegen. Das ist nicht geschehen.

Die Fraktion DIE LINKE stellt Ihnen hiermit das Hochschulselbstverwaltungsgesetz vor. Wir wollen mit diesem Gesetz die Rahmenbedingungen für eine solidarische und fortschrittliche, für eine demokratische und offene Hochschule in Sachsen schaffen. Unser Ziel ist wirklich Autonomie für die Hochschulen und eine Stärkung der Idee der Gruppenuniversität.

Wir haben uns bei der Erstellung des Gesetzentwurfes sehr intensiv mit der Rechtsprechung und Kommentierung in der Hochschulpolitik auseinandergesetzt, um bei uns wichtigen Themen die rechtlichen Möglichkeiten auszureizen. Wir erweitern beispielsweise das hochschulpolitische Mandat im Rahmen der Rechtsprechung. Die Studierendenschaft darf sich zu gesellschaftlichen und politischen Fragen äußern, wenn ein Bezug zu hochschulpolitischen Belangen besteht. Wir wollen eine politisch aktivere Studierendenschaft. Wir wollen die Einführung von Zivilklauseln und schlagen dafür Regularien vor, ohne in die Autonomie der Hochschulen einzugreifen oder die Forschungsfreiheit zu beschränken.

Wir rütteln nicht an der professoralen Mehrheit in den Hochschulgremien – wie es auch das Bundesverfassungsgericht als Norm formuliert hat –, aber wir stärken das System der Gruppenuniversität durch die Einführung eines Kreuzwahlrechts. Bisher wählen die Hochschullehrerinnen die Hochschullehrerinnen, und es wählen die Studierenden die Vertreter der Studierenden.