Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Gesetz 2017 zur Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge

Drucksache 6/9487, Gesetzentwurf der Fraktionen CDU und SPD

Drucksache 6/9722, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Die Fraktionen können eine allgemeine Aussprache führen. Es beginnt die CDU. Danach folgen SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.

Ich erteile nun Herrn Abg. Michel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zu Beginn meiner Rede möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich im Namen der CDU-Fraktion bei allen fleißigen und loyalen Beamten sowie Richtern des Freistaates für ihren Dienst bedanken.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Mit dem nun zu behandelnden Gesetzentwurf werden für die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger die Besoldung und die Versorgungsbezüge entsprechend an das Tarifergebnis vom 17. Februar 2017 für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder angepasst.

Wenn ich sage „entsprechend angepasst“, dann bedeutet das nicht eine Eins-zu-eins-Übernahme des Tarifergebnisses. Dies erfolgt nicht, weil wir es nicht wollen, sondern weil der gegen den Freistaat Sachsen gerichtete Spruch des Bundesverfassungsgerichtes eine Eins-zu-eins

Übernahme verhindert. Die Umsetzung des Tarifergebnisses erfolgt anhand der Kriterien der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom Jahr 2015. Bekanntlich hatte das Bundesverfassungsgericht neue Betrachtungskriterien für die Beamtenbesoldung aufgestellt und eine erweiterte Begründungspflicht eingeführt.

Meine Damen und Herren, durch die Urteile wurde das Besoldungsrecht auch immer mehr zu einer Mathematikaufgabe. Aufwendige Mathematik allein ist schon notwendig, um die geforderten Prognoserechnungen zu erfüllen. Wenn Sie Seite 30 und die fortfolgenden Seiten der Drucksache aufschlagen, dann können Sie den neuen Bezug des Besoldungsrechtes zur Mathematik sicherlich nachvollziehen.

Insofern ist die Gesetzesbegründung keine Bewerbung für einen Satirepreis, sondern einfach ein Nachkommen an die Begründungspflichten, die wir durch das Bundesverfassungsgericht auferlegt bekommen haben. Umso mehr ist lobend hervorzuheben, dass die am Prozess Beteiligten mit Augenmaß an die Umsetzung des Tarifergebnisses gegangen sind. Diesmal wurden im Vorfeld keine kraftmeierischen Sprüche geklopft, sondern es wurde ernsthaft und solide an die erste Umsetzung eines Tarifergebnisses nach den zwei entscheidenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes gegangen. Dafür möchte ich den Vertretern der Interessenverbände meinen Dank aussprechen.

Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt bei der Festigung des sächsischen Besoldungsfriedens und tut dem öffentlichen Dienst insgesamt gut.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns nun den Inhalt des Gesetzes etwas näher betrachten. Am 17. Februar 2017 wurde das Tarifergebnis für die Beschäftigten gefunden. Es beinhaltet eine lineare Anhebung in Höhe von 2 % ab dem 1. Januar 2017 und eine Anhebung um 2,35 % ab dem 1. Januar 2018. Hinzukommend wurden weitere Elemente vereinbart, wie zum Beispiel die Anhebung der Tabellenentgelte um mindestens 75 Euro für die Entgeltgruppen bis zu einem Verdienst von 3 200 Euro und die Einführung einer 6. Stufe ab der Entgeltgruppe 9.

Weil aber die Eins-zu-eins-Übertragung wegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben, zum Beispiel dem Abstandsgebot, nicht möglich war, galt es, eine neue Regelung zu treffen, welche sich eng an die Tarifeinigung hält. Dazu hat es viele Konsultationen der Koalitionsfinanzpolitiker mit Gewerkschaftsvertretern und dem Finanzministerium gegeben. Ich danke hier auch sehr für die Hintergrundinformationen aus den Ministerien. Es ist schwer für die Fraktionen, all das selbst zu leisten.

Am 10. April dieses Jahres wurde dann zwischen dem Finanzminister und den Gewerkschaften einvernehmlich ein Ergebnis zur Umsetzung der Tarifeinigung gefunden. So wie bei den Tarifbeschäftigten steigt ab 1. Januar 2017, also rückwirkend, die Besoldung um 2 %. Ab 1. Januar 2018 folgt nochmals eine Steigerung, diesmal aber um 2,35 %. Hinzu kommt für alle vollzeitbeschäftigten Beamten mit einem Grundgehalt bis 3 200 Euro eine Einmalzahlung für 2017 in Höhe von 100 Euro. Ab 1. Januar 2018 werden die Endstufen und Festgehälter zusätzlich um 1,12 % angehoben.

Als letzte wesentliche Änderung ist meines Erachtens noch zu nennen, dass es ab 1. Oktober 2018 einen ruhegehaltsfähigen Zuschlag in Höhe von 1,03 % für die Besoldungsordnung A, also ab A9, nach fünfjähriger Wartezeit gibt. Bei der Besoldungsordnung B bzw. bei den Richtern ab R3 beträgt die Wartezeit zehn Jahre.

Die Anwärterbezüge werden in beiden Jahren um jeweils 35 Euro im Monat angehoben.

Meine Damen und Herren! Das Kostenblatt weist Kosten für den Freistaat von rund einer halben Milliarde Euro bis zum Jahr 2021 aus. Diese Kosten entfallen dauerhaft auf den Freistaat Sachsen und können sich mit den nächsten Besoldungsanpassungen höchstens noch nach oben entwickeln. Egal, wie sich die Konjunktur darstellt, der Freistaat wird diese Kosten aufbringen müssen. Personal

kosten, das wissen wir alle, laufen immer zulasten der Investitionsmittel. Das gehört zur Einordnung des Gesetzes dazu.

Abschließend sei ein Blick auf das Gehaltsgefüge gestattet. Nur die Bundesländer Bayern, Brandenburg, SachsenAnhalt, Rheinland-Pfalz und nun der Freistaat Sachsen gewähren mindestens 2 % ab 1. Januar 2017. Insofern sind wir weiterhin ein guter Dienstherr. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Freistaat Sachsen im Vergleich mit anderen Erwerbszweigen besteht weiterhin fort.

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die SPDFraktion Herr Abg. Panter, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die schnelle Übertragung des Tarifergebnisses im öffentlichen Dienst auf die Beamtinnen und Beamten, auf die Richterinnen und Richter und auf die Versorgungsempfänger ist sehr erfreulich. Allen Beteiligten, die daran mitgewirkt haben, dieses Ergebnis so zügig auf den Weg zu bringen, möchte ich deshalb im Namen der SPD-Fraktion ganz herzlich danken.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Mein Vorredner, Kollege Jens Michel, hat schon erwähnt, dass die Ausgangslage nicht ganz einfach war. Die vorgegebenen Kriterien des Bundesverfassungsgerichtes hat er erwähnt. Umso glücklicher sind wir als SPD-Fraktion und als Koalition, dass wir dieses Ergebnis so schnell erzielen konnten. Damit wurde – das hat sich in den Ausschussberatungen gezeigt – nicht unbedingt gerechnet.

Ich bin Jens Michel sehr dankbar, dass er auf die Details des Gesetzentwurfes eingegangen ist. Das gibt mir die Chance, den Blick noch ein wenig zu weiten. Diese zügige zeit- und wirkungsgleiche Übernahme der Tarifergebnisse zeigt, dass der Freistaat die geleistete Arbeit der Landesbediensteten anerkennt und sie würdigt.

Ein funktionierender Staat braucht motiviertes Personal, das Wertschätzung erfährt. Zur Ehrlichkeit gehört, dass das in der Vergangenheit im Bereich des Personals in Sachsen nicht immer so war, dass da Fehler gemacht wurden. Diese Tarifübertragung ist nur ein kleiner Baustein, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Es wird noch mehr brauchen, um den Freistaat personell zukunftsfest zu machen.

Als Koalition, aber speziell als SPD-Fraktion werden wir nicht lockerlassen. Zur politischen Kultur gehört, dass wir Gutes loben, aber auch Fehler benennen und dort nachsteuern, wo wir nachsteuern müssen. Das gehört zur Identität der SPD-Fraktion. Daran werden wir festhalten. Wer das nicht glaubt, der kann kurz mit mir in mein Büro

gehen. Dort steht an der Wand ein Spruch von Ferdinand Lassalle, den dieser vor 150 Jahren gesagt hat: „Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist.“

Insofern plädiere ich dafür, dass wir offen und ehrlich sind – gerade was das Thema Personal angeht – und uns in den nächsten Jahren der Personalplanung im öffentlichen Dienst widmen; denn es wird eine der wichtigsten Aufgaben für das kommende Jahrzehnt sein.

(Beifall bei der SPD)

Die Personalkommission für den öffentlichen Dienst hat festgestellt, dass bis zum Jahr 2030 über die Hälfte aller Landesbediensteten in den Ruhestand treten wird. Wir brauchen deshalb eine ehrliche Aufgabenkritik, eine genaue Analyse und die richtigen Schlussfolgerungen. Ich möchte hier ganz klar sagen: Es geht nicht um aus der Luft gegriffene Zielzahlen, die bringen uns nicht weiter. Es geht darum, was erforderlich ist, damit die Aufgaben erfüllt werden, denn die fleißigen Sachsen haben einen funktionierenden Freistaat verdient. Ich freue mich, dass auch die Industrie- und Handelskammern in Sachsen das erkannt haben und diese Forderung ebenso wie wir stellen.

Kurzum: Wir brauchen ein effizientes Personalmanagement mit einem langfristigen Blick. Ich finde: Der Rasenmäher gehört in den Garten.

Deshalb abschließend ein klares Bekenntnis zu einem guten und auch einen wertschätzenden Umgang für die Beamtinnen und Beamten sowie alle Landesbediensteten. Diese Übertragung ist nur ein kleiner Baustein, aber auch ein Gebot der Fairness, der in Zukunft hoffentlich Selbstverständlichkeit bleiben wird, damit wir als Koalition, aber auch gemeinsam mit den Landesbediensteten, den großen Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts begegnen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Tischendorf; bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu unserer Fraktionssitzung habe ich spaßeshalber gesagt: Die Abteilung Loben und Preisen ist vor mir dran. Wir haben es gerade gehört. Das Thema ist also abgeschlossen.

(Christian Piwarz, CDU: Da kannst du mitmachen! Mach doch einfach mit!)

Ich möchte Sie doch noch einmal ein Stück in die Historie, warum es denn eigentlich zu diesem Gesetzentwurf kommen musste, zurückführen. Ich beginne mit einem Zitat aus dem Jahr 2011. Zitate sind immer gut, hören Sie gut zu: „Der öffentliche Dienst ist geprägt von einer

merkwürdigen Ambivalenz: Wenn es der Gesellschaft gut geht, wird er nicht wahrgenommen. Wenn es aber der Gesellschaft schlecht geht, dann wird in Krisenzeiten laut nach dem öffentlichen Dienst gerufen, damit er die Probleme bewältigt, und ist dann aber auch regelmäßig Gegenstand von Neiddebatten wegen seiner vermeintlich sicheren Arbeitsplätze und wegen seiner angeblich so guten Bezahlung. Bei der Bezahlung wird dann stets so getan, als sei der öffentliche Dienst in seiner Zusammensetzung eine Ansammlung lauter Staatssekretäre, und nicht von Sektretären, von Inspektoren, von Kommissaren, Krankenschwestern, Lehrern oder Straßenmeistern, wie es faktisch ist. Denn diese und ähnliche Beschäftigtengruppen bilden das Gros des öffentlichen Dienstes.“

Einige, die länger dabei sind, werden das Zitat kennen. Es stammt aus der Laudatio des ehemaligen Vorsitzenden des Sächsischen Beamtenbundes anlässlich seines ausgelobten Negativpreises „Eule 2010“. Wissen Sie, wer diesen Preis „Eule 2010“ bekommen hat? Es war kein geringerer als der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath für seine Rede hier im Landtag zur Begründung der Streichung der Sonderzahlung für die sächsischen Beamten.

(Christian Piwarz, CDU: Jetzt musst du aber einen weiten Bogen schaffen!)

Genau, den schaffe ich; denn in der Haushaltsdebatte hat der damalige Fraktionsvorsitzende Steffen Flath nämlich scheinheilig vorgetragen – vielleicht erinnern sich einige von Ihnen –, dass es jetzt,

(Christian Piwarz, CDU: Das ist jetzt aber deine Rede!)

nachdem wir diese Sonderzahlung beschlossen haben, natürlich ein Gerechtigkeitsproblem gibt. Er sagte: „Ein Gerechtigkeitsproblem gibt es bei den Tarifbeschäftigten, wenn bei den Beamten nun das Weihnachtsgeld gestrichen ist.“ Deshalb solle doch die Staatsregierung bei Tarifverhandlungen in den Ländern zukünftig dafür aktiv werden, dass es nun auch bei den Angestellten gestrichen wird. – So viel zu Steffen Flath im Protokoll – Sie können es nachlesen –, begleitet von stürmischem Applaus der CDU-Fraktionäre.

Herr Finanzminister Unland, jetzt sind Sie an der Reihe. Sie verwiesen bereits bei der Einbringung des Doppelhaushaltes darauf – diese Rede habe ich mir ebenfalls angeschaut –, dass die Beamten mit der Streichung der Sonderzahlung einen erheblichen Beitrag zur Generationengerechtigkeit leisten würden.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Zum Gesetzentwurf der Sonderzahlung 2011 gehörte auch eine schriftliche Begründung, wenn Sie schon von Gerichtsurteilen sprechen. Wenn man sich diese einmal anschaut – mit dem Blick auf die Rekordhaushalte, die wir seitdem beschlossen haben –, dann wirkt es für die Beamten schon etwas zynisch.