Zum Thema Pegida möchte ich sagen, dass wir zwei Säulen haben, die sich hier widerspiegeln. Die eine hatte ich schon genannt, das ist das latente Fremde, ich sage Fremdes, Feindliches; denn es macht keinen Unterschied, ob man in Zwickau gegen die JVA demonstriert und Angst hat. Letztlich kann jeder Besucher, können alle Eltern, alle Kinder gegen denjenigen, der dort einsitzt, egal, ob Rauschgifthändler oder Prostituierte, mit latenter Fremdenfeindlichkeit gegen Menschen, die hier Schutz suchen und ihre Religion ausüben, demonstrieren.
Das ist das eine. Dafür tragen die Organisatoren Verantwortung. Die SPD und ich persönlich bin nicht dazu
bereit, mich mit Leuten wie Bachmann & Co. auf eine Stufe zu stellen. Ich gehe nicht so viele Treppen in den Keller hinunter, um mit denen auf Augenhöhe zu verhandeln. Das mache ich nicht.
Deshalb wird auch die grundsätzliche Haltung der Staatsregierung dazu von uns getragen. Ich gehe auch davon aus, dass sie von der Koalitionsfraktion getragen wird, dass man mit den Organisatoren, die diese Fremdenfeindlichkeit organisiert und initiiert haben, nicht so einfach verhandeln kann. Das muss man ganz deutlich sagen.
Aber wir haben natürlich auch – das manifestiert sich doch in diesem Begriff – viele Menschen, die dort mitgehen und sagen, die da oben, die Politiker, und damit meinen sie nicht die Staatsregierung, damit meinen sie letztendlich uns. Ja, auch mich, da haben Sie völlig recht. Die Jacke können Sie sich anziehen, die Jacke müssen wir uns alle anziehen. Wenn Sie einmal bis zum Schluss zuhören könnten, würden Sie dem auch folgen können. Es betrifft uns, denn wir gestalten die Politik. Die Staatsregierung setzt sie um, wir gestalten sie.
Ich halte es da wenig zielführend, wenn wir auf der einen Seite die Linie einer Staatsregierung haben und einen Minister, der gewissermaßen einen Alleingang macht. Hätte man einen Integrationsminister, dann hätte man rückkoppeln können, ja auch einen Innenausschussvorsitzenden hätte man rückkoppeln können. Warum denn nicht? Was spricht gegen dieses Thema, das uns alle angeht?
Aber ich denke, wir müssen unser Werkzeug in der Demokratie einfach mal überprüfen. Was heißt denn das: „die da oben“? Das heißt doch, dass die Politik, die gemacht wird, wie Staat funktioniert, bei einem Teil der Menschen nicht mehr ankommt.
Wir sagen hier, wir haben die höchste Investitionsquote, und was sagt der Pegida- Demonstrant: Aha, na und?
Da steht ein Finanzminister hier und sagt: Wir haben einen Staatshaushalt, wir haben keine Schulden, wir bauen Schulden ab, ausgeglichener Haushalt! – Was sagt der Pegida-Demonstrant: Aha. Ich nicht!
Was kommt eigentlich von dem, was Sie an Politik machen, bei Otto Normalverbraucher an? Ich denke mal, wir müssen uns als Koalition und als Opposition einfach einmal Gedanken darüber machen, wie wir in Zukunft damit umgehen.
(Beifall bei der SPD – Uwe Wurlitzer, AfD: Da hilft es ganz besonders, mit den Menschen nicht zu sprechen! Wunderbar! – Dr. Frauke Petry, AfD: Wie bitte?)
Wie sieht denn letztendlich das Qualitätsmanagement aus? Nehmen wir doch mal die Landeszentrale für politische Bildung. Das Ergebnis, das wir jetzt auf der Straße haben, ist doch bei Gott kein Qualitätsbeweis für unsere politische Bildung in diesem Land. Das kann mir doch kein Mensch ernsthaft einreden.
Wie sieht es denn mit der politischen Bildung in unseren Schulen, aber, noch weitergehend, in unseren Berufs- und Hochschulen aus? Dort müssen wir doch schauen, wie wir Politik in Zukunft vermitteln, und vor allem, wie wir diejenigen fördern und belohnen – die Mehrheit –, die auf der Straße stehen und für Toleranz und Buntheit kämpfen und für Demokratie stehen. Welche Werkzeuge, welche Mittel, welche Ressourcen geben wir als Politik ihnen, damit sie weiter und tiefer in die Gesellschaft wirken können? Diese Fragen müssen uns als Politiker in Zukunft umtreiben.
(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Dr. Frauke Petry, AfD: Das sind die besseren Daten, oder was?)
Wie unterstützen wir unsere Kommunen vor Ort, in denen wir zusammenleben, in denen sich die Politik am Konkretesten bemerkbar macht? Was wollen wir dafür tun? Ich rufe – auch als Vorsitzender des Innenausschusses – in Richtung Koalition und Opposition auf: Wir müssen endlich konkret werden. Wir müssen Maßnahmenpakete bündeln und sie mit Ressourcen und Personen untersetzen, damit wir den Anteil der Menschen, die Politik nicht mehr verstehen, kleiner bekommen. Wir werden ihn nicht wegbekommen; das ist Illusion. Aber wir müssen ihn kleiner bekommen, und ich möchte weg von „die da oben“. Ich möchte endlich dahin, dass die Mehrheit der Bürger dieses Landes sagt: „die von uns“.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Diskussion hatte doch eine Überraschung parat. Herr Gebhardt, offensichtlich ist DIE LINKE neuerdings der Demokratiewächter, der Wächter der Religionsfreiheit. Das ist dermaßen lächerlich, was Sie hier präsentiert haben, so diffus vor dem Hintergrund von 40 Jahren DDR, in denen Sie selbst all die Regeln, die Sie bis heute predigen, missachtet haben.
Ihre Klientel, Ihre sogenannten Demokratievereine, sind für Rechtsbrüche, Sachbeschädigungen und persönliche Bedrohungen zuständig, und Sie negieren und verharmlosen Blockaden von Demonstrationen als Zivilcourage. Sie haben von Demokratie noch gar nichts begriffen.
(Beifall bei der AfD – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ihre Empörung ist doch gespielt! – Weitere Zurufe von den LINKEN)
Wenn Sie tatsächlich dialogbereit sind – Gleiches gilt auch für die SPD. Herr Pecher, ich glaube, Sie haben auch noch nicht begriffen,
dass Sie mit den Demonstranten reden müssen und nicht über sie; fragen Sie Ihren Koalitionspartner –, dann beteiligen Sie sich doch an Diskussionsrunden. Fangen Sie nicht an, zwischen Bürgern erster und zweiter Klasse, zwischen guten und schlechten Demokraten zu unterscheiden.
Beteiligen Sie sich und sorgen Sie dafür, dass Ihre Gegenveranstaltungen friedlich bleiben und nicht mit Molotowcocktails, Buttersäureanschlägen und Blockaden
angereichert werden. Gleiches gilt im Übrigen auch für Sie, liebe LINKE, wenn Sie in diesem Hohen Haus versuchen, Gegenveranstaltungen zu initiieren, um den Dialog, den die AfD führen wollte, zu behindern.
DIE LINKE ist die allerletzte Partei, die Sachsen Nachhilfe in Demokratie erteilen muss, das kann ich Ihnen sagen.
Ich möchte meinen Redebeitrag gern dazu nutzen, um einen anderen Aspekt zu beleuchten, der mir in dieser Diskussion gänzlich zu kurz gekommen ist. Ja, Freiheit braucht Sicherheit. Das ist ohne Zweifel richtig. Aber wenn ich schaue, was der Koalitionsvertrag von CDU und SPD bietet, dann frage ich mich, ob ausreichend dafür getan wird, dass der Rechtsstaat in diesem Land weiterhin akzeptiert wird.