Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Ich muss einmal etwas richtigstellen: Die Arbeit der Bürgerinitiativen im Landkreis Meißen läuft nach wie vor sehr aktiv. Fragen Sie Ihren Herrn Mackenroth, Herr Fischer; er weiß das. Er

macht dort nämlich eine gute Arbeit. Aber Sie haben gar keine Ahnung.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der AfD)

Herr Fischer, Sie möchten nicht erwidern? – Die SPD-Fraktion ist an der Reihe, Herr Abg. Baumann-Hasske. – Sie haben das Wort, Herr Baumann-Hasske.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich jetzt überhaupt nicht darauf einlassen, inwieweit ich in besonderer Weise berechtigt wäre, über Fluthilfe zu sprechen. Ich habe in Dresden seinerzeit auch aktiv mitgeholfen, das Hochwasser zu bekämpfen. Aber ich glaube, das ist auch nicht das Thema, über das wir heute sprechen müssten.

(Zuruf von der AfD: Über andere auch!)

Ich glaube eigentlich eher, dass wir darüber nachdenken müssen, ob das, was mit diesem Antrag erreicht werden soll, auf diese Weise zu erreichen ist, ob wir das verfassungskonform hinbekommen.

Ich halte es für gut, eine solidarische Versicherung einzuführen. Das Problem ist, dass es einen gewissen Widerspruch zwischen den Begriffen Solidarität und Pflicht gibt. Solidarität ist in der Regel etwas Freiwilliges. Wir haben in unserem Land Pflichtversicherungen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang einmal zur Pflegeversicherung geäußert. Wir haben eine Arbeitslosenversicherung, die Pflichtversicherung ist, und eine Krankenversicherung, die ebenfalls Pflichtversicherung ist.

Was wir bisher nicht haben, ist eine Pflichtvollkaskoversicherung, und dies ist Ihr Vorschlag, wenn ich das jetzt vielleicht einmal so umschreiben darf. Der Vorschlag sagt eigentlich: nicht nur Haftpflichtversicherung. Beim Auto haben wir eine Pflichtversicherung in Sachfragen, eine Pkw-Haftpflichtversicherung. Sie sichert aber nicht das Risiko ab, das der Autoeigentümer, das der Halter selbst hat, sondern diese Pflichtversicherung besteht dazu, fremde Risiken abzudecken. Das heißt, die Gefahr, die von einem Fahrzeug ausgeht, soll auf jeden Fall dadurch abgedeckt sein, eine geschädigte Person soll auf dem Schaden nicht sitzenbleiben, sondern soll auf jeden Fall durch die Versicherung ihren Schaden ersetzt bekommen.

Wir haben beim Pkw auch die Kasko- und die Vollkaskoversicherung. Damit kann man die eigenen Schäden, nämlich diejenigen am eigenen Fahrzeug, absichern. Hier kommt die Analogie zum Tragen, die ich aufzeigen will. Was Sie wollen, ist in der Tat eine Vollkaskoversicherung für Häuser bzw. Immobilien, und das gibt es bisher nicht. Das Problem ist, dass solche Versicherungen in der Regel im Rahmen der Vertragsfreiheit eingegangen werden können oder auch nicht. Wir müssen uns daher die Frage stellen, ob wir nicht einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht vornehmen, wenn wir Haus- und Grundstückseigentümer, die weniger oder gar nicht von Elemen

tarschäden bedroht sind, in gleicher Weise verpflichten, Versicherungsbeiträge zu zahlen, wie solche, die bedroht sind. Sie haben vorhin von einer gemischten Gefahrenlage in diesem Bereich gesprochen. Ja, aber es gibt natürlich auch Immobilien, die wirklich nicht davon gefährdet sind.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Welche?)

Die Eigentümer dieser Immobilien würden gleichermaßen verpflichtet, in diese Versicherung einzuzahlen.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Zum Beispiel Sturm oder so etwas! Oder Schnee!)

Herr Baumann-Hasske, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn jemand eine Zwischenfrage stellen will, gern.

Ich kann das gerade erkennen; andernfalls würde ich Sie nicht fragen. Das würde ich mir gar nicht wagen. – Frau Dr. Pinka.

Ich bedaure es immer wieder, dass da drüben kein Mikrofon steht; ich muss immer hier herüberrennen.

Herr Baumann-Hasske, Sie wissen ja sicherlich, dass wir in den letzten Jahren, fast Jahrzehnten, mehrere Extremwetterereignisse hatten, nicht nur das Hochwasser von 2002, sondern auch ein paar Tornados. Wir hatten in den letzten Jahren extreme Grundhochwässer.

Ihre Frage!

Sie geben mir doch bitte recht, dass es quasi auch Gebäude gibt, die wir nicht im Blick hatten und die dann unvorhergesehen von Extremwettereignissen betroffen waren?

Das ist durchaus möglich, ja, klar, was aber nicht bedeutet, dass man nicht auch Gebäude identifizieren kann, die durch ihre Lage im Grunde genommen nicht bedroht sind.

Jeden Eigentümer zu verpflichten, sein Eigentum – das ist keine Frage von Gesundheit und von Personenschäden – zu versichern, – –

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist aber keine Pflichtversicherung!)

Das ist auch nicht die Frage von Schäden Dritter. Wie wollen Sie mich dazu zwingen, wie soll ich als Eigentümer dazu verpflichtet werden, mein Eigentum gegen Elementarschäden zu versichern, obwohl ich der Überzeugung bin, dass ich gar nicht gefährdet bin? Das ist meines Erachtens verfassungsrechtlich kaum möglich.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Herr Baumann-Hasske, gestatten Sie noch eine Frage?

Frau Dr. Pinka, bitte.

Ich habe noch eine Nachfrage. Können Sie mir ein Fallbeispiel eines Gebäudes nennen, bei dem Sie meinen, dass dort in keinerlei Szenario ein Extremereignis stattfinden kann?

(Zuruf von den LINKEN: Da ist eine Käseglocke darüber!)

Ich kann Ihnen sagen, in der Umgebung, in der ich wohne

(Zuruf von den LINKEN: Wo denn?)

Dresden-Südvorstadt –, wäre die Wahrscheinlichkeit eines Elementarschadens extrem gering. Aber ich glaube, wir brauchen darauf jetzt nicht im Detail einzusteigen. Wir können uns gern einmal zusammen an die Karte setzen und gucken. Ich zeige Ihnen dann, was ich meine.

Die Frage ist, ob ich jemanden verpflichten kann. Dass wir dafür werben müssen, dass man sich gegen Elementarschäden versichern sollte, steht außer Frage. Ich bin auch gegen Elementarschäden versichert, um das einmal klarzustellen. Natürlich ist das sinnvoll. Aber die Frage ist: Kann ich die Leute dazu zwingen, es zu tun? Wenn dort keine Gefahren für das Gemeinwohl zu befürchten sind und wenn Dritte nicht gefährdet werden, dann kann ich doch nicht gezwungen werden, ein Risiko für mein eigenes Eigentum zu versichern. Welche Grundlage soll es dafür geben? Da habe ich meine starken Zweifel. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion Herr Abg. Wild. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Zuallererst: Herr Baumann-Hasske, Sie werden sich jetzt wundern, aber ich bin beeindruckt! Von den Rednern, die bisher hier vorn gestanden haben, waren Sie der erste, der von diesem Thema überhaupt Ahnung hat. Genau das, was Sie gesagt haben, das Erklären dieser Zusammenhänge, erspart mir jetzt einen Teil meines Redebeitrags.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ersparen Sie uns doch den ganzen!)

Aber das ist nicht so schlimm. Es gibt genug andere Punkte, auf die man eingehen kann.

Herr Fischer – sind Sie noch da? –, ist Ihnen bekannt, dass Herr Hütter seit 2014, seit es die AfD gibt, ständig in diesen Gebieten unterwegs ist, dass er ständig mit diesen Bürgerinitiativen in Kontakt ist? Offensichtlich nicht – weil Sie es wahrscheinlich nicht sind.

(Lachen des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Nun zum Thema! Die Fraktion DIE LINKE fordert mit diesem Antrag die Staatsregierung auf, sich im Bundesrat für eine Pflichtversicherung zum Schutz vor Elementarschäden einzusetzen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja! Das haben Sie schon einmal gut verstanden!)

Diese – jetzt in Anführungsstrichen – „parlamentarische Krücke“, sich im Bundesrat für etwas einzusetzen, was Sache des Bundestages ist, haben wir auch schon genutzt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach so?)

Aber bei der AfD war dies bisher notwendig, weil wir selbst – bis jetzt – nicht im Bundestag vertreten waren. Zum Glück hat sich das am vergangenen Sonntag geändert.

(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dann wissen wir ja jetzt, welche Anträge Sie dort bald stellen werden!)

Auch die Linkspartei bearbeitet das Thema im Bundestag.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja!)

Ja. – Aber auch der Ministerpräsident hat so etwas schon einmal vorgeschlagen. Daher ist es nicht notwendig, hier so einen Schaufensterantrag zu stellen.