Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Ja. – Aber auch der Ministerpräsident hat so etwas schon einmal vorgeschlagen. Daher ist es nicht notwendig, hier so einen Schaufensterantrag zu stellen.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Nein, das ist nicht notwendig.

Aber nun zum Inhalt! Noch einmal, Herr BaumannHasske, Sie haben Ahnung. Das muss ich Ihnen bestätigen. Andere haben offensichtlich keine Ahnung. Wirklich viel Ahnung vom Thema haben offensichtlich insbesondere die Antragsteller nicht. Aber auch Herr Fischer hat sich „verhaspelt“; so sage ich es jetzt einfach.

Mehrmals in Ihrer Antragsbegründung schreiben Sie von Sturm- und Hagelschäden. Weder Sturm- noch Hagelschäden sind im Risiko Elementarschäden enthalten.

(Zuruf von den LINKEN: Das ist doch gar nicht wahr! Unsinn!)

Deshalb für Sie zum Lernen: In der Gebäudeversicherung kann man separat Risiken versichern.

(Zurufe von den LINKEN)

Schauen Sie nach! – Dort sind in der Regel Feuer-, Einbruch-, Diebstahl- und Leitungswasserschäden versichert. Auch Sturm- und Hagelschäden sind in der normalen Gebäudeversicherung versichert.

Dann gibt es diverse Zusatzversicherungen. Eine davon ist die Elementarschadenversicherung, die, wenn es nicht explizit ausgeschlossen ist, auch bei Überschwemmung greift. Das ist so.

Aber was machen Sie hier? Sie machen den Bürgern Angst. Sie vermitteln ihnen, dass Sturm- und Hagelschäden ausschließlich dann bezahlt werden, wenn sie eine

Elementarschadenversicherung vorweisen können. Das ist falsch. Das ist in der Gebäudeversicherung enthalten. Schauen Sie nach! Es ist so.

Sie wollen eine neue gesetzliche Pflichtversicherung einführen. Aber ich sage Ihnen etwas: Noch nicht einmal die private Haftpflichtversicherung ist zwingend abzuschließen. Sie heißt zwar so, ist aber keinesfalls Pflicht.

Was Sie fordern, nämlich eine gesetzliche Pflicht zur Elementarschadensversicherung, würde eine gesetzliche Pflicht zur gesamten Gebäudeversicherung bedeuten. Auch das verschweigen Sie. Oder – noch schlimmer –: Sie wissen es einfach nicht.

Es gibt kein mir bekanntes Unternehmen, dass das Risiko „Elementarschaden“ als Einzelrisiko versichert. Es ist immer ein Zusatzrisiko zur Gebäude- oder Hausratversicherung.

(Beifall bei der AfD)

Aber damit erhält Ihr Antrag eine ganz andere Dimension. Gerade Geringverdiener, die sich in Zeiten, als es ihnen noch besser ging, Wohneigentum angeschafft haben, stellen Sie vor schier unlösbare Probleme. Sie verkaufen sich ständig als Partei für die kleinen Leute. Ich sage Ihnen, was Ihr Antrag für diese Menschen bedeuten würde: Für die Eigenheimbesitzer würde er eine massive Steigerung der Versicherungskosten bedeuten. Und für alle Mieter – nach außen hin setzen Sie sich doch für eine Mietpreisbremse ein – würde er einen massiven Anstieg der Mietnebenkosten bedeuten.

(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Diese Mietpreisbremse hat die CDU beschlossen!)

Oder glauben Sie allen Ernstes, dass der Vermieter diesen teuren Unsinn, den Sie einführen wollen, nicht auf die Mieter umlegt? Ich glaube das nicht. Zur Kaltmiete gehört zwingend auch die Umlage.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Warum schauen Sie mich an? Wir sind für eine Mietpreisbremse, aber nicht für den Unsinn, der im Bundestag beschlossen worden ist!)

Sie sind aber auch dafür.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir wollen eine andere!)

Eine Lösung für das Problem an sich muss gesucht werden; das ist richtig. Aber eine gesetzliche Pflichtversicherung, die zu einer weiteren Bevormundung der Betroffenen führt, ist ganz klar abzulehnen.

Inhaltlich schließe ich mich den Ausführungen von Herrn Baumann-Hasske an. Es ist wirklich so: Der Vorschlag in dem Antrag ist Unsinn.

Die Probleme sind ganz andere. Die Bebauung von Flussauen und die Flussbegradigungen sind schuld an den zunehmenden Überschwemmungen. Warum werden denn Bauanträge für Vorhaben in Überschwemmungsgebieten

genehmigt? Gerade hier in Dresden stehen ganze Gewerbegebiete dort, wo früher Überschwemmungsgebiete der Elbe waren. Warum ist denn so etwas genehmigt worden? Dort müssen wir ansetzen. Dort sollte nicht mehr gebaut werden dürfen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Warum schauen Sie mich die ganze Zeit an? Die CDU hatte hier das Sagen!)

Ich habe zu Ihnen geschaut, aber die CDU gemeint. Das sei mir einmal gestattet.

(Carsten Hütter, AfD: Es gibt sicherlich Schlimmeres, Herr Gebhardt! Sie sind sich so ähnlich!)

Noch einmal: Dort muss man ansetzen. Man muss die Ursachen dafür, dass die Überschwemmungen in erheblichem Maße zugenommen haben, bekämpfen. Eine zusätzliche Zwangsversicherung ist ganz klar abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Zschocke. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Idee zu dem Antrag der LINKEN ist eine ganz einfache und auch plausible: Nicht nur reden, sondern auch handeln! Das ist die Idee, die hinter diesem Antrag steckt.

Diese Aufforderung passt übrigens zu vielen Ankündigungen der Staatsregierung und der Koalition. Der sächsische Ministerpräsident wiederholt seit sieben Jahren seine Forderung nach einer Elementarschadenpflichtversicherung. Übrigens haben sich zwischenzeitlich alle Ministerpräsidenten dafür ausgesprochen. Aber deren Einführung – das hat die Debatte erneut gezeigt – ist und bleibt verfassungsrechtlich umstritten; denn auch diejenigen, die nach menschlichem Ermessen nicht mit einem Schadensfall rechnen müssen, würden dann zum Abschluss einer solchen Versicherung gezwungen werden.

Jüngst konnten wir alle nachlesen, Herr Tillich, dass Sie diese Bedenken nicht nachvollziehen können. Dazu sage ich: Bestimmt haben Sie eine Lösung für das Problem parat. Sie werden sich mit Justizminister Gemkow hinsetzen und eine verfassungsgerichtsfeste Bundesratsinitiative für die unverzügliche Einführung einer solchen Pflichtversicherung aufschreiben. So zumindest habe ich das verstanden, was Sie öffentlich geäußert haben.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Gemeinsam mit Thüringen! Gemeinsam mit Bodo Ramelow!)

Ich bezweifle allerdings, dass das geschehen wird, weil es geradezu ein Markenzeichen des sächsischen Ministerpräsidenten ist, dass viele seiner öffentlichen Ankündigungen zunächst folgenlos bleiben.

Ich will mich jetzt aber nicht an dem verfassungsrechtlichen Problem festbeißen und darüber diskutieren, welchen Erfolg eine sächsische Initiative im Bundesrat vor diesem Hintergrund derzeit hätte. Denn die Betroffenen haben von dieser Debatte überhaupt nichts, meine Damen und Herren.

Am ehesten möglich ist es vielleicht, sich länderübergreifend im Bundesrat auf gemeinsame Standards für die Vergabe von Hilfszahlungen zu einigen, damit zumindest diejenigen mit staatlicher Unterstützung rechnen können, die sich erfolglos um eine Versicherung bemüht haben oder diese nur zu unzumutbaren Bedingungen hätten abschließen können.

Trotzdem, meine Damen und Herren, bleibt das alles Symptombehandlung. Deswegen möchte ich den Blick hier wirklich noch einmal auf die Bereiche lenken, in denen der Freistaat die Bemühungen um Eigenvorsorge wirksam unterstützen kann.

Wir wissen, dass Extremwetter in den nächsten Jahrzehnten an Häufigkeit und Intensität auch in Sachsen zunehmen werden. Deswegen geht überhaupt kein Weg daran vorbei, im Sinne einer vorsorgenden Umweltpolitik ressortübergreifend umfassend Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden an Mensch und Umwelt zu ergreifen. Das, meine Damen und Herren, tut die Staatsregierung bisher nur unzureichend. Von einem vorsorgenden Hochwasserschutz, der auf der gesamten Landesfläche wirkt, ist Sachsen noch weit entfernt. Ökologischer Hochwasserschutz ist auch für diese Staatsregierung – ich muss es so deutlich sagen – weitgehend ein Fremdwort geblieben. Nach 2002 wurde insoweit richtig viel angekündigt; umgesetzt worden ist bisher nur sehr wenig.

Diese enorme Diskrepanz zwischen vollmundigen Ankündigungen und schleppender Umsetzung wird aber nicht nur den unversicherten Eigentümern auf die Füße fallen, es droht insgesamt ein vielfach höherer Finanzaufwand für die Beseitigung von Schäden, als für ausreichende Vorsorge benötigt wird. Technischer Hochwasserschutz, Herr Fischer, hat Grenzen. Sachsen muss deshalb den gigantischen Flächenfraß und die fortschreitende Bodenversiegelung stoppen. Vor allem in den Hochwasserentstehungsgebieten muss die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden dringend erhöht und Versiegelung zurückgebaut werden.

Der Wetterdienst muss personell und finanziell gestärkt werden, um die Warnung vor Extremwetter weiter zu entwickeln. Die Zeitfenster, in denen gehandelt werden kann, sind da sehr kurz. Die regionale Kompetenz, die Besetzung und die Erreichbarkeit der Stationen ist für die Präzision der Prognosen besonders wichtig. Dieses System muss gerade in Zeiten des Klimawandels in der Fläche erhalten bleiben. Ich erwarte hier eine klare Position der Staatsregierung gegenüber dem Bund, dass bei den Stationen des Deutschen Wetterdienstes kein weiteres Personal abgebaut werden darf, meine Damen und Herren.

Schließlich brauchen wir zur vorbeugenden Schadensbegrenzung auch dringend eine gesetzliche Regelung, dass in Hochwasserrisikogebieten eben nicht mehr gebaut werden darf. In den Spiegelstrichen zwei und drei im LINKEN-Antrag ist noch eine ganze Reihe an konkreten Handlungsvorschlägen enthalten, um Eigentümer bei der Eigenvorsorge zu unterstützen. Ja, Herr Tillich, eine Pflichtversicherung macht Sinn, aber Sachsen muss hier noch viel, viel mehr tun, um die Menschen vor Extremwetter zu schützen. Also weniger reden, sondern mehr handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Herr Kollege Zschocke von der Fraktion GRÜNE beschloss die erste Runde. Wir eröffnen eine zweite und die einbringende Fraktion DIE LINKE, Frau Dr. Pinka, nähert sich schon dem Rednerpult.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will am Anfang gern noch etwas klarstellen, bevor ich zu meinem Redebeitrag komme.

Wir haben nämlich viele Arten von Wetter- oder Naturereignissen, die bis jetzt überhaupt nicht abgesichert sind. Ich denke mal an Grundhochwässer, an Erdbeben oder Erdrutsche. All diese Dinge haben in den letzten Jahren zugenommen. Es wäre interessant, einmal zu sehen, inwieweit sie auch auf Sachsen Auswirkungen haben. Wir haben dieses ZÜRS-Modell, das wissen wir, aber wir haben keine Differenzierung. Das Modell existiert für vier Bundesländer, nicht flächendeckend in Deutschland. Wir müssten erst einmal das verbessern und dann müssten wir Gefahrenereignisse, die in den letzten Jahren zugenommen haben, abbilden und wissenschaftlich unterlegen. Das wäre der erste Schritt, den wir gehen müssten.

Wir haben seit 2002 auch 2006, 2010 und 2013 nicht nur große Hochwässer mit zum Teil großen Grundhochwässerphasen in der Lausitz gehabt, wir hatten zum Beispiel auch solche Dinge wie Kyrill im Erzgebirge, einen Tornado in Großenhain. Niemand konnte vorhersehen, wo genau dieser Tornado eintrifft und ob sich derjenige hätte davor schützen können, der eine Elementarschadenpflichtversicherung gehabt hätte oder nicht. Es tut mir leid, im Moment kann niemand vorhersagen, wo so ein Naturereignis eintritt.