Leider ist es beim Wollen geblieben; denn tatsächlich passiert ist bis heute wenig. Das zeigt deutlich, dass es Ihnen, so glaube ich, eigentlich egal ist, ob die medizinische Versorgung abseits der Großstädte funktioniert – Hauptsache, wir reden alles schön.
Ihr heutiger Antrag ist Papier gewordene Ignoranz und Ausdruck Ihres fortgesetzten Nichtstuns. Sie verweisen auf die Selbstverwaltung. Sie haben sich weder mit dem Thema noch mit den dahinterstehenden Herausforderungen so auseinandergesetzt, dass Sie willens sind, hier zeitnah Dinge umzusetzen und politische Weichen zu stellen.
So listen Sie einige Punkte auf, die längst umgesetzt und deren Folgen schon bekannt sind. Ich lasse Ihnen die Antworten auf die entsprechenden Kleinen Anfragen gern zukommen, wenn Sie daran interessiert sind. Darin finden Sie zumindest zu den Studienförderprogrammen, zu Studienbeihilfe und Ausbildungsbeihilfe sowie zu den Approbationen einiges.
Ganz ehrlich, meine Damen und Herren von der Koalition: Ich frage mich wirklich, ob das Ihr Ernst ist. Sie glauben offenbar, dass ein Berichtsantrag ohne konkrete Folgen schon als Arbeitsnachweis ausreiche. Das stimmt aber nicht! Der Maßnahmenkatalog, den Sie bzw. das Sozialministerium der Staatsregierung Ihrer Vorgängerkoalition aus CDU und FDP Anfang des Jahres 2012 beschlossen hatten, ist fünf Jahre alt und immer noch nicht vollständig umgesetzt. Dieses Ergebnis zeugt davon, wie mit den Problemen umgegangen wird.
Gleichzeitig verschärfen sich die Defizite bei der medizinischen und der sonstigen gesundheitlichen Versorgung spürbar. Frau Lang hat einige davon gerade aufgeführt. Sie verschärfen sich immer weiter, vor allem – aber nicht nur – abseits der Großstädte. Gerade wenn es um die Gesundheitsversorgung, also um Menschenleben geht, darf man erwarten, dass Sie als Regierungskoalition helläugiger herangehen und endlich agieren, dass Sie nicht – wie bei vielen anderen Problemen – warten, bis der Karren richtig im Dreck steckt.
Während der Ministerpräsident inzwischen seinen Abgang auf Raten vollzieht, ist es Ihnen immerhin schon eingefallen, die Regierung zum Rapport über den Jahre alten, angestaubten Maßnahmenkatalog zu bitten. Sie wollen, dass der Katalog weiterentwickelt wird. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht noch einmal darauf eingehen, warum das längst – und ständig – hätte passieren müssen.
Erfreulich ist wenigstens, dass sich unter den von Ihnen aufgeführten Aspekten sogar einige Punkte aus den Anträgen unserer Linksfraktion finden. Steter Tropfen höhlt eben doch den Stein. Allerdings: Papier ist geduldig. Auf die Taten kommt es an.
So ist es etwa so, dass bei Ihnen die Erkenntnis gereift ist, dass der öffentliche Gesundheitsdienst personell dringend gestärkt werden muss. Das ist immerhin ein Hoffnungsschimmer. Bisher haben Sie sich an dieser Stelle regelmäßig mit dem Verweis auf die Zuständigkeit der Kommunen aus der Affäre gezogen. Nun gestehen Sie immerhin zu, dass die Staatsregierung tatsächlich über Mittel und Möglichkeiten verfügt, die Situation zu verbessern – wenn sie es denn will.
Selbstverständlich kann sie die Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst nicht selbst besetzen; das weiß auch ich. Aber sie kann eine vernünftige Finanzierung bieten und das Berufsbild attraktiver machen, damit sich genug qualifiziertes Personal auf Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst bewirbt. Ich wünsche Ihnen solche Geistesblitze auch in anderen Bereichen.
Summa summarum: Berichte und Problembeschreibungen zur akuten Lage der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum gibt es in Hülle und Fülle, nicht erst seit heute. Es wäre aber völlig falsch, ein weiteres Mal aufzuschreiben, was Sie und was wir – die betroffenen Menschen in Sachsen sowieso – schon wissen, weil wir es schon lange erleben. Nötig ist verantwortungsvolles Handeln, und zwar sofort. Deshalb wollen wir Ihren Vorstoß mittels eines Änderungsantrags ergänzen. Damit wollen wir dafür sorgen, dass Ihr Antrag auch praktische Konsequenzen hat. Wir wollen die Staatsregierung beauftragen, einen mit dem Krankenhausplan verzahnten „Integrativen Gesundheits- und Ärzteversorgungsplan Sachsen 2018“ vorzulegen. Besonderes Augenmerk soll auf den – zumeist ländlichen – Regionen liegen, in denen die Lage im Moment am prekärsten ist.
Wichtiger als jeder Plan ist aber, dass die Regierung dann tatsächlich neue Versorgungsmodelle vor Ort einrichtet und erprobt, die den ambulanten und stationären Sektor vereinen, etwa mehr allgemeine Medizinische Versorgungszentren.
Damit die Bevölkerung im gesamten Freistaat wohnortnah versorgt werden kann, sind auch mobile Angebote zukünftig unverzichtbar. Über Telemedizin müssen wir auch nicht reden, wenn man auf der Fahrt von Dresden nach Chemnitz kein Handy-Telefonat durchführen kann, ohne dass es zusammenbricht. Auch hier muss innovativ und schnell gehandelt werden. Bei all dem muss der Freistaat auch die Kommunen unterstützen, die, weil sie bislang auf sich selbst gestellt sind, bereits eigene Modelle realisieren.
Unter der Voraussetzung, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen, werden wir auch Ihren Antrag mittragen, da mehr Wissen ja bekanntlich auch nichts schadet. Das Thema Ihres Antrags ist zu wichtig für parteipolitische Spielchen. Sie sollten sich nicht verweigern, nur weil auf dem Änderungsantrag nicht Ihr gewünschtes Parteilogo steht. Springen Sie über Ihren Schatten, lassen Sie uns das Thema gemeinsam bearbeiten und Lösungen nicht nur diskutieren, sondern schnellstmöglich von diesem Hohen Hause anbieten und umsetzen. Die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen werden es Ihnen danken.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation der vertragsärztlichen Versorgung und die Perspektiven für 2030 sind in diesem Hause immer wieder hinlänglich debattiert worden. Ich denke, dass wir einen Konsens über die dringliche Lage bereits hergestellt haben, nur unsere Lösungsvorschläge variieren. Der vorliegende Antrag ist Ausdruck Ihrer Politik, werte CDU-Fraktion, und diesbezüglich spreche ich jetzt auch die SPD-Fraktion an, wobei die
und steht ebenso unter dem gleichen Motto „weiter so“, wie Ihr Wahlkampf, und das richtet sich genau an die CDU-Fraktion.
Sie wollen also mit Ihrem Antrag Ihre Gesundheitspolitik der letzten Jahre bewerten und weiterentwickeln. Sie verweisen hierbei auf den sogenannten 20-Punkte-Plan, dessen vollständigen Titel Sie scheinbar nicht einmal kennen. Er wurde nämlich in Ihrem Antrag nicht benannt. Hätten Sie diesen Maßnahmenkatalog für eine bedarfsgerechte hausärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten im Freistaat Sachsen, der – wie vielfach gehört – bereits im Januar 2012 verabschiedet worden ist, konsequent umgesetzt, wären wir längst einige Schritte weiter. Wenn wir in den Maßnahmenkatalog hineinschauen, erkennen wir, dass Ihre Gesundheitspolitik nicht grundsätzlich von Erfolg gekrönt war. Wir brauchen doch keinen Antrag, um festzustellen, dass die vielen Absichtserklärungen, zum Beispiel das Sonderkontingent an Medizinstudienplätzen für zukünftige Landärzte, die Abschaffung der zentralen Studienplatzvergabe, die Einrichtung von mobilen Praxen oder die Imageverbesserung des Allgemeinmediziners, bis dato nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden sind.
So haben Sie erst vor Kurzem unseren Antrag in der Drucksache 6/8490, der ein Sonderkontingent an Medizinstudienplätzen für zukünftige Landärzte vorsah, abgelehnt. Hier muss man tatsächlich fragen, ob Sie überhaupt an einer Lösung interessiert sind. Nächstes Beispiel aus Ihrem Antrag. Sie wollen die auf elektronischer Datenverarbeitung basierte Telemedizin weiter ausbauen. Sehr löblich ist dabei Ihre bereits etablierte Förderrichtlinie. Was wir aber brauchen, ist nicht die Förderung kleiner Insellösungen für verschiedene Nischen; wir brauchen endlich eine flächendeckende Umsetzung und Standardisierung der Möglichkeiten, die uns bereits per Gesetz gegeben sind. Ich meine hiermit unter anderem die Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte. Diese ist bereits vor elf Jahren beschlossen worden und bis dato immer noch nicht nutzbar. Bei der Umsetzung wird sie auch schon wieder veraltet sein. Als Pessimist könnte man behaupten, dass die CDU mit ihren Regierungspartnern auf Bundesebene den Karren mit 2,2 Milliarden Euro Entwicklungskosten ordentlich an die Wand gefahren hat. Ich als Optimist hoffe aber, dass die gegebenen Möglichkeiten bald zur Anwendung kommen, wenn Sie aus Ihrem Tiefschlaf erwacht sind.
Schauen wir uns den nächsten Antragspunkt einmal an. Sie möchten die Möglichkeit der Delegation ärztlicher Leistungen ausweiten. Auch das ist bezeichnend für Sie. Während die gesamte Gesundheitspolitik schon über die Substitution, also die Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten debattiert, wollen Sie die seit Jahren praktizierte Delegierung ausbauen. Delegierungsfähige Tätigkeiten sind seit 2013 längst festgeschrieben. Diese brachten aber keine Verbesserungen in der Versorgungssituation, weil
diese Vereinbarung nur das legalisierte, was in der Praxis längst Standard war und so praktiziert wurde. Ich spreche von Injektionen, Infusionen, Blutentnahmen, Verbandswechseln und einfacher Diagnostik, wie beispielsweise dem EKG.
Was wir brauchen, ist die Unterstützung und Entlastung des Arztes durch die Etablierung eines Berufsstandes, der einen Teil heilkundlicher Tätigkeiten übernehmen kann. Hier gibt es bereits Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3 c SGB V, wonach ärztliche Tätigkeiten und die selbstständige Ausübung der Heilkunde auf Krankenpflegekräfte übertragen werden können. Die Hürden hierfür sind aber so hoch, dass es bundesweit bis dato nur ein Modellprojekt gibt. Schaffen Sie also die notwendigen Rahmenbedingungen dafür, dass diese Modellvorhaben zügig in die Regelversorgung übernommen werden und nicht noch weitere Jahre ins Land gehen.
Fassen wir kurz zusammen: Es ist Zeit zum Handeln! Bevor Sie den 20-Punkte-Plan weiterentwickeln, sollten Sie dafür sorgen, dass alle angestrebten Verbesserungen endlich vollends umgesetzt werden, und treten Sie Ihren Freunden der CDU auf Bundesebene kräftig auf die Füße. Sie sollen ein bisschen Gas geben, damit wir hier endlich vorankommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand hier im Landtag wird etwas dagegen haben, die medizinische Versorgung zu stärken, so wie es der Titel des vorliegenden Antrags verspricht. Der Antrag der Koalition nimmt sich Großes vor, aber er bleibt eben die Antworten schuldig, wie das ausgerufene Ziel erreicht werden soll. Das 20-Punkte-Programm der damaligen Gesundheitsministerin Frau Clauß, das mehrfach angesprochen wurde, verfolgt in zehn Punkten das Ziel, die richtigen Rahmenbedingungen an den sächsischen Universitäten zu schaffen, damit mehr Hausärzte ausgebildet werden oder eine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner absolvieren. Außerdem ging es damals noch um die bessere Vereinbarkeit von Familie und hausärztlichem Beruf und die Imageverbesserung durch Werbefilme der Landesärztekammer sowie die Nachwuchsgewinnung über das Netzwerk „Ärzte für Sachsen“. Wir kennen das alles.
Jetzt wäre doch zunächst zu klären, was daraus geworden ist. Ist das Papier in irgendwelchen Schubladen gelandet oder hat es tatsächlich Wirkung entfaltet? Die Frage ist auch deshalb wichtig, weil viele der Punkte, die die Koalition heute beschließen will, bereits vor fünf Jahren schon so in dem Programm standen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, scheuen Sie sich vor dieser Bilanz? Wollen Sie lediglich wieder eine neue Bestandsaufnahme? Ich
Der „Freien Presse“ war im März zu entnehmen, dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Chemnitz eine erneute drohende Unterversorgung bei den Hausärzten festgestellt hat. 19 Stellen seien zu besetzen. Das klingt vielleicht nicht viel, doch was bedeutet es in der Realität?
Im gleichen Artikel wurde darüber berichtet, dass in Altendorf, im Flemminggebiet, gleich zwei Hausärzte ihre Praxis geschlossen hätten. Daraufhin standen an mehreren Tagen Hunderte von Menschen, darunter viele ältere Menschen, wirklich stundenlang Schlange, um einen Hausarzttermin in der neuen Praxis zu bekommen.
Eine Leserin der „Freien Presse“ kommentiert den Artikel: „Mein Opa stand da auch mehrere Stunden mit seinen 92 Jahren. Das ist einfach traurig und unfassbar.“
Das ist ein Artikel, der bei der „Freien Presse“ innerhalb weniger Tage fast 40 000-mal angeklickt wurde. So viel zum Thema öffentliche Relevanz.
Ich finde es schon ein bisschen fatal, wenn die Koalition hier so tut, als könnte man so weitermachen, anstatt wirklich konkrete politische Forderungen zu beschließen.
Ihre Vorstellung von einer Weiterentwicklung des 20Punkte-Programms verliert sich in einer Aufzählung all dessen, was wir schon an großen Schlagworten kennen: E-Health, Telemedizin, sektorübergreifende Versorgung, barrierefreier Zugang, Attraktivität des Berufsbildes, Nachwuchsgewinnung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ich sage es einmal ganz deutlich: Das ist wieder einmal ein Antrag, aus dem das Ministerium letztlich machen kann, was es will.
Insofern trifft die Kritik von Frau Schaper schon den Kern. Deswegen finde ich es gut, dass die Linksfraktion einen Änderungsantrag eingebracht hat, der den Koalitionsantrag ergänzen soll. Diese Punkte aus dem Antrag der LINKEN könnten tatsächlich einmal Wirkung entfalten; denn es werden ganz konkrete Maßnahmen formuliert.
Meine Damen und Herren! Das Thema medizinische Versorgung ist hochaktuell, vor allem im ländlichen Raum, in dem der Ärztemangel immer akuter wird.
Der Antrag, den Sie hier vorlegen, ist ja nicht falsch. Das habe ich schon am Anfang gesagt. Deswegen werden wir ihn auch nicht ablehnen. Mit der Ergänzung der LINKEN würde dieser Antrag aber wesentlich besser und wesentlich konkreter werden, weil den ganzen Bekenntnissen, die es hier seit Jahren gibt, auch einmal Taten folgen müssen.
Gut. Dann frage ich jetzt einmal in die Runde, wer aus den Fraktionen gern noch sprechen möchte. – Es gibt niemanden weiter. Die Staatsregierung. Frau Ministerin, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Thema passt ein Stück weit zum zweiten Teil der Ministerbefragung. Ich habe in diesem Teil der Ministerbefragung bereits auf einzelne Punkte zum Thema medizinische Versorgung und Stärkung des ländlichen Raumes hingewiesen.
Bei allen Vorrednern, ganz gleich, wie emotional die Reden gehalten wurden, ist deutlich geworden – ich möchte das eine oder andere inhaltlich vielleicht gar nicht zu stark werten; man hat sehr drastische Worte gefunden, die aus meiner Sicht fehl am Platze waren –, dass das Thema medizinische Versorgung für den Freistaat Sachsen eine der großen Herausforderungen ist, vor der wir – das sage ich jetzt ganz bewusst – gemeinsam stehen.