Bei allen Vorrednern, ganz gleich, wie emotional die Reden gehalten wurden, ist deutlich geworden – ich möchte das eine oder andere inhaltlich vielleicht gar nicht zu stark werten; man hat sehr drastische Worte gefunden, die aus meiner Sicht fehl am Platze waren –, dass das Thema medizinische Versorgung für den Freistaat Sachsen eine der großen Herausforderungen ist, vor der wir – das sage ich jetzt ganz bewusst – gemeinsam stehen.
Wenn ich „gemeinsam“ betone, dann spreche ich nicht nur von den einzelnen Fraktionen hier im Hohen Haus, sondern dann rede ich auch ganz gezielt von dem Thema Selbstverwaltung. Damit sind die Kassenärztliche Vereinigung, die Ärztekammer, die Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassen mit angesprochen. Wir reden hier von einem gemeinsamen großen Projekt, vor dem wir stehen.
Der Koalitionsvertrag 2014 schreibt dieses Thema der medizinischen Versorgung im Freistaat Sachsen, wohnortnah, hochwertig und bezahlbar für alle Bürgerinnen und Bürger, fest. Hierin bekennt man sich ganz klar zu einer guten medizinischen Versorgung für den Freistaat Sachsen für alle Bereiche, nicht nur in den Großstädten, sondern auch im ländlichen Raum. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen.
Frau Schaper, wir sind drastische Worte von Ihnen gewöhnt. Deswegen möchte ich diese drastischen Worte nicht überbewerten. Wir sollten aber die Realität wahren. Wenn wir 20 Punkte bereits 2010/2011 verabschiedet haben, dann war bereits damals sichtbar, vor welcher Herausforderung der Freistaat Sachsen steht.
Es sind aus meiner Sicht Punkte, die wichtig sind und in die richtige Richtung gehen. Es sind Punkte, die auch bereits Wirkung zeigen. Es sind Punkte, die man überarbeiten musste, weil sie entsprechend der fortlaufenden
Oliver Wehner hat bereits einzelne Punkte angesprochen. Das Thema Medizinstudienprogramm. Andere Bundesländer machen sich jetzt erst Gedanken darüber, was sie tun können. Wir haben bereits vor Jahren gesagt, wir wollen jährlich 20 Studenten mit einem Stipendium in Höhe von 1 000 Euro monatlich ausstatten, wenn sie sich bereit erklären, im ländlichen Raum eine Praxis zu übernehmen, die in einem Gebiet gebraucht wird, von dem wir sagen, dort ist Versorgung notwendig. Das war aus meiner Sicht vorausschauend.
Sie wissen alle, wie lange wir brauchen, bis ein Mediziner nach der Facharztausbildung ankommt. Das sind elf, zwölf Jahre. Ich denke, es ist selbstredend, dass diese Programme erst nach und nach Wirkung zeigen können.
Die ersten Erfolge sind bereits zu verzeichnen, auch wenn es erst fünf Programmteilnehmer sind. Aber es sind fünf Programmteilnehmer, die ihre Facharztweiterbildung abgeschlossen haben und jetzt genau in den Praxen ankommen, die wir wollen.
Wir fördern die Weiterbildung zum Facharzt für das öffentliche Gesundheitswesen. Wir unterstützen den Nachwuchs durch Förderung regionaler Weiterbildungsverbünde. Das sind Maßnahmen, die mit dem letzten Doppelhaushalt beschlossen wurden.
Das Thema der Kassenärztlichen Vereinigung wurde angesprochen. Dort finanziert man über den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Förderpauschalen in Höhe von 60 000 Euro oder in kritischen Gebieten in Höhe von 100 000 Euro. Auch das sind Maßnahmen, die in die richtige Richtung zielen.
Wir haben ein Netzwerk Ärzte für Sachsen. Ich durfte dieses Netzwerk bereits in meiner vorhergehenden Funktion kennenlernen. Es ist ein Netzwerk, das wichtig ist, um Ärzten den ländlichen Raum schmackhaft zu machen. Es reicht nicht, wenn wir Politiker auf Landesebene im Freistaat Sachsen das wollen. Nein, es bedeutet, es müssen die Rahmenbedingungen vor Ort mit stimmen. Es müssen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit ins Boot. Im Netzwerk Ärzte für Sachsen sitzen alle an einem Tisch und erarbeiten dort die notwendigen Faktoren.
Ja, es ist richtig, wir müssen auch neue Wege finden, neue Wege, die ich heute angesprochen habe, sektorenübergreifend. Das klingt natürlich unheimlich kompliziert.
Ja, wir müssen das Thema der klaren ambulanten und stationären Trennung ansprechen. Wir müssen es miteinander verzahnen. Wir haben heute 160 MVZ, 50 davon an Kliniken angebunden. Wir brauchen Gesundheitszen
Neue Technologien: In den letzten zwei Jahren haben wir die Bedeutung dieses Themas ganz stark hervorgehoben. Wir haben einen E-Health-Beirat fest etabliert. Dort sitzen die Partner am Tisch und besprechen alle notwendigen Instrumente, die eingeführt werden müssen. Dazu brauchen wir die Partner. Das kann man nicht allein am Tisch entscheiden.
Wir sind Impulsgeber. Wir sind Förderer. Wir brauchen aber letztlich die Selbstverwaltung, welche die Weichen mit stellen muss, sowohl in technischer, aber vor allen Dingen auch in rechtlicher Hinsicht.
Wenn wir von Technik sprechen, dann wissen wir, dass diese Technik, ob E-Health, Telemedizin oder andere unterstützende Produkte und Projekte, für unsere älteren Menschen immer nur ergänzend sein können. Sie werden nie den Arzt und das medizinische Personal ersetzen.
Das Gutachten, das in Auftrag gegeben wurde, habe ich heute Mittag schon in sehr ausführlichen Worten skizziert. Es zeigt uns auf, wo der Bedarf ist, wo der Schuh wirklich drückt. Wir haben dort riesigen Bedarf. Deswegen dürfen wir nicht stehen bleiben. Wir müssen weitere Impulse für die ambulante Versorgung setzen. Wir müssen uns zukünftig weiterhin den regionalen Bedingungen anpassen.
Es gibt ein gemeinsames Landesgremium, in dem die Experten zusammensitzen. Wir haben vereinbart, Modellregionen zu identifizieren und definieren. Dort werden Vorschläge für Versorgungsziele erarbeitet. Sie werden erprobt, um dann in eine Regelversorgung überführt zu werden. Oft ist aber eine Erprobungsphase notwendig, bevor etwas fest im Land etabliert wird. Im Dezember sitzen wir mit den Partnern im gemeinsamen Landesgremium zusammen und werden dort weitere Schritte vereinbaren und diese dann auch festsetzen.
Abschließend möchte ich eine Bitte äußern: Die medizinische Versorgung ist ein viel zu wichtiges Thema, um es oberflächlich zu diskutieren. Entschuldigung, wenn ich das so einbringe, aber die elektronische Gesundheitskarte in dieses Thema mit einzuflechten … Wir wollen hier gemeinsam an einem Strang ziehen, um unseren Menschen im Freistaat Sachsen auch in den nächsten Jahren eine gute medizinische Versorgung im ländlichen Raum und in den Großstädten zukommen zu lassen.
Frau Präsidentin! Zum Schluss: Ich freue mich natürlich sehr, dass unser Antrag hier so große Zustimmung findet und dass auch die Opposition diesem Ansinnen Folge leistet.
Allerdings will ich doch noch ganz kurz auf die Kritik von Frau Schaper eingehen. Ich bin Kritik von Ihnen ja gewohnt, das muss ich zugeben, aber die sektorenübergreifende Versorgung muss ich hier schon noch einmal nennen. Sie haben gesagt, wir hätten 2015 groß angekündig,
ja, Sie haben mich zitiert –, dass bei der sektorenübergreifenden Versorgung viel gemacht werden solle. Dann schauen Sie sich einmal an, was für die Jahre 2016 bis 2019 an Fördergeldern für innovative Versorgungsprojekte eingestellt ist: im Innovationsfonds 225 Millionen Euro pro Jahr. Portalpraxen wurden heute beispielsweise schon genannt. Denken Sie auch an viele andere Initiativen, die vor Ort passieren, etwa die Vernetzung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung oder an Ansätze, die die Geriatrie betreffen. Solche Ansätze agieren übergreifend. Dann sagen Sie, in der sektorenübergreifenden Versorgung sei zu wenig oder nichts gemacht worden. Das trifft es nicht, und das ist aus unserer Sicht keine gerechtfertigte Kritik.
Ansonsten haben Sie Ihren Änderungsantrag ja bereits eingebracht. Dazu noch einmal ganz kurz: Zur Krankenhausplanung soll die Zeitschiene bis zum Sommer 2018 vorliegen. Sie wollen das schon im ersten Quartal. Das ist eine andere Zeitschiene. Aber Sie wollen ja sowieso immer in diesen Planungsausschuss hinein, das haben wir bemerkt. Der Planungsausschuss ist aber losgelöst vom Sächsischen Landtag, von daher sehen wir nicht die Notwendigkeit, in irgendeiner Weise in den Ausschuss hineinzugehen. Im Sozialausschuss bekommen wir vom Sozialministerium die entsprechenden Berichte.
Mein letzter Punkt: Punkt 5 Ihres Änderungsantrags ist bereits in unserem Antrag mit enthalten; das können Sie beispielsweise unter Buchstabe g sehen. Von daher sehen wir das nicht als erforderlich an. Wir lehnen den Änderungsantrag also ab.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zunächst den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf, Drucksache 6/11249. Wird die Einbringung gewünscht? – Bitte, Frau Schaper.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe jetzt auf die Vorrede nicht ein. Genau das beweist ja – – Sie appellieren, man solle hier keine Parteispielchen betreiben und wir müssten fraktionsübergreifend etwas tun. Sie bezeichnen meine Worte als zu drastisch. Entschuldigen Sie: Wir sind Oppositionspartei. Wir werden bei sämtlichen Verfahren, die diesbezüglich angewendet werden, völlig außen vor gelassen. Sie bleiben ausschließlich unter sich.
Drastische Worte waren das mitnichten. Wenn Sie sich mehr mit dem Inhalt befassen würden, dann würden Sie merken, dass auch wir hinter unserem Frontallappen ein paar Synapsen haben, die schnapsen können,
und nicht ausschließlich Sie. Diese Arroganz geht mir wirklich auf den Wecker. In meiner Rede zu Ihrem Antrag bin ich schon darauf eingegangen, warum Ihr Antrag uns nicht weit genug geht.
Lassen Sie mich bitte dennoch einige Worte sagen, bevor wir zur Abstimmung kommen. Wir haben diesen Änderungsantrag nicht geschrieben, um Sie zu ärgern,
Wir wollen sehr wohl mit Ihnen gemeinsam – – Das hat nichts mit „neuem Stil“ zu tun, der war immer schon so. Sie haben es nur noch nicht gehört, Herr Piwarz, verdammte Axt!
Ich habe extra „Axt“ gesagt, sonst sage ich etwas anderes. – Ihr Antrag ist nun einmal nicht mehr als ein Berichtsantrag. Das reicht einfach nicht aus. Herr Kollege Zschocke hat auch noch einmal ganz ausführlich begründet, warum das so ist.
Mit Verlaub, Sie haben diese Maßnahmen 2010 aufgeschrieben. Was bisher umgesetzt ist, sind die Studienförderprogramme, die jetzt noch einmal angeführt wurden, sind Approbationen ausländischer Ärzte und ein paar Modellprojekte, die auch nicht von Ihnen ausgegangen sind, sondern von den Kassen. Es kann doch wirklich nicht sein, dass Sie zu keinem anderen Ergebnis kommen als zu einer Prüfung und einer Weiterentwicklung.
Wir brauchen praktische Maßnahmen. Dieser Änderungsantrag ist das Angebot dazu. Daher: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag doch zu. Nehmen Sie sich selbst ernst in Ihren Worten, dass wir fraktionsübergreifend etwas für die Bürgerinnen und Bürger tun sollten – gerade für die Patientinnen und Patienten im Freistaat Sachsen.
Alles andere ist Proporz und ein Befeiern, das an dieser Stelle wirklich völlig unnötig ist, denn das trifft einfach nicht zu. Fragen Sie einmal die Oma auf dem Land. Heute früh sprachen wir über Geburtenstationen. Geburten kann man nun einmal nicht in jedem Fall planen. Dann wäre es schon schön, wenn man bei einer Sectio oder bei einem Blasensprung nicht eine halbe Stunde lang fahren müsste.