Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

(Daniela Kuge, CDU: Weil wir den Wahlkreis gewonnen haben! – Martin Modschiedler, CDU: Weil sie eingeladen waren!)

Weil Sie den Wahlkreis gewonnen haben – das ist Ihre Aussage. Aber es gibt eben nicht Mitglieder erster und zweiter Klasse im Sächsischen Landtag. Sie haben einen Alleinvertretungsanspruch, das ist das Problem in diesem Land.

(Beifall bei den LINKEN – Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Sagen Sie das nicht! Wer hindert Sie denn?)

Es geht weiter mit Ihrem unsäglichen Misstrauen gegenüber politischen Vereinen und Vereinigungen, die nicht unter Ihrer Kontrolle oder in Ihrer Abhängigkeit stehen. Die Extremismusklausel ist und bleibt etwas Demokratiefeindliches. Der unerträgliche Umgang mit Journalistinnen und Journalisten, die sich kritisch zu Ihrer Verantwortung äußern – Stichwort: Literaturfest Meißen –, all das passt in dieses Bild; und es gibt insgesamt wirklich schwerwiegende Probleme, die Sie der Demokratie zuführen.

Wir haben jetzt eine Veranstaltung der Stiftung Frauenkirche zum Forum Frauenkirche: „Sprengstoff (politische) Bildung. Wir müssen besser werden!“ Statt politische

Vertreter aus dem Landtag einzuladen, gibt es nur einen: den Ex-Parlamentarier Michael Kretschmer, der dort seine Position vortragen darf. Das ist politische Kultur in diesem Land!

Ich erinnere Sie an die Dialogforen und Beteiligungsformate zum Schulgesetz. Sie sind durch das Land gezogen und haben den Menschen suggeriert, ihre Meinung würde Sie interessieren. Am Ende haben nur ganz wenige Punkte Eingang in den Gesetzentwurf gefunden. Zu dieser ganzen Reihe von Problemen gehören auch die Biedenkopf-Tagebücher, die steuerfinanziert sind. Dies zeigt, wie Sie es mit dem Staat und dessen Menschen meinen.

Walther Rathenau sagte einmal: „Demokratie ist die Volksherrschaft nur in den Händen eines politischen Volkes, in den Händen eines unerzogenen und unpolitischen Volkes ist sie Vereinsmeierei und kleinbürgerlicher Stammtischkram.“ – Ich glaube, er hat Sie gekannt. Sie müssen wirklich einmal für einige Jahre in die Opposition.

Nun haben wir den Rücktritt des aktuellen Ministerpräsidenten. Vielleicht könnte man ihn als Monarch mit dem Namen „Stanislaw, der Freundliche“ bezeichnen; das wäre ganz schön. Aber was Sie jetzt machen, ist eben nicht, die Politik zu tauschen. Sie ändern Ihre politische Richtung nicht; wir haben es gerade noch einmal gehört. Sie halten Kurs. Sie tauschen lediglich das Gesicht aus, und das ist ein Problem.

(Sebastian Fischer, CDU: Besser zuhören! Das ist eine Radikalisierung!)

Ich finde, je politischer die Menschen sind, desto stärker ist die Demokratie. DIE LINKE wird sich immer für eine Politisierung der Gesellschaft einsetzen. Das werde ich in der zweiten Runde besprechen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Kollege Richter sprach für die Fraktion DIE LINKE. Nun kommt für die SPD Herr Kollege Homann nach vorn.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wie peinlich! Er hat es wirklich nicht verstanden! Du musst jetzt sachlich sein!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es richtig – ich finde es in einer Demokratie immer richtig –, wenn man über die politische Kultur diskutiert – immer –, denn es ist unser gemeinsames Selbstverständnis. Mit „unser“ meine ich nicht das Selbstverständnis der Koalition oder der SPD, sondern das von uns Demokratinnen und Demokraten, wie wir miteinander umgehen.

Auch in dieser Debatte habe ich das Gefühl: Wenn hier vorn jemand über demokratische Kultur spricht, dann meint er immer die der anderen und nie auch die eigene.

Ich denke, das ist gerade in der jetzigen Situation ein falscher Ansatz.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wenn wir von unserer demokratischen Kultur sprechen, dann sprechen wir über die Regeln, die wir uns selbst geben, um Konflikte im positiven Sinne miteinander auszutauschen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundestagswahl ist ein klares Signal, und es wird sich in diesem Land einiges ändern. Wir werden im Bund eine Koalition bekommen, die wir so noch nicht gesehen haben; und natürlich müssen wir auch die Unzufriedenheit in Sachsen zur Kenntnis nehmen.

Das Signal ist klar, und auch unsere Antwort ist klar. Sie wurde in allen Fraktionen wie folgt formuliert: Ein Weiter-so wird es in Sachsen nicht geben.

Ein solches Bekenntnis ist ein klares Signal an die Wählerinnen und Wähler, dass wir es verstanden haben, in diesem Land auch Grundsätzliches infrage zu stellen. Aber etwas infrage stellen zu müssen, bedeutet noch lange nicht, schon Antworten darauf zu geben. Ich habe ein Problem damit, wenn nach so kurzer Zeit – der Rücktritt ist angekündigt, aber noch nicht vollzogen, der neue Ministerpräsident ist noch nicht gewählt, es ist noch nicht einmal klar, ob er gewählt wird – in dieser Situation von uns erwartet wird, dass wir auf die anstehenden Fragen schon jetzt Antworten haben. Das ist in einer solchen Debatte unredlich.

Wir machen es an dieser Stelle richtig, indem wir sagen, wir beschreiben erst einmal die Probleme, die wir sehen und für die wir Lösungen wollen: unbestritten in der Bildungspolitik, bei der Frage der sichtbaren Sicherheit, bei der Frage der Infrastruktur im Bereich des Breitbandausbaus – das bedeutet Mobilität –, bei der Frage, wie stärken wir die Kommunen und wie können wir ein soziales Sachsen, insbesondere im Bereich Pflege, in Zukunft gewährleisten.

Das ist politische Kultur, und zwar dass man erst einmal Probleme benennt, bevor man behauptet, man hätte dafür die Lösung. Deshalb sollten wir an dieser Stelle noch einmal eine Sache klar betonen: Wir haben als Koalition von SPD und CDU in dieser Legislaturperiode schon einiges auf den Weg gebracht. Wir haben ein paar Dinge angepackt. Wir haben 2 000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, wir haben den Polizeiabbau gestoppt und stellen 1 000 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten ein. Wir haben ein „Landesprogramm Schulsozialarbeit“ aufs Gleis gesetzt. Wir haben viele Projekte zusammen angefasst. Wir sollten das nicht kleinreden. Wir sollten auch nicht so tun, als hätten wir nichts geschafft.

Auch Sie als Opposition sollten nicht so tun, als hätten wir nichts geschafft, denn Sie haben uns dafür in vielen Debatten und bei vielen Anträgen auch gelobt. Aber dass man auf der einen Seite einiges geschafft hat, bedeutet doch nicht, dass man sich nicht auch eingestehen kann,

dass wir in diesem Land noch einiges neu anfassen müssen. Das widerspricht sich doch überhaupt nicht.

Für eine politische Kultur ist wesentlich, dass man auf der einen Seite die Dinge verteidigt und hervorhebt, die man gut gemacht hat, und dass man auf der anderen Seite aber auch die Dinge klar benennt, die im Land noch besser werden müssen. Wer behauptet, alles sei gut, der wird der Realität nicht gerecht, und derjenige, der behauptet, alles sei schlecht, wird der Realität auch nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der SPD: Richtig!)

Deshalb ist unser Angebot als SPD – es ist ein Angebot nicht nur für konkrete Inhalte, sondern auch für die politische Kultur – eine neue Entschlossenheit, die Probleme in diesem Land zu lösen. Das ist etwas, womit wir die Menschen in diesem Land neu begeistern können. Es muss sich wieder lohnen, sich in diesem Land zu engagieren: für uns als Parlamentarier,

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und des Abg. Lutz Richter, DIE LINKE)

für die Menschen in den Parteien, für die Menschen in den Vereinen und für die Menschen in den Initiativen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Nach Kollegen Homann spricht jetzt Kollege Urban, AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete und Herr Jalaß! Ein politischer Neuanfang braucht eine neue demokratische Kultur. „Moderne Bürgergesellschaft statt Obrigkeitsstaat“, so der Titel der Aktuellen Debatte.

Liebe Kollegen von der GRÜNE-Fraktion, das ist ein gutes Debattenthema, denn eine Bestandsaufnahme unserer politischen Kultur ist ernüchternd. Die politische Klasse, zu der ich die AfD nicht zähle,

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Neein! – Lachen bei der CDU)

macht seit vielen Jahren eine desaströse Politik zulasten der Bevölkerung,

(Zurufe von der CDU)

eine Politik, die niemals die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gefunden hätte, wenn die Bürgerinnen und Bürger gefragt worden wären oder wenn sie durch Volksentscheide hätten Einfluss nehmen können.

(Zuruf des Abg. Steve Ittershagen, CDU)

Die Euro-Rettungspolitik gegen gültige Verträge und gegen politische Versprechungen, die Deutschland Zug um Zug in eine europäische Transferunion bringt, die Bankenrettung und die Zinspolitik der EZB zulasten der Sparer

(Zuruf von der CDU: Sie müssen mal zum Thema reden!)

und der Steuerzahler hätten nie eine bürgerliche Mehrheit gefunden, die Asyl- und Flüchtlingspolitik, die Grenzöffnung und das faktische Außerkraftsetzen der DublinVerträge, die Gewalt und Terror in unsere Städte gebracht haben, die inzwischen fast täglich zu Vergewaltigungen, Gruppenschlägereien und zu betongeschützten Weihnachtsmärkten geführt haben,

(Zuruf des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU)

die Zwangsfinanzierung von Wind- und Solarstrom durch das EEG, die wissenschaftlich nicht belegten Schadstoffgrenzwerte für Städte und Autos und auch die Autobahnmaut für Pkw, hätten nie eine Bürgermehrheit gefunden, wären die Bürgerinnen und Bürger gefragt worden.

Eine Sozialpolitik, die dazu geführt hat, dass die Hälfte der Bürger dieses Landes heute real weniger Geld zur Verfügung hat als noch vor 15 Jahren, ein Rundfunkbeitrag, der die Menschen zwingt

(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Reden Sie über Sachsen!)

der Rundfunkstaatsvertrag ist übrigens auch von Sachsen unterzeichnet worden –, für staatliche Propaganda auch noch selbst zu zahlen,

(Steve Ittershagen, CDU: Kommen Sie mal zum Thema!)