Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sei mir gestattet, noch einmal auf Herrn Stange einzugehen. Natürlich ist uns bewusst, dass wir uns bei allen Fragen der Datenerhebung und Datenverarbeitung in einem europäischen und weltweiten Kontext bewegen. Es ist die Lebenswirklichkeit einer sich globalisierenden Welt, mit den Vernetzungen von Daten und Technik. Das ist nun einmal so. Dass es überall Anbindungsstrukturen gibt, ist so. Wir müssen uns dem Kontext dieser Fragestellung nähern.

Wir haben Ihnen ergänzend einen Entschließungsantrag vorgelegt, den wir an dieser Stelle formal einbringen. Ich möchte an dieser Stelle insbesondere darauf abstellen, dass für uns klar ist, dass beispielsweise die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten aus nachrichtendienstlichen Telekommunikationsüberwachungen von

Verfassungsschutzbehörden bei Inbetriebnahme künftig nicht Aufgabenbestandteil des GKDZ sind. Ich möchte darauf hinweisen, dass vor dem Hintergrund, dass die Entscheidungs- und Anordnungskompetenz zur Telekommunikationsüberwachung nach den jeweiligen

Polizeigesetzen sowie nach den §§ 100 a ff. Strafprozessordung jeweils in der Hoheit der Trägerländer des GKDZ verbleiben werden, die bestehenden parlamentarischen Kontrollrechte und Möglichkeiten – das war etwas, Herr Lippmann, was Sie gerade vorgetragen haben – der Landtage in den jeweiligen Ländern in vollem Umfang erhalten bleiben.

Wir haben uns in diesem Entschließungsantrag noch einmal auf einige Punkte verständigt, nämlich auf die Frage, ob die polizeilichen Ermittler wie bisher nur Zugriff auf Telekommunikationsüberwachungsdaten aus ihrem Zuständigkeitsbereich haben und über die Bundes- und Ländergesetzgebung hinausreichende Erweiterungen der Befugnisse ausgeschlossen sind, dass es die Landesdatenschutzbeauftragten – – Damit komme ich zu einem Teil Ihrer Kritik, nämlich zu sagen, Sie kaufen die Katze im Sack. In Gottes Namen, was tun wir hier gerade? Wir haben die Rahmenbedingungen beschlossen. Wir haben einen Staatsvertrag vereinbart, der die Grundlagen dafür klärt. Auf diesen Grundlagen soll jetzt die Umsetzung eines zu erarbeitenden Feinkonzeptes erfolgen.

Wenn die GRÜNEN an der Stelle beklagen, dass die Ergebnisse noch nicht vorliegen, ist es doch der Sache immanent, dass ich, wenn ich eine Grundsatzentscheidung und einen Zielkorridor formuliert habe, diese Punkte jetzt mit einem Feinkonzept untersetze.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ein Staatsvertrag ist keine Absichtserklärung!)

Es sei noch einmal klargestellt: Es ist wichtig, dass die Landesdatenschutzbeauftragten der beteiligten Länder vollumfänglich in die Feinplanung, die Errichtung und den Betrieb des GKDZ einbezogen werden und die Überprüfungsmöglichkeit der datenschutzrechtlichen

Vorschriften Bestandteil dieser Zielsetzung sein wird.

(Valentin Lippmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Präsidentin, bitte.

Herr Lippmann.

Sehr geehrter Herr Kollege Hartmann, Sie haben es gerade in Ihrer Koalition mit Absichtserklärungen. Würden Sie mir recht geben, dass ein Staatsvertrag doch mehr ist als eine bloße, im weiteren Verfahren zu untermauernde Absichtserklärung, sondern ein faktisches Gesetz?

Herr Lippmann, ich schließe mich dieser Feststellung an.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Was soll dann die Debatte?)

Der Staatsvertrag hat geregelt, dass wir zusammenarbeiten. Das ist verbindlich. Er hat geregelt – und das ist Kern dieser Diskussion –, dass wir gemeinsam ein logistisches Zentrum für fünf Bundesländer schaffen, das mit dem Parameter Eigenzuständigkeit der Datenverwertung

ausgestattet ist und den Rahmen definiert. Es ist klar, dass jetzt eine Detailplanung kommt. Insoweit geht es um mehr als um eine Absichtserklärung. Es ist aber klar definiert, dass wir die Feinkonzeption unter Beteiligung der entsprechenden parlamentarischen Gremien einschließlich der Frage der datenschutzrechtlichen Belange weiter vertiefen werden. Sie bauen ein Szenario auf, das in sich eher implementiert, als dass es um die Ausweitung von Befugnissen und Datenverwertung geht.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Sie haben nicht zugehört!)

Das ist es aus unserer Sicht eindeutig nicht. Wir stellen in unserem Entschließungsantrag klar, was die Zutrittsrechte der Abgeordneten aller beteiligten Landtage zum GKDZ betrifft, nämlich, dass jeder Abgeordnete im Rahmen seiner Zutrittsmöglichkeit, wie sie in den landesrechtlichen Bestimmungen stehen, den Zugriff hat.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das haben wir in Sachsen gar nicht!)

Wir ersuchen dazu in unserem Entschließungsantrag um eine regelmäßige Berichterstattung. Wir glauben, dass das den Zielkorridor klar beschreibt. Wir glauben auch, dass wir keine Angst davor haben müssen, diesen Prozess zu begehen.

Abschließend noch einmal eine Feststellung: Es geht nicht um die Frage, Befugniserweiterung zu betreiben. Es geht um die Frage, ob fünf Länder eigenständig ein solches Zentrum errichten oder ob wir ein gemeinsames Zentrum schaffen. Deshalb bitten wir um Zustimmung zum Gesetz und zu unserem Entschließungsantrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Eine Kurzintervention; Herr Stange, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich will zunächst eines sagen: Wir waren gemeinsam in einer Anhörung. Dazu gab es noch einen geheimen Teil. Aus diesem geheimen Teil, um mit dem Bundesinnenminister zu sprechen, darf ich hier nicht vortragen, weil Teile dieses Vortrags die Bevölkerung verunsichern könnten.

Fakt ist, dass genau in diesem geheimen Teil der Anhörung Zweifel, die wir in der öffentlichen Anhörung geäußert haben, bestätigt wurden, dass es eben nicht nur ein rein technischer Vorgang ist, sondern die Möglichkeit besteht, bereits vorausgehend analytische Tätigkeiten an den Daten vorzunehmen. – Erstens.

Zweitens. Es wird hier von Datentöpfen gesprochen. Es ist ja immer nett, bei einer Festplatte sind es logisch fünf Datentöpfe; ist auch hübsch. Die Innenminister sprechen jetzt von einem Datenhaus beim Bund, wo alles hinterlegt werden soll. Dazu machen wir noch bei den Vorgangsbearbeitungssystemen entsprechende Interoperabilitäten,

sodass jeder Polizeibeamte im Grunde auf alles zugreifen können wird. Schön! Da frage ich mich ernsthaft, wie das mit diesem Staatsvertrag überhaupt noch zusammengeht.

Dritter Punkt. Die Anstalt öffentlichen Rechts wird eigene Mitarbeiter bestellen können unter ihrem Arbeitsvertrag. Die könnten – theoretisch – am Montag sächsische Daten bearbeiten, am Dienstag thüringische Daten. Jetzt frage ich mich, was das mit der mandantengenauen Trennung überhaupt noch zu tun hat. Nichts!

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Herr Hartmann, können Sie darauf antworten?

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Herr Lippmann hat das schon richtig erkannt. Noch einmal ganz kurz dargestellt: Es sind Fragestellungen aufgeworfen worden, ob nicht theoretisch möglicherweise eventuell damit hundertprozentig ausgeschlossen sein könnte, dass eventuell doch... Natürlich kann man das zum jetzigen Zeitpunkt in der Frage so nicht ausschließen.

Insoweit verweise ich an dieser Stelle noch einmal auf die Feinplanung. Es geht um den Grundsatz, um die Umsetzung und die Steuerung im Feinkonzept unter Beachtung der Mitwirkung der datenschutzsensiblen Bereiche einschließlich der Datenschutzbeauftragten. Deshalb halten wir den Zielkorridor, wie er hier vorliegt, für sinn- und sachgemäß.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir fahren weiter fort. Herr Abg. Bartl für die Linksfraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz so banal und rein technisch, Kollege Hartmann oder auch Kollege Pallas, wie Sie das hier dem Publikum vermitteln wollen, ist es nun doch nicht.

Das, worüber wir sprechen, ist die Installation einer bundesländerübergreifenden Anstalt oder Institution in Form einer rechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts, deren tagtägliches Brot es ist, in der Regel geheim einen Eingriff in das Grundrecht des Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Artikel 10 Grundgesetz bzw. Artikel 27 der Verfassung vorzunehmen. Das ist es, worüber wir entscheiden und wofür wir den Rahmen setzen.

Der Schutz des gesprochenen Wortes, der Kommunikation zwischen den Menschen, ist in dieser Republik von jeher ein essenzielles, ein prägendes Grundrecht. Deshalb ist die Liste der Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Bundesverfassungsgericht und vor den Verfassungsgerichten der Länder gerade wegen der Eingriffe in dieses Grundrecht auf Schutz des Fernmeldegeheimnisses geführt worden sind, unendlich lang. Meist obsiegten die Eingriffsbetroffenen.

Ich bin genug Jurist und auch genug Rechtspolitiker, um zu wissen, dass Telekommunikationsüberwachung, wenn sie verantwortlich, sensibel und stets mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit im Hinterkopf geschieht, zur Verbrechensbekämpfung oder Vorbeugung gegenüber schweren, die Gesundheit oder das Leben gefährdenden Straftaten unentbehrlich ist. Das ist kein Streitpunkt.

Aber das, was ein Teil der Mitglieder des Hohen Hauses leichten Fußes und im Gottvertrauen auf Unbedenklichkeitsfürsprecher heute beschließen will, eröffnet eine neue Dimension technikgestützter Eingriffe des Staates in einen wesentlichen und sensiblen Grundrechtsbereich. Das ist der Kern des Geschäfts.

Die Behauptung, dass dadurch nicht mehr die Landeskriminalämter oder sonstige Beauftragte der Polizeibehörden der Länder die TK-Überwachung vornehmen, sondern die Datensammlung über das GKDZ erfolgt, das die gesammelten Daten an die zuständigen Polizei- und Justizdienststellen der angeschlossenen Länder zur Auswertung und Nutzung in den Verfahren zur Verfügung stellt, während sich ansonsten eigentlich nichts ändert, ist reine Augenauswischerei.

Sind Sie denn ernsthaft der Auffassung, Kollege Pallas, dass mit dieser hoch institutionalisierten digitalen Verfahrensbearbeitung keine Unterschiede qualitativer Art für die Beteiligten am Strafverfahren im Verhältnis zur analogen Aktenführung im Zuge der Ermittlungen zu Strafverfahren eintreten?

(Albrecht Pallas, SPD: Das muss festgestellt werden, deswegen der Entschließungsantrag!)

Ich rede über das Gesetz. Das Gesetz bindet die Rechtsgemeinschaft, den betroffenen Bürger, den Polizisten, den Staatsanwalt, den Richter, nicht die Entschließung, so wichtig sie sein mag.

Sind Sie wirklich der Auffassung, dass für den verfahrenszuständigen und -bearbeitenden Staatsanwalt als Leiter des Ermittlungsverfahrens, für den zur Wahrnahme des Richtervorbehalts zuständigen gesetzlichen Richter, sei es der Ermittlungsrichter oder der Tatrichter, oder etwa gar für den am Verfahren zur Wahrung der grundgesetzlich geschützten Verteidigungsrechte eines Verdächtigten, Beschuldigten oder Angeklagten mitwirkenden Verteidiger keine Neuigkeiten erkennbar sind, sich keine Unterschiede ergeben? Wenn Sie das meinen, sind Sie bestenfalls nicht nur digital naiv.

(Albrecht Pallas, SPD: Begründen Sie einmal Ihren Vorwurf, dass genau das passiert, was Sie hier vermuten!)

Wir leben in einer Zeit, in der viele Lebensprozesse, so auch die Strafverfahren, von der analogen zur digitalen Bearbeitung mutieren. Das ist Fakt. Die Vorbereitung der an den Rechtsprozessen, Rechtsakten und Rechtsverfolgungsmaßnahmen Beteiligten darauf ist aber höchst unterschiedlich. Sie steckt in weiten Teilen noch in den Kinderschuhen.