Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Ich möchte darauf antworten, Herr Wendt. Sie haben mir nicht zugehört. Wenn Sie sich hier hinstellen und sich von den Sätzen, die Björn Höcke gesagt hat, dass er Zuwanderung grundsätzlich ablehnt, nicht distanzieren, dann sind Sie in meinen Augen sozusagen nicht glaubwürdig.

Auch was das Zuwanderungsgesetz und Ihre Rede jetzt zur Einbürgerungskampagne anbelangt, müssen Sie sich dann schon einmal entscheiden: Entweder wollen Sie ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht, das die Zuwanderung erleichtert, oder Sie wollen es nicht.

Wir hatten hier eine Veranstaltung, bei der hatten wir tatsächlich ausländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Unternehmen. Sie haben in der Zeit, in der sie hier in Sachsen sind, mehr für dieses Land getan, als Sie es je tun werden.

Wenn Sie sich nach acht Jahren hier einbürgern lassen oder vielleicht sozusagen noch den letzten Anstoß über solch eine Einbürgerungskampagne benötigen, dann ist das doch gut für unser Land. Sie wollen das nicht.

(André Barth, AfD: Dann haben Sie aber Herrn Wendt nicht zugehört! – Petra Zais, GRÜNE: Nein, Sie hören nicht zu! So ein Käse! Gucken Sie einmal in Ihre eigenen Papiere!)

So. Frau

Dr. Muster, bitte.

(André Barth, AfD: Und Herr Höcke ist kein Strippenzieher in der AfD! – Valentin Lippmann, GRÜNE: Den kennen Sie gar nicht! – Zuruf der Abg. Petra Zais, GRÜNE – Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir würden gern fortfahren! Ich kann auch noch ein bisschen warten. Frau Dr. Muster?

(André Barth, AfD: Die Bundestagsfraktion der LINKEN beschäftigt auch fragwürdige Leute! – Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Haben Sie gerade „auch“ gesagt? Das ist ja interessant! – Juliane Nagel, DIE LINKE: Ach erzählen Sie doch nicht! – Anhaltende Unruhe)

Frau Dr. Muster, Sie stehen aber auf meiner Liste. – Ich frage jetzt einmal, wer noch sprechen möchte. Herr Barth, möchten Sie noch zur Diskussion sprechen

(Zuruf: Bitte!)

oder vom Platz aus alles machen? – Gut. Wer hätte denn noch Interesse daran, hier vorn zu sprechen? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin, bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Mit dieser doch schon sehr unüblichen Großen Anfrage bestand offensichtlich der Anspruch, meinen Geschäftsbereich einmal von vorn bis hinten zu durchleuchten. Das mutet im ersten Moment ambitioniert und ganz besonders investigativ an. Ich weiß nicht, ob schon jemals ein sächsisches Ministerium so umfangreich und im Einzelfall betrachtet wurde.

(Zuruf von der CDU: Doch, vom Rechnungshof!)

Doch bis auf den enormen Arbeitsaufwand, den die Beantwortung verursacht hat und für den meinen Kolleginnen und Kollegen bereits gedankt wurde, kann ich, ehrlich gesagt, ausgesprochen zufrieden sein; denn das, was wir bis zum Zeitpunkt der Beantwortung zusammengetragen haben, spricht für sich. Was Sie vorgelegt bekommen haben, ist das verschriftlichte Resultat einer dreijährigen konsequenten Arbeit in meinem Geschäftsbereich, basierend auf dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien CDU und SPD. Es ist die Summe unserer gemeinsamen Bemühungen, Integration zu ermöglichen, Demokratie zu stärken und Vielfalt und Gleichstellung in allen Lebenslagen zu leben.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Doch noch viel wichtiger als das, was wir seit Einrichtung meines Geschäftsbereichs im Jahre 2014 getan haben, ist doch das, was wir seitdem gelernt haben. Was wissen wir also nach drei Jahren SMGI? Wir wissen, dass Gleichstellung mehr als nur die Gleichstellung von Mann und Frau ist, sondern die Akzeptanz der Vielfalt der Lebensentwürfe und Lebensläufe.

Gleichstellungspolitik ist kein singuläres Frauenthema, wie leider so oft versucht wird darzustellen. Es betrifft Frauen und Männer, Junge und Alte, Homosexuelle und Heterosexuelle und richtet sich selbst an AfD-Männer und die blauen Frauen.

(Heiterkeit bei der SPD – Vereinzelt Beifall)

Ich meine es ernst. Moderne Gleichstellungspolitik sollte auf der Höhe der Zeit sein und muss vom Staat gezielt unterstützt werden. Das tun wir beispielsweise durch die Förderung von Existenzgründerinnen im ländlichen Raum oder durch die Unterstützung sächsischer Jungen- und Männerarbeit. In diesem Zusammenhang darf ich durchaus erwähnen, dass auch einer Ihrer Kollegen bei einem solchen Besuch dabei war und dort die Arbeit ausdrücklich gelobt hat; das einmal so ganz nebenbei.

(Zuruf von den LINKEN: Namen!)

Aber was haben wir noch gelernt? Wir wissen, dass eine gelingende Integration letztendlich den wichtigsten Beitrag zur Wahrung der inneren Sicherheit bildet. Deshalb haben wir uns von Anfang an um alle Migrantinnen und Migranten gekümmert – um diejenigen, die seit 30 Jahren im Land leben, diejenigen, die als EU-Staatler gekommen sind und genauso um die Geflüchteten der letzten drei Jahre.

Ein Weiteres: Ja, jede Person, die sich hier aufhält, sollte von uns beraten, bei Bedarf betreut und für den Zeitraum ihres Aufenthaltes als Teil unserer Gesellschaft betrachtet werden.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Wenn wir das nicht tun, sind die gesellschaftlichen und damit auch die finanziellen Kosten – Sie haben in Ihrem Antrag ja sehr viel von Kosten gesprochen –, die wir später zu tragen haben, unkalkulierbar.

Was ist darüber hinaus wichtig in der Integration? Wir fördern und fordern, denn Integration ist keine Einbahnstraße. Menschen, die zu uns kommen, sollten die richtigen Startchancen erhalten. Ihnen muss aber auch bewusst sein, dass sie diese ergreifen müssen, wenn tatsächlich Integration stattfinden soll. Deshalb fördern wir Sprache, unterstützen die Kommunen und fangen mit unserer Form der Erstorientierung sofort in den Erstaufnahmeeinrichtungen an.

Ich sagen Ihnen allen ebenso deutlich das, was wir noch gelernt haben: Mit unseren Integrationsangeboten nehmen wir keinen Einfluss auf den Aufenthaltsstatus. Wir wollen eher dafür sorgen, dass die Menschen unabhängig davon,

wie lange sie in unserem Land leben dürfen, konfliktfrei, selbstständig und im Wissen um unsere Sprache und Grundwerte zwischen und mit uns leben können.

Dann lassen Sie mich noch schnell ins dritte große Feld meines Geschäftsbereiches schauen. Was haben wir in der Demokratieförderung gelernt? Demokratie gilt es immer wieder neu zu erlernen. Noch besser: Sie sollte erlebt werden. Wir wissen, dass Demokratie von den Menschen in unserem Land als mehr verstanden wird als nur darin, ihre demokratischen Grundrechte wahrzunehmen. Für sie geht es offensichtlich auch um Qualität der Entscheidungen, Fragen von sozialer Sicherheit, von Gerechtigkeit, von Abstiegsängsten und Zukunftshoffnungen. Deswegen fördern wir demokratisches Engagement, unterstützen Träger, die sich für unser Gemeinwesen und für Dialog einsetzen; denn Demokratie lebt von Demokratinnen und Demokraten.

Wir müssen leider miterleben, dass einige Führungspopulisten zwar die Flüchtlinge, Muslime und Europabefürworter für alles verantwortlich machen. Wir wissen jedoch genau, dass nicht wenige tief greifende Enttäuschungen, Verletzungen und Demütigungen schon jahrzehntelang in unserer Bevölkerung verankert sind. Es ist unser aller Aufgabe, die Lebensleistung der Menschen vor allem hier im Osten wieder stärker anzuerkennen. Wir müssen und werden uns in der Aufarbeitung der Nachwendezeit wenden müssen. Demokratie braucht alle; da dürfen und werden wir niemanden zurücklassen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Zum Abschluss allerdings lassen Sie mich noch eines sagen. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei denjenigen bedanken, die das nicht nur alles zusammengetragen haben, sondern die es zuallererst einmal geschaffen haben. Ich weiß, dass wir auch hier in diesem Hohen Haus nicht selten über bürgerfreundliche Verwaltungen, über engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über schnelle und möglichst verständliche Kommunikation sprechen. Ich bin stolz auf mein kleines, feines Haus, auf höchst motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen ich weiß, dass sie viel zu oft an die Leistungsgrenze gehen und dass sie stetig den Anspruch haben, am Puls der Zeit zu sein sowie Probleme zu lösen und nicht nur zu beschreiben. Das ist das, was Sie nicht in der Beantwortung der Großen Anfrage finden; doch das ist das, was mein Haus ausmacht.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Wir werden auch die kommenden Jahre nutzen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land weiter zu stärken. Ich danke Ihnen allen, die dabei fachlich, kollegial und konstruktiv mit uns zusammenarbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Behandlung der Großen Anfrage ist beendet.

Wir kommen jetzt zum Entschließungsantrag der AfDFraktion in der Drucksache 6/11530. Ich bitte um Einbringung – Herr Spangenberg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Zais, das Recht auf Gleichberechtigung wird von uns nicht bestritten; aber gleichstellen können Sie keinen Menschen: Jeder Mensch ist individuell. Auch Zwillinge sind nicht gleich, sondern sehen nur gleich aus. Jeder ist eine eigene Person. Sie können nur Gleichberechtigung fordern, aber keine Gleichstellung. Das geht überhaupt nicht.

Außerdem muss ich fragen: Warum beschimpfen Sie die Frauen, die Teilzeitarbeit machen wollen oder sich für Kinderbetreuung entscheiden? Das ist deren Privatangelegenheit. Gewöhnen Sie sich doch einmal Ihre diktatorischen Vorstellungen aus einer anderen Zeit ab, die wir überwunden geglaubt haben. Darüber, meine Damen und Herren, sollten Sie einmal nachdenken.

Ich gehe einmal kurz auf diesen Antrag ein: Der Landtag stellt fest, dass zum Beispiel Frauenförderung zumindest indirekt Männer benachteiligt. Hiermit geht es schon in der Schule los; ich habe darüber schon einmal gesprochen: Die Jungs haben Lernschwächen und Leseschwächen, sind benachteiligt und haben die geringeren Bildungsabschlüsse. Dazu kommt aus Ihrem Ministerium überhaupt nichts, darüber habe ich nichts gehört. Außerdem haben Männer die ganze Dreckarbeit in diesem Land zu leisten und werden aus Gründen der Arbeitsgefährdung im Beruf häufiger frühverrentet usw.; das kennen wir alles. Dazu kommt überhaupt nichts.

Dann sollte der Landtag feststellen, dass Sexualität jedermanns eigene Angelegenheit ist und grundgesetzlich durch das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit, speziell durch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, geschützt wird. Das heißt, keine Indoktrination durch den Staat; Sexualität und Lebensweise sind Privatsache.

Da stellen wir wieder fest, dass die Umsetzung des Landesaktionsplans zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen zu einer verfassungswidrigen Indoktrination von Kindern in den Kindertageseinrichtungen und Schulen führt. Darüber gibt es das sogenannte WinterhoffGutachten, festgestellt auch noch einmal vom Bundesverfassungsgericht, das noch einmal feststellt, dass die elterliche Gewalt über die Kinder immer über dem steht, was die Schule will. In diesem Fall verstoßen Sie dagegen: „Das staatliche Erziehungsrecht ist gleichrangig bzw. stehen als Eltern noch darüber.“

Zur Akzeptanz will ich nur eines noch einmal deutlich sagen: Wir akzeptieren das nicht, wir tolerieren das. Das ist ein ganz gewaltiger Unterschied zur Akzeptanz.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Nicht einmal das tun Sie!)

Lassen Sie einmal, Frau Buddeberg; ich komme schon klar. Ich toleriere das, aber akzeptieren muss ich das nicht. Warum denn? Wir tolerieren das, und damit ist die Sache auch ausreichend formuliert.

Der Antrag stellt weiterhin fest, dass die Integration kein gesamtgesellschaftlicher Prozess ist, den es zu fördern gilt – ihn sollten wir nicht fördern –; vielmehr ist Integration die Anpassung des Integrationswilligen an die örtlichen gesellschaftlichen Gegebenheiten usw.

(Geert Mackenroth, CDU: Das ist Assimilation!)

Das heißt übersetzt, das ist Bringepflicht von Ausländern, aber nicht, dass wir uns da groß in Stellung bringen müssen. Erst wollen wir einmal, dass von den Leuten etwas kommt, die zu uns kommen wollen, und dann können wir auch etwas tun, aber nicht so herum, wie Sie das wollen.

Dann wollen wir noch einmal Folgendes feststellen: Der Landtag stellt fest, dass unter dem Deckmantel der Demokratieförderung zumeist Organisationen und Projekte –