Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Insoweit will ich es an einem Beispiel deutlich machen, das nichts mit der Grenzkriminalität zu tun hat. Wenn in der Neustadt in Dresden an der einen oder anderen Stelle eine Graffiti-Schmiererei festgestellt wird, dann ist die Aufregung relativ geringer, als wenn es beispielsweise in meiner Ortschaft Langebrück stattgefunden hat. Dann wird sofort eine ganz andere Diskussion über das subjektive Sicherheitsgefühl geführt, obwohl im Deliktvergleich kein wesentlicher Unterschied erkennbar ist. So ist es aber eben auch in den Regionen, die auf einmal mit besonderen Kriminalitätsschwerpunkten zu kämpfen haben.

Was tut der Freistaat Sachsen gegen die Kriminalitätssituation im Allgemeinen und insbesondere im Bereich der Grenzen?

Im Zusammenhang mit dem Wegfall der stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zur Tschechischen Republik und zur Republik Polen am 31. Dezember 2007 beschloss der Freistaat Sachsen das Programm zum Aufbau einer grenzbezogenen Sicherheitsarchitektur, welches in den letzten Jahren sukzessive erweitert wurde. Dieses beinhaltet unter anderem folgende Maßnahmenkomplexe.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Präsident, ich gestatte.

Bitte, Herr Kollege Barth.

Recht herzlichen Dank, Herr Hartmann. Folgende Frage an Sie: Wir haben es vorhin mit den Versicherungen gehört, dass die Sachversicherungen im grenznahen Raum erheblich teurer geworden sind im Vergleich zu den durchschnittlichen Kosten sachsenweit. Herr Baum kannte dieses Problem nicht.

Jetzt bitte die Frage.

Ich möchte jetzt von Ihnen wissen: Ist Ihnen das Problem bekannt und gehen Sie selbst davon

aus, dass die Versicherung nicht aufgrund eines subjektiven Sicherheitsgefühls solch eine Risikoeinschätzung vornimmt, sondern Versicherungen eher aufgrund einer objektiven Sicherheitslage solch ein Risikomanagement vornehmen?

Herr Barth, ich nehme zur Kenntnis, dass Versicherungsmathematiker für die empfehlenden Einzugsbereiche für Versicherungen regionalspezifische Bewertungen unterschiedlicher Versicherungsschwerpunkte vornehmen.

Ich musste auch misslich zur Kenntnis nehmen, dass ich in der Bewertung der Schadensklassen für die KfzVersicherung

(Zuruf von der CDU: Regionalklassen!)

der Regionalklassen für die Kfz-Versicherung – im Übrigen auf der Grundlage der Gesamtbewertung auch höhergestuft worden bin, während es im Nachbarbereich heruntergegangen ist.

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Ich rede von der Regionalklasse, nicht von der Schadensfreiheitsklasse. Damit habe ich aber auch Erfahrungen.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Beifall bei der CDU)

Das gehört zur Wahrheit auch dazu.

Natürlich ist es eine Frage, wie feingliedrig Versicherungen bestimmte Schwerpunktbereiche beurteilen. Natürlich ist es so – das hat keiner von uns in Abrede gestellt –: Wenn wir Gemeinden haben, die bei 2 000, 3 000 Einwohnern eine höhere Kriminalitätsbelastung haben, dann wird das versicherungsarithmetisch eine Folge haben. Wir reden aber über eine Gesamtbeurteilung und über Schwerpunktbereiche. Deswegen – das habe ich gesagt – hat die Statistik allein keinen Aussagewert, weil wir auch an dieser Stelle regionale Schwerpunkte und Probleme haben.

Nur das Schüren einer allgemeinen Kriminalitätsbedrohung und von Angst entspricht nicht der objektiven Bewertung der Gesamtsituation. Wir reden über regionale Schwerpunkte.

Eine weitere Zwischenfrage.

Herr Präsident, gern. Danke.

Bitte, Kollege Wippel.

Sehr geehrter Kollege Hartmann, Sie haben uns Beispiele genannt, wenn Kriminalität zum Beispiel auf Autobahnen aufgenommen wird. Wie viele Betriebsstätten haben Sie denn schon über die Autobahn fahren sehen, zum Beispiel in Form von Tischlereien oder Gaststätten?

(Heiterkeit bei der AfD)

Sehen Sie, das ist die Schwierigkeit: Sie fragen, bevor Sie denken.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der SPD – Beifall des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Sie hätten mir vielleicht auch Gelegenheit geben können, darauf in meinen Ausführungen zu antworten, aber ich nutze jetzt die Gelegenheit, an dieser Stelle zu antworten.

Vielleicht ist es auch hilfreich für Ihren Kollegen, der vorhin die Frage gestellt hat. Mit der Betriebsstätte ist es ja so eine Sache. Selbst wenn Sie eine Firma in Dresden haben, die eine Leistung an der Grenze ausübt, dann ist es keine Verlagerung der Betriebsstätte. Die Betriebsstätte ist da, wo sie ist. Es ist eine Fragestellung, welche Ausrüstung, welche Technik der Firma irgendwo im Einsatz ist und wie sie bedroht ist. Insoweit ist es für die Gesamtbewertung völlig unerheblich.

Um Ihren Bezug zur Grenzsituation herzustellen – ich bin bei dem, was der Kollege von der LINKEN vorhin nicht zu Unrecht gesagt hat,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herr Stange!)

dass nämlich, wenn wir über Kriminalitätsbelastung reden, eine pauschale Begrenzung auf die Grenzregion der Gesamtsituation nicht Rechnung trägt, weil wir natürlich auch in den großen Städten und in anderen Regionen Sachsens unterschiedliche Kriminalitätsformen und -schwerpunkte haben und zwangsläufig auch über die Frage der Einwohnerzahlen und der Menge von Einrichtungen unterschiedliche Belastungsschwerpunkte ausmachen.

Deshalb ist eben auch – das ist vom Kollegen Stange vorhin nicht zu Unrecht gesagt worden –, wenn man über das Thema diskutiert, ein gesamtfreistaatlicher Ansatz zu wählen und keine Beschränkung auf eine einzelne Region.

Gleichwohl – darum geht es an dieser Stelle – erkennen wir die Belassungssituation im grenznahen Raum an und die Notwendigkeit, auch an dieser Stelle zu handeln und Maßnahmen zu ergreifen. – Damit würde ich die Beantwortung der Frage beenden und mich wieder auf meine Rede und den anschließenden Punkt, nämlich die Maßnahmenkomplexe, konzentrieren.

(Einzelbeifall bei der CDU – Jörg Urban, AfD: Endlich!)

Wir haben die Gemeinsame Fahndungsgruppe Elbe seit dem 1. Juli 2013. Wir haben die gemeinsame Fahndungsgruppe Neiße seit dem 1. Juli 2010, wobei jeweils grenzübergreifend mit den Kollegen der tschechischen bzw. polnischen Polizei Hand in Hand zusammengearbeitet und den Fragen der grenzüberschreitenden Kriminalität verstärkt nachgegangen wird.

(Sebastian Wippel, AfD: Das machen sie gut!)

Wir haben die gemeinsamen Fahndungsgruppen der Bundes- und Landespolizei. Seit dem Jahr 2008 gibt es die Gemeinsame Fahndungsgruppe von Bundes- und Landespolizei in den sächsischen Polizeidirektionen mit Grenzbezug. Darin arbeiten auch Beamte des Bundes und des Landes gemeinsam. Dazu gehören auch Einsatzschwerpunkte im Bereich der Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen.

Seit dem Jahr 2014 gibt es den deutsch-polnischen Polizeivertrag, seit dem Jahr 2015 den deutsch-tschechischen Polizeivertrag. Hierin haben wir die Handlungsspielräume geregelt, die den Polizeibeamten beider Staaten gegenseitig die Möglichkeiten der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr bis einschließlich der Nacheile ermöglichen. Das schließt unter bestimmten Umständen eben auch die Einschränkung der gegenseitigen Hoheitsbefugnisse ein, nämlich beispielsweise Identitätsfeststellung, Nacheile und vorläufige Festnahme.

Zu weiteren Maßnahmen mit Fokus auf die Sicherheit in den Grenzregionen gehört beispielsweise auch ein zweiter Einsatzzug für die Polizeidirektion Görlitz, der im Jahr 2015 realisiert wurde. Die Polizeidirektion Görlitz wird bereits mit Blick auf die Grenzlage zu Tschechien und Polen mit Personal verstärkt.

In Sicherheitsstammtischen in Städten der Grenzregion geht es außerdem um die Sicherheit vor Ort. Das heißt, es gibt entsprechende Gesprächskreise und Abstimmungen zwischen der kommunalen und polizeilichen Arbeit mit der Wirtschaft vor Ort einschließlich der Frage von Diebstahlprävention. Sie werden gleich merken, dass das nicht unwesentlich ist, wenn es um die Frage geht, nicht nur über neue Maßnahmen zu reden, sondern vor allen Dingen auch auf bestehende Angebote und Maßnahmen zurückzugreifen.

Wir haben weitere Projekte in Planung und Umsetzung. Ich möchte nur erinnern an das Pilotprojekt der Görlitzer Polizeidirektion zur Videoüberwachung der Grenzbrücken nach Polen, speziell der Grenzbrücken in Görlitz, Hagenwerder und Ostritz. Das Projekt wurde mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 beschlossen und befindet sich in der Umsetzung, ebenso die Frage der Einführung automatischer Kennzeichenlesesysteme.

Zum Thema Prävention: Das Landeskriminalamt hat das Präventionsangebot „Sicheres Handwerk“ ins Leben gerufen, gemeinsam mit der Handwerkskammer Dresden und den Polizeidirektionen Dresden und Görlitz. Es wurden Checklisten speziell für Handwerksbetriebe entwickelt, mit welchen sicherheitsrelevante Bereiche überprüft und Sicherheitsdefizite erkannt werden können. Also auch hiermit unterstützt das Landeskriminalamt die Wirtschaft in Kooperation mit den berufsständischen Kammern. Ich möchte konstatieren. An dieser Stelle bedarf es Ihres Mitwirkens offensichtlich eher weniger.

Im Übrigen – weiter – können in dem Bereich der Sicherheitsdefizite überprüft werden: Objekt, Gebäudeschutz, Überfall- und Einbruchmeldeanlagen, Zugangskontrollen, Zugangssysteme, Wertsachen, Wertgegenstände, Baustel

lenfahrzeuge und Baumaschinen, was gerade in speziellen Regionen eine besondere Belastung ist. Es ist eben tatsächlich so, wenn Ihnen der Mähdrescher vom Feld geklaut wird oder die Maschine, dann hilft Ihnen das allgemeine Gerede nicht. Deswegen müssen wir an dieser Stelle auch handeln.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eine Vielzahl weiterer Informationsangebote bereitgestellt, die Sie alle auch über das Landeskriminalamt, über die Internetseiten, oder auch über die Handwerkskammern abfragen können. Zudem unterhält die Polizeidirektion vor Ort engen Kontakt zu den Handwerkern und Unternehmen der Grenzregion. Das ist übrigens auch Ausfluss Ihrer Begründung, auf die Sie sich ja konzentrieren, nämlich der Umfrage der Handwerkskammer zu Dresden für ihren Kammerbezirk.

Hier ist im Übrigen festzustellen, dass die Unternehmer, die sich beteiligt haben – und das wird auch von der Handwerkskammer so attestiert –, die Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei als gut einschätzen, dass es einen kooperativen Austausch gibt und dass die Polizei im Schadensfall schnell zur Stelle ist und sich durchaus als verlässlicher Ansprechpartner gezeigt hat.

Es wird aber darauf hingewiesen, dass es an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf gibt. Und auch der Begriff, den ich Ihnen jetzt nenne, ist nicht neu, sondern heute und in den vergangenen Wochen schon häufiger gefallen, die sichtbare Sicherheit. Es wird darauf hingewiesen, dass wir mehr sichtbare Präsenz der Polizei vor Ort gewährleisten sollen. Das hat auch etwas mit der Anregung Zivilstreifen versus uniformierte Polizeibeamte zu tun. Präventionsangebote werden zu wenig genutzt, weil sie oftmals zu wenig bekannt sind, beispielsweise auch die Beratung des Landeskriminalamtes für mehr Sicherheit. Insoweit ist auch hier Information ein entscheidender Punkt, an dem wir weiter arbeiten werden.

Es geht, und das ist der Gegenstand dieses Antrages, auch um die Frage der Förderung von sicherheitsrelevanter Technik für Unternehmen. Zurzeit ist das nur über Darlehen möglich, dies ist aber auch für Kleinunternehmen und Handwerker oftmals nur schwierig nachzufragen. Und insoweit sage ich Ihnen ganz klar, und eben nicht nur bezogen auf die Grenzregion, wir haben in der Vergangenheit, im letzten Haushalt ja auch, die Möglichkeiten für die Förderung von Sicherheitstechnik geschaffen. Wir werden in der weiteren Folge auch darüber nachdenken müssen, dass wir für Kleinunternehmen und Unternehmen mit besonderer Belastung eine entsprechende Unterstützung in geeigneter Form finden, um sie genauso dabei zu unterstützen. Auch das bedarf an dieser Stelle nicht Ihres Antrages, denn es geht hier um einen ganzheitlichen Ansatz im Kontext auch mit dem Bundesprogramm und den entsprechenden Angeboten.

Deshalb ist uns das Thema nicht neu. Sie haben uns aber Gelegenheit gegeben, nochmals darzustellen, was aus unserer Sicht notwendig und erforderlich ist. Sie können