Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Jahre haben wir vergebens darum gerungen, die soziale Wohnraumförderung in Sachsen tatsächlich wieder zu beleben, also sprich: den sozialen Wohnungsbau. Die Sächsische Staatsregierung hat über viele Jahre die Gelder in den Wohnraumförderfonds und damit größtenteils in die Eigentumsförderung gesteckt. Auf der Strecke blieb die Sorge des Freistaates um die Wohnraumversorgung für die unteren Einkommensgruppen.

Noch im wohnungspolitischen Konzept „Wohnen in Sachsen 2020“ vom März 2014 – das ist im Übrigen, wenn ich mich nicht irre, immer noch in Kraft, Herr Staatsminister, da müsste man vielleicht noch einmal überarbeiten – ist vom klassischen Wohnungsbau nichts zu lesen. Stattdessen waren Förderdarlehen das Mittel der Wahl. Die Kostensteigerung aufgrund energetischer Sanierung, Kostensteigerung aufgrund knapper werdender Wohnungen in der Logik des Marktes sowie die fehlende Leistungsfähigkeit von Haushalten mit niedrigem Einkommen waren nicht im Fokus der Staatsregierung.

Es war zunächst also durchaus ein Erfolg, dass die Regierung, das Innenministerium über eine Zuschussförderung zurück zur Wohnraumförderung für die Gestellung von Mietwohnungen zu günstigen Mietpreisen nachgedacht hat. Allerdings scheint im Ergebnis auch aus dem Blick der Praktiker das SMI bei der Gestaltung der Richtlinie doch etwas aus der Übung.

Der vorliegende Antrag zählt eine ganze Reihe von Kritiken auf, die so oder ähnlich tatsächlich von kommunalen Wohnungsgesellschaften, von Genossenschaften und privaten Wohnungseigentümern geäußert wurden.

Es ist wohl mehr als deutlich – ich kann mich da auf die Antworten der Staatsregierung auf die Kleinen Anfragen, Drucksachen 6/10140, 6/11362 und 6/11363, beziehen –, dass die Abrechnungszeiträume und Modalitäten an die

Praxis anzupassen sind. Es gibt durchaus böse Zungen, die der Auffassung sind, die Richtlinie wäre eher zur Verhinderung des sozialen Wohnungsbaus geeignet. Dem würde ich mich so nicht anschließen.

Es war von Beginn an klar, dass nicht im ersten Jahr des Programms auch die ersten Wohnungen gebaut und dann bis 2019 abgerechnet werden.

Um einen mindestens vierjährigen Abrechnungszeitraum zu ermöglichen, brauchen wir tatsächlich die Ausbringung der Verpflichtungsermächtigungen bis zum Jahr 2022 im Doppelhaushalt. Das ist unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, für den kommenden Haushalt. Das sollten wir auf jeden Fall nicht vergessen. Natürlich wäre das auch Aufgabe der Staatsregierung bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs für 2017/18 gewesen, da damals bereits die Abrechnungsmodalitäten bekannt gewesen sind.

Lassen Sie mich auf eine Problematik – Kollege Fritzsche hat sie angesprochen – hinweisen, die wir bislang noch wenig berücksichtigt haben. Sie wurde auch in der Richtlinie nicht berücksichtigt. Auch Sie, Kollege Günther, haben sie nicht berücksichtigt. Sie fristet auch in der öffentlichen Diskussion eher ein randständiges Dasein. Es geht um die Frage des kostengünstigen Bauens. Nein, damit meine ich nicht in erster Linie EnEff weg, sondern andere Fragen.

Wenn man sich mit den Praktikern näher unterhält, dann wird man immer wieder darauf stoßen, dass die Planungskosten für kostengünstiges Bauen deutlich höher sind als die Standardkosten. Damit sind am Ende die Gestellungskosten im Standard höher, als wenn man kostengünstig bauen will. Dafür bringt man einen deutlich höheren Planungsaufwand in Ansatz. Diesen bekommen Sie über die dann niedrigeren Refinanzierungsmieten nicht abgefedert und bleiben am Ende darauf sitzen. Hier sollte man, wenn man die Richtlinie tatsächlich unabhängig von dem jähen Schicksal dieses Antrages – Kollege Günther, wir wissen, wie das heute ausgeht – ernst nimmt, bei ihrer Bearbeitung diese Frage berücksichtigen, um kommunale Gesellschaften und Genossenschaften dahin gehend zu unterstützen, diese zusätzlichen Planungskosten abfedern zu können. Damit würde man, weil niedrigere Gestellungskosten entstehen, dauerhaft niedrigere Mietpreise organisieren. Deshalb rege ich an, dies in die Überarbeitung der Förderrichtlinie aufzunehmen.

Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass – da bin ich für die Ausweitung der Gebietskulisse der Förderung – die Wohnraumversorgung für niedrige Einkommen auch abseits der beiden Großstädte Dresden und Leipzig erforderlich ist und dass bei der Nachsteuerung der Richtlinie darauf zu achten ist, vor allem wirklich Bedürftige, also Niedrigsteinkommenbezieher, nicht auszuschließen.

Wenn man sich mit den Praktikern – ich nenne jetzt einmal die Wohnungsgesellschaft in Grimma – unterhält, stößt man auf den Fakt, dass die KdU-Sätze, die durch die Landkreise bestätigt werden, am Ende für die dort auftre

tenden Kosten nicht ausreichend sind, so jedenfalls die Aussage der Geschäftsführerin. Wir sollten darüber nachdenken, wie über diesen Förderweg in Zukunft auch außerhalb der beiden Großstädte nachgesteuert werden kann.

Meine Damen und Herren! Wir sind sicherlich in einigen Punkten, zum Beispiel in der 5-%-Frage bei der Unterschreitung der KdU-Sätze, nicht ganz bei den GRÜNEN. Hier muss man, denke ich, aufpassen, dass man am Ende nicht einen Wettbewerb organisiert, wie man am besten die Kosten auf das Land überträgt, obwohl sie vielleicht ein anderer tragen sollte. Darüber muss man aber ganz konkret noch einmal sprechen.

Auch wenn wir in einigen Punkten genau auf die Wirkung achten müssen und darüber im Haus noch einmal sprechen sollten, sind wir beim Antrag nahe bei den Antragstellern. Wir werden, weil wir die grundsätzliche Richtung vollkommen unterstützen, diesem Antrag zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Für die SPD Herr Abg. Pallas.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt habe ich vier Blätter mit vorn.

Ich danke zunächst einmal der einbringenden Fraktion der GRÜNEN für die Gelegenheit, hier im Plenum über den sozialen Wohnungsbau in Sachsen zu diskutieren. Ich würde gern zu Beginn meiner Rede gemeinsam mit Ihnen die Situation klären, aus der wir kommen und in der wir uns befinden.

Wir Sozialdemokraten setzen uns in der Koalition dafür ein, die Wohnraumförderung bedarfsgerecht zu modernisieren. Das betrifft weit mehr als nur dieses eine Förderprogramm, sondern auch ganz andere Aufgaben. Ich finde, da hat sich in den letzten zwei Jahren einiges getan. Dazu gehört auch, Gelegenheiten zu nutzen, die sich von außen ergeben haben. So war das auch bei der Frage des sozialen Wohnungsbaus im Freistaat Sachsen.

Es ist gut gewesen, dass Bundesbauministerin Hendricks dafür gesorgt hat, dass die Länder bis 2019 zusätzliche Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau erhalten. 2015 im Herbst – das gehört zur Wahrheit dazu – haben die Ministerpräsidenten der Länder das Versprechen abgegeben, diese zusätzlichen Mittel für den sozialen Wohnungsbau einzusetzen.

Dieses Versprechen hat das hiesige Hohe Haus am 22. Juni 2016 zunächst in einem Landtagsbeschluss umgesetzt, und zwar mit dem Antrag der Koalition unter der Drucksache 6/5375 mit dem Titel „Sozialen Wohnungsbau stärken, demografischen Wandel begleiten, neue Instrumente nutzen“. Das mündete Ende 2016, also

vor etwas mehr als einem Jahr, in der neuen Förderrichtlinie zum gebundenen Mietwohnraum. Damit gibt es eben erst seit dem 01.01.2017 wieder den sozialen Wohnungsbau in Sachsen, nach über zehn Jahren ohne ihn.

Insofern empfinde ich einen Teil Ihres Titels, liebe GRÜNE, durchaus als eine gezielte Unwahrheit, und es ist richtig, dies aufzuklären. Diese Förderrichtlinie wurde in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt – damals waren es Dresden und Leipzig – erarbeitet. Das heißt, die betroffenen Kommunen waren in die Erarbeitung der Regularien eingebunden. Insofern ist die in Ihrem Antrag behauptete Kritik für mich nicht nachvollziehbar.

In den Beschlüssen zum Doppelhaushalt 2017/2018 haben wir jährlich insgesamt 40 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau eingestellt, je zur Hälfte für Dresden und Leipzig. In Anbetracht der Tatsache, dass die Richtlinie erst anläuft, ist es eine realistische Summe. Die Abwicklung des Förderprogramms gegenwärtig gibt uns dabei auch recht. Die Beantragung aus beiden Städten ist erfolgt und die ersten Beantragungen, der Mittelabfluss ist aufgrund der Antrags- und Bearbeitungsfristen und der notwendigerweise vorzulegenden Unterlagen noch nicht sehr hoch.

Zusammengefasst: Die bisherigen Ergebnisse in der Anwendung der Richtlinie gebundener Mietwohnraum sind angesichts der kurzen Zeit normal, vor allem, wenn es vorher seit mehr als zehn Jahren keine ähnliche Förderung gab. Pragmatisch sage ich, dass sich der Freistaat und auch die Kommunen an dieses Instrument erst einmal gewöhnen müssen. Man muss noch einiges zurechtruckeln. – So viel zur Situation.

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum Sie mit Ihrem Antrag, Ihrer Pressearbeit und der Rede, die Sie gehalten haben, alles so schwarzmalen. Es entspricht doch gar nicht der Situation, in der wir uns befinden.

(Zuruf: Doch!)

Wir Sozialdemokraten wollen und werden uns nicht darauf ausruhen, was wir bisher erreicht haben. Das ist doch ganz klar. Wir sind längst dabei, die Umsetzung des Programms zu begleiten. Nach einer angemessenen Zeit, beispielsweise nach Ablauf der jetzigen Haushaltsperiode, muss die Wirksamkeit der Richtlinie gemeinsam mit den Kommunen und dem SMI evaluiert werden sowohl hinsichtlich der Vorgaben und Regularien der Richtlinie als auch des Verhältnisses zwischen den beantragten, abgeflossenen sowie im Haushalt bereitgestellten Mitteln.

Wir reagieren auch auf aktuelle Fragen und Probleme. Es wurde inzwischen sichergestellt, dass aus Gründen von Anlaufschwierigkeiten in den Kommunen noch nicht abgeflossene Mittel für den sozialen Wohnungsbau in den Folgejahren gesichert werden. Das ist auch schon angesprochen worden. Im Landtag müssen wir das im Haushalt noch nachvollziehen. Es gibt aber eine fachliche Klärung zwischen Innen- und Finanzministerium, dass wir durch die Übertragung von Restmitteln und das

Ausbringen von Verpflichtungsermächtigungen genau dieses Ziel erreichen werden.

Wir Sozialdemokraten wirken bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin derzeit auch darauf hin, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel zur Wohnraumförderung weiter fließen und gegebenenfalls sogar noch erhöht werden. Das Sondierungspapier von vor einigen Tagen ist das Einzige, das bisher konkret auf dem Tisch liegt, und es lässt in diese Richtung auch durchaus hoffen, wenn es zur Regierungsbildung kommt. Sollte es zu einer Erhöhung kommen, dann müsste diese auch in den sozialen Wohnungsbau gesteckt werden. Das ist klar.

Perspektivisch: Wenn Freistaat und Kommunen sich wieder an dieses Instrument gewöhnt haben – um im Bild zu bleiben –, müssen wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau angesichts der prognostizierten Entwicklung erhöhen. Dann werden auch die Prozesse schneller und anders laufen. Ja, aus unserer Sicht können dafür auch Landesmittel eingesetzt werden; aber das klären wir dort, wo es hingehört, also bei den Haushaltsverhandlungen. Wir werden nicht weiter vorgreifen. Aber die SPD will den sozialen Wohnungsbau auch inhaltlich weiterentwickeln.

Perspektivisch müssen wir uns die Kriterien für die Gebietskulisse anschauen: Entspricht dies den Problemlagen in den unterschiedlichen regionalen Wohnungsmärkten? Kommt die Förderung bei den Menschen an, die wir unterstützen wollen? In diesem Zusammenhang sollten wir dann auch überprüfen, ob die Förderung stadtquartierbezogen möglich ist. Das ist einer Ihrer Punkte. Ich glaube, dafür ist es noch zu früh. Wir sollten auch prüfen, inwieweit es den Kommunen, die von dem Programm profitieren, ermöglicht werden sollte, eigene Kriterien zur Ausgestaltung dieser errichteten Wohngebäude aufzustellen.

Über die Richtlinie Sozialer Wohnungsbau hinaus müssen wir zukünftig auch andere Maßnahmen stärken und entwickeln, um bezahlbaren Wohnraum für alle Gruppen zu sichern, die Unterstützung benötigen. Denn von der derzeitigen Förderung werden nur die Ärmsten, im Prinzip nur Transferleistungsempfängerinnen und -empfänger, profitieren. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum auch für kleine Einkommen und teilweise auch für mittlere Einkommen in den Ballungsräumen, das heißt für diejenigen, welche keinen Anspruch auf belegungsgebundenen Wohnraum haben und teilweise nur knapp über ALG-IINiveau verdienen oder aufgrund der Entwicklungen der angespannten Wohnungsmärkte unverschuldet unter

Druck geraten sind.

Schließlich geht es uns darum, die unterschiedlichen Gruppen unserer Gesellschaft nicht noch weiter auseinanderdriften zu lassen. Diese Diskussion sollten wir führen, wenn wir ausreichende Erkenntnisse über die Wirksamkeit der jetzigen Richtlinie gesammelt haben. Das ist aber schlicht noch nicht der Fall. Insofern danke ich für die Gelegenheit der Diskussion, allerdings wird meine Fraktion den Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Für die AfDFraktion Herr Abg. Wendt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die AfDFraktion ist der Meinung, dass die Kommunen da, wo es notwendig ist, ein gewisses Kontingent an Sozialwohnungen vorhalten und Wohnungsgenossenschaften unterstützt werden sollten.

Dennoch ist festzustellen, dass Ihr Antrag uns einfach nicht weiterbringt und zudem wiederum nur die Symptome und nicht die Ursachen bekämpft werden. Für diese Entwicklungen auf dem preisgünstigen Wohnungsmarkt sind nicht nur die GRÜNEN verantwortlich, sondern auch die anderen Parteien: die CDU, die SPD und DIE LINKE. Warum das so ist, darauf werde ich noch einmal gesondert eingehen.

Für Sachsen allgemein kann man sagen, dass wir sehr hohe Leerstände haben. In Leipzig und Dresden haben wir hohe Leerstände, in Chemnitz etwas höhere, aber in den Gemeinden dann sehr hohe Leerstände.

(Herr Pallas, SPD, steht am Mikrofon)

In Sachsen haben wir in vielen Bereichen auch noch erschwingliche Mieten, wobei man sagen muss, dass sich das Problem in Leipzig und Dresden schon absehbar verstärkt.

Herr Pallas, bitte.

Danke, Frau Präsidentin! Herr Wendt, ich habe den Teil Ihrer Rede gerade nicht verstanden, als Sie sagten, wir hätten in Dresden und Leipzig hohe Leerstände. Wären Sie so freundlich, noch einmal genauer auszuführen, wo Sie dies hernehmen und wie hoch die Leerstände konkret in Dresden und Leipzig sind?

Herr Pallas, das mache ich sehr gern. Mit „hoch“ meine ich nicht auf Dresden und Leipzig bezogen, denn in Dresden und Leipzig – – Ja, da habe ich mich nicht richtig – – Ja, ich habe „hoch“ gesagt; das trifft aber nicht ganz zu. In Dresden und Leipzig liegen wir so ungefähr bei 6 % und in Chemnitz bei 16 % Leerstand. Das wollten Sie doch wissen.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Grundsätzlich ist erkennbar, dass in Leipzig und Dresden die Probleme steigen und wir geförderten Wohnraum brauchen.