Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Beger, möchten Sie gleich den Änderungsantrag einbringen?

(Jörg Urban, AfD: Der ist schon eingebracht!)

Meine Damen und Herren! Dann rufe ich jetzt den Änderungsantrag der AfD, Drucksache 6/12222, auf; er ist schon eingebracht. Wird dazu noch eine Diskussion gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über diesen jetzt abstimmen.

Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen nun zum Ursprungsantrag, Drucksache 6/11601. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dafür ist auch dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe des Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 11

Sozialen Wohnungsbau in Sachsen endlich ermöglichen statt verhindern

Drucksache 6/12121, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Diskussion in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, Herr Abg. Wurlitzer und danach die Staatsregierung, wenn sie es möchte.

Ich erteile nun Herrn Günther für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um den sozialen Wohnungsbau und auch darum, was im sozialen Wohnungsbau in Sachsen nicht geht.

Zur Erinnerung, welche wohnungspolitischen Ziele wir erreichen wollen: Wir wissen erstens, dass in Sachsen zunehmend Wohnraum fehlt. Es fehlen Zehntausende Wohnungen. Zweitens fehlt vor allem bezahlbarer Wohnraum, Wohnraum für Leute mit geringem oder teilweise mit gar keinem eigenem Einkommen. Zur Erinnerung: Im Jahr 2010 hatten wir noch 83 000 Sozialwohnungen in Sachsen. Heute haben wir praktisch keine mehr. Wir haben noch ein weiteres Ziel: Wir wollen den fehlenden Wohnraum dauerhaft schaffen. Wir wollen die Probleme langfristig lösen. Angesichts der steigenden Mietpreise in den großen Städten will man auch die Mietpreise dämpfen. Das sind die wohnungspolitischen Ziele.

Vor diesem Hintergrund haben wir GRÜNEN immer wieder gefordert, dass der in Sachsen seit 2001 ausgelaufene soziale Wohnungsbau wieder aufgenommen wird. Seit letztem Jahr ist das auch endlich der Fall. Das ist zunächst einmal ein Erfolg. Jetzt kommen aber die Meldungen aus den betreffenden Städten, die etwas mit dieser neuen Förderrichtlinie anfangen wollten. Es gibt große Kritik und die Feststellung, dass die genannten Ziele von ihnen gar nicht erreicht werden, nicht einmal annähernd.

Es gibt einen dringenden Überarbeitungsbedarf der Förderrichtlinie. Den wollen wir jetzt anmahnen und das auch ganz konkret machen.

Zunächst einmal etwas ganz Erstaunliches: Wir reden ja oft über Mietpreisbremsen, vor allem nach oben, um eben Mietpreise zu dämpfen. Diese Richtlinie enthält eine Mietpreisbremse nach unten, und zwar über zwei Hebel: Zum einen werden die sogenannten Kosten der Unterkunft festgelegt, also das, was die Sozialbehörden in den Städten übernehmen. Wenn Mieten für Sozialwohnungen angeboten werden, die diesen Satz unterschreiten, dann werden die Zuschüsse aus der Förderung entsprechend gekürzt.

Jetzt muss man wissen, in Leipzig etwa liegen die KdUSätze um die 4,60 Euro bis 5,00 Euro pro Quadratmeter, die Bestandsmieten bei 5,50 Euro bis 6,00 Euro und die Mietpreise bei Neuvermietung schon bei 6,85 Euro. In Dresden liegen wir bei den KdU-Sätzen schon bei 6,50 Euro, bei Bestandsmieten um 6,10 Euro und bei Neuvermietung bei 7,10 Euro. Das bedeutet, wenn der Höchstsatz von 3,50 Euro, der pro Quadratmeter durch die Förderung zu erreichen ist, genommen werden soll, dann bekommt etwa die neue Wohnungsbaugesellschaft hier in Dresden, wenn sie jetzt für 5,00 Euro vermieten will, um ein wenig dämpfend zu wirken, nur noch 1,50 Euro Förderung; denn sie darf ja in diesen Satz der Kosten der Unterkunft von 6,50 Euro nicht unterschreiten, kann also gar nicht, wenn sie den mietpreisgedämpft anbieten will, die volle Förderung bekommen.

Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten Hebel; das ist die 35-%-Regelung. In der Regel werden nur 35 % der Angebotsmiete gestützt. Das bedeutet auch hier: Wenn ich

anbieten will und 35 %, also den vollen Höchstsatz, 3,50 Euro pro Quadratmeter, bekommen will, dann brauche ich eben eine Angebotsmiete von 10,00 Euro, damit ich die 3,50 Euro wieder abziehen kann; dann komme ich bei 6,50 Euro bei den Leuten wieder heraus.

Das bedeutet bei einem KdU-Satz in Leipzig von 4,60 Euro bis 5,00 Euro – ich erinnere daran – Folgendes: Wenn etwa die LWB dort nur 4,70 Euro nehmen wollte, würde sie nur noch 2,50 Euro statt 3,50 Euro Förderung bekommen. Das ist natürlich nicht attraktiv. Das heißt, es werden am Ende höhere Mieten verlangt, als es eigentlich von den Wohnungsanbietern gedacht wäre. Das kann ja kaum das Ziel sein.

Damit sind wir auch schon beim zweiten Punkt. Das ist auch keine Dämpfung für den Mietpreisspiegel; vielmehr wird genau das Gegenteil erreicht. 6,50 Euro wird das Minimum, das genommen wird, und dies bei Bestandsmieten von im Schnitt 5,50 bis 6,00 Euro in Leipzig und 6,10 Euro in Dresden. Damit liegen wir dann also darüber.

Zur Frage, ob wir denn dauerhaft gestützten Wohnraum schaffen: Es gibt ja hier nur eine Bindung auf 15 Jahre. Danach unterliegen die Wohnungen wieder ganz normal dem Mietmarkt, und alles, was das BGB an Mietsteigerungen hergibt, ist dann möglich. Das ist also maximal eine sozial verträgliche Zwischennutzung, aber sicherlich keine dauerhafte Lösung. Wir fordern deswegen mindestens 25 Jahre, damit man Zeit hat, dass diese Bestände wachsen können. Es soll auch eine längere Bindung möglich sein; sie müsste dann wieder zusätzlich gefördert werden, damit es einen Anreiz für die Wohnungseigentümer gibt.

Vor allen Dingen haben wir folgendes Problem: Warum steigen denn die Mieten? Sie steigen, weil Wohnraum in sehr großem Maße in den Händen von Leuten ist, die einfach eine Rendite erzeugen wollen. Wohnraum ist ein normales Anlageobjekt. Deshalb brauchen wir Wohnraum, der nicht solchen Renditeinteressen unterliegt. Das bedeutet genau: Genossenschaften und alternative Wohnprojekte, die man dort haben könnte. Es gibt Selbstausbauprojekte, und es geht darum, all diese ganz gezielt zu fördern, weil sie einfach dauerhaft keine hohen Mieten nehmen wollen. Die Betreffenden brauchen Geld, beispielsweise in der Gründungsphase, bei der Vereinsgründung, sie brauchen Beratung, Rechtsgutachten und all so etwas.

Ein weiterer Punkt betrifft den Gestaltungsrahmen bis 2019. Die großen Städte, die einzigen beiden, die es bekommen, nämlich Leipzig und Dresden, sind aufgefordert worden, bis dahin ihre Mittel abzurechnen. Beide Städte haben angezeigt, dass sie das schlicht nicht schaffen, weil sie diese Mittel gar nicht nehmen können. Daher muss auch dieser Förderzeitraum über 2019 hinaus verlängert werden. Genauso müssen nicht ausgeschöpfte Mittel aus dem Jahr 2017 auf das Folgejahr übertragen werden, also auf 2018.

Dann gibt es einen weiteren Punkt, massive Klagen über bürokratische Hürden, die damit verbunden sind.

Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.

Gut; ich habe ja noch eine letzte Runde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDUFraktion spricht Herr Abg. Fritzsche; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift das Thema des sozialen Wohnungsbaus in Sachsen auf und setzt sich dazu sehr dezidiert konkret unter Punkt 1 in zehn Anstrichen von a) bis j) mit der im Dezember 2016 in Kraft getretenen Förderrichtlinie zur Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Mietwohnraum auseinander. In weiteren drei Punkten geht es um die Übertragung bisher nicht abgerufener Fördermittel, die Erhöhung der Fördermittel insgesamt sowie die ausschließliche Bindung der vom Bund für die Zwecke der sozialen Wohnraumförderung zur Verfügung gestellten Mittel für den sozialen Wohnungsbau.

Die von Ihnen zur Überarbeitung der Richtlinie gegebenen Anregungen möchte ich nicht alle im Detail würdigen, sondern zuerst einmal einige grundsätzliche Anmerkungen zum Thema Förderung des sozialen Wohnungsbaus im Freistaat Sachsen machen. Nach einem sehr intensiven Diskussionsprozess sowohl im parlamentarischen Raum als natürlich auch mit der Regierung, den Kommunen, den Wohnungsgenossenschaften sowie den kommunalen und privaten Wohnungsunternehmen haben wir uns vor einiger Zeit dazu entschlossen, nach Jahren der Abstinenz wieder in den sozialen Wohnungsbau einzusteigen. Dieser Einstieg ist sowohl in der Höhe der zur Verfügung stehenden Fördermittel von jährlich 40 Millionen Euro als auch in der Gestaltung der Förderrichtlinie mit Augenmaß erfolgt. Aus meiner Perspektive ist die Ende 2016 in Kraft getretene Richtlinie in enger Abstimmung mit der kommunalen Ebene entstanden, auch wenn nun im Nachgang diese oder jene Kritik zu vernehmen ist.

Anscheinend hat die Abstimmung auf der kommunalen Seite beispielsweise zwischen den Erwartungen der Stadtverwaltungen im Hinblick auf Anforderungen der Stadtentwicklung und den Interessen der kommunalen Wohnungsbauunternehmen oder auch mit Blick beispielsweise auf die Landeshauptstadt Dresden im Bezug auf die Interessen der Mehrheiten im Stadtrat nicht zu einem Ausgleich geführt. Ich persönlich halte die Förderrichtlinie für durchaus geeignet, in vertretbarem Umfang sozialen Wohnungsbau in Sachsen zu fördern. Wir sollten auch etwas Geduld an den Tag legen, bevor wir den Praxistest für gescheitert erklären und tief greifende Änderungen vornehmen.

Grundsätzlich ist für den Freistaat Sachsen festzustellen, dass lediglich in den Oberzentren Dresden und Leipzig

und gegebenenfalls in der einen oder anderen Kommune im unmittelbaren Speckgürtel in naher Zukunft ein gewisser Bedarf an sozialem Wohnungsbau besteht bzw. zu erwarten ist. Weite Teile des Freistaates sind nach wie vor von günstigen Mieten und ausreichend zur Verfügung stehendem Wohnraum gekennzeichnet. In einigen von einer ungünstigen demografischen Entwicklung besonders betroffenen Regionen haben wir nach wie vor mit hohen Leerständen zu kämpfen. Im Umkreis von 30 Minuten Wegezeit per ÖPNV um die Oberzentren Dresden und Leipzig – diese Entfernung halte ich für durchaus vertretbar – gibt es in ausreichendem Maße freien und auch günstigen Wohnraum. Selbst in den Stadtgrenzen von Dresden und Leipzig können Sie beispielsweise über die Wohnungsgenossenschaften freien Wohnraum erhalten.

Doch mit Blick auf die Zuwachsraten der Bevölkerung und die besondere Dynamik in den Ballungszentren sowie die langen Planungs- und Genehmigungszeiträume im Wohnungsbau sind wir mit Augenmaß zum sozialen Wohnungsbau zurückgekehrt. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen – besonders im Hinblick auf die von Ihnen, Herr Günther, veröffentlichte Pressemeldung scheint mir das geboten –, dass ein gravierender Unterschied zwischen sozialem Wohnraum und bezahlbarem Wohnraum besteht. Sozialwohnungen können nur an besonders bedürftige Gruppen nach Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins vergeben werden. Bezahlbarer Wohnraum ist stärker am zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommen orientiert und unterliegt dann eben auch keiner Miet- und Belegungsbindung.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Im Einklang mit der Richtlinie des Bundes zur sozialen Wohnraumförderung versteht die CDU-Fraktion darunter mehr als die Einreicherin, da wir beispielsweise auch Familienwohnen, Seniorenwohnen und Wohnen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen darunter

zählen. Der Freistaat Sachsen hat dafür auch entsprechende Förderprogramme aufgelegt. Dies erklärt, warum wir die von Ihnen geforderte alleinige Verwendung der Mittel des Bundes für die soziale Wohnraumförderung ausschließlich für den sozialen Wohnungsbau ablehnen.

Lassen Sie mich abschließend zu Ihrem Antrag noch Folgendes anmerken: Er macht sich eine doch recht einseitige Sicht auf die Dinge zu eigen. So kritisieren Sie beispielsweise die geringe Mietraumbindung von

15 Jahren und verlangen die Verlängerung auf 25 Jahre, ohne die hinlänglich bekannte Problematik der dauerhaften Fehlbelegung von Sozialwohnungen auch nur in Ansätzen zu thematisieren.

Sie sprechen in Ihrer Pressemitteilung von dem durch die Richtlinie ausgelösten Zwang, hohe Kaltmieten zu verlangen, und verlangen dort auch entsprechende Änderungen. Sie haben das eben mit der Orientierung an den KdU-Sätzen noch einmal ausführlich dargelegt. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Neubaukaltmieten von rund 10 Euro pro Quadratmeter Ergebnis einer

Preisbildung aufgrund hoher Baulandpreise und insbesondere aufgrund hoher Baukosten sind. Daran haben die nicht zuletzt von Ihnen immer wieder geforderten und forcierten Bauvorschriften gerade im Bereich der energetischen Ausprägung enormen Anteil.

(Beifall bei der CDU – Jörg Urban, AfD: Hat die CDU nichts damit zu tun?)

Wir als CDU-Fraktion stehen für einen sozialen Wohnungsbau mit Augenmaß. Dieser kann mit Blick auf den gesamten Freistaat Sachsen nur ein kleiner Baustein sein, um bezahlbares Wohnen insgesamt zu sichern.

Ihren Antrag lehnen wir ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die Linksfraktion, Herr Abg. Stange.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Jahre haben wir vergebens darum gerungen, die soziale Wohnraumförderung in Sachsen tatsächlich wieder zu beleben, also sprich: den sozialen Wohnungsbau. Die Sächsische Staatsregierung hat über viele Jahre die Gelder in den Wohnraumförderfonds und damit größtenteils in die Eigentumsförderung gesteckt. Auf der Strecke blieb die Sorge des Freistaates um die Wohnraumversorgung für die unteren Einkommensgruppen.