Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Die Debatte heißt: „Nach dem Sturm ist vor dem nächsten Einsatz.“ Ja, der Sturm, der Orkan, den wir hatten, hat Schäden von ungefähr einer halben Milliarde Euro verursacht. Er hat Menschenleben gefordert. Auch vonseiten der AfD-Fraktion unser herzliches Beileid an die Familien der getöteten Kameraden, auch wenn sie aus anderen Bundesländern kommen.
Es ist uns wichtig, auch hier, an dieser Stelle, Danke sagen zu können, Danke an ein sehr wichtiges Ehrenamt. Es ist nicht nur wichtig, sondern eben auch gefährlich – das hat dieser Einsatz gezeigt.
Wenn andere lieber zu Hause sitzen und Fernsehen schauen und die Bilder, die sie vielleicht eher als surreal wahrnehmen, noch mit einer Tüte Chips verfolgen, dann gehen die Kameraden der freiwilligen Feuerwehr hinaus und nehmen für sich Gefahren in Kauf, um andere Menschen zu schützen. Genauso ist es natürlich auch jeden Tag, unabhängig von den Stürmen, wenn es brennt. In Görlitz haben wir das in kürzester Zeit, innerhalb weniger Tage zweimal erleben müssen. Wir haben dort zum Glück eine Berufsfeuerwehr, aber es ist natürlich anders, wenn man auf dem flachen Land ist.
Aber – jetzt das große Aber – die x-te Dankesrede wird nichts, aber auch gar nichts nutzen, wenn die Koalition das Thema nicht in entsprechender Weise auf dem Schirm hat, und sie hat es in der Vergangenheit nicht auf dem Schirm gehabt.
Es sind Taten notwendig, um den Brand- und Katastrophenschutz in Sachsen aufrechtzuerhalten, und das in der Fläche.
Was könnte man also tun, um dieses Ziel zu erreichen? – Wir brauchen modernes Material. Wir brauchen keine Feuerwehren, in denen Fahrzeuge aus Honeckers Zeiten stehen. Mag sein, dass Robur aus Zittau sicherlich robuste Fahrzeuge produziert hat, aber es ist wohl eher etwas für Liebhaberhände als für den nächsten Löscheinsatz. Junge Menschen werden wir auf diese Art und Weise für die Technik sicherlich nicht begeistern.
Wir brauchen mehr freiwillige Helfer. In den Jahren 2008 bis 2016 ist die Zahl der freiwilligen Feuerwehrleute in Sachsen um 5 000 gesunken. Das ist ein Anteil von 11 % der aktiven Einsatzstärke. Dieser Rückgang in Sachsen ist stärker als im Bundesdurchschnitt. Wir müssen zu anderen Ergebnissen kommen. Wir brauchen mehr Leute. Auch dafür sind verschiedene Maßnahmen notwendig. Es gibt vielfältige. Einige will ich an dieser Stelle nennen.
Wir brauchen auf der einen Seite mehr Geld für Material, und zwar an allen Stellen. Die Richtlinie zur Feuerwehrförderung deckt in Teilen nur ein Zehntel des tatsächlichen Bedarfs ab.
Es müssen Gebäude modernisiert werden; denn niemand verbringt seine Freizeit an einem Ort, an dem er sich nicht wohlfühlt. Wir brauchen die Attraktivität dieses Ehrenamtes. Wir brauchen Maschinisten, die die Fahrzeuge auch fahren können. Nichts hilft es, wenn der Lkw stehen bleiben muss. In Zeiten von Führerschein Klasse B ist ein 7,5-Tonner damit nicht mehr zu fahren. Die Idee des Feuerwehrführerscheins ist allerdings nur eine schlechte Krücke, denn entweder es kann jemand einen Lkw fahren oder er kann es nicht. Wenn er es nicht kann, dann sollte er erst recht kein Feuerwehrauto fahren, denn ich möchte gern, dass die Helfer auch ankommen. Wir brauchen sozusagen hier Gemeinden, die die Feuerwehrleute unterstützen können, dass die Führerscheine direkt vergeben werden.
Wir brauchen ausreichend Lehrgänge an der Landesfeuerwehrschule Nardt und wir brauchen dort auch die richtigen Lehrgänge. Es hilft uns nichts, wenn wir nur Teilnehmerzahlen nach oben schrauben für die Statistik, aber letzten Endes die wichtigen Gruppenführer- und Zugführerlehrgänge am Ende sogar hinten runterfallen und wir in der Fläche nicht genug Kameraden haben und die, die Lehrgänge brauchen, zu lange warten. Wir müssen die Nachwuchsgewinnung optimieren. Vielleicht sollte man auch mal an die Ganztagsschulen gehen. Die Kinder sind ja den ganzen Tag da und wollen auch sinnvoll beschäftigt werden. Können das unsere Ehrenamtlichen leisten? Wahrscheinlich nur schwierig. Auch hier bedarf es der Unterstützung.
Arbeitgeber brauchen Unterstützung, um die Feuerwehrleute auch ruhigen Gewissens gehen zu lassen, ohne selbst Verluste zu machen. An der Stelle muss ich sagen: Vielen Dank an alle Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter, die freiwillige Feuerwehrleute sind, auch gehen lassen. Im Übrigen ist der Stundensatz, der als Ausgleich gezahlt wird, im Moment viel zu niedrig und zum heutigen Zeitpunkt alles andere als angemessen.
Feuerwehr und überhaupt Arbeiten im Verband hat auch etwas mit Kameradschaft zu tun. So etwas muss gelebt und gefördert werden. Also müssen wir es ermöglichen, dass auch solche kleinen Dinge wie Kameradschaftskassen wieder einmal legal möglich sind. Hier muss nachgebessert werden. Also, wir sehen, viele Dinge sind nötig, viele Dinge sind möglich. Heute sagen wir aber Danke. Ich würde mich freuen, wenn die Staatsregierung mal in
den Geldtopf greifen und jeder Wehr, die jetzt zum Beispiel bei den Stürmen an den Einsätzen beteiligt war, 200 Euro für eine Feierlichkeit überweisen würde, denn dann hat man auch ein Danke, das man anfassen kann, das man aufessen oder im Zweifel auch austrinken kann – in diesem Sinne „Gut Wehr!“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Allen Menschen, die im Sturm „Friederike“ als Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Rettungsdienstes, des Katastrophenschutzes, in den Krankenhäusern oder als sonstige Helferinnen und Helfer im Einsatz waren, gilt unser tiefer Dank, unser höchster Respekt und unsere größte Wertschätzung. Sie dienen den Menschen im Freistaat mit all ihrer Kraft, ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und auch all ihrer Empathie. Sie riskieren zum Teil ihr eigenes Leben, um anderen Menschen zu helfen. Wir nehmen dies viel zu häufig als Selbstverständlichkeit hin, deswegen kann man dafür eigentlich nicht genug Anerkennung zollen.
Doch warme Worte allein nützen nichts, denn „Friederike“ hat Sachsen erneut vor eine große Herausforderung gestellt, weil es sich mal wieder um ein Extremwetterereignis gehandelt hat, das viele Schäden verursacht hat. Ich hoffe, dass langsam auch dem widerspenstigsten Teil dieses Hauses klar wird, dass das nicht das letzte Extremwetterereignis gewesen sein wird und dass diese noch mehr zunehmen werden, wenn wir nicht endlich etwas gegen den Klimawandel unternehmen. Dazu passt auch die nächste Aktuelle Debatte. Wer nicht begreift, dass Klimapolitik und Katastrophenschutz zusammengehören, der ist intellektuell irgendwo vor einigen Hundert Jahren stehen geblieben.
Fernab dessen muss man das Ehrenamt bei Feuerwehr und Katastrophenschutz stärken. Führerschein alleine, Lippenbekenntnisse und Werbekampagnen reichen eben nicht aus. Genauso ist eine Sicherung der Tageswehrbereitschaft der freiwilligen Feuerwehren, um für schnell eintretende Extremwetterlagen gewappnet zu sein, notwendig, so wie es notwendig ist, die Attraktivität der freiwilligen Feuerwehr und des ehrenamtlichen Katastrophenschutzes zu stärken. Da wird man an einer Debatte über Entschädigungsleistungen, auch in diesem Hohen Hause, nicht umhin kommen. Wir können nicht weiter zusehen, wenn wir in den letzten Jahren über 10 % der Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren verloren haben.
Wir brauchen gut ausgebildetes Personal sowohl bei der Berufsfeuerwehr als auch bei der freiwilligen Feuerwehr. Das Führungspersonal muss die notwendige und beste Ausbildung haben, denn auf die kommt es im Fall des Falles an. Herr Innenminister, dann können Sie sich nicht mehr mit Verweis auf die Kommunen herausreden, die
Sicherstellung der Einheitlichkeit der Ausbildung ist im Sinne eines funktionierenden Brand- und Katastrophenschutzes Sache der obersten Aufsichtsbehörde.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen das BRKG an die aktuellen Herausforderungen anpassen. Das Stichwort Rettungsdienst ist vorhin schon gefallen. Das sind wir den Menschen in Sachsen schuldig. Das ist auch diese Koalition den Menschen in Sachsen schuldig, die wortreich im Koalitionsvertrag versprochen hat, dass die angekündigte Novelle, die seit über drei Jahren verschleppt wird, endlich mal umgesetzt wird. Alles andere wäre ein Mangel an Wertschätzung gegenüber den Kolleginnen und Kollegen bei der Feuerwehr als auch im Rettungsdienst.
Wir müssen aber auch die Probleme mit den integrierten Regionalleitstellen angehen. Es darf nicht vorkommen, dass etwa wie im Fall Leipzig es schon bei einer hohen Zahl von Einsätzen wegen des Sturms „Herwart“, der kleiner eingestuft war als der jetzige Orkan, diese nicht mehr in der Lage gewesen ist, die Einsätze sachgerecht zu koordinieren.
Ein Punkt ist mir besonders wichtig. Wir brauchen eine Debatte über das Thema Ärzte im Katastrophenschutz. Vor gut anderthalb Jahren hat Herr Prof. Dr. Heller in einer Anhörung zum Rettungsdienst – er leitet als Notarzt die 24. MTF des Bundes – sehr deutlich gemacht, dass es zunehmend schwieriger geworden ist, ärztliches Personal für den Katastrophenschutz zu gewinnen, und damit auch sehr schwierig ist, gut ausgebildetes Personal für diese MTF, die man auch bei Übungen für solche Großschadensereignisse braucht, zu gewinnen.
Hier erwarte ich von Ihnen, Herr Innenminister, dass Sie auch da stärker Werbung machen, um gutes ärztliches Personal für den Katastrophenschutz und für solche medizinischen Taskforces zu gewinnen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Feuerwehr und Rettungsdienst brauchen unsere Wertschätzung, deswegen noch einmal eine klare Botschaft von mir. Wer Gewalt gegenüber Rettungskräften ausübt, wer sie angreift, wie es in letzter Zeit viel zu häufig geschehen ist, wer die angreift, die anderen helfen, der darf nicht auf unser Verständnis hoffen. Ich sage ganz klar, da bringt es nichts, mit verschärftem Strafrecht zu wedeln. Diejenigen, die diese Straftaten begehen, schauen in der Regel nicht vorher ins Strafgesetzbuch. Hier hilft nur eine klare gesellschaftliche Haltung und eine konsequente Strafverfolgung. Und auch dafür braucht es mehr Anstrengungen beim Thema Polizei.
Abschließend möchte ich sagen, dass eine gute Wertschätzung vor allem durch gute Rahmenbedingungen, eine ordentliche Entschädigung und Bezahlung und eine gesellschaftliche Anerkennung für die Rettungskräfte im Freistaat Sachsen für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz entsteht. Da ist in Sachsen nach
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Auch wir, die fraktionslosen Abgeordneten der blauen Gruppe hier im Landtag bedanken uns natürlich.
Herr Wurlitzer, da darf ich Sie berichtigen, es gibt im Landtag keine blaue Gruppe. Es gibt nur fraktionslose Abgeordnete.
Wir bedanken uns also als fraktionslose Abgeordnete und Mitglieder der blauen Partei bei den Einsatzkräften. Es ist theoretisch eine absolute Selbstverständlichkeit, dass wir uns bei allen Bürgern bedanken, die gefragt oder ungefragt dort helfen, wo es nötig ist. Aber warum müssen wir zu einer derartigen Selbstverständlichkeit eine parlamentarische Debatte führen? Ich kann es Ihnen sagen: Weil wir uns selber hier in den Mittelpunkt stellen wollen, weil wir medial vorkommen wollen; denn der lauwarme Händedruck, den wir an der Stelle medial mit verteilen, wird den Helferinnen und Helfern vor Ort überhaupt nichts nutzen.
Wenn wir tatsächlich wollen, dass diese Debatte glaubwürdig ist, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir über Anträge und Vorschläge sprechen, womit wir die ehrenamtlichen Einsatzkräfte und Helfer vor Ort unterstützen, und zwar mit Ausrüstung, Kleidung und Technik, die funktioniert und auf dem Stand der Zeit ist und nicht in ein Museum gehört. Wir müssen Aus- und Weiterbildung finanzieren sowie regelmäßige Übungen, damit die Kräfte entsprechend einsatzbereit sind. Wenn wir all das schaffen und wirklich glaubhaft rüberbringen, dann können wir auch zukünftig davon ausgehen, dass uns die Leute unterstützen.
Herr Löffler oder Herr Hartmann? – Das haben wir geklärt. Herr Abg. Löffler, bitte sehr. Sie haben sich noch einmal verständigt.
(Christian Hartmann, CDU: Ich wäre schon da gewesen! – Dirk Panter, SPD: Das ist mal richtige Solidarität!)