Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Kollege Pecher. Jetzt haben Sie mich etwas verwirrt, weil Sie sagten, Schulden sind die Kredite, die nicht mehr zurückgezahlt werden können.
Ich bin ja auch voll ortsbekloppt, ich weiß. – Jetzt haben Sie aber gesagt, die abgebauten Schulden – – Diese abgebauten Schulden wären dann wieder umgewandelt in Kredite oder wie?
Sie wissen ganz genau, was ich meine. Verschuldung ist aus meiner Sicht dann gegeben, wenn ich Probleme habe, das Geld zurückzuzahlen. Das ist aus meiner Sicht bei Kreditierung, die durch Verträge und Auslastung gedeckt ist, nicht so zu sehen.
Sie können das gern nicht teilen. Ich meine das so. Es ist immer eine Frage, Kapital muss auch arbeiten. – Gut. Ich würde fortfahren, Herr Präsident.
Zu dem Thema fehlende Jahresabschlüsse, Herr Schollbach, muss ich Ihnen sagen: Das können Sie dem Freistaat Sachsen nun wirklich nicht in die Schuhe schieben. Sie halten doch immer das hehre Schwert der kommunalen Selbstverwaltung hoch. Dann muss man schon einmal sagen, liebe Leute, Kommunen, dann müsst ihr euch einmal an die Nase fassen und ein wenig in die Puschen kommen. Auch der Rechnungshof – jetzt darf ich einmal etwas positiv zitieren – hat gesagt, dass sich viele Kommunen Mühe geben und es dort vorwärtsgeht.
Zum Schluss möchte ich kurz auf das Thema Pauschalierung eingehen, von dem Herr Patt sprach. Ich glaube, dass wir mit dem Förderprogramm „Brücken in die Zukunft“ mit einem sehr breiten Anwendungsspektrum, mit einem sehr vereinfachten Verfahren über Maßnahmenpläne im Einvernehmen mit den SSG-Kreisverbänden über eine lange Planbarkeit und eine lange Laufzeit ein Förderinstrument geschaffen haben, das sehr wohl eine Pauschalierung von Fördermitteln zulässt und das sehr bürokratiearm ist. Das wird mittlerweile unisono von den Spitzenverbänden gelobt. Dort haben wir schon
800 Millionen Euro und wir werden jetzt noch einmal ein Paket von 190 Millionen Euro anhängen. Wir geben 1 Milliarde Euro ins Land, und mit dem kommunalen Eigenanteil von noch einmal 25 % sind das 1,25 Milliarden Euro, mit denen wir die Kommunen zusätzlich zu den Landesmitteln und ihren eigenen Mitteln entlasten. Ich
sage es einmal so: Unsere Kommunen sind nicht arm. Unsere Kommunen sind auf einem guten Weg, und wir sollten ihn weiter befördern.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sonntag, der 24. September 2017: Die sächsische CDU verlor vier Direktmandate und war zu diesem Zeitpunkt nur zweitstärkste Kraft in Sachsen.
Herr Tillich kapitulierte, und ein Wahlverlierer des Monats September wurde unser neuer Ministerpräsident. Eine Kurzanalyse dieses Wahlergebnisses zeigt uns ganz deutlich: Die Bürger, die in kleinen Kommunen im ländlichen Raum wohnen, zeigten der CDU die Rote Karte.
Normalerweise hätte die CDU/SPD-Regierungskoalition dieses Debattenthema beantragen müssen, wenn ihr die Finanzierung der Kommunen wirklich wichtig gewesen wäre. Stattdessen haben es die Regierungsfraktionen Herrn Gebhardt und seinen linken Genossen und Genossinnen überlassen.
Das ist gut, Herr Gebhardt. – Die Probleme des ländlichen Raumes aber sind – ähnlich wie Lehrermangel oder Polizeimangel – jedem Politiker, jedem Abgeordneten und jedem sächsischen Bürger seit mehreren Jahren mehr als bekannt. Die sächsischen Landkreise und Kommunen übernahmen nämlich – Stichwort: Mehrbelastungsausgleich – immer mehr Aufgaben und gaben dem Spardruck des ehemaligen Finanzministers statt. Gemeindeämter, Bibliotheken und Schulen wurden im ländlichen Raum geschlossen. Der Personennahverkehr wurde ausgedünnt. Beim Brandschutz wurde gespart und der Rettungsdienst wurde auch ausgedünnt.
Aber seit der Bundestagswahl 2017 setzen sich Bürgermeister und Landräte gegen diese ungerechte Sparpolitik der Sächsischen Staatsregierung zur Wehr. Im Oktober, noch unter Ministerpräsident Tillich, sprachen die Landräte mit der Staatsregierung Klartext und forderten konkrete Konsequenzen. Zwei Monate später – Sie erinnern sich: Die parteilosen Bürgermeister des Erzgebirgskreises kritisierten die Staatsregierung in einem offenen Brief. Sie schrieben, es würde Politik an den Menschen vorbei gemacht, fehlendes Geld an der Basis trotz erheblicher Rekordsteuereinnahmen, ausufernde Bürokratie und
Kann man die verfehlte Leuchtturm- und Sparpolitik der Staatsregierung in den letzten Jahren wirklich zutreffen
der beschreiben? Wir glauben, nein. Den klaren Worten der Bürgermeister folgten Taten. Bereits 2017 sandte die Stadt Freiberg eine Rechnung für Integrationskosten an die heute wiedergewählte Bundeskanzlerin. Natürlich bekam die Stadt keine Antwort. Öffentlich bekundet Frau Merkel nach wie vor – wir kennen es alle: Wir schaffen das.
Anfang Februar 2018 zog der Freiberger Stadtrat die Notbremse und beschloss einen Zuzugsstopp für neue Asylbewerber. Überforderte Kommunen, überforderte Schulen, überforderte Kindergärten im ganzen Land – viel mehr Kommunen sollten ihre Asylkostenrechnungen an Frau Merkel schicken, damit die Kanzlerin der Flüchtlinge in ihrem Elfenbeinturm in Berlin endlich mitbekommt, welche konkreten Fehlentscheidungen sie gegenüber ihren Bürgern angerichtet hat. Die Staatsregierung hingegen hätte die sächsischen Asylkosten in Berlin zusätzlich einfordern können, 1,2 Milliarden Euro seit 2015. Dieses Geld hätte auch den sächsischen Städten und Gemeinden helfen können. Sie hätten es für dringend notwendige Investitionen viel besser verwenden können. Stichwort dazu: Kommunaler Investitionsbedarf sachsenweit von 2016 bis 2020 6,4 Milliarden Euro, meine Damen und Herren. Leidtragende der Flüchtlingswelle waren die Bürger. Medien und Politiker richteten hingegen die Aufmerksamkeit auf unsere Neuankömmlinge. Die Politik vernachlässigte ihre Bürger mit Ausnahme unserer Partei.
Meine Damen und Herren! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind an der Reihe. Für die Fraktion spricht Frau Abg. Schubert. Sie haben das Wort, Frau Schubert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der kommunalen Finanzen ist schon lange auf der Aufgabenliste und in den letzten Jahren zusehens, da hier nicht nur in monetärer Hinsicht ein Problemdruck wächst, dessen wir uns hier im Parlament annehmen müssen. Die Problematik wird sich nicht von selbst auflösen und lässt sich auch nicht mehr mit Trostpflastern heilen. Lieb gewonnene Wiederholungen vonseiten der Staatsregierung und der regierungstragenden Fraktionen verlieren auch unübersehbar an Gültigkeit. Da ist zum einen das Märchen davon, dass alles mit der kommunalen Familie abgestimmt wäre. Das sind die halbgaren Puzzlestücke, die im verschlossenen Kämmerlein vom FAG-Beirat ausgekungelt werden, und das ist die immer brüchiger werdende Mär vom ausgezeichneten Finanzausgleichsgesetz Sachsens.
Fragt man die Wissenschaft – und meine Fraktion hat das getan – nach einer Einschätzung zum Sächsischen Finanzausgleichsgesetz, so bekommt man als Antwort: verstaubt, technisch geprägt und in sich widersprüchlich. Es funktioniert einfach nicht mehr so wie zu der Zeit, als es entwickelt wurde, und genau das spiegeln die Kommunen verstärkt wider. Alles andere wäre Augenwischerei. Da geht es nicht nur um die reinen Zahlen und um Geschrei: „Wir brauchen mehr Geld, wir sind arm!“ Darum geht es nicht. Es geht darum, dass der Umgang der Staatsregierung mit den Kommunen einfach nicht gut ist und zu wachsendem Unmut führt. Das geht nicht.
Es geht auch nicht, alles wegzuwischen mit der Argumentationslinie, es seien Einzelfälle. Es geht auch nicht mehr zu sagen, es sind einzelne Kommunen, die sich beschweren, oder überzogene Wünsche vonseiten der Bürgermeister. Man kann auch nicht immer sagen, die sind ja nicht in der Lage, ordentlich zu wirtschaften. Das ist etwas respektlos gegenüber den Kommunen und sorgt natürlich dafür, dass der Unmut wächst.
Ich will, dass wir uns heute in dieser Debatte in die Augen sehen und sagen: Ja, hier stimmt vieles nicht mehr, und ja, hier braucht es Veränderungen. Da geht es nicht nur darum, Geld wahllos reinzuschütten, sondern es geht um die Art und Weise, wie die Förderverfahren gestaltet werden und wie man miteinander umgeht.
Staatsentwicklung und Landesentwicklung kann man an Staatszielen ausrichten. Diese sind für Sachsen in der Sächsischen Verfassung formuliert. Finanzpolitik hat sehr viel damit zu tun, ob man diese Staatsziele erreicht oder nicht. Im Bereich der Kommunalfinanzen ist das umso wichtiger, weil sich das Leben in den Kommunen abspielt. In der Präambel steht geschrieben: „… von dem Willen geleitet, der Gerechtigkeit, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen“. Das sind die drei Staatsziele, die wir uns selbst gegeben haben.
Fangen wir mit der Gerechtigkeit an. Wir GRÜNEN wissen, wie wichtig Gerechtigkeit ist. Uns geht es um Verteilungsgerechtigkeit, Teilhabegerechtigkeit und
Generationengerechtigkeit. All das legen wir als Prüfungsmaßstäbe an. Wir sehen, dass diese Gerechtigkeiten im derzeitigen Finanzausgleich nicht mehr vollumfänglich gegeben sind. Die Kommunen artikulieren doch, dass sie das System als zunehmend ungerecht empfinden und dass es an vielem fehlt. Hier empfehle ich dringend, darüber nachzudenken, ob wir nicht zukünftig bedarfsorientiert vorgehen und uns vom Verbundquotenmodell lösen sollten.
Kommen wir zum zweiten Staatsziel, dem Frieden. Die Situation der Kommunen und die finanziellen Spielräume, um Lebensqualität vor Ort gestalten zu können, haben sehr viel damit zu tun, wie es um den gesellschaftlichen Frieden in diesem Freistaat steht. Der Freistaat braucht die Kommunen dafür, sei es in der Jugendarbeit, als Ansprechpartner für die Menschen oder als Keimzelle für
demokratische Bildung. Die gute Finanzausstattung der Kommunen hat gesellschaftsrelevante Auswirkungen. Hier müssen wir uns das Thema Schlüsselzuweisungen ansehen. Es gibt eine Unverhältnismäßigkeit zwischen den investiven und den allgemeinen Schlüsselzuweisungen. Die Kommunen bekommen auch deswegen ihre Haushalte nicht dicht, weil die investiven Schlüsselzuweisungen – und das ist exemplarisch für ostdeutsche Haushalte in den Ländern – viel zu hoch sind.
Das letzte Staatsziel ist die Bewahrung der Schöpfung. Das hat in Sachsen nach wie vor nicht den Stellenwert, den es braucht, um eine enkeltaugliche Zukunft zu bauen. Ich kann jetzt nicht alle GRÜNEN-Vorschläge für die Modernisierung des sächsischen Finanzausgleichs vorstellen, dafür fehlt mir die Zeit. Aber für das Staatsziel Bewahrung der Schöpfung möchte ich zumindest anbringen, dass es durchaus interessant wäre, einen ökologischen Finanzausgleich ins FAG aufzunehmen. Grundsätzlich geht es aber, wenn ich DIE LINKE richtig verstanden habe, in dieser Debatte um den Umgang mit den Rückmeldungen der Kommunen. Dazu mehr in der zweiten Rederunde.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wir beginnen mit der zweiten Runde. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Meiwald. Bitte sehr, Frau Meiwald, Sie haben das Wort.