Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

Ich will nicht, dass es heute hier heißt, es gäbe keine Lösung oder Alternativen. Sie gibt es, und das Sächsische Finanzausgleichsgesetz gehört auf den Prüfstand. Ich sage nicht, dass ein solches Vorhaben schnell erledigt ist, denn ein solcher Prozess ist komplex, intensiv und zeitaufwendig.

Wir sehen das in anderen Bundesländern; so viele haben ihre Finanzausgleichsgesetze umgestellt. Es wäre schade, wenn wir das erst tun müssten, wenn es eine Klage von der kommunalen Ebene gibt. Wir müssen anfangen.

Wir müssen so vorgehen, dass ein echter Beteiligungsprozess gegeben ist, und zwar so, wie das in SchleswigHolstein gelaufen ist. Wir GRÜNE haben Lösungen und Alternativen. Wir haben Ideen und Richtschnüre, an denen wir uns orientieren. Wir schauen in andere Bundesländer und wir schauen in die Sächsische Verfassung.

Zum Schluss kommen, bitte.

Wir fordern die Staatsregierung und die regierungstragenden Fraktionen auf, das ebenfalls zu tun und ihr Handeln danach auszurichten. Wir stehen für Gespräche zur Verfügung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die zweite Runde. Es gibt noch Redebedarf für eine dritte Runde. Zunächst folgt die Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr, Herr Schollbach, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die Verschuldung der Kommunen zurückkommen. Kollege Patt und Kollege Pecher haben vorhin versucht, uns ein bisschen hinter die Fichte zu führen, deshalb noch einmal zur Klarstellung: 2009 lag der Schuldenstand der Kommunen im Freistaat Sachsen bei 13 Milliarden Euro. Das merken wir uns. Jetzt nehmen wir die Zahl von 2016, da lagen wir bei 15,7 Milliarden Euro. Das heißt, innerhalb weniger Jahre ist der Schuldenstand der sächsischen Kommunen um mehr als 2,5 Milliarden Euro gestiegen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Na so etwas!)

So weit dazu. Die nächste Bemerkung: Wissen Sie, Herr Patt, diese endlose und ewige Selbstbeweihräucherung, dieses ständige Eigenlob der CDU geht mir dermaßen auf den Wecker.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Jahrelang hat man uns hier erzählt, wie toll die Situation an den Schulen sei. Was erleben wir jetzt? Ein Chaos, angerichtet durch die CDU, durch eine falsche Politik.

(Widerspruch von der CDU)

Jahrelang hat man erzählt, wie toll die Sicherheit im Freistaat Sachsen funktioniere. Was erleben wir jetzt? Eine Polizei an der Belastungsgrenze. Jahrelang hat man uns hier erzählt, wie toll die Justiz im Freistaat Sachsen sei. Was erleben wir? Eine völlig überalterte Justiz. Die Verfahren gammeln vor sich hin und kommen überhaupt nicht voran.

Jetzt erzählt man uns hier immer noch, wie gut angeblich die finanzielle Situation der Kommunen sei. Sagen Sie einmal, sind Sie nicht in der Lage, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen? Sind Sie dazu nicht in der Lage?

Die erzgebirgischen Bürgermeister – parteilose Bürgermeister, also keine von der LINKEN – haben die Lage doch deutlich gemacht. Ich habe vorhin versucht, Ihnen ein paar Zahlen, ein paar Daten zu liefern, die das Problem beschreiben. Die erzgebirgischen Bürgermeister haben es aus ihrer Sicht beschrieben. Das muss man doch zur Kenntnis nehmen und daraus einfach einmal die Konsequenzen ziehen.

Ich habe vorhin das Bundesverfassungsgericht zitiert: Die Gemeinden sind die Keimzellen der Demokratie. – Sie jedoch gefährden eine positive Entwicklung. Sie gefährden mit Ihrer verfehlten Finanzpolitik im Kommunalbereich die Entwicklung unseres Landes, meine Damen und Herren.

Etwas zum Thema „Brücken in die Zukunft“, auch das wurde hier groß gelobt. Das Problem ist nur – man könnte denken, Sie hätten überhaupt nichts verstanden –: „Brücken in die Zukunft“ löst keinerlei strukturelle Probleme. Dafür ist es nicht gemacht, dazu ist es nicht geeignet, wie wir alle sehen.

Ich sage Ihnen, die Kommunen werden nur dann in der Lage sein, ihre Aufgaben vernünftig zu erfüllen, wenn ihnen das erforderliche Geld endlich zur Verfügung gestellt wird und sie nicht weiterhin am finanzpolitischen Gängelband der Staatsregierung durch den Freistaat geführt werden.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Genau deshalb haben wir Vorschläge entwickelt, die ich Ihnen kurz skizzieren will.

Erstens erachten wir es als notwendig, dass die kommunale Finanzmasse im sächsischen Finanzausgleich dauerhaft um 400 Millionen Euro zugunsten der kommunalen Ebene angepasst wird.

(Mario Pecher, SPD: Aha!)

Damit erhielte jede sächsische Gemeinde pro Einwohner und Jahr 100 Euro mehr Schlüsselzuweisungen zur freien Verfügung.

Zweitens schlagen wir vor, meine Damen und Herren, für die Landkreise und die kreisfreien Städte regionale Budgets in Höhe von jährlich 10 Millionen Euro als frei verfügbare Mittel bereitzustellen. Das wären noch einmal 32 Euro je Einwohner. Dadurch könnte in der Konsequenz nämlich auf bürokratieintensive Förderprogramme verzichtet werden. Auf diese Weise würde sowohl etwas für die Entbürokratisierung als auch für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung getan.

(Zuruf des Staatsministers Thomas Schmidt)

Drittens fordern wir, dass die Staatsregierung endlich die Voraussetzungen schafft, um die notwendigen Anpassungen im System des kommunalen Finanzausgleichs vornehmen zu können. Die alle zwei Jahre stattfindenden parlamentarischen Beratungen zum kommunalen Finanzausgleich waren wiederholt von Zusagen geprägt, sich in der nächsten Periode dem aufgelaufenen Änderungsbedarf zu widmen. Mit gleicher Regelmäßigkeit ist dieses Versprechen gebrochen worden, weil die dazu benötigten Vorarbeiten, etwa Gutachten und Untersuchungen, nicht oder nur unzureichend veranlasst wurden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Bitte zum Schluss kommen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend aus dem Positionspapier der Bürgermeister einen Satz zitieren: „Den Menschen in unseren Städten und Gemeinden von Mehrbelastungen, den Kürzungen von Leistungen und immer geringer werdendem Gestaltungsspielraum zu berichten – und das in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen –, ist politisch nicht glaubwürdig“. Dem ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN – Staatsminister Thomas Schmidt: Das muss euch doch selbst peinlich sein!)

Das war ein langer Satz. – Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion spricht noch einmal Herr Abg. Patt.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Da kann man ja wünschen, was man möchte, Herr Schollbach, aber sich hier seine Zahlen zurechtzubiegen, das hat Ihnen schon einmal den Garaus gemacht. Das wollen wir gar nicht erst durchgehen lassen.

Zunächst aber zu Herrn Barth: ein Programm im Umfang von 250 Millionen Euro pro Jahr. Die Kommunen bekommen von uns 6 Milliarden Euro. Sie werden schon in diesem Jahr über 300 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben. Da haben Sie sich ein schönes Programm mit 250 Millionen Euro ausgedacht. Wir haben das bereits selbst auf den Weg gebracht. Vor allem die sächsischen Steuerzahler haben das ermöglicht, denen dafür immer unserer besonderer Dank gilt – auch das wollen wir sagen.

Fakten zu nennen ist kein Eigenlob, Herr Schollbach. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen und vielleicht auch verstehen. Mein Kollege Pecher hat schon dargestellt, welche unterschiedlichen Schuldenarten es gibt. Es gibt Schulden für rentierliche Ausgaben, für Ausgaben, die man durch Einnahmen wieder erwirtschaftet. Das ist etwas ganz Vernünftiges,

(André Barth, AfD: Es sind aber Schulden!)

das machen möglicherweise 80 Millionen Deutsche, wenn sie sich etwas anschaffen wollen. Vielleicht sind es nicht ganz so viele, aber das ist auf jeden Fall üblich.

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

Für größere Anschaffungen, die man benötigt, nimmt man einen Kredit auf und führt ihn nachher zurück.

(André Barth, AfD: Das ist Blödsinn! – Gegenruf von der CDU: Von Ihnen oder von ihm?)

Aber seit 1999 – ich wiederhole das, Herr Schollbach – haben die Kommunen netto jährlich getilgt. Sie haben in jedem Jahr Schulden abgebaut. Erzählen Sie uns bitte nicht einen solchen Blödsinn über Fakten, die Sie noch nicht einmal auf den Weg bringen. Ich zitiere hier aus Quellen wie dem Statistischen Bundesamt und dem Statistischen Landesamt.

Die Verschuldung der sächsischen Bürger auf kommunaler Ebene beträgt 2 715 Euro, Stichtag 31. Dezember 2016. Das umfasst sowohl die Kernhaushalte als auch Extrahaushalte oder sonstige Fonds, Einrichtungen und Unternehmen. Das sind auch Gebäudewirtschaftsbetriebe, Stadionbetriebe oder andere Einrichtungen. 2 715 Euro!

Allein in den letzten zehn Jahren haben die sächsischen Kommunen 1,6 Milliarden Euro getilgt. Warum können sie das? Weil sie mehr Einnahmen als Ausgaben haben. Richtig ist aber auch, dass dies im Land unterschiedlich verteilt ist.

Wir haben natürlich die Debatte, dass Städte äußern, dass sie mit gewissen Sachverhalten nicht zurechtkommen und

besondere Lasten tragen. Das muss man sich genau anschauen. Das wird vor Ort am besten geregelt. Am besten wird es erst einmal über den Kreistag geregelt, ansonsten mithilfe des Landes. So funktionieren die Gleichmäßigkeiten im Solidaritätsgrundsatz 1 und 2.

Dann möchte ich noch etwas zum Erzgebirgskreis sagen. Hier wird kein Problem weggeredet; das ist kein Selbstlob. Das Lob gilt ja den verantwortlichen Bürgermeistern vor Ort. Die 21 Erzgebirgsgemeinden und der Erzgebirgskreis hatten in der laufenden Verwaltung einschließlich der Investitionstätigkeit, also im gesamten Haushalt, im Jahr 2015 einen Überschuss in Höhe von 44 Millionen Euro. Das haben sie selbst ausgewiesen; nicht wir schreiben die Bilanzen. Im Jahr 2016 wurde das noch einmal um 7 % gesteigert: auf 47 Millionen Euro.

Das ist eben nicht, Herr Schollbach, das Leugnen von Bedarfen vor Ort, sondern es ist erst einmal die Faktengrundlage. Wir müssen uns jetzt mit den Gemeinden, auch im Erzgebirge und an anderen Stellen, immer wieder zusammensetzen und sagen: Wie können wir es noch besser machen? Wo können wir auch schneller reagieren? Wo können Verfahren vereinfacht werden? Denn es gibt unterschiedliche Bedarfe. Aber insgesamt hat der Erzgebirgskreis 47 Millionen Euro mehr Einnahmen als Ausgaben gehabt. Das wollen wir festhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – André Schollbach, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Herr Schollbach, Sie wünschen?

Ich wünsche eine Kurzintervention, Herr Präsident.

Bitte sehr.