Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Valentin Lippmann, GRÜNE: Wir sind hier in Sachsen, Herr Heidan!)

Kollege Heidan sprach für die einbringende CDU-Fraktion. Die SPD-Fraktion ist ebenfalls Einbringerin, und für sie ergreift jetzt Herr Kollege Baum das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In unserer heutigen Debatte geht es darum, die Folgen der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig zum Thema Dieselfahrverbote in den deutschen Innenstädten zu erörtern. Diese Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sollen demnach zur Luftreinhaltung in Innenstädten und natürlich bei Wahrung der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise möglich sein. Auch wenn die schriftliche Urteilsverkündung noch aussteht, so ist klar, dass es mit der Dieseltechnologie – so wie bisher – nicht weitergehen kann. Das sage ich ganz klar als bekennender Dieselfahrer mit AdBlue-System in dem Wissen, dass dieser Dieselmotor immer noch das Beste ist, was es gibt.

Aus Sicht meiner Fraktion kann ich ganz klar sagen, dass Fahrverbote vermieden werden sollten und de facto nur als allerletztes Mittel zur Anwendung kommen sollten. Festgestellt werden muss, dass viele Autohersteller ihre eigenen Kunden getäuscht haben, die vorhandenen technischen Möglichkeiten für saubere Fahrzeuge nicht genutzt und bei einigen Modellen bewusst manipuliert haben.

Für uns braucht es nun eine klare Haltung der Politik gegenüber der Autoindustrie, um den Gesundheitsschutz der Bürger sowie Verbraucher und den Umweltschutz durchzusetzen. Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit sind zu gewährleisten, also Einhaltung der Grenzwerte für die Hersteller genauso wie für jeden Verbraucher. Klar ist leider auch, dass bei anhaltenden Grenzwertverletzungen Klagen der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof drohen und dann im Rahmen von Vertragsverletzungsverfahren Bußgelder für den Bund oder die Bundesländer zu erwarten sind, welche dann wiederum über Steuern refinanziert werden müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir also nicht wollen, dass Gerichte uns in den kommenden Jahren das politische Handeln bzw. das Verwaltungshandeln diktieren, dann kommen wir als Politiker jetzt nicht umhin, Maßnahmen zu treffen, die mit der gebotenen Deutlichkeit gegenüber der Autoindustrie und bei Wahrung der Verhältnismäßigkeit gegenüber den Besitzern von Dieselfahrzeugen die Sache dauerhaft und zukunftsweisend regeln. Dies ist auch im Interesse der Kommunen, welche dann nicht von der Deutschen Umwelthilfe und von Verwaltungsgerichten quasi vor sich hergetrieben werden.

Wichtig für uns ist, dass die Verbraucher geschützt werden müssen, damit diese nicht gezwungen werden, die Nachrüstung aus eigenen Mitteln zu finanzieren oder sich gar ein neues Auto anzuschaffen. Aufgrund des Verursacherprinzips, der Zurechenbarkeit sowie den zum Teil illegalen Handlungen einiger Hersteller sollte es den politischen Willen geben, die Autohersteller nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen und sie für die Kosten der Nachrüstung aufkommen zu lassen oder sie wenigstens signifikant daran zu beteiligen. Das Gebot an die Bundespolitik und insbesondere an das Bundesverkehrsministerium muss aus unserer Sicht sein, technisch mögliche und wirtschaftlich vernünftige Nachrüstungen jetzt durchzusetzen.

Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist wichtig zu wissen, welche Fahrzeuge und in welcher Anzahl überhaupt nachgerüstet werden können, danach eine Zulassungsrichtlinie für Qualitätsstandards der Nachrüstung zu erarbeiten und eine rechtliche Prüfung zu veranlassen, wie die Hersteller an den Kosten beteiligt werden können, da sie sich bislang noch auf gültige Zulassungen berufen können. Gleichzeitig müssen wir alles dafür tun, dass die Kommunen auch hier in Sachsen ausreichend Spielraum bekommen, ihre Flotten sowie Nahverkehrs- und Nutzfahrzeuge auf neue Technologien mit sauberen Antrieben umzustellen, auch wenn das eher mittel- bis langfristige Maßnahmen sind. Klar ist, es wird nicht einfach werden, alle Interessen angemessen zu berücksichtigen, aber diese politische Weichenstellung wird es geben müssen.

Aber die Debatte birgt auch einige Chancen für die Gesellschaft, für die Wirtschaft und Politik. Die Weichen dafür müssen jetzt vor allem auf bundespolitischer Ebene gestellt werden, wo wir unterstützend wirken können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Das war Herr Kollege Baum von der SPD-Fraktion und jetzt spricht zu uns Herr Böhme von der Fraktion DIE LINKE.

(André Barth, AfD: Jetzt aber!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten dieses Thema im August letzten Jahres im Rahmen einer Aktuellen Debatte, als es um den Abgasskandal und drohende Fahrverbote ging. Ich frage mich heute, was Sie seitdem geändert haben. Damals hieß der Titel „Mobilität im Wandel“, und ich frage mich auch heute wieder, Herr Heidan, was eigentlich Ihr Ziel bei der Debatte ist. Wie wollen Sie die Mobilität wandeln? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Fahrverbote nicht umgesetzt werden? Dazu haben Sie jetzt nichts gesagt, außer schönen Geschichten aus Hamburg. Ich frage mich, was hier passieren soll. Ich frage mich vor allem, ob Sie im Bereich Mobilität wirklich etwas verändern wollen oder ob Sie hier nur wieder etwas inszenie

ren. Auf jeden Fall reichen Lippenbekenntnisse nicht mehr aus.

(Beifall bei den LINKEN)

Letztendlich geht es um Fahrverbote, und um das klarzustellen: Auch die Fraktion DIE LINKE möchte keine neuen Fahrverbote in Sachsen.

(Beifall bei den LINKEN – Widerspruch des Abg. Frank Heidan, CDU)

Aber wenn Sie weiterhin nichts dafür tun, dass es einen attraktiven ÖPNV gibt,

(Ines Springer, CDU: Der fährt wohl mit Wasser?)

mehr sichere Rad- und Fußwege gibt, dann kommen die Verwaltungen irgendwann nicht mehr umhin, für den Gesundheitsschutz der Menschen Fahrverbote aufzuerlegen. Das ist das Problem und hier muss dringend gehandelt werden. Da haben Sie eben nichts gemacht.

Am Ende müssen wir uns die Frage stellen: Wen wollen wir eigentlich schützen? Wollen wir die Bürger schützen, die womöglich im ländlichen Raum wohnen und mit dem Diesel in die Städte pendeln, sich aber keine teure Umrüstung ihrer Fahrzeuge oder ein neues Auto leisten können? Wollen wir die Handwerker schützen, die sich erst vor Kurzem ein neues Auto gekauft haben und jetzt nicht noch einmal ein neues Auto kaufen können? Oder wollen wir die Bürger in den Städten vor den Gesundheitsgefahren schützen, die, wenn sie an Hauptverkehrsstraßen wohnen, eher nicht wohlhabend sind, aber die ganzen Abgase von Dieselfahrern einatmen müssen, selber aber Fahrrad oder ÖPNV fahren? All das sind Fragen, die beantwortet werden müssen.

Ich möchte aber auch klarstellen, dass ich jetzt nicht die eine Gruppe gegen die andere ausspielen will. Ich möchte aber auch nicht, dass Gesundheitsschutz und der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher im Widerspruch stehen.

Für das Problem gibt es meiner Ansicht nach nur eine Lösung: Es müssen endlich die Autokonzerne in Verantwortung genommen werden und für die Misere bezahlen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich wiederhole gerne aus meiner Rede vom letzten Jahr: Millionen Fahrzeuge sind illegalerweise mit falschen Abgaswerten zugelassen worden. Ich fragte mich damals: Wie konnte so etwas möglich sein? Jetzt wissen wir: Es war schlicht Betrug. Die Frage, die wir heute stellen können, lautet: Was haben wir dagegen getan? Was haben wir bis jetzt getan?

Wir führen seit drei Jahren eine Debatte darüber. Wir haben beim VW-Skandal angefangen. Es ging weiter über mögliche blaue Plaketten, wo die CSU im Bund ja vollkommen versagt hat. Dann gab es eine Debatte über eine mögliche Umrüstung, ob diese freiwillig sein soll oder nicht. Am Ende ist ein Software-Update dabei herausge

kommen. Es gibt bis heute keine wirksamen Maßnahmen. Die notwendige Umrüstung, die natürlich auch von den Konzernen finanziert werden soll und die hier irgendwo im Land beschlossen wurde, kam nicht. Und das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei den LINKEN)

Sie lassen am Ende die kleinen Leute Angst haben, mehrere Tausend Euro für die Nachrüstung investieren zu müssen, ihr Auto unter Wert verkaufen zu müssen oder klagen zu müssen, was zumindest Zeit und später auch Geld kostet, wenn sie verlieren. All das lassen Sie zu.

Ich spekuliere einmal, warum Sie das zulassen: weil wir in einem Land leben, in dem CDU, SPD, FDP und auch GRÜNE jedes Jahr Millionen Euro von den Autokonzernen als Parteispenden überwiesen bekommen.

(Zuruf von der CDU: Ja, genau! – Unruhe im Saal)

Wir leben auch in einem Land, in dem der ÖPNV immer teurer wird, Autos immer größer werden und auch wieder schmutziger und lauter. All das, finde ich, muss sich grundsätzlich ändern.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Nicht zu vergessen sind natürlich auch die Managergehälter, die es heutzutage gibt, selbst wenn ein Konzern richtig Mist gebaut hat: Die Vorstandsetage von VW zum Beispiel hat allein im letzten Jahr, im Jahr 2017, eine Vergütung von über 50 Millionen Euro bekommen. Sie trauen sich nicht einmal, diesen Konzernen einen Euro abzuverlangen.

(Ines Springer, CDU: Wie viele Gewerkschaftler sind da im Aufsichtsrat? Ha, ha!)

Ich spreche von der Vorstandsetage, Frau Springer. Das sind zehn Leute. Zehn Chefs sitzen da, keiner aus der Gewerkschaft.

Ich frage mich, warum Sie nicht einen Euro von den Konzernen verlangen, wenn es darum geht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher nichts für die Umrüstung bezahlen sollen. Ich halte das alles für nicht hinnehmbar.

In der zweiten Runde möchte ich gerne über die Grenzwerte und deren Sinnhaftigkeit sprechen – Herr Heidan hat das gerade schon angesprochen – und natürlich auch über die Alternativen, die wir stärken müssen – in diesem Fall den ÖPNV.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Auf Herrn Böhme, der für die Fraktion DIE LINKE sprach, folgt jetzt Herr Urban für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Jetzt haben wir also ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das

Fahrverbote erlaubt. In Kürze drohen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in deutschen Städten. Mit dem Inkrafttreten der Grenzwerte für Feinstaub im September drohen auch Fahrverbote für Benzinfahrzeuge. Die Deutsche Umwelthilfe hat ihre Bereitschaft zu erneuten Klagen bereits angekündigt.

Nun wird sich der eine oder andere über die Situation freuen. Die GRÜNEN kommen ihrem Ziel der autofreien Stadt etwas näher. Die GRÜNE Susanne Murer träumt ja auch schon von Eseltaxis in ihrer Stadt.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Die CDU freut sich wahrscheinlich, ihrem planwirtschaftlichen Ziel von einer Million Elektroautos näherzukommen. Auch Toyota freut sich, weil der deutsche Dieselmotor jetzt als Konkurrenz für deren Hybridantrieb entfällt. Deshalb sponsert Toyota auch ganz selbstlos die Deutsche Umwelthilfe.

Man kann aber auch wütend sein, weil hier ohne Not die Dieseltechnologie, das Ergebnis jahrzehntelanger deutscher Ingenieurarbeit, in den Müll geworfen wird. Der Industriestandort Deutschland verliert weiter an Attraktivität, da bald nicht nur der Strom, sondern auch die Mobilität in Deutschland das Doppelte kosten wird wie in unseren Nachbarländern.

(Beifall bei der AfD)

Man kann auch wütend sein, weil mit drohenden Fahrverboten eine Enteignung der deutschen Bürger stattfindet. Allein die Debatte um die Fahrverbote hat bereits Wertverluste von 15 Milliarden Euro verursacht.