Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

(Sebastian Wippel, AfD: Dann stimmen wir eben nicht zu! – Gegenruf des Abg. Sebastian Fischer, CDU: Typisch populistisch!)

Ich will aber noch auf ein Thema eingehen, das von allen angesprochen worden ist und vielleicht nicht nur für den Leichtbau gilt, sondern das wir generell weiter bearbeiten müssen: Das ist das Thema Ausgründung, das ist der Transfer. Dort haben wir eine große Herausforderung, weil wir eine super aufgestellte Wissenschaftslandschaft haben, auch im Leichtbaubereich. Es gibt dort großes Potenzial, die notwendige wirtschaftliche Verwertung in Form von Ausgründungen von Unternehmen in Sachsen zu generieren. Dafür zunächst mein Dank.

Wir können heute über dieses Thema sprechen, da es engagierte Forscherinnen und Forscher gibt, die das Leichtbauthema so nach vorn gebracht haben. Wir müssen diese Menschen unterstützen, damit deren Risikolücke geschlossen wird und sie sich trauen, ein Unternehmen in Sachsen an den Start zu bringen. Ich bin zuversichtlich, da die Bundesregierung das Thema Ausgründung durch Veränderungen im Insolvenzrecht weiter unterstützen wird. Durch eine One Step Agency wird man als Gründer demnächst Gründungsberatung, Finanzierungsberatung, das gesamte Thema Beteiligung, Bürgschaften gezielt und gebündelt erleben.

In Sachsen haben wir mit der Innovationsplattform futureSAX eine Verstetigung der Gründeraktivitäten. In diesem Jahr wird sich futureSAX des Leichtbauthemas noch einmal explizit annehmen und dort Investoren,

Wissenschaftler und andere Akteure zusammenbringen. Es ist wichtig, dass wir an dieser Stelle nicht nachlassen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke noch einmal für die angeregte und konstruktive Debatte.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wer der Drucksache 6/12500 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Danke sehr. Bei keinen Gegenstimmen und zahlreichen Stimmenthaltungen ist die Drucksache mit großer Mehrheit beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7

Gedenkort KZ Sachsenburg erhalten und ausbauen –

Erinnerung an die Naziverbrechen in einem der ersten

sogenannten Schutzhaftlager in Sachsen wachhalten

Drucksache 6/10439, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Aussprache erfolgt in üblicher Weise: zunächst die einreichende Fraktion DIE LINKE, danach CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Sodann. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Derzeit erfährt das Projekt zur Errichtung einer Gedenkstätte „Konzentrationslager Sachsenburg“ große mediale Aufmerksamkeit, sei es durch den MDR mit der Dokumentationsreihe „Zeitreise“ und den „Sachsenspiegel“, den Deutschlandfunk mit „Zeitfragen“, durch Artikel in verschiedenen Zeitungen – regional und überregional –, sei es durch unseren Antrag im letzten Jahr oder wiederum durch den MDR, welcher mit „Exakt – Die Story“ den Werdegang der Gedenkstätte und die Initiative Klick bis in den Herbst hinein begleiten wird.

Vor diesem Hintergrund halten wir es für geboten, dass sich auch das Parlament zu diesem Thema positioniert. Daher steht auf der Tagesordnung unser Antrag „Gedenkort KZ Sachsenburg erhalten und ausbauen – Erinnerung an die Naziverbrechen in einem der ersten sogenannten Schutzhaftlager in Sachsen wachhalten“ mit dem Ziel, endlich eine institutionell zu fördernde und öffentlich zugängliche Gedenkstätte, wie im Gesetz der Stiftung Sächsische Gedenkstätten festgeschrieben, zu errichten.

Nirgends war die Dichte der sogenannten frühen Konzentrationslager mit 103 Lagern in 80 Städten höher als in Sachsen. Auch gab es 62 Außenlager der Konzentrationslagen Flossenbürg, Groß-Rosen und Buchenwald. Für dieses dunkle Vermächtnis sächsischer Geschichte gibt es keinen zentralen Erinnerungs- bzw. Bildungsort.

Dabei kommt dem Konzentrationslager Sachsenburg als einem der ersten eine besondere Rolle zu: Es bildete die Grundlage für die späteren Konzentrations- und Vernichtungslager. SA und SS inhaftierten hier zwischen 1933

und 1937 mehr als 16 000 Menschen. 7 000 sind mittlerweile namentlich bekannt, zum Beispiel Bruno Apitz, Walter Janka oder der Vater von Heiner Müller. SA und SS folterten und ermordeten hier viele, darunter Kommunisten, Sozialdemokraten und Christen, so auch auf bestialischste Art den Landtagsabgeordneten der SPD, Journalisten und Redakteur Dr. Max Sachs. Bei der Obduktion des beleibten Mannes fand man handtellergroße blaue Flecken, die bis auf die Knochen blutunterlaufen waren, Verbrühungen und Schnittwunden. Die Lagerleitung gab als Todesursache Herzstillstand an.

Auch wurden in Sachsenburg SS-Wachmannschaften ausgebildet, die ihr dort erlerntes Folterwissen unter anderem nach Buchenwald und Sachsenhausen exportierten. Teils übertraf die Zahl der Wachanwärter die Zahl der Häftlinge.

Schon in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts wurde eine Gedenkausstellung in der Spinnfabrik eingerichtet. 1968 wurde ein Mahnmal eingeweiht, das zum Glück bis heute besteht. In den Zeiten der politischen Wende, Anfang der Neunzigerjahre, wurde die Spinnerei geschlossen, das Gelände verkauft und die darin enthaltene Ausstellung dichtgemacht. Seitdem passiert seitens des Landes leider nichts oder nicht viel.

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Das stimmt doch nicht!)

Schon 1992 gründete sich eine erste Initiative zur Wiedereinrichtung eines Gedenkortes. Seither ist alles, was heute noch zu sehen ist, dem ehrenamtlichen Engagement der Lagerarbeitsgemeinschaft, der Initiative Klick mit Anna Schüller und dem Besitzer Herrn Marcel Hett zu verdanken. Vielen Dank an dieser Stelle!

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Stange, Sie betonen immer die herausragende Bedeutung dieses Konzentrati

onslagers für das Gedenken an die NS-Opfer in Sachsen. Sie sagen immer, Projekte müssten von unten wachsen. So soll auch die Gedenkstätte von unten nach oben wachsen. Ich frage Sie: Wie viel „unten“ braucht es eigentlich, bis die Staatsregierung meint, sie müsse etwas tun?

Seit 26 Jahren bemühen sich die Initiativen darum, die Gedenkstätte wieder aufzubauen. Sie pflegen das gefährdete Gelände, haben den Zellentrakt wieder begehbar gemacht und eine Ausstellung auf die Beine gestellt. Seit sechs Jahren ist das Konzentrationslager Sachsenburg in das Gedenkstättenstiftungsgesetz aufgenommen. Marcel Hett, der Eigentümer der Fabrik und der umliegenden Gebäude, handelt so besonnen, schlägt Investoren, die eine Sauna im Gebäude eröffnen wollten, aus und sagt, dass er lieber eine ganze Etage für eine Ausstellung zur Verfügung stellen möchte. Er schenkt der Stadt Frankenberg das Zellenhaus. Im Schenkungsvertrag heißt es: „Die Stadt Frankenberg verpflichtet sich zur Errichtung einer Gedenkstätte. Durch diese soll ein Mahnmal gegen Gleichgültigkeit und Vergessen geschaffen werden, das jeden an seine gesellschaftliche Verpflichtung erinnern soll.“ Das nenne ich mal einen Besitzer!

Ebenso kaufte die Stadt Frankenberg weitere Teilflächen auf dem Gelände der ehemaligen Zwirnerei. Also, was denn noch mehr? Ach ja, ein Konzept zur Errichtung einer Gedenkstätte. Zitat von Ihnen, Frau Dr. Stange: „Wichtig ist, dass die Stadt und engagierte Bürger die Entwicklung des Konzeptes vorantreiben.“ – Und ich kann Ihnen sagen: Auch dieses Konzept gibt es mittlerweile. Der Stiftungsrat, welchem Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, vorsitzen, wird es am 14. Mai dieses Jahres in seiner nächsten Sitzung behandeln. Sie können also positiv wirken und vielleicht sogar mit der Unterstützung eines Großteils dieses Parlaments positiv auch darauf einwirken, dass seitens der Stiftung die Errichtung der Gedenkstätte vorangetrieben wird.

Denn eines müssen Sie mir an dieser Stelle doch erklären, sehr geehrte Frau Ministerin: In der Stellungnahme zu unserem Antrag vom 8. September 2017 schreiben Sie: „Dass die Stiftung authentische Orte erschließt, bedeutet nicht, dass diese Gedenkstätten errichtet. Die Errichtung einer Gedenkstätte ist auch kein Gegenstand einer institutionellen Förderung, vielmehr setzt eine institutionelle Förderung das Vorhandensein einer Gedenkstätte voraus.“ Sie spielen also den Ball nach Frankenberg zurück. Merkwürdig, denn in dem nur drei Wochen später, am 29. September 2017, ausgereichten Tätigkeitsbericht der „Stiftung Sächsische Gedenkstätten“ heißt es in Ihrem Vorwort: „Eine ganz wesentlich neue Aufgabe dieses gesetzlichen Auftrages ist die Errichtung bzw. der Aufbau weiterer im Gesetz benannter Gedenkstätten, die künftig institutionell gefördert werden sollen.“

(Zurufe von den LINKEN: Hört, hört!)

Das klären Sie mir bitte nachher auf. Es klingt nämlich sehr nach Verschiebetaktik, immer gerade so, wie ich es

brauche, um die Dinge von mir weisen und wegschieben zu können.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass sich durch die eben benannte mediale Präsenz dieses Themas einiges bewegt hat, doch leider zu wenig; denn auch schon der geplante Pfad der Erinnerung, eine Außenraumausstellung, also ein erstes Zeichen der öffentlichen Darstellung des Ortes, wurde seitens der Stiftung nicht auskömmlich mit Mitteln bedacht. Geplante Kosten: 170 000 Euro, von der Stadt Frankenberg beantragt: 110 500 Euro, bewilligt: 85 000 Euro, allein aus Zuschüssen zur Stärkung der politischen Bildungsarbeit, also aus zusätzlichen Mitteln und nicht aus dem originären Haushalt der Stiftung.

Nach den öffentlichen Aussagen von Herrn Reiprich – „Die Entstehung einer Gedenkstätte am Ort des früheren Konzentrationslagers Sachsenburg ist von überregionaler, ja europäischer Bedeutung“ – kommt wiederum kein schönes Zeichen der Gedenk- und Erinnerungskultur aus Sachsen. Doch zumindest ist das Ansinnen der vielen Initiativen jetzt in der Welt und in den Köpfen und kann nicht mehr zurückgenommen werden.

Begreifen Sie diesen Antrag und das derzeitige Interesse an diesem Thema als eine großartige Chance für Sachsen und seine in der letzten Zeit gelittene Außenwirkung, und das nicht nur auf dem Feld der Erinnerungs- und Gedenkkultur.

Bei einem europaweit zu beobachtenden Rechtsruck und der versuchten Umschreibung/Umdeutung von Geschichte ist es heute wichtiger denn je, auch an die Zeiten zwischen 1933 und 1945 zu erinnern und darüber aufzuklären. Es gibt derzeit eine Art Gegenbewegung von Menschen, welche sich ein falsches Geschichtsbild von Rechtspopulisten nicht gefallen lassen wollen und Wahrheit und Orientierung in den Gedenkstätten suchen. So verzeichneten alle KZ- und NS-Gedenkstätten in Deutschland steigende Besucherzahlen. In Buchenwald gab es gar Besucherrekorde, auch im Winter. Dies ist auch Beleg für die Notwendigkeit des Erhalts authentischer Orte der Geschichte.

Das Konzentrationslager Sachsenburg könnte nicht nur eine Gedenkstätte im ursprünglichen Sinne werden, sondern vielleicht ein lebendiges Zentrum der demokratischen Bildung, ein Lern-, Forschungs- und Informationsort. Genau jetzt wäre der richtige Zeitpunkt zu handeln – auch und insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen und den Haushaltsentwurf der Staatsregierung. Hier haben Sie explizit die Möglichkeit, ein Zeichen Ihres Wollens zu setzen und die Stiftung mit ihrem Auftrag, die Stadt Frankenberg, die Lagerarbeitsgemeinschaft, die Initiative Klick zu unterstützen und so den Aufbau einer Gedenkstätte pekuniär durch zweckgebundene Gelder zu untersetzen.

Ich glaube, im Grunde gibt es zwischen den demokratischen Fraktionen dieses Hauses keinen Dissens, was die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Stiftung Sächsische Gedenkstätten betrifft und damit auch das Ziel, die Gedenkstätte KZ Sachsenburg in eine institutionell

geförderte Einrichtung zu überführen. Mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag wären wir auf diesem Weg einen ganz großen Schritt weiter.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion Frau Abg. Firmenich. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, Sie legen uns heute hier einen Antrag vor, mit dem Sie erreichen wollen, dass die Gedenkstätte KZ Sachsenburg als authentischer Ort der Erinnerung eingerichtet wird. Insbesondere geht es Ihnen darum, die dort noch vorhandenen baulichen Zeugnisse zu erhalten, einschließlich – Herr Sodann, das haben Sie hier nicht ausgeführt – der einsturzgefährdeten ehemaligen Fabrikantenvilla, die während der NS-Zeit als Sitz der SSKommandanten genutzt wurde.

Sie fordern die Staatsregierung auf, in der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft auf die Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß § 2 Abs. 1 des Sächsischen Gedenkstättengesetzes hinzuwirken. Der Stadt Frankenberg sowie der Lagerarbeitsgemeinschaft soll im Rahmen der institutionellen Förderung die erforderliche organisatorische, personelle, finanzielle und konzeptionelle Unterstützung gewährt werden. So weit, so gut.

Bevor ich mich inhaltlich weiter damit auseinandersetze, möchte ich hier klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir uns in dem Grundanliegen einig sind: nämlich die Erinnerung wachzuhalten an die Verbrechen der Nationalsozialisten, an Unterdrückung, Unmenschlichkeit, Folter, die in den frühen KZs in den Jahren 1933 bis 1937 unter anderem in Colditz, Zwickau-Osterstein, Hohnstein und eben auch in Sachsenburg ihren Anfang nahmen. Dies an authentischen Orten zu tun, die das Geschehene auch emotional erfahrbar machen, ist wichtig und richtig.

Sachsenburg ist ein solcher Ort, denn in der ehemaligen Zwirnerei und teilweise auch auf dem Schloss Sachsenburg befand sich in den Jahren von 1933 bis 1937 das bedeutendste frühe KZ in Sachsen, das man auch als einen Vorläufer von Buchenwald bezeichnen kann. Dort wurden nicht nur politisch Andersdenkende, Juden, Zeugen Jehovas, katholische und evangelische Geistliche, Kriminelle und sogenannte Asoziale in Schutzhaft genommen, sondern auch Wachmannschaften militärisch ausgebildet sowie KZ-Kommandanten ausgewählt und auf ihre Karrieren in Buchenwald oder Lublin-Majdanek vorbereitet.

Dieser Ort trägt schwer an seiner Geschichte und wir sind in der Verantwortung, ein würdiges Denkmal zu Ehren der Opfer der nationalsozialistischen Diktatur zu schaffen, die Erinnerung wachzuhalten und durch politische Bil

dung dafür Sorge zu tragen, dass sich Derartiges niemals wiederholt.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und der Staatsregierung)