Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Zu unserem Anliegen. In der Sächsischen Haushaltsordnung, § 65, ist die Beteiligung des Freistaats an privatrechtlichen Unternehmen klar geregelt. Demnach soll sich der Staat an der Gründung eines Unternehmens in der Rechtsform des privaten Rechts oder an einem bestehenden Unternehmen in einer solchen Rechtsform nur beteiligen, wenn erstens ein wichtiges Interesse des Staates vorliegt und sich der vom Staat angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt, zweitens die Einzahlverpflichtung des Staates auf einem bestimmten Betrag begrenzt ist und drittens der Freistaat einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, erhält.

Das ist genau der Rahmen, in dem sich der Freistaat unternehmerisch bewegen kann. Unsere Aufgabe hier im Parlament ist es, nach genau diesen Maßstäben diesen Bereich zu kontrollieren und darauf zu achten, dass dem auch tatsächlich so ist.

Ein Beteiligungsbericht kann maßgeblich zur Transparenz der wirtschaftlichen Betätigung des Freistaates Sachsen und seiner Kapitalbeteiligungen beitragen.

Die Staatsregierung und die jeweiligen Regierungskoalitionen haben die Berichterstattung acht Jahre lang ausgesessen. Wir wurden über Jahre immer wieder auf die Jahresabschlüsse der Unternehmen im Bundesanzeiger verwiesen.

Aber, wie gesagt, der Waldzustandsbericht erscheint in jedem Jahr mit Drucksachennummer. Es würde keiner auf die Idee kommen, die Abgeordneten in den Wald zu schicken, damit sie sich die Bäume einzeln anschauen und sich so ein Bild von der Lage machen.

(Beifall der Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE, Kerstin Lauterbach und Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE)

Jetzt liegt ein Bericht vor. Das ist durchaus eine Arbeitsgrundlage. Das ist mein Lob an dieser Stelle. Ich finde, es gehört sich hier auch eine Diskussion darüber, was dieser Bericht leisten kann und was dieser Bericht leisten sollte.

Der Rechnungshof veröffentlicht in seinen Jahresberichten regelmäßig seine Prüfberichte zu den Nebenhaushalten und Unternehmensbeteiligungen des Freistaates. Die Ausführungen zu den verschiedenen Beteiligungen können in den Berichten nachgelesen werden. Der Rechnungshof stellt diese auch alle auf seiner Homepage gut auffindbar zur Verfügung.

Immer und immer wieder hat der Rechnungshof einen Beteiligungsbericht von der Sächsischen Staatsregierung angemahnt, in den Jahresberichten 2013, 2015 und auch 2016 wieder.

Im Jahresbericht für das Jahr 2016 steht: „Im Frühjahr 2016 hat das Staatsministerium der Finanzen dem Landtag einen Beteiligungsbericht 2015 vorgelegt aus bereits im Internet veröffentlichten grafischen Beteiligungsübersichten sowie durch Ausdruck“ – also wirklich mit einem Drucker ausgedruckt – „im Bundesanzeiger veröffentlichter Jahresabschlüsse der Beteiligungsunternehmen.“

Der Rechnungshof stellt dazu fest: „Der vorgelegte Beteiligungsbericht 2015 der Staatsregierung genügt nicht den gestellten Anforderungen und sollte im nächsten Jahr umfänglicher ausgestaltet werden.“

Der Rechnungshof empfiehlt folgende Bestandteile: grundsätzliche Überlegungen zum Eingehen und Halten von Beteiligungen, übersichtliche Darstellung des Unternehmensgegenstandes und der Besetzung der Organe und Kennzahlen sowie Entwicklungsperspektiven der Gesellschaften. „Weiterhin empfiehlt der Sächsische Rechnungshof dem Parlament, sich diesbezüglich weiter berichten zu lassen.“ Genau das tun wir.

Wir haben immer und immer wieder eine regelmäßige und strategische Berichterstattung gefordert, genau so – meine liebe Kollegin Meiwald hat darauf schon hingewiesen – wie es für Kommunen und ihre unternehmerischen Aktivitäten verpflichtend ist.

Es ist Voraussetzung für uns hier im Parlament, damit wir sachkundige Entscheidungen über Zuschüsse und Kapitalerhöhungen treffen können.

Mir ist durchaus bekannt, dass die Jahresabschlüsse im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Ich muss es nicht 25 Mal wiederholt bekommen. Wenn ich die Zeit finde, dann schaue ich mir diese auch an. In der Regel entstehen dabei für mich eher mehr Fragen. Ich habe ein Beispiel mitgebracht.

Im Jahresabschluss 2016 der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen, veröffentlicht im Bundesanzeiger, steht unter 8. Nachtragsbericht – Zitat –: „Außerdem hat der Gesellschafter“ – Anmerkung: der Freistaat Sachsen – „mit Beschluss vom 14. September 2017 eine Einlage in die Kapitalrücklage in Höhe von 28 Millionen Euro“ – 28 Millionen! – „beschlossen.“

Unter 9., dem Vorschlag für die Ergebnisverwendung, heißt es dann weiter – kann man alles öffentlich nachlesen –: „Die Geschäftsführung schlägt eine Entnahme aus der

Kapitalrücklage, 25,15 Millionen Euro, zum teilweisen Ausgleich des Bilanzverlustes vor.“

Schaut man sich den Jahresabschluss noch genauer an, dann ist zu sehen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der größte Wert dieses Unternehmens sind. Für Löhne, Gehälter und soziale Abgaben braucht die Porzellanmanufaktur ungefähr 25 Millionen Euro im Jahr. Es stellt sich also die Frage, wenn wir uns den Bericht anschauen, ob wir gerade aus dem Sondervermögen Grundstock für ein weiteres Jahr die Gehälter der Manufaktur sichergestellt haben oder ob mit dem Geld die Pleiten im In- und Ausland endlich abgegolten sind.

Es stellt sich natürlich auch die Frage, wie es weitergeht. Im Beteiligungsbericht steht dazu: „Ziel für 2016 ist eine Stabilisierung des Unternehmens. Das Ergebnis wird dennoch negativ erwartet.“

Ich vermute, die meisten Menschen denken bei solchen Ausführungen eher daran, dass unter Stabilisierung „wirtschaftlich stabil“ gemeint ist. Ich glaube nicht, dass aus diesem Satz ohne Weiteres erkannt wird, dass eine Stabilisierung der Fehlbeträge in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages gemeint war.

Noch einmal: Meine Kritik ist: Wir als Haushaltsgesetzgeber haben keine Vorstellung davon, was die unternehmerischen Aktivitäten des Freistaats tatsächlich für Kosten verursachen, und das nur, weil die Staatsregierung, wenn überhaupt, dann stark verkürzt und sehr einzeilig berichtet.

Weil das so ist, habe ich zum Beispiel einmal nach der Haftung des Freistaates für seine Beteiligungen gefragt, zum Beispiel in Form von Patronatserklärungen. Dazu heißt es unter anderem: „Die Staatliche Porzellanmanufaktur Meißen GmbH haftet für die Meissen Asia Pacific Limited.“

Es besteht zwar eine zeitliche Befristung bis Ende 2017, aber der Fußnote ist zu entnehmen, dass finanzielle Unterstützung, soweit notwendig, zugesagt wurde, um zumindest für die nächsten zwölf Monate den Verbindlichkeiten nachzukommen und die operativen Fähigkeiten fortzuführen. Zudem sind fällige Forderungen so lange nicht zurückzufordern, bis die Gesellschaft in der Lage ist, Forderungen ohne negative Beeinträchtigung der finanziellen Situation zurückzuzahlen.

Es ist aber nicht nur die Porzellanmanufaktur. Die Sächsische Lotto GmbH kauft Wertpapiere in Millionenhöhe. Der Flughafen Leipzig-Halle plant für 45 Millionen Euro einen Neubau und weder Fachausschuss noch Parlament wurden informiert. Wir haben es aus der Presse erfahren. In den Kapitalrücklagen der Beteiligungen liegen mehr als 1,2 Milliarden Euro. Ich könnte endlos weitermachen. Es gibt so viele Aspekte.

Meine Damen und Herren! Landesbeteiligungen sind Eigentum der Bürgerinnen und Bürger des Freistaates. Es geht nicht, dass der Freistaat in Größenordnungen unternehmerisch tätig ist und gleichzeitig nicht so ernsthaft

darüber berichten will, wie es die Sächsische Haushaltsordnung in § 65 deutlich vorgibt.

Zum Schluss will ich noch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. November 2017 hinweisen. Darin ging es darum, dass die Bundesregierung Auskünfte zur Deutschen Bahn AG verweigert hat. Das Bundesverfassungsgericht sieht eine erheblich ausführlichere Berichterstattung und Informationspflicht zu dieser Beteiligung vor, als es die Bundesregierung gehandhabt hat oder als es, wie in unserem Fall, die Staatsregierung praktiziert. Vielleicht sollten wir das auch für hier prüfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir erwarten, dass das Finanzministerium nach den Vorgaben in der Sächsischen Haushaltsordnung berichtet und nicht nur einzeilig, oberflächlich und weich gespült den Istzustand der Unternehmen vage umreißt.

Wir erwarten, dass dem Landtag der nächste Beteiligungsbericht noch in diesem Jahr mit Drucksachennummer übermittelt wird. Der vorliegende Bericht informiert übrigens mit Zahlen aus dem Jahr 2015.

Wir erwarten, dass der nächste Beteiligungsbericht ganz normal und dem Thema angemessen in diesem Rahmen besprochen werden kann. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte in unser aller Interesse liegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir gehen jetzt weiter in der Rednerreihung. Als Nächster spricht für die CDUFraktion Kollege Mikwauschk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn eine allgemeine Bemerkung zur Begründung des vorliegenden Antrags der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen.

Die Antragsteller fordern eine Berichterstattung über die Aktivitäten des Freistaates Sachsen an Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts, weil damit eine sachkundige Entscheidung des Parlaments über Zuschüsse und Kapitalerhöhungen ermöglicht wird. DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen jedoch gleichzeitig fest, dass ihrer Forderung für eine sachkundige Entscheidung entsprochen wurde, indem der Beteiligungsbericht 2016 an den Haushalts- und Finanzausschuss mit Schreiben vom 12. Dezember 2017 als Beratungs- und Informationsmaterial übersandt wurde.

Liebe Frau Maiwald, liebe Frau Schubert, dieser Bericht beinhaltet gleichzeitig das Angebot, eine Debatte darüber im Haushalts- und Finanzausschuss zu führen. Ich wundere mich schon, dass Mitglieder des HFA hier Fragen stellen, die sie in der Ausschusssitzung des Finanzausschusses auch stellen könnten und es da nicht getan haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im zuständigen Ausschuss wurde die Diskussion über die Beteiligung des Freistaates Sachsen erörtert. Dies entspricht der geltenden

Rechtslage. Im vorliegenden Antrag ist keine Anmerkung der Antragsteller sichtbar, ob die Zielsetzungen dieser Beteiligungen durch den Freistaat Sachsen erfüllt worden sind oder nicht, im Besonderen bei den Schwerpunkten, die den Wirtschaftsstandort Sachsen stärken und die wirtschaftsnahe Infrastruktur verbessern.

Der Freistaat Sachsen konzentriert sich mit seinen Beteiligungen auf solche Unternehmen, bei denen ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt oder ein wichtiges vorrangiges Landesinteresse besteht. Schaufensteranträge im Plenum zu später Stunde zu diskutieren wird, meine ich, unserem Anspruch nicht gerecht.

Diesen Beteiligungsbericht ohne eine detaillierte inhaltliche Antragsbegründung auf die Tagesordnung zu setzen hieße, eine Selbstbefassung des Ausschusses zu veranlassen. Es stellt sich daher die Frage, ob der von Ihnen gestellte Antrag dem Beteiligungsbericht ernsthaft gerecht wird. Daher wird die CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag mit folgender Begründung ablehnen:

Der Beteiligungsbericht der Staatsregierung mit der BIM 651 ist jedem öffentlich zugänglich. Sollte seitens der antragstellenden Fraktionen weiterer Bedarf bestehen, kann dieser zu jeder Zeit gerne im Haushalts- und Finanzausschuss erörtert werden. Sollte es jedoch den Antragstellern um eine parlamentarische Debatte zu dem Beteiligungsbericht gehen, kann man dies als Aktuelle Debatte im Plenum beantragen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Nach Kollegen Mikwauschk folgt jetzt für die SPD-Fraktion Kollege Pecher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Frau Meiwald, für das Zitat von mir. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ich bin auch ganz stolz darauf, dass es nach dem Bohren dicker Bretter gelungen ist, die Staatsregierung dazu zu bringen, einen solchen Beteiligungsbericht vorzulegen. Daher zeigen sich meine damaligen Worte jetzt als sich selbst erfüllende Prophezeiung, und das ist gut so.

Ansonsten möchte ich mich gern meinem Kollegen Mikwauschk anschließen. Die Unterrichtung des Parlaments hat durch die Einbringung in den Haushalts- und Finanzausschuss stattgefunden. Dort ist auch das eindeutige Angebot vonseiten der Staatsregierung gemacht worden, inhaltlich über die Schwerpunkte zu diskutieren. Ich sage Ihnen ganz deutlich vorab: Ich will eine Parlamentsbefassung auch gar nicht ausschließen. Aber gehört das eigentlich dorthin? Ich möchte das auch begründen. Frau Schubert, Sie haben gerade wieder beispielhaft versucht, quasi eine Unternehmensdiskussion zu führen. Das Thema Meißen ist schwierig genug. Der Bitte Ihrer Fraktion an die Koalitionsfraktionen, im HFA dieses Thema der Geschäftsführung zu behandeln, was ja nicht üblich ist, haben wir entsprochen. Was dabei von der

inhaltlichen Auswertung übrig geblieben ist, ist ja nicht sehr viel.

Aus der Vergangenheit kann man von dem Vorgänger von Herrn Haß ja halten, was man will. Aber ich habe nicht erlebt, dass er im HFA auf Fragen von uns Abgeordneten gemauert hätte. Er hat im Wesentlichen versucht, immer inhaltlich korrekt zu argumentieren, etwas vorzulegen oder schriftlich beizubringen. Ich glaube, man sollte erst diesen Schritt tun. Man kann bei den heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten auch nicht alles coram publico diskutieren. Das werden Sie sicher auch so sehen.

Daher gehört dies erst einmal in den Haushalts- und Finanzausschuss. Alle Zuschüsse müssen, wenn es nicht über IBL geht, über den Haushalt abgebildet werden. Darin stehen die Wirtschaftspläne, die VEs, die Zuführungen usw. Sie können ja bedauern, dass es vorher keine gab; das sei einmal dahingestellt. Aber hier könnten Sie sich vorbereiten und inhaltlich alles diskutieren, ganz gleich, ob Sie eigene Anträge stellen oder dies im Rahmen des Haushalts machen. Das steht Ihnen frei. Bei dieser Freiheit sollte man es belassen, und man braucht diesen Antrag nicht. Deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der SPD)