Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Wir müssen uns mit ihnen gemeinsam und jetzt auf den Weg machen. Insektensterben ist übrigens kein Nebenkriegsschauplatz.

Letzter Satz!

Wenn unser ökologisches System zusammenbricht, geht es um unsere Lebensgrundlage.

(Beifall bei den GRÜNEN – Frank Kupfer, CDU: So ein Schwarzmaler, ich denke, Sie sind GRÜNER! – Andreas Heinz, CDU, steht am Mikrofon.)

Das war Kollege Günther. Er hat eine dritte Rederunde eröffnet. Ist das eine Kurzintervention? – Bitte, an Mikrofon 5 Kollege Heinz, der kurzinterveniert.

Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass ich nicht behauptet habe, dass ökologischer Landbau nichts für die biologische Vielfalt bringe. Da bin ich gründlich missverstanden worden. Das Insektensterben habe ich auch nicht als Nebenkriegsschauplatz bezeichnet, sondern ich habe an Dinge gedacht wie Glyphosat in Muttermilch oder in Bier, wo man wunderbar auf Landwirte einprügeln kann. Wenn man hochrechnet, müsste man 4 000 Liter davon trinken, um die Vorsorgewerte zu erreichen. Das ist schon populistisch und Nebenkriegsschauplatz.

Das war eine Kurzintervention. Kollege Günther, wollen Sie reagieren? – Das würde Ihnen zusätzliche Redezeit bescheren. – Nein.

Wir gehen trotzdem weiter in dieser dritten Runde. Gibt es weiteren Redebedarf von den Fraktionen? – Ja, für die CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege von Breitenbuch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte aus der Praxis einige Punkte ansprechen. Wenn wir uns die Bäume ansehen, die aus Verkehrssicherheitsgründen an den Straßen wegkommen, dann ist das auch nicht gut. Da wird auf Linden verzichtet, weil sie in der höchsten Blühphase auch Dreck auf den Autos machen. Wenn die Linden nicht blühen und die Bienen keine Nahrung darin finden, dann ist das letztendlich auch eine Folge, wie wir Dinge in unserer Gesellschaft bewerten. Auch darüber kann man nachdenken. Es werden Obstbäume nachgepflanzt, die bewusst keine Früchte tragen sollen, weil diese den Verkehr behindern können. Das heißt, auch das kommt in unserer Gesellschaft vor.

Die Leute ertragen nicht mehr, wenn die Schwalbe an ihrem Haus nistet, weil dort auch Dreck runterfallen kann. Also werden diese Nester abgerissen. Die Frage ist, wo brüten dann die Mehlschwalben? Auch das muss allgemein diskutiert werden. Wir haben inzwischen auch in den Dörfern automatische Rasenmäher, die jeden Tag den Millimeter Aufwuchs an Gras abmähen. Das heißt, da kommt überhaupt nichts mehr. Das waren nur ein paar Bilder aus der Praxis, was unsere Gesellschaft hier zurzeit macht. Insofern ist der Blick auf die allgemeine Diskussion wichtig.

Ich möchte aber zum Abschluss noch ganz kurz auf den eigenen Betrieb eingehen. Wir haben eine Fruchtfolge, die seit circa 1992 gleich ist. Wir fahren das ganz exakt. In dem zweiten Betrieb, für den ich verantwortlich bin, ist es genauso. Ich kann nicht erkennen, dass dort weniger Insekten sind. Wir machen keine anderen Maßnahmen. Wir haben keine Biogasanlage. Auch dieser Effekt, der hier teilweise in der Diskussion war, zieht nicht. Insofern kann ich für unsere Region nicht so stehen lassen, dass dieses dramatische Bild, das Herr Günther zeichnet, im Lande so vorkommt.

Selbstverständlich versucht man die Dinge ordentlich zu machen, mit den Imkern im Gespräch zu sein, auch

nachzuvollziehen, gibt es Bienen, gibt es keine Bienen. Es gibt Bienen. Es gibt viele Jungimker die bestätigen, dass ihre Völker Ertrag bringen. Das ist ein Bild aus Westsachsen, denn ich möchte dieses schwarze Bild, das Herr Günther hier gezeichnet hat, nicht stehen lassen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE steht am Mikrofon.)

Herr Kollege von Breitenbuch sprach für die CDU-Fraktion. Auf ihn reagiert jetzt Frau Kollegin Dr. Pinka mit einer Kurzintervention.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich achte ja Herrn von Breitenbuch schon wegen seiner Tätigkeiten außerhalb des Landtags und erkenne auch an, dass es möglicherweise landwirtschaftliche Betriebe gibt, die anders operieren und wo man die Artenvielfalt noch registrieren kann. Wir brauchen aber nicht negieren, dass die Sachverständigen uns gesagt haben, dass die sächsische Landwirtschaft nicht dazu geführt hat, dass wir eine Artenvielfalt registrieren können. Das wissen Sie selber ganz genau, Sie waren auch zugegen. Wir hatten ebenso die Diskussion zum Belegstellengesetz. Wenn wir nicht die Probleme mit der Vielfalt an Bienen im Freistaat Sachsen hätten, bräuchten wir gar nicht über Gesetze zu diskutieren. Wenn alles in Ordnung wäre, dann wären sie obsolet.

Von daher halte ich das, was Sie am Anfang gesagt haben, nicht für zielführend. Wenn Sie sagen, wir müssen den Rasen anders mähen, dann sind das vielleicht kleine Dinge, die wirklich wirksam werden, aber bei der Fläche, die die Landwirtschaft im Freistaat Sachsen einnimmt, sind das nur Peanuts, Schwalbennester abzunehmen oder Obstbäume ohne Früchte zu pflanzen. Das sind nicht die Dinge, die uns bewegen, sondern wir müssen tatsächlich eine andere Agrarpolitik betreiben und andere landwirtschaftliche Lösungen finden. Das haben Sie genauso wie ich in der Sachverständigenanhörung gehört. Davor brauchen wir uns nicht verstecken.

(Beifall bei den LINKEN)

Gibt es eine Reaktion? – Nein. Gibt es jetzt weiteren Redebedarf in dieser Rederunde? Gibt es überhaupt weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich so nicht erkennen. Damit hat jetzt der Herr Staatsminister das Wort. Das Wort ergreift jetzt Herr Staatsminister Thomas Schmidt.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende haben wir es doch wieder geklärt: Wir haben Artensterben, die Landwirtschaft ist schuld und die Staatsregierung tut nichts dagegen. Diese verkürzte Darstellung, die hier auch wieder getragen hat – so einfach ist das Leben nun einmal nicht.

Es ist eine Unterstellung – auch wenn Sie es noch einmal relativiert haben, Herr Kollege Günther; aber der Debattentitel sagt es doch ganz eindeutig –, dass wir hier in Sachsen angeblich nichts tun würden:

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Richtig!)

Wann folgt auf Wissen in Sachsen endlich auch Handeln?

(Wolfram Günther, GRÜNE: Nicht genug!)

Das steht hier nicht drin. – Damit gehen Sie nach außen. Sie wissen ganz genau, dass wir in Sachsen bereits sehr viel tun.

Ich will gar nicht weiter auf die Krefelder Studie eingehen, aber wenn andere auf einem derartigen wissenschaftlichen Niveau agieren würden, dann würden Sie das jedem um die Ohren hauen, also mit Sicherheit. Hier beziehen Sie sich aber darauf, und dann sind noch nicht einmal irgendwelche Monitoringstellen in Sachsen dabei. Das Monitoring ist vor allen Dingen in Regionen vollzogen worden, in denen es diese kleinteilige Landwirtschaft gibt. Es kann also nicht nur die Agrarstruktur, nicht nur die Bewirtschaftungsweise in der Landwirtschaft sein. Es muss viel mehr sein.

Darum haben wir die Bundesregierung in der letzten Umweltministerkonferenz aufgefordert, einen einheitlichen Methodenleitfaden für das Insektenmonitoring zu erarbeiten und ein nationales Monitoringprogramm für die Erfassung der Insektenfauna in Deutschland zu installieren und zu finanzieren.

So etwas dauert sehr lange. Das wissen wir auch. Deshalb können wir nicht darauf warten, bis die Ergebnisse aus diesem Monitoring kommen. Wir tun in Sachsen eine ganze Menge, und das seit vielen Jahren, ob in Schutzgebieten einschließlich der Natura-2000-Umsetzung, ob die Artenschutzprogramme oder die vielfältigen Fördermaßnahmen, natürlich auch Fördermittel aus der sogenannten zweiten Säule der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik.

Wenn Frau Dr. Pinka davon spricht, wir müssten endlich Landesmittel in die Hand nehmen – diese Mittel, wobei wir von den Gesamtmitteln des ELER 20 % in den Naturschutz stecken, müssen kofinanziert werden.

Wenn wir in dieser Förderperiode mehr als 200 Millionen Euro in den Naturschutz investieren, dann sind darin eben auch mehr als 50 Millionen Euro Landesmittel enthalten. Es ist also auch ein großer Anteil des Geldes, der direkt aus Sachsen kommt. Am Ende ist es egal, woher es kommt. Es ist alles Geld der Steuerzahler. Das sollten wir bei der Sache auch nicht vergessen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir haben auf knapp 180 000 Hektar – das sind ca. 20 % der LN – Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen, ökologischen Landbau und Greening-Maßnahmen. Ich denke, das ist schon ein wichtiger Bestandteil der Agrarförderung.

Der Umfang der Antragsflächen für Naturschutzbrachen und Blühflächen auf Ackerland hat sich übrigens in dieser

Förderperiode gegenüber der vorherigen Förderperiode verzwölffacht. Dass nichts geschieht, kann man wirklich nicht sagen.

Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass wir bereits in umfangreicher Höhe Mittel aus anderen Bereichen der EU-Agrarförderung umgeschichtet haben, zum Beispiel von der Agrarinvestitionsförderung für Agrarumweltmaßnahmen in den ökologischen Landbau, um diesen finanzieren zu können.

Wir haben allein in diesem Jahr wieder Mittel in Höhe von 38 Millionen Euro ausgezahlt. Der Anteil des ökologischen Landbaus ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Inzwischen wirtschaftet jeder zehnte Betrieb in Sachsen ökologisch. Wir haben 6 600 Hektar Teiche extensiv und naturschutzgerecht bewirtschaftet. Ich denke, wir werden auch in Zukunft noch größere Erfolge erreichen.

Wie gesagt:– Allein in dieser Förderperiode stellen wir für den ökologische Landbau mehr als 62 Millionen Euro zur Verfügung.

Es gibt aber auch eine ganze Menge von Artenschutzmaßnahmen – ich will es nicht alles aufzählen, weil die Zeit dafür zu knapp ist. Wir haben unser Biodiversitätsprogramm, für das wir aller zwei Jahre Maßnahmenpläne veröffentlichen.

Bestandteil des Biodiversitätsprogramms sind auch zahlreiche auf einzelne Arten fokussierte Projekte und Programme. Es gibt 50 Arten mit besonderer Landesbedeutung. Für fünf Arten mit überregionaler Bedeutung gibt es mehrjährige Kooperationsverträge zwischen dem Freistaat und der kommunalen Ebene, hier den Landkreisen und kreisfreien Städten.

Wir haben Kooperationsvereinbarungen mit dem Landesverband der Landschaftspflegeverbände. Wir geben jedes Jahr 630 000 Euro dafür aus – das ist auch noch nicht so lange her, erst seit Ende 2015, also auch eine neue Maßnahme –, um jährlich zwischen 300 und 400 Projekte zu bearbeiten. Das sind Entschlammungen von Amphibiengewässern, die Pflege von Streuobstwiesen usw. Vieles Weitere wäre hier noch zu nennen.

Wir nehmen natürlich auch Projekte auf Bundesebene gern in Anspruch: Artenschutzkonzept für nationale Verantwortungsträger. Sie werden es sicherlich kennen. Es gibt verschiedene Zielrichtungen der Förderung. Die Flussperlmuschel oder die Malermuschel wurden bereits genannt. Sie wurde auch ausgezeichnet als Projekt der UN-Dekade der biologischen Vielfalt.

Es wird immer einmal kritisiert, dass wir mit unserem Schmetterlingswiesenprojekt Schönwetterpolitik machten, aber sonst geschehe nichts. Auch das ist ein Projekt, das sicherlich nicht den gesamten Artenrückgang aufhalten wird. Damit erreicht man aber Außenwirkung. Damit erreicht man es, Leute zum Nachdenken anzuregen. Damit erreicht man vielleicht Gruppen, die sich ansonsten überhaupt nicht mit dem Thema befassen. Ich denke, auch

das ist vielleicht ein ganz kleiner Mosaikstein, aber ein ganz wichtiges Thema.

Wir haben beim Management von Schutzgebieten natürlich auch einiges vorzuweisen. Unsere Großschutzgebiete umfassen 13 % unserer Landesfläche. Wir haben drei Naturparks, 220 Naturschutzgebiete und 347 Natura2000-Gebiete.

Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen, dass Sachsen als eines der ersten Länder überhaupt die Verpflichtung, für seine FFH-Gebiete Managementpläne aufzustellen, umgesetzt hat. Viele auch grün regierte Länder haben das bis heute nicht.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Hört, hört!)

Auch darüber könnte man einmal sprechen. Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt und wollen hierbei auch vorankommen.

Ich könnte Ihnen jetzt noch eine Stunde lang viele Maßnahmen aufzählen. Das möchte ich allerdings vermeiden. Ich möchte aber eines sagen: Die Aussage, dass sich unsere Landwirte ganz anders dieser Thematik stellen sollten, sozusagen, dass wir dem fast kriminell wirtschaftenden Landwirt einmal vom Juristen erklären lassen müssen, dass er seine Lebensgrundlagen zerstört, weise ich entschieden zurück.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)