Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: In drei Jahren!)

Vor dem Hintergrund des Wunsches einer noch stärkeren Unterstützung kleinerer kreisangehöriger Kommunen wurde dieses Verfahren gewählt. Aus juristischen Gründen können wir es nicht auf eine bestimmte Größenklasse beschränken. Die Unterstützung kommt jedoch gerade den kleinen Gemeinden zugute und auch dort besonders zur Entfaltung.

Die Summe wird in drei Tranchen, also jeweils 30 Millionen Euro pro Jahr, ausgezahlt.

Auf ausdrücklichen kommunalen Wunsch ist die Verwendung der Mittel entgegen der ursprünglichen Intention nicht investiv zweckgebunden, sondern völlig frei. An dieser Freiheit in der Mittelverwendung hat sich auch nichts durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen geändert.

Die Koalition hat aber mit einem Änderungsantrag gerade für das Jahr 2018 rechtssicher klargestellt, dass für die Festlegung der Ausgaben der Gemeinderat der jeweiligen Gemeinde zuständig ist. Ebenso haben wir die Übertragbarkeit der Mittel gesetzlich eindeutig geregelt und mit dem 31. Dezember 2021 das endgültige Datum für die Verausgabung festgelegt.

Da wir hier über 90 Millionen Euro an Steuergeldern sprechen, sollte der Freistaat Sachsen schon überschlagartig wissen, wie das Geld verwendet wurde. Deshalb wurde seitens der Koalition noch eine Berichtspflicht des Finanzministeriums an den Haushalts- und Finanzausschuss des Sächsischen Landtags eingefügt.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Bürokratie!)

Eine solche Berichtspflicht ist auch ganz klar nicht mehrbelastungsausgleichspflichtig.

Insgesamt passt diese heute zu verabschiedende Vorschrift auf ein Blatt Papier: kurz, einfach und gehaltvoll.

(Lachen des Abg. André Barth, AfD)

Ordnen wir dieses Gesetz in die Reihe der Zusatzmittel für die Kommunen ein, dann müsste jeder – wirklich jeder! – sehen können, dass die kommunale Ebene in Sachsen gut mit Investieren beschäftigt ist. Ich denke nur an die 800 Millionen Euro aus dem Programm „Brücken in die Zukunft“. Ich denke an die vor wenigen Wochen beschlossenen Schulhausbaumittel in Höhe von knapp 200 Millionen Euro oder an die Verdopplung der Fördermittel auf 200 Millionen Euro in den nächsten Jahren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Mario Pecher, SPD)

Nicht umsonst mussten wir wegen Überhitzung des Baumarktes und Überlastung manches kommunalen Bauamtes in den letzten Plenartagen die Verwendungsfristen für diese Mittel verlängern. All das kommt noch hinzu zum größten Volumen des kommunalen Finanzausgleiches.

Zu all dem kommen jetzt noch diese Pauschalen in Höhe von 90 Millionen Euro hinzu. Das sind insgesamt pro Kommune zusätzliche Mittel in Höhe von 210 000 Euro – außerhalb der Reihe. Damit könnte man bei einer Förderung zum Beispiel von 75 % ein Volumen von insgesamt 840 000 Euro verbauen. Das ist schon eine ganze Menge zusätzliches Geld, gerade für kleine Kommunen. Eben für diese kleinen Kommunen ist dieses Programm gedacht.

Nicht zu vergessen ist, dass die von den Wirtschaftsweisen über Jahre angekündigten Steuermehreinnahmen nun auch langsam beim Freistaat und bei seinen Kommunen ankommen. Wir können schon jetzt davon ausgehen, dass wir hier, in diesem Hohen Hause, im Herbst noch ein viel größeres Kommunalvolumen beschließen werden.

Meine Damen und Herren! All diese Entwicklungen muss man im Zusammenhang sehen. Trotzdem wage ich jetzt hier am Pult die Prognose, dass die Opposition an diesem Gesetz wieder etwas herumzumäkeln hat, einfach aus Prinzip.

Aus diesem Grunde hebe ich mir meine Redezeit für die zweite Runde auf, um gegebenenfalls oppositionellen Nebelkerzen und Gerüchten entgegentreten zu können.

Ich bedanke mich bis hierher für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Meiwald, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Michel, weil wir es können.

(Beifall bei den LINKEN – Jens Michel, CDU: Mäkeln!)

Na bitte, geht doch, könnte man meinen. Am 31. Januar kündigte der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung an:

Wir wollen künftig stärker auf Förderpauschalen setzen. Eine neue Förderpolitik lasse sich nicht über Nacht bewerkstelligen, aber man beginne damit schon jetzt. Bereits von diesem Jahr an bis zum Jahr 2020 bekommen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden für ihre Aufgaben und Investitionen zusätzlich insgesamt

90 Millionen Euro. Sie erhalten somit zusätzlich bis zu 70 000 Euro pro Jahr. Der Regierungschef betonte, dies sei ein Anfang vor allem für die kleinen Gemeinden. „Diese können selbst entscheiden, ob sie in Kindergärten investieren oder in die Schule, in die Grünanlage oder in ein soziales Projekt“, hieß es in der Pressemitteilung der Staatskanzlei.

Dann wurde vergleichsweise sehr zügig gearbeitet; denn bereits am 2. März erhielten die kommunalen Spitzenverbände den Referentenentwurf zur Anhörung, und am 11. April ging dem Landtag der Gesetzentwurf der Staatsregierung zu. Wir hatten spontan den Eindruck: Endlich haben Sie es kapiert.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Ja!)

Den Kommunen geht es schlecht, und es soll vor allem den kleinen Gemeinden mit einer unbürokratischen Pauschale geholfen werden. Wir haben dies hier im Haus mehrfach gefordert, und oft genug haben wir es hier auch diskutiert.

Sie wollen nun den kreisangehörigen Kommunen für jede Einwohnerin und jeden Einwohner je 70 Euro bis zu einem Maximalbetrag von 70 000 Euro zahlen. Über die Höhe kann man sich natürlich streiten, aber immerhin: Es ist ein Anfang. So einfach, so gut. Für eine ganz simple Maßnahme einen Gesetzentwurf im Umfang einer A4Seite. Ja, meine Damen und Herren von der Koalition: So macht man bürgernahe Politik.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Sowohl SSG als auch Sächsischer Landkreistag begrüßten den ursprünglichen Entwurf ausdrücklich, auch wenn – darin stimme ich der Stellungnahme des Landkreistages

zu, Herr Michel – mit einer Begrenzung auf Kommunen bis 5 000 Einwohnerinnen und Einwohner die vergleichsweise geringe Summe vielleicht zielgerichteter hätte eingesetzt werden können.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Geht aber nicht!)

Trotz Nachfragen im Ausschuss hat sich uns aber nicht wirklich erschlossen, wie Sie überhaupt auf diese Summe gekommen sind. Einen Bedarf können Sie nicht ermittelt und somit zur Grundlage genommen haben. Sie haben geschaut, was in diesem Jahr noch übrig ist, und diese Summe über den nächsten Doppelhaushalt fortgeschrieben. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Im Grunde haben wir uns sogar gefreut, dass Sie endlich handeln. Aber auch das ist schon mal ein Vorgriff auf die Haushaltsberatungen, die uns ab August wieder hier beschäftigen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Freude – jetzt geht es los, Herr Michel – währte aber nicht sehr lange. Am 3. Mai legten die Koalitionsfraktionen dem zuständigen Ausschuss einen Änderungsantrag vor, der nicht nur bei den kommunalen Spitzenverbänden für Verwirrung und Verärgerung gesorgt hat. Gegen eine Übertragbarkeit der Mittel ist per se nichts einzuwenden, begrenzt allerdings per Gesetz die Kommunen im Mitteleinsatz auf den 31.12.2021. Das sieht zumindest der SSG auch sehr kritisch. Dass der Gemeinderat über die Verwendung entscheidet, scheint auch in unseren Augen selbstverständlich. Ja, wer denn sonst, wenn nicht die gewählten Vertreterinnen und Vertreter einer Kommune? Den sich dann anschließenden Zusatz aber, dass die Beschlüsse durch die zuständigen Landratsämter jährlich bis zum 31.12. an das SMF übermittelt werden und das besagte SMF dann noch bis 30. April dem HFA berichten soll, halten wir für deutlich überzogen und haben das im Ausschuss auch so dargelegt.

Sie konnten uns auch keine stichhaltigen Argumente liefern, wofür Sie diese Berichtspflicht brauchen, wenn Sie – wie Sie sagen – nur informiert sein und nicht kontrollieren oder gar korrigieren wollen. Während der SSG zumindest die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellt, mahnt der Sächsische Landkreistag sogar die Prüfung einer möglichen Mehrbelastungspflichtigkeit an.

Sie sehen also, meine Damen und Herren: Der sächsische Wunsch nach Gründlichkeit und einem ausgeprägten Berichtswesen führt auch hier dazu, dass ein schlankes und eigentlich gutes Gesetz wieder für Unmut bei der kommunalen Familie sorgt.

Zum Gesamtdeckungsprinzip könnte ich jetzt noch ausführen, aber das lasse ich weg. Sie können selbst nachlesen, was das eigentlich bedeutet.

Sie machen es uns also wirklich nicht leicht. Wir haben den Gesetzentwurf wohlwollend begrüßt; mit der Übernahme des Änderungsantrages im HFA aber – und so viel nehme ich vorweg – werden wir uns leider nur enthalten können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die 70 000 Euro sind ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Wir sind der Auffassung, dass das Geld dorthin muss, wo man am besten weiß, wie es ausgegeben werden soll, nämlich an die Kommunen. Wir haben daher ein Regionalbudget für die Landkreise und kreisfreien Städte in Höhe von je 10 Millionen Euro vorgeschlagen. Zudem haben wir einen Vorschlag vorgelegt, der dafür sorgen soll, dass jede kreisangehörige Gemeinde pro Einwohnerin und Einwohner rund 100 Euro mehr in ihrem Haushalt hat. Das wären dann 400 Millionen Euro mehr im Kommunalen Finanzausgleich. Hier sprechen wir von einer wirklichen Entlastung der kommunalen Ebene, von einem Großteil ihrer finanziellen Sorgen. Dieses stellen wir zur Diskussion. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, würde bei den Bürgerinnen und Bürgern wirklich ankommen und Wirkung entfalten.

Noch ein kleiner Hinweis an Sie: Wir bestehen nicht auf unserem Copyright; schreiben Sie ruhig ab und ernten Sie die Lorbeeren. Dort, wo wir als Gesetzgeber und Sie als Staatsregierung die Kommunen tatsächlich entlasten, kommunale Selbstverwaltung ermöglichen und stärken, Vertrauen in die Menschen vor Ort haben und die angesprochenen Probleme, Sorgen und Nöte ernst nehmen und echte Hilfe gewähren, dort sind wir an Ihrer Seite. Diesmal aber haben Sie die Chance vertan. Da wir aber anerkennen, dass dieser Gesetzentwurf in die richtige Richtung geht, werden wir uns – wie schon ausgeführt – enthalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Franziska Schubert, GRÜNE)

Es erhält die SPDFraktion das Wort. Bitte, Herr Pecher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem pauschalen Gesetz möchte ich ein Lob für die Opposition an den Anfang stellen. Sie haben uns begleitet, indem Sie zum Beispiel auf die Anhörung verzichtet haben, sodass wir ein schlankes Gesetz sehr schnell in Gang bringen konnten. Das – denke ich – gehört auch dazu. – Da können Sie ruhig Beifall klatschen, dass Sie es gemacht haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und den LINKEN)

Ich beginne mit dem Thema – was Sie jetzt gesagt haben – Änderungsantrag, Berichterstattung. Sie haben bereits ausgeführt: 70 000 Euro pro Kommune, das sind 30 Millionen Euro pro Jahr – auf drei Jahre gerechnet 90 Millionen Euro. Ich würde mit Neil Armstrong sagen: Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung – nicht für die Menschheit, sondern für das Finanzministerium.

Was ist passiert? Es sind Pauschalen ausgereicht worden, ohne Bindung an Investitionen oder Gott wer weiß was und ohne Verwendungsnachweisprüfung. Ich glaube, das ist ein großer Sprung für dieses Finanzministerium, vor

allem, wenn man weiß, dass das im Entwurf enthalten war. Wenn Sie eine Verwendungsnachweisprüfung beim LASuV, beim Thema Hochwasser oder beim simplen Schulhausbau gemacht hätten, dann sage ich Ihnen, dass die kleine Berichtspflicht über die Landratsämter an das BMF und an den HFA bei Weitem nicht ansatzweise mit dem großen bürokratischen Aufwand zu vergleichen ist, den Sie bei fast jedem anderen Euro, der in diesem Land vergeben wird – auch aufgrund von Bundes- und EUVorgaben – in der Verwendungsnachweisprüfung leisten müssen. Ich sage das, um auch einmal diesen riesigen bürokratischen Aufwand an dieser Stelle zu relativieren.

Nun einige Anmerkungen zum Thema Größenordnung. Wir hatten die Diskussion zur kommunalen Finanzausstattung und ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, was der Freistaat Sachsen neben dem FAG alles für seine Kommunen tut. Ich möchte an die Kita-Finanzierung erinnern, an die Sportförderung – investiv wie auch institutionell –, an den Brandschutz, die Jugendhilfe, den Straßenbau, den ÖPNV, den Kulturraum, die Ehrenamtspauschale, den Denkmalschutz, die Schulsozialarbeit. Dabei habe ich noch nicht einmal die großen Brocken Städtebau und EU-Programme oder Brückenprogramm erwähnt. Wenn man das alles anschaut, betreiben wir einen Riesenaufwand, um unsere Kommunen zu unterstützen. Ich möchte das noch einmal betonen, um dem Eindruck entgegenzutreten, wir würden die Interessen der Kommunen oder die Interessenlagen der Menschen vor Ort nicht ernst nehmen. Das tun wir in einem vielfältigen, breiten Spektrum mit unserem Haushalt, den wir hier beschließen.

Abschließen möchte ich mit einem kleinen Ausblick. Natürlich sind diese 30 Millionen Euro pro Jahr nicht die Riesennummer für eine Kommune. Für die Stadt Zwickau wären die 70 000 Euro – in China würde man sagen, ein Sack Reis – vielleicht das Reiskorn in dem Sack. Aber ich kenne auch eine kleine Kommune bei Kirchberg, die diese Summe fördertechnisch fast verdreifacht und für die Kita und für den Hort verplant hat.