Meine Damen und Herren! Abschließend noch ein paar Worte zur hier geforderten kalenderjährlichen statistischen Erfassung aller unbefristeten Aufenthaltstitel. Wer sich ein wenig in der Materie auskennt, wird wissen, dass eine solche Erfassung nicht nur eine enorme Arbeitsbelastung darstellen würde, sondern auch keinen Mehrwert böte, denn die wichtigsten Daten ergeben sich aus der reinen Bestandsstatistik des Ausländerzentralregisters.
Dort wird sehr genau abgebildet, wie viele anerkannte Asylbewerber oder Flüchtlinge an einem bestimmten Stichtag im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sind, und zwar sehr wohl differenziert nach Alter, Geschlecht und Herkunftsstaat. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort der Staatsregierung auf den Antrag der AfDFraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Kollege Hartmann, die Stellungnahme der Staatsregierung kam ja, und wir konnten sie lesen. Erlauben Sie mir die Spitze, die Zeit hätte man ja nutzen können, statt den dänischen Staatsaufbau zu googeln. Aber gut.
Ja, Ihnen ja auch, etwas gelernt über den dänischen Staatsaufbau. – Also: Die Stellungnahme der Staatsregierung – ich fasse das einmal zusammen – stellt die formale Rechtslage dar. Nicht mehr und nicht weniger. Das war zu erwarten. Es ist ja auch nicht falsch, aber es ist auch nicht richtig, denn wir haben keinen Grund, den Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu trauen. Und das – Herr Staatsminister hat es gerade ausgeführt – liegt auch an der schieren Masse der bearbeiteten Anträge in der Vergangenheit und den zu bearbeitenden Anträgen der Gegenwart.
Der Blick auf die Praxis und die Ereignisse in der Bremer Außenstelle sollten an der Stelle allen die Augen geöffnet haben. Jegliche Nachlässigkeit muss nun ein Ende haben. Die Bundesländer – Sachsen voran, deswegen debattieren wir auch über dieses Thema – müssen dem Bund Beine machen und auf Überprüfungen drängen. Täglich, in jedem Einzelfall und im Zweifel immer wieder, und zwar so lange, bis Horst Seehofer nachts das Kopfkissen würgt und dabei laut „Sachsen“ ruft.
Meine Damen und Herren! Das ist es, was wir den Bürgern und den Steuerzahlern schuldig sind. Wenn wir das Vertrauen in den Rechtsstaat haben wollen, müssen wir besser werden. Das BAMF muss besser werden. Die CDU, Herr Hartmann als Ihr Sprecher, bat um Überweisung an den Innenausschuss, um die Thematik noch etwas zu vertiefen. Ich bedanke mich für diesen Vorschlag. In Erwartung einer wohlwollenden Entscheidung bitte ich jetzt das Präsidium auch um die Überweisung dieses Antrages an den Innenausschuss.
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag von Herrn Abg. Wippel gehört, die Drucksache 6/13326 an den Innenausschuss zurückzuüberweisen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Enthaltungen? – Vielen Dank. Bei Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen ist der Überweisung an den Innenausschuss mehrheitlich entsprochen worden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gegen die Überweisung gestimmt. Ich möchte das an diesem Punkt erklären. Meine Fraktion steht grundsätzlich dem Willen von Fraktionen sehr positiv gegenüber, im Ausschuss noch Dinge zu vertiefen. Wir haben von diesem Recht in der Vergangenheit auch immer wieder Gebrauch gemacht. Allerdings haben hier im konkreten Fall zwei Aspekte dagegengesprochen.
Zum einen hat die einbringende Fraktion selbst die Plenarbehandlung forciert, obwohl die Stellungnahme erst
heute eingegangen ist. Das spricht dafür, dass sie gar kein Interesse an einer Aufarbeitung im Ausschuss hatte. Sonst hätte sie die Stellungnahme abgewartet und möglicherweise dann anhand der Stellungnahme diskutiert.
Zweiter Punkt: Wir erwarten uns keinerlei Mehrwert von dieser Diskussion im Innenausschuss. Es sind weder neue Fragen aufgekommen noch neue Sachverhalte. Das unterscheidet den heutigen Sachverhalt der Rückverweisung doch von so ziemlich allen Rückverweisungsanträgen der Vergangenheit. Deshalb halten wir das für schlicht
sinnlos. Der Innenausschuss hat momentan genügend zu tun, als sich damit zu beschäftigen. Deshalb haben wir dagegengestimmt.
von Wildtieren auf öffentlichen Flächen unterstützen – kommunale Selbstverwaltung stärken statt verhindern
Die Fraktionen können wie folgt Stellung nehmen: Es beginnt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach folgt die CDU, DIE LINKE, die SPD, die AfD und Herr Abg. Wild sowie die Staatsregierung, falls sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Zschocke, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahr 2007 habe ich einen Antrag in den Stadtrat Chemnitz eingebracht, der fraktionsübergreifend breite Unterstützung fand. Es ging um den Platzüberlassungsvertrag der Stadt mit gastierenden Zirkusunternehmen. Wir waren uns damals sicher, dass wir die Nutzung öffentlicher Flächen beschränken dürfen, um öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, um vor Ausbrüchen von Zirkustieren zu schützen, um Gefahren für Besucher und Anwohner abzuwehren und auch, um den Tierschutz durchzusetzen.
Wir waren uns sicher, dass solch überwiegende Allgemeinwohlinteressen ihren Niederschlag auch in Verträgen zur Nutzung öffentlicher Flächen finden dürfen. Ich fand es selbstverständlich, dass eine Kommune unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes frei entscheiden kann, wie sie ihre eigenen Flächen widmet und die Benutzung ausgestaltet.
Was in den zehn Jahren nach diesem Beschluss passierte, meine Damen und Herren, hat mich ernsthaft daran zweifeln lassen, ob die kommunale Selbstverwaltungsgarantie im Grundgesetz auch in Sachsen gilt. Wir hatten ja mitnichten ein Auftrittsverbot für Zirkusse mit Wildtieren beschlossen. Wir haben auch keinen Dompteur in seiner Berufsfreiheit eingeschränkt. Den Zirkussen verblieb die ganze Zeit die Möglichkeit, ihre Wildtiere außerhalb von kommunalen Flächen zu präsentieren. Überall gibt es private Flächen und Einrichtungen, auf denen sie gastieren können und auch gastiert haben.
Während jeder private Grundstückseigentümer entscheiden kann, wem er sein Grundstück überlässt, kann dies nach Rechtsauffassung der Landesdirektion Sachsen eine Kommune in Sachsen eben nicht. Ich habe in den Jahren gelernt, dass die Zirkuslobby so mächtig ist, dass es trotz des entschlossenen Festhaltens von Stadträten an ihren Beschlüssen die Kommunen in Sachsen am Ende von der Rechtsaufsicht dazu gezwungen werden, auch gegen ihren Willen Platzüberlassungsverträge mit Zirkusunternehmen abzuschließen, die zum Teil gefährliche Wildtiere mitführen.
Sogar eine veränderte Widmung öffentlicher Plätze, was das gute Recht – und ich will meinen der Kernbestand – kommunaler Selbstverwaltung ist, hält die Landesdirektion für einen rechtswidrigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Zirkusbetreiber. Am Endes dieses zehnjährigen Widerstandes der Bürgerschaft wird die Stadtverwaltung Chemnitz von der Rechtsaufsicht nun gezwungen, die wiederholten Beschlüsse des eigenen Stadtrates zu missachten. Der Stadt Leipzig ging es ähnlich. Neuer Widerstand formiert sich aktuell im Erzgebirge. Mit Rückendeckung vom Landkreis lehnt der Stadtrat in Annaberg die Forderung der Rechtsaufsicht ab, einen Stadtratsbeschluss vom letzten Jahr aufzuheben. Dieser wurde nach einer mehrheitlichen Bürgerumfrage gefasst. Die Einwohner von Annaberg wollen keinen Zirkus mit Wildtieren in der Stadt. Der Oberbürgermeister dort lässt sich auch von der Landesdirektion nicht beirren und hält an der Entscheidung des Rates fest.
Auch der Stadtrat in der Landeshauptstadt macht sich gerade auf den Weg, eine Entscheidung zur Vermietung öffentlicher Flächen an Zirkusse mit Wildtieren zu treffen.
Wir machen den Streit mit der Landesdirektion um die Nutzung kommunaler Flächen heute zum Thema im Landtag, weil die rechtliche Einordnung bei Weitem nicht
so eindeutig ist, wie es die Landesdirektion unter Berufung auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg aus dem Jahr 2017 darstellt. Das OVG Lüneburg verweist sogar selbst darauf, dass von der Sperrwirkung gefahrenabwehrrechtliche einschließlich bauordnungsrechtliche Gründe für ein Verbot des Mit-sichFührens von Wildtieren nicht umfasst sind.
Aber lassen Sie mich unseren Antrag einmal Punkt für Punkt erläutern. I.1. Wildtiere können in reisenden Zirkusunternehmen und Tierschauen nicht tiergerecht gehalten und transportiert werden. In vielen Ländern Europas ist das seit vielen Jahren Konsens. Auch 82 % der Deutschen sehen das so. Die Mehrheit im Bundesrat sieht das so. Selbst die Staatsministerin hat gemäß Stellungnahme zu unserem Antrag Zweifel, dass eine art- und verhaltensgerechte Unterbringung unter den besonderen Bedingungen eines reisenden Zirkusunternehmens nachhaltig gewährleistet werden kann. Dieser erste Punkt im Antrag sollte hier wirklich unstrittig sein.
I.2. Sächsische Kommunen handeln im Sinne des Tierschutzes und der öffentlichen Sicherheit, wenn sie ihre Flächen für Zirkusse mit Wildtieren nicht mehr zur Verfügung stellen. Ich habe zu wenig Redezeit, um die Tierschutzaspekte auszuführen. Das werden vielleicht andere Redner noch tun. Ich will mich einmal auf den Schutz vor Gefahren konzentrieren; denn Ausbrüche von Elefanten, Tigern oder Bären aus Zirkusbetrieben sind vielfach dokumentiert, meine Damen und Herren. So brachen zwischen 2009 und 2016 25-mal Elefanten aus Zirkusbetrieben in Deutschland aus oder liefen einfach so unbeaufsichtigt umher. Dabei wurden mindestens vier Menschen zum Teil schwer verletzt. 2015 wurde ein Mann in Baden-Württemberg von einem Zirkuselefanten getötet. In Europa sind seit 1987 mindestens 194 gefährliche Vorfälle registriert. Dabei wurden 17 Personen von Elefanten im Zirkus getötet und mindestens 59 teilweise schwer verletzt.
Auch der Bundesrat weist in seiner Entschließung für ein Verbot von Wildtieren im Zirkus auf die Gefahrensituation für die Bevölkerung hin. Einen Grund dafür sieht die Länderkammer darin, dass die eigentlich notwendige Einrichtung von ausreichend großen, ausbruchsicheren und artgerecht ausgestatteten Gehegen einfach mit der Notwendigkeit zur fortwährenden Mobilität kollidiert.
Auch die Staatsministerin räumt in ihrer Stellungnahme ein, dass Kommunen nicht verpflichtet sind, für den Auftritt von Zirkussen mit Wildtieren geeignete Flächen vorzuhalten. Geeignet wäre demnach ein komplett eingezäunter, ausbruchsicherer Festspielplatz. Ich kenne weder in Leipzig noch in Chemnitz, noch in Dresden oder in Annaberg einen solchen Platz. Unter uns sitzen Stadträte aus Leipzig, aus Chemnitz und aus Dresden. Ich meine, der Landesdirektion steht es nicht zu, ihre berechtigten Sorgen hinsichtlich der Sicherheit einfach zu ignorieren.
Wenn Ihnen öffentliche Sicherheit und Schutz der Bevölkerung ein Anliegen sind, müssen Sie heute hier zustimmen.
II.1. Die Ministerin sieht für den Erlass von Anwendungshinweisen keinen Spielraum, hat sie in die Stellungnahme geschrieben. Das sehe ich anders. Natürlich kann das Land den Kommunen Anwendungshinweise geben, wie wir es in unserem Antrag begehren. Beispielsweise hat das Ministerium für ländlichen Raum in BadenWürttemberg den Gemeinden aufgezeigt, wie sie unter Beachtung der aktuellen Rechtslage bestimmte Wildtierarten von den kommunalen Flächen ausschließen können. Beschränkungen von Zirkusbetrieben mit gefährlichen Tieren werden in Baden-Württemberg als rechtskonform gewertet, weil die öffentliche Sicherheit in kommunaler Zuständigkeit liegt.
Natürlich könnte auch die Sächsische Staatsregierung den Kommunen aufzeigen, dass die Gemeinden bei der Vergabe von Veranstaltungsplätzen einen weiten Gestaltungsspielraum haben und dass sie die Vergabe des Platzes zulässigerweise zum Beispiel auf Veranstaltungen ohne Raubtiere beschränken dürfen. Auch dazu gibt es rechtskräftige Urteile.
Das Verwaltungsgericht München sieht im kommunalen Wildtierverbot übrigens keinen Verstoß gegen die verfassungsmäßig geschützten Rechte der Berufs- und Kunstfreiheit. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestärkt die vorangegangene Entscheidung des VG München mit Hinweis auf das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen. Er betont die Entscheidungsfreiheit der Städte bei der Ausgestaltung ihrer Veranstaltungskonzepte.
Die Staatsregierung könnte gegenüber der Landesdirektion auch klarstellen, dass die Kommunen über die Widmung und die Ausgestaltung der Nutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen frei entscheiden können, soweit ihre Bereitstellung keine Pflichtaufgabe ist. Sie könnte klarmachen, dass es der Ausgestaltungsbefugnis der Gemeinde obliegt, den räumlichen und inhaltlichen Umfang der Nutzung etwa eines Volksfestplatzes sowie das Gesamtbild der dort stattfindenden Veranstaltung zu bestimmen. Sogar eine Teilentwidmung einer öffentlichen Fläche für Wildtierschauen wäre grundsätzlich zulässig. Dazu gibt es auch Urteile.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Kommunen beim Verfassen rechtssicherer Beschlüsse zu unterstützen, anstatt ihnen einseitig mit dem Argument der angeblich eingeschränkten Berufsfreiheit wiederholt in den Rücken zu fallen.