Anschließend fordern wir in II.2. die Staatsregierung auf, sich auf Bundesebene für ein Verbot der Wildtierhaltung in Zirkusunternehmen einzusetzen. Das ist dringend notwendig; denn das tut sie bisher nicht. Als im März 2016 die Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus auf
der Tagesordnung stand, hat sich Sachsen enthalten – trotz der von Frau Klepsch bestätigten Zweifel an der tierschutzgerechten Haltung in Zirkusbetrieben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Üblicherweise hat es sich eine andere Partei in diesem Hohen Hause zur Gewohnheit gemacht, emotional aufgeladene Forderungen mit abwegigen Interpretationen einer eigentlich klaren Rechtslage zu begründen. Wenn sich die GRÜNEN nunmehr auch auf dieses dünne Eis begeben wollen, halte ich das zumindest für bedenklich; denn es hat mit seriöser Politik nichts zu tun.
Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie erwecken mit Ihrem Antrag den Eindruck, das Antragsziel wäre im Rahmen der geltenden Rechtslage zu erreichen und ich unterstelle Ihnen an dieser Stelle: wider besseren Wissens. Die Staatsregierung hat in der Stellungnahme zu Ihrem Antrag zutreffend ausgeführt, dass im Tierschutzgesetz die Frage des gewerbsmäßigen Zurschaustellens von Wildtieren bundesrechtlich in Bezug auf Aspekte des Tierschutzes abschließend geregelt ist. Deshalb ergibt sich für eine Kommune diesbezüglich kein Regelungsspielraum. Es gilt der Vorrang des Gesetzes.
Schauen Sie sich den Beschluss – das haben Sie gemacht – des OVG Lüneburg noch einmal genau an. In der Urteilsbegründung wird das sehr schlüssig herausgearbeitet. Davon unberührt hat eine Kommune im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts in der Tat ein weites Ermessen. So entscheidet jede Gemeinde selbst, ob sie überhaupt geeignete Flächen für Zirkusveranstaltungen vorhält. Natürlich umfasst das kommunale Selbstverwaltungsrecht auch die Befugnis, die Benutzung solcher Flächen zu regeln.
Diese Regelungsbefugnis reicht aber nicht so weit, dass damit ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit gerechtfertigt werden kann. Ich verweise dazu auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes. Dem widerspricht auch nicht die von Ihnen bemühte Entscheidung des VG München vom 06.08.2014. Selbstverständlich kann es verschiedene Gründe geben, eine bestimmte Nutzung zu versagen.
Das können gefahrenabwehrrechtliche Gründe sein. Das kann auch eine Versagung aus Tierschutzgründen im speziellen Einzelfall sein.
Aber was Sie wollen, ist in der Tat etwas anderes, meine Damen und Herren. Sie wollen, dass die Kommunen speziell Zirkusbetriebe, die Wildtiere mitführen, von der Benutzung geeigneter Flächen aus vor allem allgemeinen Tierschutzgründen generell ausschließen können. Gefahrenrechtliche Aspekte, und da wollen wir einmal ehrlich zueinander sein, sind ja zum Teil nur vorgeschoben. Sie selbst sprechen in Ihrem Antrag vom Verbot von Flamingos und Pinguinen. Wo da die gefahrenrechtlichen Aspekte eine Rolle spielen sollen, das mag man mir gern erklären.
Das geht so eben nicht. Das, was Sie wollen, wäre eindeutig ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, ein unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und auch ein unzulässiger Eingriff in die Eigentumsgarantie. Wenn dann die Aufsichtsbehörden hier einschreiten, ist das auch unbedingt geboten. Wenn man Zweifel hat, ob das Mitführen bestimmter Wildtierarten – und den kann man ja durchaus haben – in reisenden Zirkusunternehmen unter Tierschutzaspekten vertretbar ist, dann bleibt eben nichts anderes übrig, als sich für eine entsprechende Überprüfung und gegebenenfalls Rechtsetzung auf der Bundesebene einzusetzen.
Geschätzter Kollege Anton, würden Sie mir recht geben, dass Ihren Ausführungen folgend dann ja in solchen Anwendungshinweisen genau darzulegen wäre, dass man möglicherweise gegen die Zurschaustellung von Elefanten aus Gründen der Besorgnis einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Ausbruchsfall gleichwohl vorgehen könnte, vielleicht gegen Pinguine aber nicht, und dass dieser Anwendungshinweis vielleicht auch eine Möglichkeit wäre?
Ich habe Zweifel daran, ob Anwendungshinweise Lösungsmöglichkeiten offenbaren, die generelle Verbote stützen.
Im Einzelfall gibt es mit Sicherheit Aspekte, auf die man hinweisen könnte, unter welchen besonderen Rahmenbedingungen jeweils Verbote angezeigt wären. Aber bei
generellen Lösungen, die ich im Rahmen einer Benutzungsordnung oder Satzung fassen kann, habe ich meine Zweifel, ob das funktioniert.
Sie fordern von der Staatsregierung, sie möge sich auf Bundesebene für das Verbot bestimmter Wildtierarten in Zirkussen einsetzen. Das ist nicht falsch, aber überflüssig. Denn es gibt bereits einen Beschluss des Bundesrates aus dem Jahr 2016 mit der Bitte an die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen bzw. die Möglichkeit entsprechender Verbote zu prüfen. Das hat die Bundesregierung auch zugesagt. Dieses Prüfverfahren dauert an, weil einem Verbot der Wildtierhaltung in Zirkusunternehmen eben hohe verfassungsrechtliche Hürden gesetzt sind. Ein solches Verbot wäre nur dann zulässig, wenn mildere Mittel nicht zum Ziel führen.
Dem trägt auch § 11 Abs. 4 Tierschutzgesetz als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung Rechnung. Das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft darf per Rechtsverordnung das Zurschaustellen von wild lebenden Arten an wechselnden Orten nur beschränken oder verbieten, soweit die Tiere der jeweiligen Art unter diesen Bedingungen nur unter erheblichen Schmerzen leiden oder Schäden gehalten und transportiert werden können und dem durch andere Regelungen, etwa Haltungsauflagen, nicht wirksam begegnet werden kann. Für die Altfälle wäre ein Verbot gar nur dann zulässig, wenn durch mildere Regelungen erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden nicht auf ein vertretbares Maß vermindert werden können. Wie gesagt: Die Hürden sind eben hoch.
Meine Damen und Herren! Wir sollten stets an uns selbstverständlich den Anspruch haben, verfassungskonforme Lösungsansätze für erkannte Probleme zu finden. Meines Erachtens mangelt es diesem Antrag an diesem Anspruch. Wir werden ihn daher ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Anton, ich stelle mir durchaus die Frage, was in Bezug auf Schmerzen – und die Frage stelle ich Ihnen als Krankenschwester – ein vertretbares Maß ist. Stellen Sie sich vor, es ist Zirkus und keiner geht hin.
Warum nicht? Artisten und Clowns sind toll. Aber möchte ich meinen Kindern wirklich zeigen, wie Wildtiere, auch wenn sie ihr gesamtes bisheriges Leben in Gefangenschaft verbracht haben, Kunststückchen vorführen?
GRÜNEN dankbar, dass sie das Thema auf die Tagesordnung bringt. Hier geht es um nichts anderes als den Versuch, etwas durchzusetzen, was Herr Zschocke bereits gesagt hat. Da ich ein bisschen mehr Zeit habe, kann ich auch ein paar EU-Länder nennen, in denen es bereits geltendes Recht ist und diese sind nämlich ziemlich nah: Österreich, Belgien, Niederlande. In Deutschland ignoriert die Bundesregierung bislang das Schutzbedürfnis. Die Betonung liegt auf „noch“. Denn auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in der Drucksache 18/11836 antwortet die Bundesregierung, dass es sich bei einem Verbot bestimmter Wildtiere in Zirkussen nicht um ein Verbot der Ausübung des Berufes als Tierlehrer handelt, sehr geehrter Herr Anton.
Darauf beruft sich unter anderem die Landesdirektion in Sachsen in ihren Aufhebungen zu den Beschlüssen des Chemnitzer Stadtrates im vergangenen Jahr. Nach Einschätzung der Bundesregierung ist der Beruf des Tierlehrers in der Regel nicht auf die Arbeit mit einer bestimmten Tierart oder mehreren bestimmten Tierarten beschränkt. Wenn Sie sich mit der Materie befasst hätten, Herr Anton, wüssten Sie das. Verbote oder die Einschränkung der Haltung bestimmter Arten wild lebender Tiere im Zirkus stellen daher in der Regel keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit dar, was der Sicht der Landesdirektion Sachsen widerspricht.
Diese hat das Thema in ihrer neuen Broschüre auf Seite 20 aufgegriffen und gleich zwei Bilder verwendet, die mich in meinem Urteil mehr als bestätigen. Zum einen sehen wir einen Elefanten auf den Hinterbeinen. Ich bezweifle stark, dass das besonders gesund für die Dickhäuter ist, wenn ihre zwei bis fünf Tonnen Gewicht auf nur zwei Hinterläufen lasten. Das ist nebenbei gesagt auch nicht das, was sie in freier Wildbahn tun.
Eine gesunde Färbung der Haut sieht übrigens auch anders aus als auf diesem Bild. Auf dem zweiten Bild sehen wir einen kleinen Rhesusaffen in einem knallbunten Kostüm an einem Strick als Leine. Da können Sie mir erzählen, was Sie wollen. Art- und verhaltensgerecht ist das definitiv nicht.