Wir sprechen von Kriseninterventionsteams, Notfallseelsorgern oder Einsatznachsorgekräften nach großen Schadenslagen oder anderen besonders belastenden Ereignissen wie Todesfällen oder Ähnlichem. Es geht um die Betroffenen solcher Ereignisse, aber auch um Einsatzkräfte – deshalb wir trennen in PSNV-B für Betroffene und PSNV-E für Einsatzkräfte.
Meine Fraktion und, wie ich glaube, auch alle anderen Fraktionen werden bereits seit ein paar Jahren von verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der PSNV mit einer zentralen Botschaft angesprochen, nämlich die Ergebnisse des Konsensusprozesses beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zur PSNV endlich auch in Sachsen umzusetzen und, ganz konkret, eine Landeszentralstelle dafür zu schaffen, die die Träger bzw. Einsatzkräfte überregional vernetzen, bei der Ausbildung von Führungskräften Standards umsetzen und für die Qualitätssicherung bei Ausbildung und Einsatz der PSNV-Einsatzkräfte sorgen soll.
Aber auch die Absicherung der psychosozialen Notfallversorgung als Aufgabe des Bevölkerungsschutzes soll umgesetzt werden. Wegen dieser Ansprache meiner Person und unserer Fraktion thematisierten wir die Problematik auf der „Blaulichtkonferenz“ der SPD-Landtagsfraktion im August letzten Jahres. Dabei gab es einen eigenen Workshop zur Sicherheit von Einsatzkräften. Dort wurden die Forderungen des Fachverbands für Notfallseelsorge und Krisenintervention, wie er jetzt heißt, vorgestellt und diskutiert.
Wir hatten die Vorstellung, dass es zu einer Novelle des Sächsischen BRKG kommen wird. Dort wollten wir das implementieren und bei den jetzt ohnehin anstehenden Haushaltsberatungen entsprechend schauen, ob man dafür noch Grundlagen legen sollte.
Dann kam es, wie es so oft kommt: GRÜNE und LINKE kamen uns zuvor – an dieser Stelle: Chapeau! Die GRÜNEN brachten den entsprechenden Antrag und DIE LINKE den vorliegenden Gesetzentwurf über ein eigenständiges PSNV-Gesetz ein. Beide Initiativen, das wurde bereits angedeutet, wurden im Innenausschuss angehört, wobei Verschiedenes sehr deutlich wurde. Sachsen hängt der bundesweiten Entwicklung hinterher, wie vor allem nach den Äußerungen der Vertreterin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe deutlich
Alle Sachverständigen sprachen sich in der Anhörung dafür aus, dass man eine gesetzliche Grundlage schaffen sollte, aber nicht zwingend eine eigenständige. Aufgrund des Zusammenhangs der PSNV zum Katastrophenschutz oder auch zum Rettungsdienst sprach aus Sicht der Sachverständigen mehr für eine Implementierung in das Sächsische Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Alle befürworteteten die Schaffung einer Landeszentralstelle.
Auf Nachfrage wurde aber auch deutlich, dass es eine strategische und fachliche Komponente in der Diskussion gibt, welche in einer solchen Landeszentralstelle bewältigt und abgebildet werden kann. Wir müssen aber auch die operative Seite beleuchten. Dies ist im Änderungsantrag zu dem Antrag der GRÜNEN vielleicht etwas missverständlich oder kann missverstanden werden; denn konkret stellt sich die Frage, wer sich darum kümmert, wenn bei überregionalen Ereignissen verschiedene PSNVTeams koordiniert, zusammengeführt und zum Einsatz gebracht werden müssen. Das dürfte von der Landeszentralstelle kaum zu leisten sein.
Deshalb ist es wichtig, zu schauen, ob diese Koordination durch bereits bestehende Strukturen übernommen werden kann. Aber auch das wird, denke ich, im weiteren Prozess zu klären sein.
Ich persönlich habe mich sehr über die Anhörung und den Umgang mit den beiden Drucksachen gefreut. Wir als Koalition haben einen Änderungsantrag zum Antrag der GRÜNEN eingebracht, der dann einstimmig beschlossen wurde und das Anliegen sozusagen auf die wesentlichen Punkte reduziert. Der Innenausschuss spricht sich einstimmig dafür aus, PSNV als Aufgabe im Sächsischen Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz zu implementieren. Im Ergebnis wird die Staatsregierung beauftragt, einen Vorschlag für die gesetzliche Grundlage zu erarbeiten.
Wir lehnen ein eigenständiges PSNV-Gesetz aber ab – und damit auch den vorliegenden Gesetzentwurf der LINKEN.
Unter Tagesordnungspunkt 20 werden wir heute den Bericht des Innenausschusses mit den beschlossenen Änderungen zum Antrag der GRÜNEN bestätigen.
Damit schaffen wir die Grundlage für die Bildung einer Landeszentralstelle für psychosoziale Notfallversorgung in Sachsen und für die Aufnahme dieser Aufgabe in das Sächsische BRKG.
Liebe Kollegin Schaper, an dieser Stelle: Warum stellen Sie uns denn so unter den Scheffel? Wenn wir als Landtag jetzt zwar kein Gesetz beschließen, aber einen Beschluss fassen – im Zusammenhang mit einem Ausschussbericht – , dann hat auch das eine gewisse bindende Wirkung in Richtung der Staatsregierung. Ich gehe einfach davon aus, dass entsprechende Vorschläge zur Novellierung des Sächsischen BRKG erarbeitet werden.
Zum Zweiten haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen bald Gelegenheit, dieses Thema stark zu machen.
Mit dem heutigen Beschluss, unter Tagesordnungspunkt 20 allerdings, erfüllen wir die berechtigte langjährige Forderung des Fachverbandes für Notfallfürsorge und Krisenintervention sowie der vielen Einsatzkräfte, und
Nun die AfD-Fraktion. Herr Abg. Wippel. – Entschuldigung, Herr Wippel, das habe ich zu spät gesehen. Frau Schaper, Sie waren für mich noch im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE. Sie wünschen das Wort?
Danke, Herr Präsident! Ich möchte auf den Redebeitrag des Kollegen der SPD eingehen, weil ich mich offensichtlich nicht deutlich genug ausgedrückt habe.
Wir stellen nicht unser Licht unter den Scheffel, sondern wir hätten es gern rechtsverbindlicher und dass es gleich losgeht. Das ist nun einmal ein Gesetzentwurf eher als ein Antrag. Deshalb habe ich auch gefragt, ob das in dieser Legislaturperiode noch wird.
Ich meine, Sie können sich jetzt befeiern, dass Sie einmal einen Oppositionsantrag zustimmen. Das wird dann wahrscheinlich über die nächste Legislaturperiode mit hingenommen, genauso wie hier immer noch damit argumentiert wird, dass irgendwann 1995 mal irgendeinem Tropenholz-Antrag von den LINKEN zugestimmt wurde –
1993, genau. Es wird dann wie ein Mantra vor sich hergetragen. Wir halten das einfach für die verbindlichere und schnellere Lösung. Wir freuen uns darüber, dass es dennoch irgendwie eine breite Zustimmung gibt. Sie sind fast nicht drum herumgekommen. Man muss diesen Gesetzentwurf auch nicht kleinreden, nur weil man sagt: Wir machen irgendwann einmal etwas. Wenn das diese Legislaturperiode noch passieren sollte, dann nehme ich alles zurück, was ich jetzt gesagt habe. Aber noch einmal: Man kann einen Wunschzettel schreiben. Was man am Ende vom Weihnachtsmann bekommt, weiß man nicht. Deshalb dieser Gesetzentwurf.
tung der Präsident bzw. die Vizepräsidenten haben und nicht der Vorsitzende. Wir sind hier nicht in einer Parteiveranstaltung. – Sie haben das Wort.
Vielen Dank. Ich nehme nach den Worten von Frau Kollegin Schaper zur Kenntnis, wie die Entscheidungsfindung in der Fraktion DIE LINKE läuft, und sehe die Ungeduld der Kollegin Schaper bei dem Thema – was ich nachvollziehen kann. Ich hoffe trotzdem auf zufriedenstellende Ergebnisse.
Meine Damen und Herren! Es geht in der Aussprache weiter für die AfDFraktion. Vielen Dank, Herr Wippel, für Ihr Verständnis. Aber das musste sein. Jetzt sind Sie an der Reihe. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Wir sprechen über das Gesetz über die psychosoziale Notfallversorgung im Freistaat Sachsen. Wir stellen uns vor, es gäbe noch einmal so ein Bahnunglück wie seinerzeit in Eschede. Hunderte Helfer, Hunderte Opfer müssen schreckliche Bilder ertragen. Sie sind damit konfrontiert, sie sind mit Erfahrungen konfrontiert, die ein normaler Mensch in seinem ganzen Leben sehr wahrscheinlich und hoffentlich niemals machen wird. Sie müssen erkennen, dass sie nicht helfen können. Sie müssen erleben, wie Menschen unter ihren Händen sterben. Das ist eine Belastung, und nicht jeder kommt damit klar. Das ist auch ganz normal, das ist kein Zeichen von Schwäche, das gehört zum menschlichen Leben dazu.
An der Stelle kommt die psychosoziale Notfallversorgung PSNV ins Spiel, bevor Krankheiten wie Posttraumatische Belastungsstörungen entstehen können. Es zeigt uns allen, wie wichtig dieses Thema ist. PSNV wird in Sachsen im Ehrenamt ausgeübt. Ehrenamtliche brauchen auch Koordinierung. In der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf haben wir gehört, dass es auf lokaler Ebene sehr gute Initiativen gibt. Die kennen sich auch untereinander, aber sie sind nicht so richtig koordiniert. Man braucht die Koordination, sei es im Einsatzfall im Stab, im Führungsstab, sei es aber auch vor Ort an der Einsatzstelle mit den Einsatzkräften. Man braucht eine Erkennbarkeit der Kräfte schon allein, damit man die ehrenamtlichen Profis der PSNV unterscheiden kann von gutwilligen Scharlatanen, die auch an diese Einsatzstellen kommen.
Auch Profis brauchen Fortbildung, sie brauchen Weiterentwicklung. Es müssen Standards weiterentwickelt und gesetzt werden. Man muss die Abläufe kennen, und das Verständnis der verschiedenen Behörden untereinander und miteinander muss wachsen. Vor allen müssen die Personen die Grenzen ihres eigenen Handelns und ihrer Möglichkeiten kennen.
Sachsen ist leider an dieser Stelle, auch das hat die Anhörung ergeben, nicht gut vorbereitet. Insofern bin ich ein wenig entsetzt über das, was Kollege Pallas von der SPD
gerade gesagt hat, nämlich, dass die Verbände der Ehrenamtler seit Jahren mit ihm im Gespräch sind und nichts passiert ist. Für uns kann ich sagen, dass mit uns niemand im Gespräch gewesen ist und sich auch niemand angeboten hat.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat im Jahr 2010 schon Standards vorgeschlagen. Sachsen ist immer vorn, wie Sie wissen. In dem Fall ist es wahrscheinlich so: Wenn Sachsen hinten ist, ist hinten vorn. Wir sind eines der letzten drei Bundesländer, die diese Standards noch nicht umgesetzt haben. Wir brauchen Schnittstellen – das ist ein Ergebnis der Anhörung – zwischen Psychotherapeuten und der PSNV, die geklärt werden müssen. Es müssen Fragen der Alarmierung geklärt werden, insbesondere wenn es überörtliche Schadenslagen sind. Die Einsätze bleiben zu häufig nicht professionell nachbereitet. Abhilfe kann so eine Koordinierungsstelle leisten, wie wir sie heute besprechen.
Jetzt unser großer Kritikpunkt an Ihrem Gesetz: Ihr Gesetz ist zu groß. Man kann es gar nicht kleinreden. Sie haben wirklich aus dem Vollen geschöpft. Ich weiß nicht, welches Einhorn Sie da mit seiner Weisheit beraten hat. Sie wollen hier eine Stelle schaffen mit zehn Beschäftigten, im Innenministerium angesiedelt. Man kann sagen, vielleicht ist möglicherweise Arbeit für zehn Leute da. In der Anhörung hieß es, wir würden uns über 0,5 Vollzeitäquivalente freuen. Eins bis zwei können es am Ende werden. Ich denke, das ist realistisch.
Aber jetzt die Frage – auch das geben Sie in Ihrem Gesetzentwurf vor –, wie Sie das bezahlen wollen, wie Sie die Personen bezahlen wollen. Sie wollen den Leiter dieser Stelle mit einer Besoldungsgruppe B5 eingruppieren. B5 ist mehr Geld als das, was der Leiter der Polizeidirektion Leipzig mit mehr als 1 500 Bediensteten bekommt.