Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Ich schlage Ihnen vor, gemeinsam mit der Koalition die Wirksamkeit der aufgeführten Maßnahmen, nachdem sie volle Wirksamkeit erlangt haben, zu evaluieren, sich mit den Betroffenen zu einem Erfahrungsaustausch zusammenzusetzen und dann noch einmal über einen solchen Antrag nachzudenken, ihn zu qualifizieren und dann in der nächsten Legislaturperiode dem Hohen Haus zur

Entscheidung vorzulegen. Heute können wir aus den genannten Gründen Ihrem Antrag leider nicht zustimmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das war Herr Kollege Bienst. Aber er wird jetzt gleich eine Kurzintervention erleben.

Ja, eine Kurzintervention, denn die letzten Worte des Kollegen Bienst haben mich etwas irritiert. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt richtig verstanden habe. War das jetzt ein Angebot oder war das keins?

(Frank Kupfer, CDU: Es ist die späte Stunde, er hat es nicht so gemeint!)

Wollen Sie darauf reagieren, Herr Kollege? – Nein.

Wir gehen jetzt weiter in der Rednerliste und kommen zu Frau Kollegin Junge für die Fraktion DIE LINKE. Bitte, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE stimmt dem Anliegen und dem Antrag vollumfänglich zu. Ich möchte aufgrund der Zeit meinen Redebeitrag abgeben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Vielen Dank, Frau Kollegin Junge. Nun spricht als Nächste für die SPDFraktion Frau Kollegin Pfeil-Zabel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Herr Bienst ist schon sehr umfänglich darauf eingegangen, was in den letzten Jahren und Monaten gemacht wurde, was wir alle einzeln auch heute Nachmittag schon diskutiert haben. Wir stehen alle – und das wissen wir, und ich glaube, deswegen ist die Begründung der Staatsregierung auch nicht so falsch – wieder vor einer Landtagswahl. Natürlich werden wir alle mit unterschiedlichen Konzepten, mit Forderungen wieder in die Wahl gehen. Unsere Aufgabe jetzt ist es, unseren – auch schon fast so zu nennenden – Masterplan der letzten Jahre abzuarbeiten, denn wir sind ja einfach noch nicht fertig. Wir haben den letzten Schritt der Schlüsselabsenkungen, und wir haben die Einführung der Vor- und Nachbereitungszeit. Diese Schritte sollten wir noch hinter uns bringen.

Wir werden dann in der Wahlauseinandersetzung natürlich wieder mit eigenen Konzepten starten. Wir werden – Herr Bienst, bitte entschuldigen Sie es – mit unterschiedlichen Konzepten hineingehen, denn uns werden die Elternbeiträge wichtig sein, Ihnen nicht. Alleine das zeigt ja schon: Der neue Masterplan sollte nach der nächsten Landtagswahl anfangen. Jetzt müsste er abgearbeitet werden.

Inhaltlich werde ich meinen Redebeitrag zu Protokoll geben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pfeil-Zabel. Als Nächstes kommt Herr

Dr. Weigand für die AfD-Fraktion zu Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde nicht zu Protokoll geben, aber ich werde mich sehr kurz fassen in meiner Begründung.

Wir sind auch dafür, dass die Elternbeiträge begrenzt werden. Wir hatten bereits 2015/2016 bei der Beratung zum Doppelhaushalt damals die Absenkung des Betreuungsschlüssels gefordert. Da haben Sie gegen uns gestimmt, liebe GRÜNE.

Wir sind dafür, dass die Kitas gestärkt werden, aber wir wollen gleichzeitig, dass auch die Familien, die Eltern mitgenommen werden, die ja laut Grundgesetz für die Pflege und Erziehung der Kinder zuständig sind. Wenn man sich anschaut: Das Landeserziehungsgeld liegt bei maximal 300 Euro, wenn ich dann schon ein drittes Kind habe. Das ist natürlich einkommensabhängig, sodass der arbeitenden Mittelschicht, die die Steuergelder erwirtschaftet, der Zugang verwehrt bleibt. Deshalb fordern wir: Jedes Kind, egal, wo es betreut wird, erhält die gleiche staatliche Zuwendung. Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen; erhalten ein Betreuungshonorar: Die elterliche Beziehung ist der institutionellen vorzuziehen. Das sagen nicht nur wir, sondern die Wissenschaft. Erst am 30. Mai veröffentlichte der Verband Familienarbeit eine so lautende Stellungnahme, die weitere Experten mitunterzeichneten. In dieser wird klargestellt, dass die Bindung die wichtigste Voraussetzung für Bildung ist. Nichts ist so stark wie die Bindung einer Mutter zu ihrem Kind.

Wir lehnen deswegen Ihren Antrag ab, da er nur einseitig die Kitas fördert und die Eltern im Regen stehen lässt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Dr. Weigand, AfD. Jetzt kommt Herr Wurlitzer zum Zug. Mal sehen, was er jetzt macht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Man könnte es ganz kurz machen und sagen: Wenn wir die Qualität der frühkindlichen Bildung in Sachsen langfristig sichern und steigern wollen, brauchen wir mehr Personal und damit verbunden die Senkung des Personalschlüssels. Dies wurde von allen mehrfach gesagt. Da hilft der x-te Antrag auch nicht unbedingt weiter.

Der Ministerpräsident hat in seiner Rede am 31.01. dieses Jahres viel versprochen. Einiges wurde umgesetzt, anderes ist in der Umsetzung. Deshalb hat es wenig Sinn, ohne zu wissen, wie die Qualität nach der Umsetzung aussieht, einen neuen Masterplan auf den Weg zu bringen.

Es gibt ein gutes Konzept, den Sächsischen Bildungsplan und die Leitlinien für öffentlich verantwortete Bildung von Kindern bis zum zehnten Lebensjahr. Nach Expertenmeinungen ist das Konzept gut. Es wird leider Gottes nur zum Teil und unzureichend umgesetzt.

Wir brauchen also keinen neuen Masterplan, sondern vielmehr eine Evaluation, um festzustellen, wo es klemmt, um gegebenenfalls gegensteuern zu können.

Dabei will ich es belassen. Viel Wichtiges ist im Vorfeld von meinen Vorrednern schon gesagt worden. Die Abgeordneten der blauen Partei werden sich bei diesem Antrag enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Das war Herr Wurlitzer. Jetzt hätte die Staatsregierung das Wort. – Herr Staatsminister Piwarz, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich jetzt auf eine längere Rede vorbereitet, habe auch noch eine Stunde und 22 Minuten Redezeit. Aber da wir heute schon intensiv über das Thema frühkindliche Bildung diskutiert haben und die Staatsregierung eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben hat, werde ich meine Rede zu Protokoll geben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war die Staatsregierung, Herr Staatsminister Piwarz.

Ich komme jetzt zum Schlusswort. Das hätte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich würde angesichts der großen Unruhe im Saal und der erwartungsvollen Haltung auf das Ende dieses Plenums auf ein Schlusswort verzichten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Zais. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 6/13572 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Wenige Stimmenthaltungen. Damit ist die Drucksache 6/13572 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

Das Kindertagesbetreuungssystem Sachsens ist dringend reparatur- und erneuerungsbedürftig. Einst war es das beste und leistungsfähigste in Deutschland, aber davon sind wir heute weit entfernt. Heute ist es schon schwer zu entscheiden, an welcher Stelle mit den Reparaturarbeiten begonnen werden muss, so zahlreich sind die Defekte. Anfangen von Betreuungsschlüsseln, die weit hinter den heute anzusetzenden Maßstäben zurückbleiben; über die

schlechten Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher, wobei die fehlenden Vor- und Nachbereitungszeiten nur an prominentester Stelle stehen; bis zur Überforderung finanzschwacher Kommunen.

Das System ist, unbeschadet guter Einzelbeispiele, überfordert mit der Inklusion gehandicapter Kinder, mit der Integration von Kindern mit Migrationsgeschichte oder mit der besonderen Förderung von Kindern in Brennpunkten sozialer Benachteiligung. Das liegt daran, weil es manchmal am guten Willen, oft an ermutigenden Rahmenbedingungen, fast immer an den notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen fehlt. Der Mangel an Fachkräften ist der nächste Defekt an unserem frühkindlichen Bildungssystem. Bereits bei den gegenwärtigen Betreuungsschlüsseln haben die Kitas mit personellen Engpässen zu kämpfen. Mit der notwendigen Verbesserung des Betreuungsschlüssels steuern wir auf ein absolutes Fachkräftedefizit zu. Eine Ausbildungsoffensive wäre für diesen Bereich dringend vonnöten.

Gerade DIE LINKE hat in der Vergangenheit zahlreiche Vorstöße gemacht, die Probleme endlich anzupacken. Leider sind wir bei der regierenden Mehrheit nur auf Ignoranz gestoßen, zuletzt erst heute wieder bei der Ablehnung unseres Gesetzentwurfes zur schrittweisen Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Stattdessen hat die Staatsregierung in ihrer Hilflosigkeit die Rettung in einer höchst zweifelhaften Umfrage gesucht, um unter lauter drängenden Problemen dasjenige auszumachen, bei welchem man mit viel zu wenig Geld – weniger als ein Euro pro Kind und Tag – eine kleine symbolische Verbesserung hinbekommt. Mit einem komplexen und vernetzten Herangehen ist die Staatsregierung offensichtlich überfordert. Ich befürchte, daran wird auch dieser von den GRÜNEN in Antragsform gekleidete Appell wirklich nichts ändern.

Gleichwohl ist er in der Sache richtig und deshalb stimmen wir zu.

Das gesprochene Wort von heute Nachmittag gilt auch weiterhin: Wir dürfen, wenn wir über Sachsens Kindergärten sprechen, nicht den Fehler machen, nur die eine Seite der Medaille zu betrachten, indem wir ausschließlich über Qualität sprechen. Nur, wenn wir Kinder, Erzieherinnen, Eltern und Kommunen im Blick haben, können wir unserer Verantwor

tung gerecht werden und beide Seiten dieser Medaille berücksichtigen.

In einem so komplexen System – in welchem Qualität, Fachlichkeit, Familienfreundlichkeit, Arbeitsbedingungen, Finanzierungsanteile der Kommunen sowie Eltern und allen voran unsere Kinder in Sachsen betrachtet werden müssen – werden wir komplexe Antworten finden müssen.

Ambitioniert am GRÜNEN-Antrag ist die kurze Frist zur Erstellung: Bis Oktober 2018 einen solchen Masterplan zu erarbeiten erachten wir als zu kurzfristig. Vielmehr muss Zeit für einen Dialog bestehen, der mit den Fachverbänden sowie Kommunen geführt wird.

Mit der Kita-Umfrage gibt es erste Tendenzen, an welchen Punkten intensiver diskutiert werden muss. Das Material kann Grundlage für einen Dialog und die Erarbeitung eines Masterplans sein. Es bleibt jedoch dabei, dass der Fortgang der Debatte auch mit der Landtagswahl eine Richtungsentscheidung erhalten wird. Der Druck, den Kollegin Zais in der Debatte zum Kita-Gesetzentwurf der LINKEN anführte, dürfte weiterhin ein guter Rückenwind sind. In diesem Sinne wird sich meine Fraktion weiterhin mit dem Thema beschäftigen, jetzt erst einmal den Masterplan für diese Legislaturperiode umsetzen und dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen können.