Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Ich kann aus meinen Gesprächen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in den letzten Wochen sagen,

dass das sehr gut ankommt, auch wenn Sie das nicht hören wollen. Insofern meine ich, dass die Sommerpause Gelegenheit bietet, die toten Pferde, die hier beim Thema Kommunalfinanzen immer wieder gesattelt werden, in der Versenkung verschwinden zu lassen. Vielleicht kann man die Phrasen, die teilweise von der Opposition gefallen sind, bis zur Haushaltsrede einbacken.

Wir haben dem Thema Vorsorge Rechnung getragen. Tilgung, Generationenfonds sind die großen Themen der Haushaltsvorsorge. Sachsen ist auch weiterhin im Schuldenabbau vorbildlich, wie man der jüngsten Pressemitteilung entnehmen kann. Insofern ist der Regierungsentwurf, den wir letzte Woche gerade erst beschlossen haben, eine runde Sache. Wir werden das so schnell wie möglich dem Landtag zuleiten und es auch einbringen.

Zum Thema Vereinfachung und vielleicht auch Weichenstellung für die nächsten Jahre: Dazu möchte ich noch ein paar Worte sagen. Es ist mir persönlich ein ganz wichtiges Anliegen, dass wir beim Thema Vereinfachung weiterkommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir da gute Fortschritte machen werden Wir haben im Kabinett beschlossen, dass wir die gemeindewirtschaftlichen Stellungnahmen auf das Minimum, das erforderlich ist, reduzieren und dass wir die baufachlichen Stellungnahmen in Abhängigkeit von der Förderquote entfallen lassen – je nachdem, wie hoch der kommunale Eigenanteil ist. Das alles sind Dinge, die wir jetzt schon vor die Klammer gezogen haben und wo wir gesagt haben, dass wir hier nicht abwarten, was die Kommission uns vorschlagen wird, sondern wir werden es einfach jetzt schon beschließen, weil wir wissen, dass wir das gut verantworten können und dass wir so auch gleich klare Handlungsakzente für die Verwaltungsvereinfachung setzen. Es ist nicht schlimm, dass man sich als Verwaltung alle paar Jahre einmal darüberbeugt und fragt, was man vereinfachen kann. Das ist ein ganz normaler Erkenntnisprozess. Das ist auch nichts Vorwerfbares; das ist in allen Bundesländern so. Insofern meine ich, dass wir mit dem Regierungsentwurf gut aufgestellt sind. Das ist eine runde Sache, und wir werden im August hier im Landtag die Debatte führen.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU sowie der SPD)

Damit ist auch die Zweite Aktuelle Debatte abgeschlossen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 2

Bericht der Sächsischen Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes

Drucksache 6/11575, Unterrichtung durch die Sächsische Staatsregierung

Tätigkeitsbericht des Rates für sorbische Angelegenheiten

im Freistaat Sachsen für die Jahre 2016 und 2017

Drucksache 6/12860, Unterrichtung durch den Rat für sorbische Angelegenheiten

Drucksache 6/13719, Beschlussempfehlung des Ausschusses

für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Das Präsidium hat eine Redezeit von 5 Minuten je Fraktion und einer Minute je fraktionslosem Abgeordneten festgelegt. Die Reihenfolge in der ersten Rederunde lautet: CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE, Frau Abg. Dr. Muster sowie die Staatsregierung, falls sie das Wort wünscht.

Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Mikwauschk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wažena knjeni prezidentka krajineho sejma, lubi zapósłancy krajineho sejma, wjeselu zo a sym dźakowny, zo so rozprawy Sakskeho statneho knježerstwa wo stawy serbskeho ludu třebny zajim a skedźbnosć wynuje. Sakski krajny sejm z tym postajenju wustawy paragrafa 7 serbskeho zakonja a artikl 6, sakskeje wustawy wotpowěduja.

Ich habe gerade, liebe Kolleginnen und Kollegen, in meiner Muttersprache auf den Bericht der Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes sowie auf die gesetzlichen Bestimmungen im Sorbengesetz und der Sächsischen Verfassung Bezug genommen und darin meinen Dank zum Ausdruck gebracht. Es ist ein Bekenntnis und eine Verpflichtung, die Identität und Bedeutung nationaler Minderheiten zu stärken. Im Juni 2017 berichtete die Sorbische Abendzeitung „Serbske Nowiny“, dass in ihrem Plenum am 22. Juni unter dem Tagesordnungspunkt „Sorbische Sprache und Kultur weiterhin konsequent fördern“ die sorbische Sprache noch nie zuvor so intensiv benutzt wurde.

Die Staatsregierung berichtet im Sächsischen Landtag einmal in jeder Legislaturperiode zur Lage des sorbischen Volkes im Freistaat Sachsen. Dies beruht auf dem Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen aus dem Jahr 1999 und ist die politische Willensbekundung des Sächsischen Landtags. Heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir allen Grund, denen zu danken, die an der Erarbeitung des Berichtes als wichtiger Partner, Impuls- und Ideengeber für die Belange des sorbischen Volkes mitgewirkt haben: der Sächsischen Staatsregierung für ihre Unterstützung zur Förderung der Sprache, Kultur und des vielfältigen Brauchtums, der Domowina, der

Stiftung für das Sorbische Volk, dem Rat für Sorbische Angelegenheiten sowie den beiden Landkreisen Bautzen und Görlitz. Diesen Dank möchte ich gern im Namen der gesamten sorbischen Bevölkerung zum Ausdruck bringen.

Die Sorben sind die Nachfahren jener Slawen, die das Territorium des heutigen Freistaates im 6. Jahrhundert besiedelt haben, und sind ein Teil des reichen Kulturerbes im Freistaat Sachsen. Die Entfaltung und Pflege der Sprache, Tradition und Kultur prägt die Identität der Sorben und stärkt das Lebensgefühl. Diese Traditionspflege wird in der Lausitz beispielhaft gelebt, dokumentiert und ist von besonderem Landesinteresse in unserem Freistaat Sachsen. Die Sprachenvielfalt ist ein Zeichen von Verständigungsbereitschaft der Menschen untereinander.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute gilt es ebenso, dem Rat für sorbische Angelegenheiten für seinen Tätigkeitsbericht der Jahre 2016 und 2017 zu danken. Erstmals war die Möglichkeit gegeben, die Debatte in öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien hier im Plenarsaal zu führen. Ein Anliegen, welches nicht umgesetzt werden konnte, war die Gewährung eines Sitzes im MDR-Medienrat.

Die Sorben sind hier im deutschsprachigen Raum von dem Problem der Absicherung des Lehrerbedarfs betroffen. Aufgrund ihrer Kleinteiligkeit hat dies wesentlich stärkere Auswirkungen im Bildungsbereich. Bis zum Jahr 2025 werden pro Jahr circa 15 bis 20 sorbischsprachige Lehrer aller Schularten benötigt. Mit der Einrichtung einer zentralen Verantwortlichkeit für sorbische Lehrernachwuchsgewinnung und -qualifizierung im Sächsischen Landesamt für Schule und Bildung in der Regionalstelle Bautzen ist eine wesentliche Vereinfachung erreicht worden. Damit ist eine bessere Voraussetzung für die Gewinnung von Lehrkräften aus den Nachbarländern Polen und Tschechien gegeben und Vorsorge getroffen für eine attraktive Perspektive des Lehrerberufes.

Im zu Ende gehenden Schule sind 2 090 Schülerinnen und Schüler erstmals nach dem schulartübergreifenden Konzept der Zweisprachigkeit unterrichtet worden – davon haben mit circa 900 fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler ihren Einstieg über die Kita und die Grundschule gefunden. Das ist eine Entwicklung, die zuversichtlich

stimmt und zeigt, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.

Eine besondere Herausforderung der Gegenwart ist die Digitalisierung der sorbischen Sprache. Das digitale Lehrbuch „Sorbisch Schritt für Schritt lernen“, welches kurz vor dem Osterfest 2018 durch die beiden Staatsminister Frau Dr. Stange und Herrn Piwarz vorgestellt wurde, ist ein bedeutsames Zeichen zur Wissensvermittlung von sorbischer Rechtschreibung und Grammatik. So kann das Sprachniveau verbessert und die Wissensvermittlung interessanter gestaltet werden.

Bitte zum Ende kommen!

Dies entspricht einer wesentlichen Grundlage zur Unterrichtung mit modernen Lernmitteln. Einzelne Projekte wie das digitale Lehrbuch werden zusätzlich zur finanziellen Ausgestaltung der Stiftung für das sorbische Volk vom Freistaat Sachsen gefördert.

Herr Mikwauschk, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Herr Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler hat in dankenswerter Weise eine gemeinsame Initiative mehrerer CDU-Fraktionskollegen aufgegriffen und die sorbische Ausschilderung des Parlaments in Auftrag gegeben. Dies ist ein eindrucksvolles politisches Bekenntnis des Parlaments.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Wutrobny dźak.

(Beifall bei der CDU)

Es folgt nun die Fraktion DIE LINKE. Herr Abg. Kosel, bitte.

Česćena knjeni prezidentka, česćene knjenje a česćeniknježa, „Wjele kćenjow – malo sadu“ – „Viele Blüten – wenig Früchte!“ Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das war meine Debattenthese vor vier Jahren. Wie ist die Lage heute? Im Jahr 2014 war ich noch veranlasst, aus Protest gegen den respektlosen Umgang mit dem Sorbenbericht meine Rede nur zu Protokoll zu geben. Heute widmen wir uns dem Thema erstmals noch bei Tageslicht und nicht erst in der letzten Sitzung der Landtagsperiode.

Wir haben die Lage des sorbischen Volkes in einer bisher nicht gekannten Tiefe und Transparenz im Fachausschuss erörtert und im Rechtsausschuss als Verfassungsauftrag besprochen. Beides ist neu und greift Forderungen auf, die ich namens meiner Fraktion bereits seit 2004 erhoben habe. Die Fraktion DIE LINKE dankt allen, die bereit waren, dieses politische Neuland zu betreten.

(Beifall bei den LINKEN)

Vor allem danken wir den ehrenamtlich tätigen Mitgliedern des Rates für sorbische Angelegenheiten. Gerade um ihr Engagement in der Öffentlichkeit stärker vermitteln zu können, wünsche ich mir mehr Transparenz hinsichtlich der konkreten Tätigkeit des Rates. Positive Auswirkungen der Direktwahl des Brandenburger Sorbenrates sollten für sächsische Verhältnisse geprüft werden. Der dringenden Bitte des Sorbenrates, sein Anhörungsrecht analog dem des Sächsischen Städte- und Gemeindetages zu regeln, ist zu folgen.

Meine Damen und Herren, fünf Minuten Redezeit für vier Jahre sächsische Sorbenpolitik tragen in sich die Gefahr der Verkürzung. Trotzdem ist es erforderlich, erheblich stärker als bei den bisherigen vier Lageberichten die Schutzpflicht des Staates gegenüber den Sorben zu thematisieren, denn im Berichtszeitraum kam es zu skandalösen Vorfällen.

Die gewaltsamen Übergriffe auf sorbische Jugendliche hatten eine neue Qualität erreicht. Gewalteskalation gegen Sorben hat es schon früher gegeben. Sie entwickelten sich jedoch meist aus spontanen Konflikten heraus, die sich später erst ethnisch aufluden. Jetzt suchten die Täter gezielt nach sorbischen Jugendlichen, um sie anzugreifen, eben weil sie Sorbisch waren oder sprachen. Dies ist nicht hinnehmbar.

Die Opfer vertrauten sich nicht der Polizei, sondern der „Sorbischen Zeitung“ an. Das spricht sehr für die „Sorbische Zeitung“, weniger für die sächsische Polizei. Vertrauensdefizite nationaler Minderheiten in die örtliche Polizei stellen aber auch im internationalen Rahmen ein ernsthaftes Problem dar. Die Staatsregierung muss dringend gegensteuern, zum Beispiel durch sorbischsprachige Polizisten, wie von uns LINKEN seit 2007 gefordert. Diese Forderung ist nach wie vor aktuell, da die 2015 erstmals erzielten Ermittlungserfolge der Polizei zu keiner nachhaltigen Stärkung des Vertrauens der Sorben in die Strafverfolgungsbehörden führten. Denn es musste kein einziger der ermittelten Täter vor Gericht, da laut Presseberichten zum Beispiel ein Täter zu betrunken gewesen sei, um das Opfer ins Gesicht zu treffen, oder Notwehr als „gegenseitige Rangelei“ gewertet wurde. Die Verantwortlichen haben nicht begriffen, dass es sich hier nicht um eine schlichte „Dorfkrugprügelei“ handelt, sondern um Hasskriminalität.

Problematisch ist auch das Chaos in der Statistik sorbenfeindlicher Straftaten. Die Statistik des Bundes nennt Straftaten, die in der sächsischen Statistik nicht auftauchen, und umgekehrt. In der Statistik 2013 schwankten die Angaben zwischen fünf, einer, null und jetzt wieder vier Straftaten. Bei den Tatorten macht der Bund anfangs sogar regelrecht falsche Angaben. Fazit: Die Sicherheitsbehörden sind für die Sorben nur bedingt schutzbereit.

Nun zur Bildung, und dies nicht nur, weil Artikel 6 der Verfassung den Freistaat verpflichtet, das sorbische Volk insbesondere durch Schulen und vorschulische Einrichtungen zu unterstützen, und weil Bildungsfragen Zukunftsfragen für den Erhalt der sorbischen Sprache und

Kultur sind, sondern weil sich für das sorbische Bildungswesen selbst aktuell die Zukunftsfrage stellt. In den nächsten sieben Jahren gehen 100 sorbische Lehrer in Pension. Angesichts der Dramatik der Zahlen ist es absolut inakzeptabel, dass die Gewinnung tschechischer und polnischer Lehrer in den Mühlen der Kultusbürokratie faktisch zerrieben wurde. Eine tschechische Lehrerin, die voller Begeisterung nach Sachsen kam, resümierte ihre Erfahrungen mit der Kultusbürokratie in einem tschechischen Zeitungsartikel mit der Überschrift: „In Sachsen Lehrer werden – lächerlich.“

Eine polnische Seiteneinsteigerin, die Obersorbisch gelernt hatte und somit gute Voraussetzungen für die Arbeit an einer unserer Schulen aufwies, verließ Sachsen mangels behördlicher Unterstützung und ging an eine sorbische Schule nach Brandenburg, obwohl sie dafür zunächst Niedersorbisch lernen musste.

Wir brauchen dringend einen Neustart. Der neue Kultusminister hat wohl die Problemlage erkannt, doch er muss den tschechischen Partnern schnell zeigen, dass er weiß, was er will. Er sollte sich bei ihnen ausdrücklich für die Solidarität bei der Erfüllung unseres Verfassungsauftrages gegenüber den Sorben bedanken. DIE LINKE tut dies ausdrücklich.

Meine Damen und Herren! Unerledigte Aufgaben gibt es auch bezüglich der Stiftung für das sorbische Volk. Das geltende Finanzierungsabkommen enthält entgegen der Forderung der Sorben keine Dynamisierung. Auf Nachfrage der LINKEN im Bundestag zeigte sich das Bundesinnenministerium durchaus offen dafür. Den Worten müssen nun aber Taten folgen.

Sie müssen bitte zum Ende kommen.