Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

Das ist so festgehalten. Meine Damen und Herren! Ich darf noch einmal wiederholen: Die Drucksache ist nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 12

Jugendschutz gewährleisten – Abgabe von

Alkohol an Kinder und Jugendliche effektiv unterbinden

Drucksache 6/13182, Antrag der Fraktion AfD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Wir beginnen mit der Aussprache. Es beginnt die AfDFraktion, danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Für die AfDFraktion Herr Abg. Wendt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser heutiger Antrag trägt den Namen „Jugendschutz gewährleisten – Abgabe von Alkohol an Kinder und Jugendliche effektiv unterbinden“.

Wie wir alle wissen, stellt die Alkoholabhängigkeit die weitaus häufigste Suchterkrankung dar. Damit in Verbindung gebracht ist der Anstieg von Alkoholvergiftungen bei Kindern und Jugendlichen besonders besorgniserregend.

In Sachsen mussten im Jahre 2016 745 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden. Das war eine Steigerung um 17 % im Vergleich zum Vorjahr. Betrachtet man die letzten Jahre, so ist festzustellen, dass der Trend in Sachsen nach oben zeigt. Bundesweit sind hingegen die Fallzahlen in den letzten fünf Jahren gesunken, nachdem sie sich zuvor verdoppelt hatten.

Der erste Alkoholkonsum findet, im Bundesdurchschnitt betrachtet, im Alter von 13,5 bis 14 Jahren statt. In Sachsen liegen wir ungefähr bei 12,5 Jahren. Bei den Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren trinkt jeder Vierte mindestens einmal pro Woche. 10 % haben bereits ein riskantes Alkoholverhalten.

Des Weiteren ist das sogenannte Rauschsaufen weit verbreitet. Bei den 12- bis 17-Jährigen betrinken sich 13 % mindestens einmal pro Monat und konsumieren dabei Unmengen Alkohol.

Präventionsprogramme gibt es auch in Sachsen zuhauf. Gerade an Schulen sind die Aufklärungskampagnen und Lehrveranstaltungen sehr zahlreich. Dennoch steigt die Zahl der minderjährigen Alkoholkonsumenten.

Daher sind wir der Ansicht, dass die Abgabe von Alkoholika an Kinder und Jugendliche sehr viel restriktiver als bisher erfolgen muss. Es kann doch nicht sein, dass es für Minderjährige immer noch sehr einfach ist, an Alkohol zu gelangen. Wie einfach dies ist, zeigten Testkäufe in Niedersachsen. In Hildesheim gelang der Kauf von Alkohol in 30 von 56 Verkaufsstellen problemlos.

Deshalb wollen wir, dass Verkaufsstellen dahin gehend sensibilisiert werden, im Zweifelsfall lieber einmal zu viel als zu wenig nach dem Ausweis zu fragen. Dass genau diese Sensibilisierung von Erfolg gekrönt war, resümierte beispielsweise der Freistaat Bayern im Hinblick auf sein Testkaufkonzept. Zu gleichen Ergebnissen kamen übrigens auch Hamburg und Berlin.

Bislang fehlt es an einer landesrechtlichen Grundlage in Sachsen und einem entsprechenden Konzept für diese Testkäufe, die wir hiermit schaffen wollen.

Zusätzlich muss, bezogen auf die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes, geprüft werden, ob von der Höhe der verhängten Bußgelder eine entsprechend hohe abschreckende Wirkung ausgeht. Wir hatten hierzu eine Kleine Anfrage gestellt, in der wir die Höhe der verhängten Bußgelder erfragten. Die durchschnittliche Bußgeldhöhe lag bei etwa 50 bis 100 Euro. Es gab aber auch Fälle, in denen nur 35 Euro fällig wurden.

Bei Betrachtung dieser Zahlen kann man sich durchaus fragen, ob diese Bußgeldhöhen angemessen sind oder nicht und ob ein geringes Bußgeld einfach in Kauf genommen wird, weil weder flächendeckend noch regelmäßig kontrolliert wird. Wir streben daher in Zusammenar

beit mit den Kommunen eine Erhöhung dieser Bußgelder an, wenn Verkaufsstellen mehrfach gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen haben und andere Maßnahmen keine Wirkung zeigen.

Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass nicht nur die Bundesländer Berlin, Hamburg, Bayern und BadenWürttemberg, sondern auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz feststellte, dass Testkäufe mit Minderjährigen rechtlich möglich sind. Wegschauen und Aussitzen gilt nicht – lassen Sie uns offensiv werden zum Wohle unserer Kinder!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion Herr Abg. Wehner. Hallo, Herr Namensvetter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es wichtig, mit dem Alkohol verantwortungsvoll umzugehen. Bevor ich meine weitere Rede zu Protokoll gebe, in der noch einmal aufgeführt ist, was wir im Freistaat Sachsen für Prävention tun, ist es doch wichtig, dass wir, die Erwachsenen, verantwortungsvoll mit Alkohol umgehen. Das kann man an jedem Abend – so wie dem heutigen – auch zeigen.

Aber es ist besonders wichtig, dass schon im Elternhaus ein verantwortungsvoller Umgang gelehrt wird. An Alkohol werden Sie immer kommen. Es ist wichtig, dass die Kommunen ihre Verantwortung wahrnehmen und über die Ordnungsämter kontrollieren, dass der Personalausweis gezeigt wird, wenn man Alkohol erwirbt.

Die hier angesprochenen Testkäufe von Jugendlichen sind ein Instrument, das man sehr behutsam einsetzen sollte; denn Sie brauchen ja auch immer Jugendliche, die Sie dann in die Läden schicken. Sie haben eine hohe Vor- und Nachbereitungszeit und die Gesichter sind dann „verbrannt“, wenn Sie diese Testkäufe machen.

Ich habe es en detail aufgeschlüsselt und gebe die Rede zu Protokoll.

Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nun ist die Fraktion DIE LINKE an der Reihe; Herr Abg. Jalaß, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und AfD! Die AfD-Fraktion begehrt, Minderjährige zum Alkoholkauf anzustiften, um den Alkoholverkauf an Minderjährige zu unterbinden.

(Lachen bei der AfD)

Darauf muss man ja erst einmal kommen. Dazu muss ich auch nicht erst den Deutschen Kinderschutzbund befra

gen, um auf grundsätzliche ethische oder juristische Probleme zu stoßen. Schon simple Erziehungsziele wie Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit werden mit solchen Maßnahmen eklatant unterlaufen. Was Sie Kindern damit beiläufig näherbringen, sind Hinterhältigkeit und Denunziantentum.

(Lachen bei der AfD)

Nun muss man mittlerweile keine wissenschaftlichen Kunststücke mehr vollführen, um Ihre Wesensnähe zu diesem Antragsbegehr herauszuarbeiten.

(Carsten Hütter, AfD: Klasse, Herr Kollege!)

Aber ich möchte nicht müde werden, Sie darauf hinzuweisen, dass der Einsatz von Minderjährigen in der beantragten Form durchaus gegen die Würde des Kindes verstößt. Deswegen sage ich es Ihnen gleich vorab: Wir lehnen den Einsatz von Kindern und Jugendlichen als Lockvögel für Alkoholtestkäufe kategorisch ab.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Jugendschutz in der Drogenpolitik – und diese spielt hier eine Geige – muss eine präventive, sachliche und glaubwürdige Aufklärung über die Wirkung und Risiken von Drogen ermöglichen. Nur so kann ein selbstverantwortlicher Umgang mit Rauschmitteln entwickelt werden und auch die Fähigkeit, selbstbestimmt Nein zu sagen.

Statt ausreichende Mittel für präventive und therapeutische Angebote bereitzustellen, gibt Deutschland über 80 % seiner Ausgaben im Drogenbereich für die Strafverfolgung aus – ein Bereich, der in Sachsen mit sehr, sehr viel Liebe gepflegt wird.

So viel Engagement würde ich mir einmal wünschen, wenn wir über ein komplettes Verbot von Werbung, Sponsoring und Marketingmaßnahmen im Zusammenhang mit Alkohol, aber auch Tabakprodukten reden. Aber das scheitert gern und oft am Umgang Betroffener mit ihren wohlmeinenden Parteitagssponsoren.

(Beifall bei den LINKEN)

Eine effektive Gewährleistung von Jugendschutz sieht für uns definitiv anders aus. Dieser ist – beispielsweise im Rahmen des Jugendschutzgesetzes – Bestandteil des Ordnungsrechts mit all seinen entsprechenden Folgen und Sanktionsmöglichkeiten. Die Polizei bzw. andere zuständige Behörden haben hier zur Abwehr der Kindes- und Jugendwohlgefährdung entsprechende Eingriffshoheit.

(Carsten Hütter, AfD, steht am Mikrofon.)

Herr Präsident, nein!

(Lachen bei der AfD)

Dann stelle ich die Frage gar nicht.

Das, was Sie nun vorhaben, ist eine Maßnahme, die staatlich gesteuert zu Straftaten anstiftet. Im Rahmen des Möglichen und Denkbaren liegt

ja, dass eine eventuelle strafrechtlich relevante Abgabe von Alkoholika an Minderjährige im jeweils konkreten Fall möglicherweise gar nicht stattfinden würde, wenn keine Lockvögel darum ersuchten. Sie können sich gern einmal mit dem BGH dazu auseinandersetzen. Sie werden sich zumindest der juristischen Debatte um behördlich beauftragte Anstiftung zum Rechtsbruch – also zu prüfendes Verfahrenshindernis – nicht entziehen können.

Auch wenn die Koalition aus CDU und SPD – wie gestern mit dem Abschiebegewahrsam, wie jüngst mit dem bundesrechtlichen Vorstoß zum Thema Straftaten – im Vollrausch oder vielleicht in naher Zukunft mit einem neuen aufgepumpten Polizeigesetz am laufenden Band elementarste Rechtsgrundsätze infrage stellt, müssen Sie nicht hoffen, dass sich in der LINKEN eine gewisse Betriebsblindheit einschleift. Ihr Antrag ist schlicht eine drogenpolitische Kapitulation, nichts weiter als eine Schnapsidee.