Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war Herr Kollege Ursu für die einbringende CDU-Fraktion.

Jetzt geht mein Blick zur SPD-Fraktion. Haben Sie noch Redebedarf? – Wie ist es bei der Fraktion DIE LINKE? – DIE LINKE ergreift erneut das Wort, und das Wort hat jetzt Herr Kollege Sodann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich in der zweiten Runde auf den zweiten Aspekt Ihres Titels eingehen „Kultur in Sachsen – gut bezahlt“. Wie ich anfangs schon erwähnte, begrüßen wir die zusätzlichen Mittel für die Theater und Orchester, die Möglichkeit, einen Schritt aus den Haustarifverträgen herauszukommen. Wir freuen uns mit und vor allem für die Beschäftigten, wenn denn die Gelder bewilligt und auch abgerufen werden.

Doch die Frage ist – jetzt hören Sie einmal gut zu, Herr Ursu, denn das ist nämlich die Wahrheit –: Was ist denn mit den anderen? Was ist mit den Musikschulen, die mehr und mehr auf schlecht bezahlte Honorarkräfte setzen müssen, da sie sich fest angestelltes pädagogisches Personal schlichtweg nicht leisten können? Seit 17 Jahren werden sie nämlich nahezu – ich betone: „nahezu“ – unverändert trotz der Verdoppelung der Schülerinnen- und Schülerzahl vom Land gefördert. Freie Lehrkräfte für die Musikschulen, besonders im ländlichen Raum, zu finden, wird immer schwieriger. Aufgrund des Lehrermangels an unseren Schulen und der besseren Verdienstmöglichkeiten werden nämlich viele davon Seiteneinsteiger und andere fahren keine 30 km mehr, um dann zwei Stunden zu unterrichten, für 40 bis 50 Euro – 40 bis 50 Euro, von denen sie sich dann selbst versichern, für die Rente vorsorgen und die Fahrtkosten tragen sollen. In Löbau streikten die Musiklehrerinnen und Musiklehrer in der Kreismusikschule, weil sie mittlerweile 500 bis weit über 1 000 Euro weniger verdienen im Verhältnis zum Flächentarif.

Was ist denn mit den soziokulturellen Zentren im Land? Staatssekretär Uwe Gaul reist derzeit durch das Land, ist das erste Mal in der Kulturfabrik Hoyerswerda und fällt aus allen Wolken, dass hier 30 % unter dem Tarif des öffentlichen Dienstes E 9 bezahlt wird. Ja, meine lieben Damen und Herren, das trifft im Übrigen flächendeckend mit Ausnahme der Großstädte für alle soziokulturellen Zentren in Sachsen zu. Hier liegt der Abstand zum Flächentarif bei 10 bis 30 %, ähnlich wie bei den Theatern.

Was ist mit den Personalausstattungen in Museen, Bibliotheken und deren Bezahlung, mit der Ertüchtigung der baulichen Substanz? Der Museumsbund fordert dringend Investitionen in die Museen und Depots, weil es die Kommunen nicht alleine schaffen.

Was ist mit den Beschäftigten und Soloselbstständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, dem zweitstärksten Wirtschaftszweig in Sachsen? Das durchschnittliche Einkommen von Versicherten in der Künstlersozialkasse liegt bei knapp 13 000 Euro bei den Männern, bei den Frauen

sind es gar nur 10 900 Euro. Das sind sage und schreibe 908 Euro monatlich. Das ist weit unter Bundesdurchschnitt, Altersarmut ist vorprogrammiert. Die meisten von ihnen kommen aus den Bereichen darstellende Kunst, Film, Musik, bildende Kunst, und damit sind sie auch abhängig von Fördergeldern des Freistaat Sachsen.

Doch seit Jahren sinkt der Anteil der Kulturausgaben des Freistaates am Gesamthaushalt, wie der Antwort auf eine Kleine Anfrage meinerseits zu entnehmen ist. Lagen sie im Jahr 2010 noch bei 2,4 %, so waren es 2016 nur noch 2,07 % – eine gravierende Tendenz, welche Sie einfach so nonchalant zulassen. Noch steigert sich der Anteil der Kulturraummittel gegenüber den kommunalen Mitteln wie in Leipzig weiter. Dort liegen sie heute noch bei 21 %.

Würden Sie eine Zwischenfrage gestatten, Kollege Sodann?

Bitte, Kollege Kupfer.

Würden Sie mir recht geben, dass es bei einem steigenden Haushaltsvolumen klar ist, dass der prozentuale Anteil sinkt?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Eine komische Mathematik!)

Ja, danke, das ist eine wirklich komische Mathematik. Wir könnten ja zum Beispiel die Kulturmittel des Freistaates Sachsen auch bei 2,4 % einfrieren. Dann stiegen sie nämlich dynamisierend mit dem Haushalt mit auf. Dann hätten wir plötzlich nur diese 0,33 % mehr, und wir könnten die gesamte Kulturlandschaft so wunderbar ausstatten, Herr Kupfer, dies wäre eine Rechnung!

(Beifall bei den LINKEN)

So machen die Kulturraummittel in Leipzig nur noch 21 % des Kulturhaushalts aus, statt, wie bei einer Drittfinanzierung üblich, weit über 30 %. Ich sage Ihnen: Diese finanzielle Abwärtsspirale, die auch Sie anerkennen mussten, mündet unweigerlich in eine qualitative. Sie werden dessen nicht Herr, meine Damen und Herren, solange Sie nicht die Kulturausgaben des Freistaates wieder erhöhen und endlich eine Dynamisierung der Kulturräume im Gesetz festschreiben. Vor drei Monaten – aber da war ja die Welt noch in Ordnung – hatten Sie genau diese Chance. Wir haben dies in unserem Gesetzentwurf gefordert, und es wäre für Sie ein Leichtes gewesen, diese auch in Ihren Gesetzentwurf zu übernehmen. Aber nein, auch diese Möglichkeit haben Sie traumwandlerisch vertan.

Die fünf ländlichen Kulturräume bekommen im Jahr 2018 44,1 Millionen Euro Zuweisungen über das Kulturraumgesetz: 44,1 Millionen zur Mitfinanzierung der Theater, Orchester, Bibliotheken, Museen, soziokulturellen Zentren, Musikschulen, freien Projekten und, und, und. Das

Staatstheater und die Semperoper erhalten knapp 70 Millionen Euro Zuweisung des Freistaates Sachsen im gleichen Zeitraum. Doch wie sagte Staatssekretär Uwe Gaul auf seiner „SoziokulTour“ so treffend – die „Sächsische Zeitung“ schreibt –: „Soziokultur steht nicht so stark im Fokus, das sind dann eher die Staatsbetriebe.“ Kultur in Sachsen – möglich, ja, doch meist schlecht bezahlt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Sie müssen nicht persönlich werden, Frau Ministerin Stange; ich bin auch nicht persönlich geworden.

Das war Herr Sodann von der Linksfraktion. Weiter geht es mit der AfD. Frau Wilke, Sie haben erneut das Wort.

Noch einmal zu Herrn Ursu: Sie waren Betriebsratsvorsitzender des Gerhart-HauptmannTheaters in Görlitz. Haben Sie da mit den Gewerkschaften schlecht verhandelt? Denn das Gerhart-HauptmannTheater ist ja eines unserer allerkritischsten Theater. Eigentlich werden die Klimmzüge auch deshalb gemacht, um die Insolvenz abzuwehren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Ursu?

Bitte, Herr Ursu.

Frau Wilke, wir haben vorher über die Tarifautonomie gesprochen. Ich stelle fest, dass Sie wieder keine Kenntnis davon haben, dass die Tarifautonomie – –

Sie müssen fragen, Kollege Ursu!

Ist Ihnen das bekannt, von wem die Tarife verhandelt werden?

Ich habe schon einmal davon gehört. Ja.

(Octavian Ursu, CDU: Anscheinend nicht, aber nicht von den Betriebsräten!)

Ich weiß, dass solche Dinge auch ausgehandelt werden.

Ich möchte noch auf einen letzten Gedanken zu sprechen kommen, wozu ich vorhin keine Zeit mehr hatte. Das sind der Spagat zwischen Freiheit und Selbstbestimmung unserer Kulturschaffenden und die Notwendigkeit, dass sie auch vom Erfolg leben, ja leben müssen. Dieser Erfolg und die Akzeptanz der Leistungen durch das Publikum, das ist ein Regelkreis, der sehr wichtig ist und den wir unbedingt am Laufen halten müssen. Aber dazu brauchen wir auch in unserem allgemeinen Bildungswesen das Interesse an Kultur und Kunst. Wir müssen dieses

Interesse, also auch Kunst- und Musikunterricht, unbedingt weiter pflegen und hegen. Diese einschlägigen Fächer dürfen auf gar keinen Fall zum Abbruch freigegeben werden.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Das war Frau Wilke für die AfD-Fraktion. Jetzt gibt es eine Kurzintervention von Frau Kollegin Fiedler.

Auf den Redebeitrag von Frau Wilke eingehend: Sie sprach davon, bei jungen Leuten Interesse an Kunst zu wecken. Das kann ich unterstützen, aber nicht in dem Sinne, wie es die AfD in ihrem Redebeitrag zum Ausdruck gebracht hat, nämlich Interesse für eine Kunst mit einer von Ihnen definierten Qualität, sondern wir haben eine Kunst, die frei ist, die unabhängig ist und die nicht von einer Partei oder Fraktion definiert wird. Das sollte den jungen Menschen vermittelt werden, aber nicht ein von Ihnen mitgegebener Kriterienkatalog.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Frau Wilke, Sie könnten reagieren, wenn Sie möchten. – Das ist nicht der Fall. Dann gehen wir weiter in der Rednerreihe. Ich frage die Fraktion GRÜNE: Gibt es weiteren Redebedarf bei Ihnen? – Frau Dr. Maicher, möchten Sie? – Nein. Kein Redebedarf. Wir könnten jetzt eine dritte Runde durch die einbringende CDU-Fraktion eröffnen. – Das ist nicht der Fall. Dann hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Frau Staatsministerin Dr. Stange, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich erst einmal ganz herzlich für die Diskussion bedanken, die gezeigt hat, dass wir bei allen Differenzen in manchen Fragen doch an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, unsere Kulturlandschaft in Sachsen nicht nur zu erhalten, sondern auch qualitativ weiterzuentwickeln.

Lieber Kollege Sodann, ich möchte mich dafür entschuldigen, wenn ich persönlich geworden bin. Aber Ihr pointierter Beitrag hat mich dazu gereizt, den Vergleich zum Theater herzustellen.

(Franz Sodann, DIE LINKE: Angenommen!)

Insofern war das eher ein Lob, weil ich unsere Theater sehr hoch schätze. Ich will deshalb mit einem Beispiel beginnen, das ich gerade in der vergangenen Woche erlebt habe. Wer das Erlebnis noch nicht hatte, dem kann ich es nur raten. Die Sächsische Bläserphilharmonie in Bad Lausick hatte in der vergangenen Woche eine Festveranstaltung zur Einführung ihrer neuen Geschäftsführerin, Frau Hegner. Die Musikerinnen und Musiker einschließlich ihres Dirigenten, Prof. Clamor, waren äußerst dankbar dafür, dass es gelungen ist, nach Jahren des Verzichts

und der Solidarität innerhalb des Orchesters eine Perspektive am Horizont zu sehen, dass man aus dem Haustarifvertrag herauskommt oder zumindest nahe an den Flächentarifvertrag heran.

Dieses Beispiel hat mir wieder einmal gezeigt, in welche Situation die Haustarifverträge die Beschäftigten, das künstlerische Personal, aber auch die Beschäftigten an den Theatern und Orchestern gebracht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Drei Orchester allein in Sachsen wurden im vergangenen Jahr durch das Bundeskulturministerium als exzellente Orchesterlandschaften ausgezeichnet. Das sind die Neue Lausitzer Philharmonie, die Elblandphilharmonie und die Sächsische Bläserphilharmonie, die ich gerade erwähnte. Das ist ein Ausweis dafür, dass unsere Orchester hervorragende Arbeit leisten, genauso wie die kommunalen Theater, auf die wir uns momentan gerade besonders konzentrieren.

Ja, es war ein Kraftakt, die jetzt vorliegende Lösung zu bekommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, wenn ich hier einmal eine Lösung gehört hätte, wie wir sie jetzt gefunden haben, dann wären wir vielleicht schon eher auf dem Lösungsweg gewesen.