(Susanne Schaper, DIE LINKE: Sie kann doch vom Rednerpult aus sprechen! – Zurufe von der CDU: Ja, vom Pult aus!)
Frau Lang, das wird jetzt eine besondere Herausforderung. Sie dürfen zum Aufruf der namentlichen Abstimmung an das Rednerpult treten, und wir alle sind ganz diszipliniert.
Meine Damen und Herren! Hat meine Kollegin Lang jemanden zur namentlichen Abstimmung nicht aufgerufen?
Sie sind nicht aufgerufen worden? – Also, soweit ich es verfolgen konnte, wurden Sie aufgerufen. Ich frage noch mal hier vorn. Haben wir jemanden vergessen? – Also, wir sind der Meinung, es sind alle Abgeordneten aufgerufen worden. Jetzt haben Sie sich gemeldet und wollen sich erklären? Mal sehen, was Sie zu sagen haben.
Herr Präsident! Ich möchte mich für die Nichtteilnahme entschuldigen, aber ich hatte eine Besuchergruppe. Habe ich noch die Möglichkeit, meine Stimme abzugeben?
Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen das Ergebnis bekanntgeben: Es wurden 126 Abgeordnete namentlich aufgerufen. Nicht teilgenommen haben 11 Abgeordnete. Mit Ja haben 30 Abgeordnete gestimmt und mit Nein
85 Abgeordnete. Damit ist der Gesetzentwurf nicht beschlossen, meine Damen und Herren. Ich bedanke mich bei den Schriftführern für ihre konstruktive und schnelle Arbeit.
Meine Damen und Herren, Sie kennen das Prozedere – die Reihenfolge in der Aussprache: zunächst die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dann die CDU, DIE LINKE, die SPD, die AfD, die Abg. Wild und Wurlitzer und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Frau Abg. Meier bereits ans Mikrofon getreten. Bitte sehr, Frau Meier, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine größtmögliche Transparenz staatlichen Handelns ist ein Grundpfeiler einer modernen Demokratie. Amtsverschwiegenheit und Herrschaftswissen sind nicht nur veraltet und unbefriedigend für die Bürgerinnen und Bürger; sie führen vor allem zu Unsicherheit und unkontrollierbaren Spekulationen, die für Meinungsmache missbraucht werden können. Das erleben wir dieser Tage allzu oft. Der Staat muss aber das Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger, in die Verwaltung und seine Organe wirklich zurückgewinnen.
Wenn sich ein Ministerpräsident dieser Tage hinstellt und nach der Zivilgesellschaft ruft, dann muss er auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass demokratische Partizipation in diesem Land ermöglicht wird. Dazu braucht es unter anderem Zugang zu Informationen, sehr verehrte Damen und Herren.
Mit dem Transparenzgesetz, das wir Ihnen heute zur Abstimmung vorlegen, drehen wir an einer wichtigen Stellschraube. Damit sich Bürgerinnen und Bürger ernst genommen fühlen, reicht das natürlich nicht aus. Wir hatten heute Morgen die Debatte dazu. Aber indem Verwaltungen und Politik ihre Informationen veröffentlichen, fördern sie nicht nur das Vertrauen und erhöhen die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger in staatliche Institutionen, sondern ermöglichen auch die Kontrolle des staatlichen Handelns.
Unser Gesetzentwurf sieht die allgemeine Verpflichtung der Staatsregierung, aber auch der Landesbehörden und der kommunalen Behörden vor, auf einer Transparenzplattform im Internet alle nicht personenbezogenen
Informationen zu veröffentlichen und für alle Bürgerinnen und Bürger unkompliziert und weitestgehend kostenfrei verfügbar zu machen. Ob es der letzte Stadtratsbeschluss, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag der Daseinsvorsorge oder schlicht der Bebauungsplan eines Wohngebietes ist – alles soll für jeden und jede leicht zugänglich sein.
Um Informationen zu erhalten, die nicht für die Öffentlichkeit und damit für die Transparenzplattform geeignet sind, sieht das Gesetz noch einen individuellen Auskunftsanspruch auf Antrag vor, unabhängig vom Interesse der Antragstellenden.
Dass so etwas funktionieren kann, sieht man, wenn man nach Hamburg blickt. Dort wurde im Jahr 2012 ein Transparenzgesetz verabschiedet, das auch uns als Vorlage gedient hat. Unlängst wurde dieses Hamburger Gesetz von dem Institut für Gesetzesfolgenabschätzung in Speyer evaluiert. Dort ist klar geworden, dass die Bürgerinnen und Bürger einerseits und die Verwaltung andererseits sehr wohl in hoher Zahl auf die Transparenzplattform zugegriffen haben, dass sie es also wirklich genutzt haben. Außerdem wurde hier immer in der Diskussion, insbesondere von der CDU, angeführt, dass damit hohe Kosten verbunden sind und dass ein Mehraufwand für die Verwaltung vermutet wird. Aber das konnte in der Evaluation nicht dargestellt werden; das hat sich nicht bewahrheitet.
Das sind Fakten, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie auch zur Kenntnis nehmen müssen. Sie sollten wirklich überlegen, ob Sie diesem Gesetzentwurf heute nicht doch zustimmen und damit einen Beitrag zur Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung in unserer Gesellschaft leisten wollen. Denn das Transparenzgesetz gäbe den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen die Möglichkeit, politische Entscheidungen nachzuvollziehen.
In Ihrem Koalitionsvertrag – wir haben uns darüber schon hinreichend ausgetauscht – haben Sie ein Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen. Allerdings glaube ich nicht – vor allem dann nicht, wenn ich Herrn Kollegen Hartmann zuhöre –, dass es in dieser Legislaturperiode noch verabschiedet wird. Es ist auch nicht empfehlenswert, im Jahr 2018 ein Informationsfreiheitsgesetz zu erlassen, wenn es auf einen Auskunftsanspruch beschränkt wird.
Wenn Sie unserem Gesetzentwurf heute zustimmen, dann müssen Sie sich – ich habe es schon im Ausschuss gesagt – diese Arbeit gar nicht mehr machen. Sie haben heute wirklich einen zustimmungsfähigen Gesetzentwurf
Auch unter rechtlichen Gesichtspunkten können Sie getrost zustimmen, denn es gibt keine Bedenken, was dies angeht. In der Sachverständigenanhörung haben die Expertinnen und Experten dargestellt, dass gegen die darin enthaltenen Pflichten, Aufgaben und Regelungen keine rechtlichen Bedenken bestehen.
Den letzten Schliff haben wir unserem Transparenzgesetzentwurf dadurch gegeben, das wir ihn an die Datenschutz-Grundverordnung angepasst haben.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere Sie von CDU und SPD, entscheiden heute also politisch. Sie entscheiden darüber, ob Sie transparentes Verwaltungshandeln hier wollen,
oder ob Sie die Chance ergreifen, einen wirklich großen Schritt auf die sächsischen Bürgerinnen und Bürger zuzugehen, Herr Schiemann. Es geht darum, die Akzeptanz staatlicher Entscheidungen in der Bevölkerung zu erhöhen und ihr Vertrauen in den Rechtsstaat zurückzugewinnen.
Es ist also heute Ihre Entscheidung. Ich lege Ihnen sehr ans Herz, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Frau Kollegin Meier sprach für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Jetzt spricht Kollege Anton für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion misst der Einbindung und Beteiligung der Bürger in Entscheidungsprozesse und der Transparenz von Verwaltungsentscheidungen hohe Bedeutung zu.
Deshalb sind im Freistaat Sachsen gerade auf kommunaler Ebene zahlreiche Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten ebenso wie umfassende Informations-, Veröffentlichungs- und Auslegungspflichten normiert. Beispielhaft will ich an dieser Stelle die Regelungen der Sächsischen Gemeindeordnung nennen.
Um es klar zu sagen: Wir wollen Transparenz und Mitwirkungsmöglichkeiten. Genau wie die Bürger und die Wirtschaft wollen wir aber auch schnelle Verfahren und
den Schutz berechtigter Interessen von Verfahrensbeteiligten. Und: Wir wollen Bürokratie abbauen und nicht aufbauen. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns. Hier gilt es, Augenmaß zu bewahren.
Dieses Augenmaß lässt der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Gesetzentwurf aber vermissen. Dieser Gesetzentwurf sieht für jedermann einen unverzüglichen und voraussetzungslosen Zugang zu allen Informationen der Staatsregierung, aller Staatsbehörden, der Gemeinden und Landkreise, aller sonstigen unter der Aufsicht des Freistaates stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie der natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts, die öffentliche Aufgaben zumindest mittelbar unter Kontrolle des Freistaates übernehmen, vor. Ausgenommen sind nur wenige Bereiche wie die Rechtsprechung, der Strafvollzug und Steuerdaten sowie Daten mit Relevanz für die öffentliche Sicherheit.
Neben dem Auskunftsrecht enthält der Gesetzentwurf eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Daten auf einer neu zu schaffenden Transparenzplattform. Frau Meier hat es ausführlich ausgeführt.