Wir halten zeitlich den Ansatz für falsch; denn normalerweise wäre die Notwendigkeit gewesen, es jetzt im Haushaltsverfahren als Änderungsantrag im Haushaltsbegleitgesetz zu bringen und dazu die nötigen Deckungen im Haushaltsverfahren aufzuzeigen und in dieser Debatte zu begründen. Dann hätte man in Abwägung der vorhandenen Systeme schauen können, ob Ihre Vorschläge seriös und finanzierbar sind.
Zum Dritten halten wir auch die finanzielle Größenordnung für vollkommen ungerechtfertigt. Ich kenne natürlich auch Ihren Hochglanzflyer mit den 250 Millionen Euro für den ländlichen Raum, mal ganz abgesehen davon, dass wir die Aufteilung der Fläche fifty-fifty – – Wir haben gerade gesagt, da würde Grimma wahrscheinlich mehr Zuweisungen bekommen als die ganze Kreisfreie Stadt Dresden, wenn man das dann berechnet.
7 Milliarden Euro des jetzigen Haushaltsentwurfs stehen den Kommunen zur Verfügung, das sind rund 30 % des Staatshaushaltes. Sie kommen mit rund 150 Millionen Euro, das ist unter einem Prozent, womit Sie glauben, den ländlichen Raum retten zu können. Und ich kann Ihnen auch noch eine Größenordnung nennen, warum wir das für falsch halten. Sie bringen 150 Millionen Euro für zehn Themenbereiche, die Sie selbst aufführen. Wenn Sie nur annähernd jeden Bereich bedienen wollen, sind Sie bei 15 Millionen Euro je Bereich und Jahr. Wir haben allein 30 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre für einen Themenbereich bereitgestellt, nämlich für die Stärkung des ländlichen Raumes als vollkommen freie Pauschale.
Auch da ist die finanzielle Wirkung überhaupt nicht gegeben, und aus diesem Grund lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Sehr geehrter Herr Pecher, ich danke Ihnen für Ihren Redebeitrag. Das war sehr sachlich, da haben wir auch schon andere Beiträge gehört. Ich will es Ihnen noch einmal sagen: Sie haben 30 Millionen Euro Pauschale für den ländlichen Raum, das sind 70 000 Euro für drei Jahre für kleine Kommunen. Das sind 90 Millionen Euro in drei
Jahren. Das haben Sie im Frühjahr dieses Jahres gemacht. Wir haben dabei geholfen. Wir haben als Opposition keine Anhörung verlangt und es im Haushaltsausschuss durchgleiten lassen, weil der ländliche Raum das Geld braucht. Das ist freie Masse für die Kommunen.
Wir dürfen aber nicht völlig die Regelungsgehalte für unser Land aus der Hand geben. Das heißt, wir können den Kommunen nicht alles Geld frei zur Verfügung stellen, wir müssen auch noch gewisse Regelungen, wo welche Infrastruktur geschaffen wird, in der Hand behalten. Deshalb sage ich: Nur weil Sie jetzt freie Förderung plötzlich als neues Argument erkannt haben, um Ihre Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, heißt das noch lange nicht, dass man ein Gesetz machen kann, das keine Pauschalen enthält.
Ich sage es immer wieder: Wir haben das Gesetz im Dezember eingereicht, und wenn wir ein Jahr gewartet hätten, um es im Haushaltsbegleitgesetz einzufügen, hätten wir ein Jahr nichts für den ländlichen Raum tun können außer Ihrem Investitionspauschalengesetz. Die Probleme bestehen länger, man kann nicht immer bis zum Abschluss des nächsten Doppelhaushalts warten.
Meine Damen und Herren! In der Aussprache geht es weiter mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es spricht Herr Abg. Günther. Herr Günther, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dass wir über den ländlichen Raum debattieren und ihn unterstützen, ist immer gut. Das machen wir nicht nur aufgrund Ihres Antrages, sondern auch sonst wiederholt hier.
Jetzt komme ich zu dem von Ihnen vorgeschlagenen Instrument. Es soll ein Fonds für den ländlichen Raum eingerichtet werden, also ein Sondervermögen für den Zeitraum von 2019 bis 2033.
2030. – Die Ausreichung der Mittel ist noch zu klären. Das müsste durch die Verwaltung passieren. Dazu müssten Richtlinien quer durch alle Ministerien aufgestellt werden. Aus unserer Sicht ist dieser Vorschlag mit dem Fonds keine wirklich sachdienliche Idee. Wir glauben, die Finanzausstattung der Kommunen ist eine ganz grundsätzliche Frage – das ist schon mehrfach angesprochen worden –, und wir wissen, dass dort etwas passieren muss.
Das muss aber im Rahmen dieses Finanzausgleichs passieren. Dort bewegen sich Dinge auf der Bund-LänderEbene, also die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Es ist ganz neu hineingekommen, dass die kommunale Finanzkraft bzw. -schwäche statt bisher nur mit 64 % jetzt mit 75 % zu Buche steht und die Einfüh
rung eines finanzkraftabhängigen Ausgleichs für finanzschwache Länder mit diesen Kommunen. Das spielt eine Rolle, deswegen werden sich die Finanzströme verändern. Wir haben auch schon angesprochen, dass dies auf Landesebene mit unserem Finanzausgleichsgesetz so sein wird.
Wenn wir so einen Fonds einrichten, haben wir das Problem von mehr Bürokratie, was Sie auch regelmäßig kritisieren. Wir müssen den Finanzausgleich weiter stärken und ausbauen und würden jetzt zeitlich befristet noch eine völlig neue Struktur einführen. Dafür bräuchte es gute Gründe. Normalerweise sind solche Sondervermögen immer für ganz spezielle Aufgaben. Damit lässt sich das rechtfertigen. Aber hier haben wir eine sehr breite Aufgabenstellung, die auch noch nicht konkret umrissen ist. Das haben wir auch in der Debatte gemerkt. Es soll im Prinzip alles enthalten sein, was Kommunen so machen können. Da ist nicht ein Sondervermögen die Antwort, sondern die grundsätzliche Finanzausstattung.
Da es für viele Bereiche schon Förderung gibt, haben wir ein Problem: Was soll möglich sein? Drin steht etwa Breitbandausbau. Dazu möchte ich sagen, dass ich darüber bis 2030 gar nicht mehr reden möchte. Das sollte abgeschlossen sein, und da gibt es auch schon andere Fördermöglichkeiten. Es gibt noch den Schulhausbau, Kitas, den Straßenbau, Sportstätten; für Schwimmhallen einschließlich Unterhaltung gibt es besondere Förderung, ÖPNV, Gewerbegebiete und solche Dinge. Aber dafür gibt es bereits Förderinstrumente.
Neben dieser Doppelförderung haben wir das Problem – denn die Vergabe wird letztlich durch Richtlinien der Staatsregierung erfolgen –, dass wir ein Parlament sind und die Budgethoheit unser Königsrecht ist. Dieses Sondervermögen würde uns als Gesetzgeber, als Parlament, den Zugriff auf diese Mittel entziehen. Das ist eine Selbstentmündigung des Parlaments, wo die freigewählten Vertreter des Volkes, die Parlamentarier, sitzen. Das ist der falsche Weg. Wir wollen die demokratische Kontrolle stärken und deswegen nicht Geld in solchen Größenordnungen einfach zur freien Verfügung der Staatsregierung übergeben. Das wäre ein Eingriff in unsere Budgethoheit. Wir empfinden das als falschen Weg neben dieser Doppelförderung. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Gleichwohl sind wir immer gern bereit zu überlegen, wie wir den ländlichen Raum weiter stärken können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion ist gut gemeint, wird aber das angestrebte Ziel nicht erreichen und deshalb werden die Abgeordneten der blauen Partei diesen Ent
wurf ablehnen. Der Änderungsantrag macht das Ganze nicht besser, und auch diesen werden wir in der Folge ablehnen.
Dieses Gesetz ist schon wieder ein Förderprogramm, ein neuer Fördertopf von Dutzenden, die es bereits gibt. Die meisten kleinen Gemeinden kennen noch nicht einmal alle Programme. Kennst Du, lieber André, alle Förderprogramme im ländlichen Raum?
Jetzt will die AfD-Fraktion wieder einen Fördertopf schaffen – wieder ein Programm, wieder Antragstellung, wieder Bedingungen, wieder Eigenbeteiligung, wieder Verwaltung, Beamte, Kosten etc. etc. Was ist mit der von der AfD-Fraktion sinnvollerweise geforderten Transparenz? Diese Transparenz geht im Dschungel der vielen Förderungen unter. Wir müssen die Gemeinden von Bürokratie entlasten, und dieser Fonds schafft Bürokratie ohne Ende, wie schon angedeutet worden ist. Wir müssen den Gemeinden mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, die die Politiker vor Ort eigenverantwortlich ausgeben können.
Mal anders: Wir hier im Landtag entscheiden und verabschieden Gesetze. Der Bundestag entscheidet und verabschiedet Gesetze. Kreistage, Städte und Gemeinden dürfen das dann ausbaden. Sie müssen den Schlamassel vor Ort umsetzen. Der Volksmund sagt: Wer bestellt bezahlt. Wir bestellen und kommen dann gönnerhaft mit vielen Förderprogrammen um die Ecke, um zu bezahlen. Was wir wirklich benötigen, das sind stringente Förderungsmechanismen für den ländlichen Raum. Ganz entscheidend dabei wäre, dass durch geeignete staatliche Lenkungsmaßnahmen Unternehmen im ländlichen Raum angesiedelt werden.
Es gibt genügend gut bezahlte Arbeitsplätze, und danach entfallen gewisse zusätzliche Entwicklungsmaßnahmen, die automatisch folgen. Genau dann werden die Menschen den ländlichen Raum nicht weiter verlassen. Sie werden bleiben, und es werden sich gegebenenfalls mehrere neue ansiedeln.
Zurzeit werden dem Wahlvolk große Versprechungen auf Bundesebene und Landesebene zur Förderung von Wohnraum in Ballungsgebieten unterbreitet. Von 5 Milliarden Euro ist auf Bundesebene die Rede.
Diese Gelder – das ist übrigens mein Redebeitrag und nicht Deiner – könnte man für Unternehmensansiedlung und damit für die Entwicklung des ländlichen Raums verwenden, denn dort gibt es genügend bezahlbaren Wohnraum. Das Kernproblem der Ansiedlung von Unternehmen im ländlichen Raum wird allerdings durch den vorliegenden Gesetzentwurf nur geringfügig tangiert. Maßnahmen zur Ansiedlung von Gewerbegebieten und zur Bereitstellung werbegeeigneter Infrastruktur entspre
chend § 3 Abs. 1 Nr. 9 und 10 des Entwurfs gibt es bereits. Es gibt bereits gegenwärtig erschlossene Flächen in vielen Gewerbegebieten, die ungenutzt sind.
Es macht ebenfalls wenig Sinn, Sport- und Schwimmhallen, Kindertagesstätten usw. im ländlichen Raum zu fordern, wenn der vorhandenen Landflucht durch die Ansiedlung von Unternehmen nicht entgegengewirkt wird. Das ist ein Kreislauf, den jeder einigermaßen gebildete Mensch erkennen sollte. Die Entwicklung des ländlichen Raums hat also eine Schlüsselfunktion. Gelingt es, den ländlichen Raum zu entwickeln, werden viele Probleme parallel erledigt.
Bezahlbarer Wohnraum ist ausreichend vorhanden. Drohende weitere Verdichtungen von Ballungszentren entschärfen sich. Die Konzentration von Schadstoffemissionen verringert sich. Die innere Sicherheit lässt sich deutlich besser gewährleisten als in überfüllten Großstädten. Das sind nur einige große, dafür aber sehr aktuelle Themen, die hier anzusprechen sind.
Der eingebrachte Entwurf lässt nicht erkennen, dass diese Kernprobleme gelöst werden. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht ist. Herr Staatsminister Dr. Haß, bitte sehr. Ich habe Ihr Zeichen sehr deutlich gesehen. Sie haben jetzt Gelegenheit, sich zu dem Gesetzentwurf zu äußern. Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll laut Antragstellung ein Sondervermögen gegründet werden, um die Daseinsvorsorge in der Infrastruktur der Kommunen im ländlichen Raum zu sichern, wie die Antragssteller ausgeführt haben. Auf den ersten Blick fällt der ungewöhnliche Zeitraum auf, in dem dieses Sondervermögen gespeist wird, nämlich bis zum Jahr 2030. Es ist hier schon angeklungen, es ist ein sehr langer und interessanter Planungszeitraum, der eine lange Festlegung von Fundamentalgrößen und eine Prognosefähigkeit erfordert, über die wenige verfügen, wenn überhaupt jemand. Insofern ist allein der Zeitraum ein wenig ridikül.
Die Finanzierung der Kommunen und die Stärkung des ländlichen Raums sind wesentlicher Teil unserer Regierungsarbeit – und waren es auch schon vor unserer Regierung unter Michael Kretschmer. Nicht nur das Sächsische Finanzausgleichsgesetz ist dafür ein Ausweis über viele Jahre. Wir haben auch die zahlreichen Förderprogramme, die man hier nennen muss, wie „Brücken in die Zukunft“ und den Breitbandfonds, den wir planen. Die pauschalen
Damit möchte ich sagen, wir brauchen kein Sondervermögen speziell für den ländlichen Raum. Die Förderung des ländlichen Raums ist ein Dauerauftrag, den wir haben. Das ist ein wichtiger Politikbereich, den wir vertreten und der mit einem solchen Sondervermögen nicht richtig abgebildet ist. Wir müssen die Förderung des ländlichen Raums als ein Gesamtgeschehen sehen. Dabei ist der wesentliche Baustein die Ausstattung der Kommunen in Sachsen mit allgemeinen Deckungsmitteln, mit Mitteln, über die die sächsischen Kommunen frei verfügen können.
Die Staatsregierung hat deshalb den Gesetzentwurf zum kommunalen Finanzausgleich eingebracht, auch mit dem Ziel, die allgemeinen Deckungsmittel in den Jahren 2019/2020 deutlich zu erhöhen. Mit den Steuereinnahmen, die 2019/2020 zusätzlich zur Verfügung stehen, haben die sächsischen Kommunen insgesamt – das ist eine Zahl, die sich hören lassen kann – 807 Millionen Euro Mehreinnahmen aus Steuern und Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung als im aktuellen Jahr 2018.
Die allgemeinen Deckungsmittel werden darüber hinaus in den Jahren 2019/2020 jeweils auf 6,6 Milliarden Euro bzw. 6,9 Milliarden Euro steigen. Für investive Zuweisungen werden 331 Millionen Euro bzw. 450 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.