Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

Also ich jedenfalls nicht, und ich könnte das auch begründen, aber das mache ich jetzt nicht. Natürlich kann auch der Staat mit diesem Geld substanziell eine Gesellschaft stützen; das ist unbestritten. Er kann das Geld dafür einsetzen. Eigentlich muss es die LEAG machen, darin

gebe ich Ihnen recht. Aber, wie gesagt, daran zweifle ich ein wenig.

Die Frage ist beantwortet?

Ja, die Frage ist beantwortet. Ich würde jetzt noch einmal wiederholen, was für mich zügiges sozialökologisches Handeln bedeutet.

(Zuruf des Abg. Frank Heidan, CDU)

Das ist, erstens, aus der Braunkohle auszusteigen, zweitens, den Bergleuten in ihrer Region schnellstmöglich eine Beschäftigungsperspektive zu geben, und drittens, Sicherheitsleistungen und finanzielle Beiträge der Bergbautreibenden einzuholen, um die Sanierung und Perspektivsicherung in der Region zu ermöglichen.

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

Glück auf!

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, nun für die CDU-Fraktion Herr Abg. Rohwer. Sie haben das Wort, Herr Rohwer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Glück auf!, liebe Kumpel in den Braunkohlerevieren. Jetzt geht es im Landtag wieder um eure Jobs.

Beim Besuch der Braunkohlekommission in der Lausitz haben eure Kinder ein Plakat hochgehalten. Auf dem stand: „Die Kohle nimmt uns nicht die Luft zum Atmen, sie gibt uns viele Möglichkeiten!“ Wir in der Union wissen, dass ihr nicht die Luft verpestet, sondern dafür steht, dass das Licht in unserem Land brennt – so hier auch heute im Plenarsaal.

Verdeutlichen wir uns noch einmal die Wichtigkeit des Themas, über das wir wieder diskutieren. Die Kohlekommission hat in ihrem Zwischenbericht angegeben, dass 20 000 Arbeitsplätze deutschlandweit direkt an der Kohle hängen und weitere 40 000 indirekt. In der energieintensiven Industrie sind es über 100 000 weitere Beschäftigte. Für diese Menschen gilt es nun verantwortungsbewusste Politik zu machen.

Die heutige Debatte um die Gründung und den Aufbau einer Bund-Länder-Gesellschaft für die Stilllegung, Sanierung und Rekultivierung der deutschen Braunkohle kommt aus unserem Blickwinkel zu einem interessanten Zeitpunkt, liebe Fraktion DIE LINKE. Ich sage Ihnen auch, warum: Das Ergebnis der sogenannten Braunkohlekommission liegt Ende des Jahres vor und wird Empfehlungen zum weiteren Vorgehen beinhalten. Dieses Gremium ist besetzt mit Experten auf diesem Gebiet, die aus der gesamten Bundesrepublik kommen, und außerdem wird die Kommission durch die Bundesregierung in ihrer Arbeit unterstützt. Folglich ist geballtes Expertenwissen dort versammelt. Ein heutiger Beschluss des Parlaments

würde dieser Arbeit natürlich vorgreifen. Was würde also dieser Beschluss bewirken?

Ich sage es Ihnen ganz gern: Es käme einer Vorwegnahme des Ergebnisses gleich und würde die Kommission, in der auch Braunkohlegegner dabei sind – von grün bis links –, von dem Druck befreien, einen Kompromiss gemeinsam zu finden; denn der Einfluss auf ein sinnvolles Ergebnis würde auch das noch einmal minimieren.

Ich will damit signalisieren: Ich glaube, es ist gerade die Chance der Kohlekommission, gemeinsam unter diesem Druck zu arbeiten und eine Idee zu entwickeln, wie es gehen kann – an die sich dann auch alle halten müssen.

Lassen wir also die Kommission erst einmal zu Ende arbeiten, und im Nachgang können wir immer noch darüber diskutieren, wie der Weg konkret ausgestaltet werden soll.

Nun zu einem anderen Punkt. Es besteht bereits eine Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung. Kennen Sie die, Frau Dr. Pinka? Wissen Sie, was diese Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung seit 1992 tut? Sie räumt das weg, was Sie mit Ihrer Planwirtschaft hinterlassen haben.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Oh!)

Deshalb brauchen wir auch keine neue Gesellschaft. Ich finde es besser, bestehende Strukturen zu nutzen oder eventuell bei Bedarf entsprechend auszubauen.

Des Weiteren werden sich die Braunkohleunternehmen an den Kosten der Rekultivierung beteiligen müssen. Ein Vertrag zum Tagebau Nochten wird voraussichtlich bis Jahresende geschlossen. Für den Tagebau Reichwalde ist auch eine solche Regelung vorgesehen.

Zur Ehrlichkeit der Debatte gehört: Je früher das Ausstiegsdatum aus der Braunkohle festgesetzt wird, umso mehr werden sich die Unternehmen aus der Verantwortung stehlen können. Ergebnis wäre, dass die Bürger, der Steuerzahler für die Kosten aufkommen muss, und das in Millionenhöhe.

Ich habe am vergangenen Samstag ein Interview in der „DNN“ gelesen, in dem sich unser Bundesfinanzminister zur Strukturförderung in der Lausitz geäußert hat. Er sagte, der Bund würde 1,5 Milliarden Euro für den Strukturwandel bereitstellen. Hinsichtlich des Wegfalls der Wertschöpfung von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr ist diese Zahl lachhaft und eine naive Vorstellung des Ministers Scholz. So kommen wir unserem Ziel nicht einmal nahe, die Region auf die Zeit nach der Braunkohle vorzubereiten. Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Braunkohleländer sprechen hingegen von 60 Milliarden Euro. Das erscheint mir schon eine realistischere Zahl.

Die Erfahrungen aus der deutschen Wiedervereinigung oder dem Steinkohleausstieg zeigen, dass die Gestaltung eines solchen Prozesses mindestens 30 Jahre benötigt. Daher muss die Strukturentwicklung systematisch gestaltet werden, und dazu braucht es Vertrauen.

Die Finanzierung der Strukturentwicklung darf nicht mit der bundesweiten Förderung strukturschwacher Regionen vermischt werden. Wir brauchen ein separates, rechtlich abgesichertes, langfristig verfügbares und flexibles Finanzierungsinstrument aus Mitteln des Bundes. Das Volumen muss so bemessen sein, dass die Strukturentwicklung in den Braunkohlerevieren erfolgreich und ohne Strukturumbrüche umgesetzt werden kann. Wie hoch die finanziellen Mittel dafür sein müssen, kann heute noch nicht abschließend gesagt werden. Die Messung sollte sich mindestens an dem direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Beitrag der Braunkohlewirtschaft bemessen.

Entscheidend ist, dass sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in den Revieren nicht verschlechtern darf. Auch ist es wichtig, dass der Fonds so flexibel gestaltet wird, dass er dynamische und zeitliche Anpassung berücksichtigt, neue und dynamische auszubauende strukturpolitische Projekte, forschungs- und wirtschaftsnahe Infrastrukturen finanziert. Das Ziel ist eine langfristige, zukunftsorientierte Entwicklung mit zukünftigen Arbeitsplätzen und einer höheren Wertschöpfung.

Ich stimme Ihnen, meine Damen und Herren von der LINKEN, sogar in dem Punkt zu, dass wir uns Gedanken machen müssen, wie wir die Strukturförderung am besten organisieren. Jedoch lehne ich eine Gesellschaft, wie Sie es vorschlagen, ab. Die Kumpel brauchen keine Beschäftigungsgesellschaft – sie brauchen echte Arbeitsplätze.

Ich plädiere für eine Stiftung, die langfristig das Geld nicht nur verwaltet, sondern den Strukturwandel gestaltet. Bleiben wir also realistisch, meine sehr geehrten Damen und Herren, und lehnen den Antrag ab.

Danke für die Aufmerksamkeit und Glück auf!

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Martin Dulig)

Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion Herr Abg. Baum. Herr Baum, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Erneut müssen wir uns mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE beschäftigen, der aus Sicht all derer, die sich mit dem Thema Kohleausstieg und Strukturentwicklung der Kohleregionen ernsthaft und seriös beschäftigen, nur ein Kopfschütteln verursachen kann.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, bleiben bei diesem Thema erneut Ihrer starren Linie treu und haben jetzt einen Antrag zur Gründung und zum Aufbau einer Bund-Länder-Gesellschaft für Stilllegung, Sanierung und Rekultivierung der deutschen Braunkohlereviere vorgelegt, der quasi unannehmbar ist.

Ich kann ja verstehen, dass Sie die Themen Kohleausstieg und Strukturwandel umtreiben, und da geht es mir als Bewohner aus dem Lausitzer Revier nicht viel anders, wenn auch mit völlig diametralen Prämissen. Ich sage

Ihnen auch, warum: Die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung hat noch nicht einmal den Abschlussbericht vorgelegt – es steht noch kein Ausstiegsdatum aus der Kohleverstromung fest, und auch die Planungen für die Reviere in Sachen Strukturwandel sind noch nicht festgeschrieben.

Sicherlich kann man dem vorgreifen und sich schon einmal positionieren oder Ideen einbringen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Oder den Kopf in den Sand stecken …!)

Aber Timing ist alles. Zum Kohleausstieg wabern gerade etliche mehr oder weniger durchdachte Vorschläge durch den Raum.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Haben Sie es immer noch nicht verstanden?)

Man kann noch einen weiteren Unsinn draufsetzen, aber das hilft den Revieren und uns nicht weiter, solange wir die Vorschläge der Kommission abschließend noch nicht kennen.

Ja, der Kohleausstieg wird kommen und das negiere ich auch nicht. Wir sollten auch gut darauf vorbereitet sein. Aber unsinnige Schnellschüsse bringen uns da gerade nicht weiter.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das haben Sie schon vor fünf Jahren erzählt!)

Es ist ein Schnellschuss, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, wenn man, wie in Ihrem Antrag gefordert, die Schließung der Braunkohletagebaue als Beginn eines erfolgreichen Strukturwandels ansieht. Ich möchte den aus meiner Sicht aberwitzigen Kernsatz Ihres Antrages nochmals zitieren: „Dabei geht es gerade darum, die Schließung der Braunkohletagebaue nicht von einem erfolgreichen Strukturwandel abhängig zu machen, sondern die Schließung der Braunkohletagebaue als Beginn eines erfolgreichen Strukturwandels zu sehen.“

Damit stellen Sie, DIE LINKE, all das infrage, bei dem ich bisher an einen Konsens in diesem Hohen Haus glaubte, einmal abgesehen von der AfD-Fraktion.

(André Barth, AfD: Na klar doch!)

Sie, Herr Barth, haben den Klimawandel ja auch geleugnet.

Erzählen Sie doch bitte einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, den Menschen in den Kohlerevieren, was Sie mit diesem Antrag vorhaben. Zuerst ein schneller Ausstieg aus der Kohleverstromung, und der Strukturwandel wird dann irgendwie schon erfolgreich kommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Entschuldigung für meine Wortwahl, aber das ist Unsinn.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das ist so, als zünden Sie Ihr eigenes Haus an und wundern sich dann, wenn die Feuerwehr nicht kommt, also Entschuldigung!