Eine Sache ist mir noch wichtig. Die Argumentation, die Sie anstrengen, hat aus meiner Sicht noch einen kleinen kosmetischen Fehler. Es geht immer darum, den Mindestlohn zu erhöhen. Vielmehr muss die Argumentation doch eigentlich die sein: Wie kann ich Menschen, die im Niedriglohnsektor tätig sind, Türen öffnen, damit sie eigenständig ihren Lebensalltag noch besser gestalten können, dass sie aus diesem Niedriglohnsektor herauskommen? Was kann ich im Bereich von Qualifizierung tun, von beruflicher Weiterbildung? Auch dies ist eine Frage des Bundesrechts. Dafür haben wir gute Ansätze durch das Teilhabechancengesetz, das mit 4 Milliarden Euro ab 1. Januar 2019 wirksam wird und entsprechende Möglichkeiten eröffnet. Dazu gebe ich zu bedenken, dass der Arbeitsmarkt doch entsprechend aufnahmefähig ist.
Wir haben in zahlreichen Bereichen einen Fachkräftemangel. Abschließend kann ich sagen: So, wie der Mindestlohn bisher ausgestaltet worden ist, hat er sich aus meiner Sicht ganz gut bewährt.
Gewerkschaften finden ohne Politik besser zu vernünftigen Löhnen. Insofern sind wir gut beraten, wenn wir als Politik die Finger da herauslassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage guter Löhne ist für uns in Deutschland und vor allem auch für uns in Sachsen eine ganz entscheidende Zukunftsfrage. Zum einen geht es dort um die Frage der Deckung zukünftiger Fachkräftebedarfe. Nur dann, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen ordentlich und gut bezahlt werden, sind sie bereit, hier zu arbeiten, hier ihre Familien zu gründen und hier auf Dauer sesshaft zu bleiben oder zu werden.
Wenn man sich die Zahlen der aktuellen Prognosen anschaut, dann ist das kein Selbstläufer. Auch wir in Sachsen, in diesem wunderschönen Land, stehen in einem Wettbewerb um die Fachkräfte der Zukunft. Deshalb ist die Frage von guten Löhnen eine ganz entscheidende Zukunftsfrage für die Wahrung unseres Wohlstandes und für die Zukunft unserer Wirtschaft.
Zum anderen geht es bei Löhnen aber um viel mehr. Es geht nämlich auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ich glaube, dass Menschen in einer modernen Industriegesellschaft ihren Mehrwert dann sehen, wenn er auch in Form von Löhnen und Gehältern anerkannt wird. Deshalb haben sie einen Anspruch darauf. Deshalb müssen gute Löhne nicht nur im Zentrum der Bundespolitik, sondern auch der Landespolitik stehen.
Mindestlöhne sind dabei – ich sage es ganz bewusst – leider ein wichtiger Eckpfeiler der Arbeitsmarktpolitik. Es ist ein großer Erfolg sozialdemokratischer Regierungspolitik in den letzten zehn Jahren. Wir haben ihn gegen alle Widerstände durchgesetzt. Ich kann mich an die Horrorszenarien erinnern, die von Wirtschaftsverbänden, von konservativen, von neoliberalen Politikern an die Wand gemalt wurden, Deutschland würde quasi „den Bach runtergehen“. Das Gegenteil ist der Fall. Ich möchte das einmal an Sachsen klarmachen: Als Allererstes im Bereich der un- und angelernten Beschäftigten hat der Mindestlohn dazu geführt, dass die Löhne in Sachsen um 16,2 % steigen. Diese hohe Zahl ist eigentlich keine gute Nachricht. Diese hohe Zahl zeigt, wie niedrig die Löhne in Sachsen vorher waren, und das war ein Skandal. Aber das ist ein wesentlicher Erfolg dieses Mindestlohns.
Das Zweite ist: Wir haben die Anzahl von Minijobs, von prekärer Beschäftigung in Sachsen reduziert, weil der Mindestlohn dazu führt, dass es sich wieder lohnt, ordentliche Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen.
Das Dritte ist: Der Mindestlohn hat nicht nur den Menschen, den hart arbeitenden Menschen in den unteren Lohnklassen geholfen, sondern er hat in vielen Unternehmen dazu geführt, dass das Gesamtlohngefüge nach oben gerutscht ist, dass nicht nur die Leute, die vorher unter dem Mindestlohn mehr verdient haben, sondern auch die Leute, die vorher schon über dem Mindestlohn mehr verdient haben, weil das Gesamtlohngefüge nach obenhin angepasst wurde, davon profitieren. Das heißt, der Mindestlohn schafft eine Verbesserung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht nur für die, die unmittelbar vom Mindestlohn betroffen sind. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis und der Erfolg dieses Mindestlohns, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das bedeutet, dass kein anderes Bundesland so sehr vom Mindestlohn profitiert wie Sachsen. Es ist gut, dass es in die landespolitische Initiative eingebettet ist, die die Niedriglohnstrategie unserer Vorgänger beendet und gute Arbeit wieder zum Leitbild sächsischer Politik macht. So
Ja, die Kontrollen müssen sein. Ich will aber noch auf zwei andere Dinge eingehen. Das Erste ist: Mindestlöhne sind gut und wichtig, das eigentliche Ziel aber heißt Tariflöhne. Ich glaube, da sind wir uns einig, weil wir wissen, dass Tariflöhne dafür sorgen, dass es einen fairen Anteil gibt, nicht nur den Mindestanteil, dass es faire Urlaubstage gibt und dass es generell mehr Fairness gibt. Ich glaube, darum muss es gehen. Sowohl der Mindestlohn als auch Tariflöhne müssen die Ehrlichen schützen, sowohl die ehrlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch die ehrlichen Unternehmerinnen und Unternehmer. Weil der Mindestlohn an dieser Stelle den schwarzen Schafen einen Riegel vorschiebt und das Thema gute Arbeit und Wohlstand in Sachsen sichert, ist der Mindestlohn ein Erfolg. Wir werden weiter daran arbeiten.
Wir werden ihn weiterentwickeln. Natürlich ist für uns das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Aber dazu in der zweiten Runde.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insbesondere die Bundespolitiker der SPD haben den Mindestlohn in den letzten Wochen wieder auf die aktuelle politische Tagesordnung gebracht. Nach Abstürzen in der Wählergunst auf Landes- und Bundesebene versucht die Partei der Agenda 2010, ihr Profil neu zu schärfen.
In diesem Wettbewerb der Politik um höhere Löhne steigt nun auch wieder DIE LINKE ein – ein Hahnenkampf in Umverteilungsspielen –, deshalb heute die Debatte im Sächsischen Landtag.
zu einem, wie er von der Mindestlohnkommission festgesetzt wird. Diese Kommission besteht aus einem Vorsitzenden, sechs weiteren stimmberechtigten Mitgliedern und zwei Mitgliedern aus Kreisen der Wissenschaft. Zu den stimmberechtigten Mitgliedern gehören je drei stimmberechtigte Mitglieder der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Es sind beide Seiten, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, darin vertreten.
Meine Damen und Herren der einbringenden Fraktion! Jetzt kommen für Sie zwei schlechte Nachrichten. Erstens. Der Mindestlohn ist ein Bundesthema und kein Landesthema.
Zweitens. Herr Dulig gehört der Mindestlohnkommission nicht an. Daher ist es schon ein ganzes Stück gehöriger Unfug, eine Forderung an den sächsischen Wirtschaftsminister zu stellen, was dieses Thema betrifft.
Betrachten wir aber einmal die Mindestlohnentwicklung in Deutschland. Zum 1. Januar 2015 wurde ein Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto pro Stunde eingeführt. Zum 1. Januar 2017 waren es 8,84 Euro, zum 1. Januar 2019 werden es voraussichtlich 9,19 Euro sein und zum 1. Januar 2020 voraussichtlich 9,35 Euro. Wir stellen zum einen fest, die Erhöhung des Mindestlohns liegt über der Inflationsrate, zum anderen hat er nicht zu einem Konjunktureinbruch geführt, wie einige Wirtschaftsverbände und Wirtschaftsprofessoren vor dem Jahr 2015 prophezeit hatten. Ob der Mindestlohn für alle Marktteilnehmer gilt, dazu mehr in einer zweiten Rederunde.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Beger, eine kurze Reflexion auf Ihren Beitrag, was hier Sache des Bundes und des Landes ist. Schauen Sie einmal auf die Tagesordnung. Sie haben nachher noch einen Antrag darauf, der sich ausschließlich mit Bundespolitik befasst. Fassen Sie sich zunächst an die eigene Nase, wenn es um die Festlegung von Themen für dieses Plenum geht.
Zum Thema der heutigen Debatte. Ich möchte zunächst für meine Fraktion klarstellen – das geht ein wenig in die Richtung der LINKEN: Natürlich ist es richtig, dass die Frage, wer das Thema Mindestlohn auf die politische Agenda gesetzt hat, von einiger Bedeutung ist. Nach meiner Auffassung ist letztlich jedoch entscheidend, wer es in politischer Verantwortung umsetzt. Hier muss man sagen, es ist und bleibt ein Verdienst der SPD in der Regierung, dass der gesetzliche Mindestlohn als Untergrenze mit ordnungspolitischer Funktion eingeführt wurde,
Letzteres insbesondere mit Blick auf die Begrenzung des unfairen Wettbewerbs und Lohndumpings in nicht wenigen Bereichen der Wirtschaft. Millionen Menschen – Vorrednerinnen und Vorredner sind darauf eingegangen – haben davon profitiert, und die prognostizierten Unternehmenszusammenbrüche sind nicht eingetreten. Das ist
gut. Gleichzeitig – das ist die andere Seite der Medaille, die wir auch betrachten müssen – war die Festsetzung des Ausgangswertes auf das europaweit betrachtete niedrige Niveau von 8,50 Euro ein Fehler. Dieser Stundenlohn schützt nicht vor Armut, weder im Berufsleben noch bei der späteren Rente.
Der Blick auf Sachsen macht deutlich: 2017 verdienten 6,4 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – das sind 131 000 Menschen in Sachsen – nur 60 % des Durchschnittslohns oder weniger. Trotz lang anhaltender guter Konjunktur profitieren diese Menschen nicht von der Lohnentwicklung, und sie sind im höchsten Maße armutsgefährdet. Das ist die Kritik, die bei der SPD bleibt. Nach meiner Auffassung ist sie berechtigt. Wer sich der Diktion der Arbeitgeberverbände und Lobbyisten de facto beugt und der These von niedrigen Löhnen als Standortfaktor nicht ausreichend Widerstand entgegengesetzt hat, der muss sich heute zu Recht zu wenig entschlossenes Handeln vorwerfen lassen.
Heute sucht in Sachsen eine Reihe von Branchen händeringend Arbeitskräfte. In Chemnitz fangen die ersten Gaststätten damit an, eingeschränkte Öffnungszeiten zu praktizieren, weil ihnen die Leute fehlen. Nicht der Mindestlohn macht der Wirtschaft Probleme, die Wirtschaft bekommt heute dort Probleme, wo sie nicht ausreichend attraktive Arbeitsbedingungen bietet.
Nun hat die SPD das Dilemma erkannt. Ihr Vizechef Olaf Scholz prescht mit der Forderung nach 12 Euro bis zum Jahr 2020 vor, und Hubertus Heil will künftig ein neues Verfahren zur Mindestlohnfestsetzung entwickeln. Das halten wir GRÜNE für falsch. Das haben wir bei der Debatte im Bundestag entsprechend gesagt, auch wenn wir die Forderung nach einem höheren Mindestlohn unterstützen. Die Einführung des Mindestlohns war Aufgabe der Politik. Sie ist in einem langen Prozess zustande gekommen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es insbesondere in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts eine Reihe von Akteuren in Deutschland gab, darunter auch die Gewerkschaften, die lange Zeit den Mindestlohn abgelehnt haben.
Aber nun ist er eingeführt, und jetzt ist das Thema Erhöhung des Mindestlohns Sache der Tarifpartner, der Sozialpartner und der Wissenschaft. Deshalb stehen wir GRÜNE ohne Wenn und Aber zur Mindestlohnkommission.
Statt die Kommission zu schwächen – das meint man vermutlich aus der Äußerung von Hubertus Heil und Olaf Scholz herauszuhören –, muss die Kommission gestärkt werden. Dazu gehört zum Beispiel, ihre Entscheidungsbefugnisse auszuweiten. Die Höhe des Mindestlohns darf sich künftig eben nicht mehr allein an der Tarifentwicklung orientieren, und im Gesetz – ich glaube, das ist das Allerwichtigste – muss das Ziel Schutz vor Armut zwingend verankert werden. Die Mindestlohnkommission braucht also keinen Dirigismus der Politik von außen. Sie braucht mehr Freiheit und größeren Ermessensspielraum,