mal schnipsen und dann in einem halben Jahr den ersten Bericht haben, ist es leider nicht. Wir brauchen dazu Geld, wir brauchen dazu Ressourcen, dann werden wir auch vorankommen.
Wenn wir die Ressourcen mit dem Haushalt beschlossen haben, dann kann man auch überlegen: Macht man eine integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung – wie im Antrag steht – oder ein Monitoring, wie die Liga es vorgestellt hat. Ein Monitoring, das man auch weiter zieht als nur bei Obdachlosen und Wohnungslosigkeit, finde ich sehr sinnvoll. Darüber müssen wir zu gegebener Zeit sprechen, wenn wir die Ressourcen haben.
Zum zweiten Punkt, diesem großen gewünschten, umfassenden Landesprogramm und Gesamtkonzept für Prävention und Intervention. Frau Kuge hat darauf hingewiesen, dass wir Empfehlungen haben, Empfehlungen des SMS und des SMI. Sie sind von 2005. Sicherlich gibt es dort Anpassungsbedarfe. Diese Empfehlungen müssen überarbeitet werden, und bei der Überarbeitung muss auch mit der kommunalen Ebene gesprochen werden, welche neuen Ansätze es gibt, zum Beispiel den Ansatz des Housing First, der aus meiner Sicht europaweit einer der erfolgversprechenden Ansätze ist. Können wir diesen vielleicht für Sachsen ausprobieren? Was sicherlich auch wieder heißt – Housing First für alle anderen –, jeder Obdachlose bekommt zuerst eine Wohnung zur Verfügung gestellt, und dann widmet man sich den anderen Problemlagen wie Verschuldung, Suchtproblematiken oder Sonstigem. Das setzt sicherlich voraus, dass man die Ressource Wohnung zur Verfügung hat, bevor man einen solchen Ansatz auch in einem solchen Konzept niederschreibt und festlegt. Das muss intensiv mit den Kommunen, mit der kommunalen Ebene besprochen werden.
Ich komme jetzt zu Punkt 4 Ihres Antrages, mit dem ich – ehrlich gesagt – die größten Probleme habe. Obdachlosenfürsorge und Wohnungslosenhilfe ist für mich ein absolutes Herz- und Kernstück kommunaler Sozialpolitik. Einfach zu sagen, das Land kommt jetzt, macht Maßnahmen und bezahlt sie dann auch, wird auch dem sozialpolitischen Handeln unserer Kommunen hier in Sachsen, gerade der großen Städte, nicht gerecht.
Dieser Ruf „Macht schnell! Dieses Land muss jetzt machen!“ klingt verlockend. Es hat aber Konsequenzen für eine eigenverantwortliche und gestalterische kommunale Sozialpolitik, die Sie dann als Linkspartei wahrscheinlich spätestens im Stadtrat, wenn überhaupt nichts mehr zu entscheiden ist, auch nicht mehr für gut finden. Insbesondere Dresden, Leipzig und Chemnitz kommen ihrer Verantwortung hier nach. Dresden hat über 300 Plätze plus Wohnungen. Leipzig hat 100 Wohnheimplätze und 75 Wohnungen. Wir haben also ein breites Angebot, und die Kommunen versuchen vor Ort sehr viel zu tun. Man muss sicherlich im Sinne der Subsidiarität schauen, ob man in Zeiten von Spitzen – wie jetzt durch Migration oder sonstige Entwicklungen – als Freistaat unterstützend wirksam werden muss.
Aber den Kernpunkt, dass es kommunale, originäre Sozialpolitik ist, einmal in einem solchen Antrag einfach umzukehren, halte ich nicht für zielführend. Ich denke, ich habe jetzt einige Begründungen genannt, warum wir den Antrag ablehnen. Ich möchte mich aber trotzdem bedanken, da ich es immer schön finde, in diesem Hause über die Menschen am Rande der Gesellschaft zu sprechen und dafür zu sensibilisieren – auch die Kollegen, die nicht im Sozialausschuss sitzen –, wie wichtig es ist, an dieser Stelle auch Ressourcen zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang freue ich mich auf die Haushaltsberatung und hoffe, dass wir danach auch ein Stück weiterkommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Die jährlich aufkommende parlamentarische Debatte für Wohnungslose und Obdachlose darf sicherlich in diesem Jahr auch nicht fehlen. Der Winter und damit die Kältezeit steht schließlich bevor, und dieses Jahr möchten Sie als LINKE sogar die Kirche mit ins Boot holen. Das ist schon etwas scheinheilig, normal haben Sie es mit der Kirche ja nicht so. Aber nun gut – zum Thema.
Seit den letzten Debatten hat sich an der Faktenlage nicht viel geändert. Wir haben in Deutschland circa 860 000 Wohnungslose. Darunter sind etwa die Hälfte anerkannte Flüchtlinge. Die Ursachen sind bekannt. Die stark gestiegene Zuwanderung in all ihren Facetten hat eine Folge: Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum – vor allem in den Ballungsgebieten – wird dadurch verstärkt; es sind kritische Lebensereignisse bei dem Einzelnen, wie Erkrankungen, Arbeitslosigkeit und Scheidung, bewusste Lebensentscheidung für das Leben in der Obdachlosigkeit oder auch das Leben in kriminellen Parallelgesellschaften.
In der Debatte müssen wir Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit trennen, und das ist völlig klar. In Deutschland gibt es ungefähr 51 000 Obdachlose, also Menschen ohne jede Unterkunft. Hilfsangebote für Obdachlose sehen einen Unterbringungsanspruch vor, der beispielsweise in Gemeinschaftsunterkünften durch die Kommunen realisiert wird. Erfrieren müsste in Deutschland keiner. Sich den Regeln der Heime unterwerfen müsste sich jeder, der sie in Anspruch nehmen will. Dennoch kam es laut Spiegelbericht zu 300 Kältetoten seit 1990 in Deutschland. Es gilt also, die Bekanntheit über Hilfsangebote zu erhöhen und die Hemmnisse für die Inanspruchnahme abzubauen. Ein Dialog mit den zuständigen Kommunen und weitere Erhebungen sind durchaus
Im Zusammenhang mit der Wohnungslosigkeit sind vor allem vorbeugende Maßnahmen als effektiv und damit sinnvoll anzusehen. Dabei ist das Problem vielfältig anzugehen. Zum einen braucht man Angebote zur Sucht- und Schuldnerberatung, zum anderen aber auch schlicht und ergreifend die Erhöhung des Netto-Erwerbseinkommens sowie die Senkung der individuellen Ausgaben für Wohnraum und der Nebenkosten des Wohnens. Die Löhne, die in Deutschland gezahlt werden, müssen zum Leben reichen. Eine Einschränkung von bewusster Lohndrückerei über Leiharbeit und Werkverträge wäre notwendig. Der Arbeitsanreiz bei dem Bezug von grundsichernden Sozialleistungen ist zu erhöhen. Wer arbeiten geht, muss am Ende des Monats auch deutlich mehr auf dem Konto haben als derjenige, der das nicht tut. Das Einkommen muss – kurz und gut – ausreichend sein, um Wohnraum auch in Großstädten für Familien anmieten zu können. Sollte das Einkommen dennoch einmal nicht ausreichen, ist der unterstützende Wohngeldbezug das Mittel der Wahl. Der insbesondere von den LINKEN geforderte soziale Wohnungsbau ist dabei allerdings nicht das Allheilmittel, sondern sehr kostenaufwendig, unflexibel und wenig zielführend.
Die aufgewendeten Mittel verpuffen in Größenordnungen, die Anfälligkeit für Fehlbelegung, also die Belegung mit Personen ohne Bedürftigkeit, ist zu hoch. Dieser Umstand ist den meisten Leuten nicht bekannt. Eher bekannt ist hingegen, dass die Schaffung von Wohnraum in Deutschland viel zu teuer ist. Die Gründe habe ich in einer der vergangenen Debatten bereits dargelegt und mein Kollege André Barth auch am gestrigen Tag. Dagegen unternimmt allerdings DIE LINKE nichts – also gegen die Beseitigung der Gründe, nicht gegen unsere Redebeiträge. Stattdessen scheint dieser Antrag zumeist nur an den Symptomen herumzudoktern.
Das eigentliche Problem der Wohnungs- und Obdachlosigkeit wird mit dem vorliegenden Antrag nicht an der Ursache angegangen. Die zuvor aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten finden sich in diesen nicht wieder. Zudem soll auf Bundesebene die von Ihnen, werte LINKE, eingeforderte Erhebung durchgeführt werden, wenn man der Stellungnahme der Staatsregierung glauben darf. Insgesamt sehen wir hier keine Relevanz für sächsische Alleingänge und in Ihrem Antrag nicht ausreichend Lösungsansätze, und deswegen werden wir ihn auch ablehnen.
Jetzt hat Herr Kollege Zschocke das Wort und beschließt damit die erste Runde unserer Rednerinnen und Redner.
che, dass Sie immer und immer wieder die Hilfe für die Menschen, die aus schlimmster Not und Gefahr Zuflucht bei uns suchen, aufrechnen gegen die Hilfe für die Menschen, die in unseren Städten auch in Not leben, zeigt wieder einmal, wie unsozial im Kern Ihre Partei ist.
Es ist noch relativ warm für die Jahreszeit, aber der Winter steht vor der Tür und viele Einrichtungen, die wohnungslose Menschen unterstützen, sind bereits darauf vorbereitet. Die ehrenamtlichen Helfer in den kirchlichen Organisationen, die Nachtcafés, die es gibt, die mobilen Kältehilfen, die kommunalen Wohnheime sind vorbereitet und trotzdem ist es wichtig, dass wir heute erneut darüber reden, welchen Beitrag der Freistaat dazu leisten kann, Wohnungslosigkeit zu bekämpfen.
Wer die Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag der LINKEN liest, erkennt ein typisches Muster. Es wird darauf verwiesen, dass Maßnahmen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit eine kommunale Pflichtaufgabe sind. Ja, stimmt. In Bezug auf alle anderen Forderungen wird auf die Bundesebene verwiesen. Stimmt auch. Die Staatsregierung erkennt ihre Möglichkeiten aber nach wie vor nicht. In den letzten vier Jahren habe ich hier den Eindruck gewonnen, dass das Ministerium sich einfach nicht intensiv mit dem Thema befassen will. Sie tappen weiterhin im Dunkeln und erkennen die Problemlagen in Sachsen nicht.
Der Hilferuf der Sozialverbände, zum Beispiel der Diakonie, über die steigende Zahl der Hilfesuchenden wird irgendwie ignoriert, habe ich den Eindruck. Die Unwissenheit in diesem Bereich wird immer wieder mit der Schwierigkeit bei der Datenerfassung begründet. Wir haben bei der Vorbereitung des Sozialberichts wirklich mit wenig Erfolg darüber diskutiert, wie das Thema Wohnungslosigkeit in den Bericht aufgenommen werden kann. Das Ziel, in dieser Legislatur eine sächsische Wohnungslosenstatistik einzuführen – Frau Neukirch hat es ausgeführt –, wird die Koalition wohl beerdigen müssen. Stattdessen wird uns jetzt die Mitarbeit an einer Bundesstatistik in Aussicht gestellt. Ich will das nicht schlechtreden, das ist besser als nichts, aber es ist bei Weitem nicht das, was möglich wäre. Andere Bundesländer sind doch hier wirklich viel weiter.
Die Forderung nach einem Landesprogramm Wohnungslosenhilfe und einem kurzfristigen Winternotprogramm lehnen Sie genauso ab. Ich bin aber überzeugt, dass es sogar noch um viel mehr als das gehen muss. Ich erinnere die Abgeordneten von CDU- und SPD-Fraktion an ihr Versprechen im Koalitionsvertrag, bis 2016 eine Strategie zur Armutsbekämpfung in Sachsen vorzulegen. Bis heute ist da nicht viel passiert, obwohl die Kinderarmut konstant hoch bleibt, die Armut bei Alleinerziehenden besonders stark ausgeprägt ist und die Altersarmut weiter
zunimmt. Der Wohnungsmarkt wird angespannter, insbesondere in den großen Städten, weil die Förderung von sozialem Wohnungsbau jahrelang auf Sparflamme lief. In Sachsen wurden die Gelder bis 2016 gar nicht für diesen Zweck verwendet. Man muss deutlich sagen, hier sind CDU und SPD in den letzten Jahren auf der Bundesebene und auch auf der Landesebene gescheitert.
Allein mit mehr sozialen Wohnungen werden sich die Probleme im Bereich der Wohnungslosenhilfe auch nicht lösen lassen, weil es gerade dort Personengruppen mit Multiproblemlagen gibt, die sich in wirklich schwierigen Lebenslagen befinden und für die die Kommunen nur schwer geeignete Unterbringungsformen finden und bereitstellen. Zur Wohnungslosigkeit oder auch zur drohenden Wohnungslosigkeit kommt häufig fehlende Wohnfähigkeit hinzu, die Abhängigkeit von Suchtmitteln, psychische Erkrankungen bis hin zu Pflegebedarfen. Ein Landesprogramm, meine Damen und Herren, geht in die richtige Richtung, weil Kommunen an der Stelle oft an die Grenze ihrer Belastung kommen. Ein Landesprogramm sollte in den Haushaltsverhandlungen finanziell untersetzt werden.
Deswegen, meine Damen und Herren, stimmen wir den Forderungen zu, denn es tut sich bisher viel zu wenig in Sachsen. Ich bin davon überzeugt, dass hier mehr getan werden muss.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Zschocke, Sie haben sich wieder nicht entblödet, unserer Fraktion vorzuhalten,
Ich möchte dem ausdrücklich widersprechen, weil wir wissen – und das wissen auch Sie –, dass der überwiegende Teil der Migranten, die tatsächlich auch um Sozialwohnungen konkurrieren, junge, gesunde Männer sind, die in den meisten Fällen ihren Pass nicht mehr bei sich haben, aber ihr Telefon.
Wir wissen, dass die wirklich Bedürftigen, gerade wenn es um Kriegsgebiete geht, in diesen Gebieten leben. Frauen, Kinder und Alte bleiben dort und die Menschen, die hier mit unseren Obdachlosen um die Sozialwohnun
gen konkurrieren, sind in der Regel junge Männer. Es sind nicht die Schwächsten, wie Sie behaupten, nur um uns als politischen Gegner anzugreifen.
Das war die Kurzintervention und jetzt erfolgt die Reaktion des angesprochenen Herrn Kollegen Zschocke.
Vielen Dank, Herr Urban. Genau das, was Sie hier erwidern, beweist, was ich sage. Sie rechnen auf. Sie zeigen mit dem Finger auf die eine Problemgruppe und spielen sie gegen die andere aus. Das halte ich für das Problem, weil Sie damit ignorieren, dass wir bei den Fragen der sozialen Gerechtigkeit nicht weiterkommen, wenn wir Gruppen, die in Not sind, gegeneinander ausspielen.
(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Jörg Urban, AfD: Differenzieren statt pauschalisieren! – Susanne Schaper, DIE LINKE: Schreiben Sie sich das auf die Fahnen!)
Das war das Instrument der Kurzintervention. Die Reaktion erfolgte. Wollen wir eine weitere Rederunde eröffnen? – Das kann ich nicht erkennen. Somit ist die Staatsregierung am Zuge und das Wort geht an Frau Staatsministerin Klepsch.
Sehr geehrter Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohnungslosigkeit ist ein sehr komplexes und wichtiges Thema, nicht nur hier im Freistaat Sachsen, und hinter jedem Wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen steht ein menschliches Schicksal.
Ich möchte mich an dieser Stelle deutlich dagegen verwahren, dass wir derartige Schicksale gegeneinander aufrechnen, dass ja unterschieden wird zwischen Herkunft, Religion und dergleichen. Das ist einfach nur abzulehnen. Ich spreche meine tiefste Abneigung dagegen aus.
(Beifall bei der CDU und der SPD – Sebastian Wippel, AfD: Das gehört zur Problembeschreibung, Frau Ministerin!)
Um den Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, zu helfen, gibt es Hilfeeinrichtungen aller Art. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Es gibt Beratungsstellen verschiedener Träger, es gibt Übernachtungsstellen und die örtlich zuständigen Sozial- und Ordnungsämter. Diese ergreifen konkrete Maßnahmen, um Wohnungslosigkeit zu vermeiden oder Wohnungslosigkeit zu beenden.