Ich möchte eine kurze Erklärung abgeben und sagen, dass wir diesen Änderungsantrag ablehnen werden, weil er im Grunde genommen nichts anderes ist als – wir haben es vorhin gesagt – ein „Abstauber“. Hier haben wir eine Form von Trittbrettfahrerei. Deswegen lohnt es sich nicht, weiter darüber zu sprechen. Zu Punkt 1 – das habe ich vorhin in meiner Rede bereits erwähnt –: Die Strukturanalyse kommt im Juni 2019. Insofern ist der Antrag nicht zielführend.
Darüber hinaus hat Kollegin Kersten gerade selbst festgestellt, dass sie das Instrument der Kleinen Anfrage nutzen kann. Das hätte sie vorher wissen müssen. Dazu bedarf es dieses Antrages nicht.
Ich möchte darüber hinaus noch auf einen weiteren kleinen Lapsus hinweisen, da Sie selbst einen kleinen Lapsus erwähnt haben. Sie sagten, dass vor der letzten Bundestagswahl 2017 von der Handwerkskammer Dresden ausdrücklich gefordert wurde, die Bürokratie im Handwerk konkret zu entlasten. Wenn dem so ist, dann will man das Handwerk entlasten und nicht die Bürokratie. Insofern ist dieser Antrag abzulehnen.
Herr Präsident! Frau Kollegin Kersten, Sie haben sich Mühe gegeben, einen überflüssigen Antrag inhaltlich weiter auszugestalten. Das ist Ihnen auch durchaus gelungen. Das ändert allerdings nichts daran, dass dieser Antrag mit und ohne Ihren Änderungsantrag überflüssig bleibt, weshalb auch Ihr Änderungsantrag überflüssig ist. Deshalb werden wir ihn ablehnen.
Weitere Wortmeldungen kann ich nicht erkennen. Meine Damen und Herren! Wer der Drucksache 6/15339 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Wer ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Bei Stimmen dafür und keinen Enthaltungen ist der Antrag in der Drucksache 6/15339 abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Ursprungsantrag, Drucksache 6/15043. Wer möchte zustimmen? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es hier Enthaltungen? – Keine Enthaltungen, Stimmen dafür, aber die
Wir beginnen mit der Aussprache. Zunächst spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Lippmann. Bitte sehr, Herr Lippmann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer in den letzten Jahren in diesem Hohen Hause aufmerksam zugehört hat, dem kommt der Antrag wahrscheinlich bekannt vor. Vor sieben Jahren hat die GRÜNE-Fraktion den ersten Antrag in diesem Landtag gestellt, der die Staatsregierung zur Erarbeitung eines umfassenden Personalkonzepts für die gesamte Landesverwaltung aufgefordert hat. Sieben Jahre sind seitdem vergangen – dies ist mittlerweile der sechste Antrag der GRÜNEN in dieser Richtung –, doch getan hat sich in Bezug auf die Personalplanung des Freistaates leider zu wenig.
Deswegen stellen wir diesen Antrag heute erneut, weil es notwendig ist, dass wir uns mit der Frage befassen, wie wir mit dem enormen Altersumbruch in der Verwaltung umgehen und zukünftig ausreichend Personal im Freistaat Sachsen haben, um die Aufgaben erfüllen zu können, weil Sie, werte Staatsregierung, es offensichtlich immer noch nicht ganz verstanden haben, was das Problem im Freistaat Sachsen ist.
Es geht ja schon gut los. Aus der Koalition wird es gleich heißen, dass man doch in den letzten Jahren sehr, sehr viel getan hätte und noch viel mehr tun wird, um den Kahlschlag in der Landesverwaltung zu beenden.
Ich bin durchaus froh, dass wir nicht mehr über das Damoklesschwert einer Zielzahl von 70 000 Bediensteten im Freistaat Sachsen reden.
Damit allein ist es aber nicht getan. In den nächsten 15 Jahren wird gut die Hälfte der 80 000 Staatsbediensteten in den Ruhestand gehen. Ein tragfähiges Konzept oder eine überzeugende Strategie zur Bewältigung dieser Herausforderungen gibt es bis heute nicht wirklich, obwohl es dringender notwendig wäre denn je.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Panter hat gestern sinngemäß in einer Pressekonferenz gesagt, dass der Reparaturbetrieb nun endlich zu Ende sei und es nun zu gestalten gelte.
Das ist zweifelsohne richtig, Herr Kollege Pallas. Nach Auffassung der GRÜNEN verweigert sich diese Staatsregierung ja schon viel, viel zu lange der Gestaltung der Zukunft in diesem Freistaat. Aber wirkliche Gestaltung in Bezug auf Personalpolitik hat zwei Dimensionen. Um zu gestalten, braucht man erst einmal ausreichend Personal; denn die Verwaltung eines Staates ist nicht, wie früher angenommen, die Sparbüchse des Finanzministers, sondern vielmehr die Voraussetzung dafür, dass der Staat schlussendlich gestalten kann. Es gibt keine Gestaltung ohne eine gute Verwaltung. Genau diese Gestaltungsfähigkeit ist in Teilen der Verwaltung nicht mehr gegeben, weil sie so radikal kaputtgespart wurde, dass das Ganze derzeit mehr einem Notbetrieb als einer Gestaltungsmacht gleicht.
In diesem Land dauern Planfeststellungsverfahren nach wie vor extrem lange, weil es an Personal fehlt. Die schleppende flächendeckende Umstellung auf den Digitalfunk bei den Feuerwehren ist vor allem auf die personelle Situation in der Landesdirektion zurückzuführen. Der Arbeitsschutz in Sachsen ist weit entfernt von einer funktionierenden Ausstattung.
Diese Liste könnte man unendlich fortführen. Das alles sind Folgen des Kahlschlags und vor allem einer mangelnden Personalplanung. Vielleicht ist die Forderung nach einem Personalkonzept für einige von Ihnen etwas zu abstrakt, aber ich mache Ihnen einmal deutlich, was es konkret bedeutet, wenn es fehlt.
Wenn, wie geschehen, ein für die IT einer Behörde zuständiger Mitarbeiter in Rente geht, ohne dass zuvor ein Nachfolger eingestellt und eingearbeitet wurde, und von einem Tag auf den anderen die Behörde nicht mehr arbeitsfähig ist, dann ist das ein Planungsversagen allererster Güte. Jedes Unternehmen, das so arbeiten würde, würde pleitegehen – nur wir als Staat leisten uns den Luxus, dass es offenbar im lindnerschen Sinne besser sei, gar nichts zu planen, als vermeintlich falsch zu planen,
Wir brauchen in Sachsen in allen Bereichen eine arbeitsfähige Verwaltung, die politische Ideen auch umsetzen kann. Dazu braucht es jetzt und nicht später ein Personalkonzept, um alle Bereiche in der Verwaltung zu identifizieren, die wieder mehr Personal brauchen. Es braucht dazu eine Personaloffensive, um dieses Personal möglichst zügig und nicht erst dann, wenn es schon zu spät ist, einzustellen.
Aber Gestalten in Bezug auf die Verwaltung heißt auch, dass wir den demografischen Wandel in der Staatsverwaltung gestalten müssen, um auch in zehn bis 15 Jahren noch ausreichend hochqualifizierte Menschen in der Verwaltung zu haben.
Genau hier liegt bekanntermaßen das nächste Problem. Diese Koalition und diese Staatsregierung hangeln sich in ihrer Personalplanung in fataler Art und Weise von Doppelhaushalt zu Doppelhaushalt. So wird man aber keinen vernünftigen Personalbestand aufbauen können, denn dazu braucht man in erster Linie eine gesunde Altersstruktur in der Verwaltung. Die ist aber nicht gegeben. Die Gruppe der 20- bis 29-Jährigen macht in der Verwaltung gerade einmal 7 % der Landesbediensteten aus – es müssten eigentlich 20 % sein. Die Gruppe der 50- bis 59-Jährigen ist indes mit 39 % fast viermal so groß.
Diese Staatsregierung hat in den letzten Jahren viel zu lange geschlafen und vermieden, durch gezielte frühzeitige Neueinstellung über den Bedarf hinaus, wie wir GRÜNE es immer gefordert haben, diese Alterskohortierung endlich zu entzerren, als dies noch möglich war.
Mit 150 Stellen, Herr Kollege Pallas, kommt man da eben nicht weiter. Ich sage Ihnen, das wird sich rächen. Wir stehen jetzt vor dem lange bekannten Problem und sitzen ein bisschen wie das Kaninchen vor der Schlange, denn wir haben allein, um die ausscheidenden Bediensteten zu ersetzen, einen solch hohen Personalbedarf, dass wir uns in der Konkurrenz mit 15 anderen Bundesländern, dem Bund, den Kommunen und der Wirtschaft – Kollege Heidan hat ja heute Morgen schon vorgeführt, dass er der Meinung ist, ein Staat brauche kein Personal, deswegen könne man sich das sowieso sparen –
Einmal ganz plastisch am Beispiel des Justizministeriums. Bei den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten gehen in den nächsten 15 Jahren allein 954 Personen in den Ruhestand. Ab 2028 müssen Sie quasi alle Absolventen des Zweiten Juristischen
Staatsexamens ab der Note Befriedigend einstellen, um die jährlichen Altersabgänge noch decken zu können. Sie wissen selbst, Herr Justizminister, dass das wohl nicht geht und dass Sie für das wichtige Amt des Richters die erforderliche Bestenauslese dann wahrscheinlich nicht mehr vornehmen können.
Um zu verhindern, dass die Lage, die sich schon als sehr prekär andeutet, nun noch prekärer wird, fordern wir die Erarbeitung eines umfassenden Personalkonzeptes, das konkret aufzeigt, wie wir die Gewinnung von 38 000 Fachkräften bis 2030 im Freistaat meistern können.
Dazu gehört selbstverständlich für uns GRÜNE eine Aufgabenkritik, denn auch wir sind der Meinung, dass es bei der Optimierung von Arbeitsprozessen im Freistaat Einsparpotenzial gibt, das man an anderer Stelle gut nutzen kann.
Zudem braucht es Sofortmaßnahmen für all die Bereiche, in denen die Personalkommission von 2016 – mithin über zwei Jahre her – dringenden oder sehr dringenden Handlungsbedarf gesehen hat. Eine entsprechende Personaloffensive, die die Einstellung von über tausend Fachkräften bei der Polizei, in der Justiz, in der Landesdirektion, in vielen Landesämtern und in anderen Behörden in den nächsten zwei Jahren vorsieht, haben wir Anfang der Woche vorgestellt und wird Sie noch im Haushalt beschäftigen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir lassen als GRÜNE nicht locker, wenn wir das Gefühl haben, dass die Staatsregierung weiter mit angezogener Handbremse eines der größten Zukunftsprobleme im Freistaat Sachsen lösen will. Dass das zumindest ein bisschen wirkt, sehen wir, denn Sie setzen ja mittlerweile zaghaft – viel zu zaghaft – die Vorschläge von uns um, für die wir im letzten Doppelhaushalt noch belächelt wurden.